Susanne Kripp - 1730 live Rheinland Pfalz Hessen Im Interview Malu Dreyer (SPD)
Susanne Kripp - 1730 live Rheinland Pfalz Hessen Im Interview Malu Dreyer (SPD)
Category
🗞
NewsTranscript
00:00Die ersten Tage im Amt liegen hinter ihr, erste Erfahrungen sind gemacht.
00:04Wir freuen uns, dass sie heute bei uns ist.
00:06Mein Kollege Philipp Stelzner und ich
00:08begrüßen die neue Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz,
00:11Malu Dreyer. Guten Abend, Frau Dreyer.
00:13Ich möchte mich bemühen, darum so zu bleiben, wie ich bin.
00:16Muss man in einem solchen Amt
00:18die bisher mögliche Nähe zu den Menschen doch ein Stück weit aufgeben?
00:22Ganz einfach, damit man nicht aufgefressen wird
00:25von dem Anspruch, den die Bürger plötzlich an einem haben?
00:28Das glaube ich ehrlich gesagt nicht.
00:30Mich ist, dass es stärker auf Distanz geht.
00:32Das ist auch gar nicht meine Art, das wird gar nicht zu mir passen.
00:35Jetzt ist die Ministerpräsident oft die einzige Landespolitikerin,
00:38die auch bundesweit wahrgenommen wird.
00:40Spüren Sie das jetzt schon in den ersten Tagen,
00:42dass sich das öffentliche Interesse ganz auf Ihre Person fokussiert?
00:46Ganz und gar. Ich kann bei den überregionalen Medien auch.
00:50Nun haben Sie in Ihrer Regierungserklärung ja schon angekündigt,
00:53dass Sie einen anderen Regierungsstil
00:55als Ihr Vorgänger Kurt Beck pflegen wollen.
00:57Was bekommen denn nun die Menschen bei Ihnen, was Sie von Kurt ...
01:00Und der Dialog, in dem Kurt Beck eben auch sehr stark war,
01:03aber der Dialog ist auch mein Thema.
01:05Ein Schwerpunkt Ihrer ...
01:07Ja, Frau Dreyer, auch das haben Sie in Ihrer Regierungserklärung
01:10ja schon angekündigt.
01:11Wir müssen den demografischen Wandel gestalten, sagen Sie.
01:14Aber hat die Politik vor dem Problem,
01:16dass wir eben eine sinkende Geburtenrate haben,
01:19schon kapituliert, dass man sagt,
01:21dagegen können wir sowieso nichts machen?
01:23Ganz und gar nicht erst heute.
01:25Wir haben auch in der Vergangenheit schon vieles getan.
01:28Aber es ist sicherlich die Herausforderung
01:30der nächsten Jahre und Jahrzehnte,
01:32wirklich unser Land so zu gestalten,
01:34dass Junge und Alte sich nach wie vor wohlfühlen.
01:37Und wir auch eine Infrastruktur haben,
01:39wo jeder sagt, hier können wir gut leben.
01:41Als junge Menschen, aber auch als Ältere.
01:43Aber Tatsache ist doch,
01:44in Rheinland-Pfalz bisher an diesem Problem gescheitert.
01:47Naja, wir haben uns in Rheinland-Pfalz
01:49immer zwischen Rahmenbedingungen
01:51und unbedingt dem Steigen von Geburtenrat ...
01:53Wir haben in Frankreich gesagt, je besser die Rahmenbedingungen,
01:56umso eher sind junge Frauen und Männer auch bereit zu sagen,
01:59wir gründen Familie.
02:00Und das ist auch eines unserer großen Ziele
02:02im Rahmen unserer Demografie-Politik,
02:04genau da weiter zu investieren.
02:06Wenn Sie das schon ansprechen.
02:08Sie haben ja jetzt gerade auch den Vorsitz übernommen
02:11für die grenzüberschreitende Großregion Saarlor-Lux,
02:14also zu der auch Rheinland-Pfalz und u.a. Lothringen gehören.
02:17Nun haben ja die Franzosen
02:18beispielsweise eine um 40% höhere Geburtenrate.
