• vor 11 Jahren
Eines muss man Edward Snowden lassen: Immerhin hat ein einzelner Mann mehr Aufmerksamkeit für das Thema Bürgerrechte und Internet geschaffen alle eine ganze Garnison Menschenrechtler zuvor. Die Aufregung über das «größte Postamt der Welt», wie der Journalist Georg Mascolo die Sicherheitsbehörden der USA in der Talkrunde bei «Illner» nannte, ist nun groß und allgemein spürbar ... außer im Kanzleramt. Noch immer nimmt die Bundesregierung die Sorgen vieler Bürger nicht ernst, die schon länger befürchten, dass neben dem globalen Finanz-, auch der internationale Sicherheitsapparat sich jeglicher gewohnten demokratischen Kontrolle entzieht.

Natürlich hat kaum jemand erwartet, dass die allgemeine Rhetorik um die weltweit gültigen Bürgerrechte einen spektakulären Praxistest bestehen könnten und in einem Asylangebot der Kanzlerin an Edward Snowden gipfeln, eine Lösung, die auch für die echte Aufklärung der Lage günstig gewesen wäre. Der IT-Experte Snowden hatte ja auch klar behauptet, dass der BND mit der NSA zusammenarbeitet. Natürlich gab es keine derartigen humanitäre Gesten, aber ein bisschen mehr Inszenierung hätte man der Kanzlerin in dieser Sache schon zugetraut.

Stattdessen musste für die Kanzlerin Innenminister Friedrich die Kohlen aus dem Feuer holen. Seine Pilgerreise zum Thema Prism in die USA, mit einem kleinen Fragenkatalog in Händen, machte schon von vornherein die transatlantischen Machtverhältnisse klar. Das Ergebnis war dementsprechend dürftig. Friedrich will nun nach seinem Besuch genau wissen, dass etwa 45 Terrorattacken angeblich durch das gigantische Programm verhindert worden seien. Muss man dafür nach Washington fliegen? Die Heldenreise wurde so nachträglich eher zu einem Fall für den Bundesrechnungshof.

Der Innenminister leitete in seiner Pressekonferenz aus seinen «top Secret»-Informationen aus erster Hand flugs ab, dass die eingesetzten Mittel ausschließlich für das «edle» Ziel der Terrorismusbekämpfung eingesetzt worden sind. Friedrich spielte so mit den Ängsten der Bevölkerung über neue Anschläge und ignorierte den Fakt, dass sowieso kaum jemand in Deutschland gezielte Überwachung der Dienste in Frage stellt. Hier geht es aber um massenhafte, generelle Abschöpfung von Daten aller deutschen Bürger. Bei seinem Auftritt wirkte der CSU Politiker jedenfalls eher wie der Pressesprecher des US-Innenministeriums als wie ein knallharter Aufklärer.

Nicht nur die Opposition wirft dem Minister nun schlicht Ahnungslosigkeit vor. Vielleicht hätte Friedrich zur Vorbereitung das 2011 erschienene Buch «Die Facebookfalle» von Sascha Adamek lesen sollen. Der Autor widmet damals schon den Machenschaften der CIA und anderer Behörden im Netz ein ganzes Kapitel. Adamek zitiert in seinem Buch den damaligen CIA-Direktor Michael Hayden, der die Lage auf der DNI Open Source Konferenz im Jahre 2008 lachend zusammenfasst: «Geheime Informationen sind nicht alles in unserem Beruf, und es macht wirklich Spaß, Probleme mit Hilfe von Informationen zu lösen, die Leute so dumm waren, offen ins Netz zu stellen.»

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