02:20Was machen die denn besser?
02:22Da haben sich die französischen Kollegen oft drüber lustig.
02:25Wir sind gut im Aufholen,
02:26aber ich denke, wir müssen da auch noch weiter zulegen.
02:29Nun steht auch in Ihrem Koalitionsvertrag,
02:32die Landesregierung wolle die Dörfer und kleine Städte
02:35als attraktive Wohn-, Arbeits- und Lebensstandorte erhalten.
02:39Aber wie viele Steuermillionen wollen Sie da investieren?
02:42Und darauf die Fördermittel zu konzentrieren.
02:45Dörfer können heute vieles nicht mehr ganz alleine machen.
02:48Viele Dörfer haben sich auch längst zusammengeschlossen
02:51um zu überlegen,
02:52wie ist unsere Infrastruktur wirklich aufrechtzuerhalten.
02:55Wir haben tolle Projekte in Rheinland.
02:57Dass Sie auf Ihrer Prioritätenliste
02:59auch ganz weit nach oben gestellt haben.
03:01Die Entlastung der vielen hochverschuldeten Kommunen
03:04in Rheinland-Pfalz.
03:05Wir waren mal in einer in der Westpfalz.
03:08Da schiebt das hochverschuldete Rheinland-Pfalz
03:11den hochverschuldeten Kommunen Geld zu,
03:14um deren Schuldenproblem zu lösen.
03:16Wie soll dieses ...
03:17... auf tatkräftig angehen?
03:19Dass Herr Spiegler sagt, das ist zu wenig Geld.
03:22Dafür habe ich absolutes Verständnis.
03:24Aber wir müssen so einen guten Weg dazwischen finden.
03:27Das Land hat auch sehr viele Schulden.
03:29Wir haben viele Aufgaben zu bewältigen.
03:31Sodass das Land auch die Schuldenbremse einhalten kann.
03:34Und umgekehrt die Kommunen dann doch so ausstatten kann,
03:37dass man sagen kann,
03:38es gibt eine echte Perspektive ohne einen positiven ...
03:41Wissen Sie darauf, dass auch der Bund Rheinland-Pfalz
03:44und seine Kommunen finanziell unterstützen wird?
03:47Die Situation beim Bund ist auch klamm.
03:492000 Mrd. Euro Schulden.
03:51Es geht ja fast keinen Monat, wo nicht wieder irgendein Programm,
03:54von dem wir auch leben im Land Rheinland-Pfalz
03:56und in allen Bundesländern, gestrichen wird, gekürzt wird,
03:59damit der Bund letztendlich dann einen positiven Saldo hat.
04:03Er hat die Möglichkeit,
04:05über Steuerpolitik eben auch Einnahmen zu garieren,
04:08die wir in dieser Intensität nicht haben.
04:10Und das ist sehr schade.
04:12Wir werden auf Dauer nicht so leben müssen,
04:15wo wir auch Geld weiter einsparen.
04:17Das bleibt nicht aus.
04:18Die Schuldenbremse zwingt uns dazu.
04:20Und der kommunale Finanzausgleich, aber auch Ausbau.
04:23Kindertagesstätten, U3, das kostet uns alles zusätzliches Geld.
04:26Auch wir müssen in der Lage sein, das zu finanzieren.
04:29Dann sprechen wir mal über eine Großbaustelle im Land,
04:32die das Land viel Geld kostet, der Flughafen Hahn im Hunsrück.
04:35Bisher nicht wirklich in der Gewinnzone.
04:37Das heißt ja auch, dass man dort Arbeitsplätze erhält.
04:40Eine gute Sache, solange man sich das leisten kann und Geld da ist.
04:44Aber im Moment ist wenig Geld da.
04:46Die Frage ist, wie lange wollen Sie sich diese Baustelle noch leisten?
04:50Na ja, der Flughafen Hahn ist ja mehr als ein Flughafen.
04:53Das ist ja wirklich ein Gang von diesen 5.000 Arbeitsplätzen
04:56direkt dort im Hunsrück.
04:58Aber Sie stimmen zu, dass ein Flughafen
05:00noch nicht wirtschaftlich erfolgreich ist,
05:02wenn die EU staatliche Beihilfen dafür gedämmigt.
05:05Das ist absolut richtig.
05:07Natürlich muss das Geschäftsmodell ...
05:09Könnten sich ganz aktuell die Finanzprobleme
05:11von Rheinland-Pfalz noch verschärfen?
05:13Ja, das kann das Land Hessen.
05:15Unter anderem, dass das Land Rheinland-Pfalz
05:17kostenlose Kita-Plätze anbieten kann.
05:19Während in Hessen das nicht der Fall ist.
05:21Wird Hessen also für seinen wirtschaftlichen Erfolg bestraft?
05:25Ganz und gar nicht.
05:27Hessen ist mit Landtagswahlkämpfen geschuldet.
05:29Wir haben die Verpflichtung,
05:31bis 2019 den Länderfinanzausgleich neu zu verhandeln.
05:34Da gibt es auch schon Vorarbeiten.
05:36Das werden wir auf jeden Fall tun.
05:38Aber der Finanzausgleich dient dem Ausgleich der Finanzschwäche.
05:42Sie haben in Ihrer Regierungserklärung erwähnt,
05:44wie stark Rheinland-Pfalz wirtschaftlich ...
05:46Wir sind wirtschaftlich sehr erfolgreich, auch im Export.
05:49Wir haben die drittlitrigste Arbeitslosenquote.
05:51Aber die Finanzkraft in Rheinland-Pfalz
05:53ist nach wie vor eine nicht sehr starke.
05:55Gut, dann wollen wir jetzt an dieser Stelle
05:57den Blick mal etwas weiten und mal sehen,
05:59was die Journalisten-Kollegen in unserer Bundeshauptstadt Berlin
06:02derzeit so besonders spannend finden an Rheinland-Pfalz.
06:05Bisher einzigartig ist ja, dass in einem Bundesland
06:08zwei Frauen in den Landtagswahlkampf ziehen werden.
06:11Überhaupt herrscht in Rheinland-Pfalz eine neue Weiblichkeit.
06:17Jetzt sagen manche, die Zeiten der machtorientierten,
06:20dominierenden Männer in der Politik sei vorbei.
06:23Ist eigentlich der Bürger, ob männlich oder weiblich,
06:26davon, dass es so ist, wie es ist?
06:29Naja, ich habe ja schon ein bisschen das Gefühl,
06:31dass diese Mann-Frau-Sache auch ein bisschen
06:33sehr hochgeschaukelt ist im Moment.
06:35Aber schlicht und ergreifend dadurch,
06:37weil es nach wie vor etwas Besonderes ist,
06:39dass so viele Frauen in einem Kabinett sind,
06:41dass wir auch einzigartig berechtigt sind.
06:43Ich werde einen eigenen Regierungsstil haben,
06:45das ist ganz klar.
06:46Ich bin eine Frau, Kurt Beck war ein Mann.
06:48Aber Kurt Beck war auch immer sehr volksnah und sehr bürgernah.
06:51Insofern wird man sehen, wie die Bürger und Bürgerinnen das aufnehmen.
06:54Aber ich habe auch viele Zuschriften, wo drinsteht,
06:56wir sind sehr stolz darauf.
06:58Also ich glaube nicht, dass ein Wahlkampf
07:00überhaupt freundlich sein kann.
07:02Also man kann sich anders begegnen.
07:04Kurt Beck, gestern von der SPD-Landtagsfraktion,
07:07Frau Dreyer, was ist Kurt Beck für Sie?
07:10Ein Vorbild oder haben Sie andere Vorbilder?
07:12Ja gut, er wird uns fehlen als Parlamentarier.
07:15Ganz herzlichen Dank für den Besuch heute.
07:17Das war unsere Sondersendung
07:19mit der neuen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin.
07:21Ganz herzlichen Dank für Ihr Interesse zu Hause.
07:23Jetzt wünschen wir Ihnen noch einen schönen Abend.
07:25Bis demnächst. Tschüss.