"Dem deutschen EM-Aus wohnt ein starker Anfang und ein Zauber inne"

  • vor 2 Monaten
Stimmungsmäßig hatte die EM 2024 einige Highlights zu bieten, auch sportlich gab es einige dramatische Wendungen. Doch konnte Gastgeber Deutschland Gästen aus ganz Europa nach der WM 2006 den nächsten unvergesslichen Sommer bereiten?

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Transcript
00:00Ja, zum Abschluss dieser Europameisterschaft und auch zum Abschluss von Was geht EM wollen wir natürlich nochmal ein großes Fazit ziehen und das machen wir hier vor Ort in Nürnberg mit unserem Chefredakteur Jörg Jakob, grüß dich.
00:09Ja, grüß dich Marc, hallo.
00:11Es ist ja für dich das zweite große Turnier in Deutschland, was du jetzt miterlebt hast und im Vorfeld wurde viel davon gesprochen, erleben wir jetzt das Sommermärchen 2.0. Was würdest du sagen, haben wir das Sommermärchen 2.0 erlebt?
00:23Ich würde durchaus sagen, das war in vielen Bereichen dem Sommermärchen 2006 ähnlich. Ich würde nicht sagen wollen, das hat sich wiederholt. Ich persönlich habe viele Erfahrungen gemacht in Stadien, in Städten, die Situationen ergaben, die wirklich vergleichbar waren, eins zu eins vergleichbar waren, gerade Begegnungen mit Fans und so weiter.
00:43Die Gesamtstimmung war überragend gut, wie ich finde, besser als man vorher erwarten konnte. Insofern also ein jetzt schon positives Fazit.
00:50Und aus deutscher Sicht, wie bewertest du das Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft? Eigentlich muss man sagen, die Erwartungen waren vor dem Turnier vielleicht so gering wie seit vielen Turnieren nicht. Wie ordnest du das Ganze ein?
01:02Wenn man vor diesem Turnier gesagt hätte, sie werden wahrscheinlich den Titel nicht gewinnen, vielleicht kommen die nicht mal bis ins Halbfinale, aber es wäre schon schön, wenn sie wieder einen guten Spirit schaffen, eine gute Stimmung im Land, aber auch eine gute Stimmung rund um den DFB und gerade diese Nationalmannschaft an sich, dann würde ich sagen, ist das voll eingetreten. Es ist sogar noch ein bisschen besser geworden.
01:25Diesem Aus bei der EM wohnt ein starker Anfang, quasi ein Zauber inne. Nicht nur, was die Worte von Julian Nagelsmann im Anschluss betrifft, der ja auch gleich wieder Mut gemacht hat für die WM 2026, aber auch beim Blick auf das deutsche Team, da steckt ganz viel Zukunft drin.
01:42Mut? Er hat ja sogar recht offensiv gesagt, wir werden Weltmeister. Wie ordnest du das ein? Findest du diesen Mut genau das, was jetzt auch die Nationalmannschaft gebraucht hat?
01:50Ja, ich finde diesen Optimismus keinesfalls verkehrt. Man muss auch als Trainer mal ein bisschen den Mut haben, in der Öffentlichkeit Herausforderungen zu setzen, Ziele zu setzen, Anreize. Das war in meinen Augen erst einmal ein Signal in die Mannschaft, um zu sagen, Jungs, ihr seid doch wirklich stark genug, um mehr zu erreichen, nehmt es nicht so schwer, wir packen jetzt die nächste Etappe unserer gemeinsamen Reise an.
02:12Und wir in der Öffentlichkeit, wir sollten solche ehrlich gemeinten Aussagen, wenn sie nicht so arrogant klingen, auch nicht jedem aufs Butterbrot schmieren, anschließend, wenn dann mal wieder ein kleiner sportlicher Rückschlag kommt.
02:23Glaubst du, das hat sich jetzt gewandelt, dieses Verhältnis Fans-Nationalmannschaft?
02:27Das hat sich definitiv gewandelt. Ich muss sagen, ich bin überrascht, wie schnell das ging, quasi auf Knopfdruck. Daran sieht man ja auch, wie die Fans, aber auch die breite Öffentlichkeit sich das wünschen, diesen Anker Fußball-Nationalmannschaft wieder zu haben. Das ist die breite deutsche Öffentlichkeit, die sich wieder begeistert für den Fußball, für solch ein Turnier, aber auch für diese Mannschaft, die ja vom Gesamtauftreten her auch doch recht sympathisch war.
02:52Kann man sagen, Spanien ist der verdienteste Final-Teilnehmer bei dieser Europameisterschaft?
02:57Definitiv, weil bei ihnen eben viel zusammenkommt. Sowohl eine überzeugende Taktik, dann aber auch der Teamspirit und dann diese wunderbare Mischung aus absoluten Talenten und echten Routiniers. Da ist also taktisch, spielerisch, alles, was Fußball so betrifft, alles 1a. Ganz klar, sie sind der am 14. Juni geborene Endspiel-Teilnehmer 14. Juli.
03:22Du bist ja auch ein ausgewiesener England-Experte. Jetzt sind die Three Lions tatsächlich mit diesem Fußball, dem so viel kritisierten Fußball, ins Finale gekommen. Wie haben sie das geschafft? Oder sagst du, es war eigentlich gar nicht so schlimm, wie es jetzt viele gemacht haben?
03:36Es war bis zum Halbfinale so schlimm, wie es viele zu Recht gemacht haben. Man muss sagen, sie haben sich eigentlich in jedem Spiel, in den letzten beiden Spielen, etwas verbessert. Definitiv war die erste Halbzeit im Halbfinale gegen die Niederlande großer Sport.
03:52Diese Mannschaft hat eine Resilienz entwickelt, die bemerkenswert ist. Das sieht man ja auch an späten Toren. Gareth Southgate, viel gescholtener Nationaltrainer, hat da etwas zusammengestellt, was aus sich heraus lebt. Und was sie haben ist, glaube ich, mittlerweile auch während dieses Turniers, sie haben eine Wagenburg-Mentalität bekommen.
04:14Die Mannschaft wurde kritisiert, der Trainer wurde kritisiert von Medien, von Ex-Profis. Sie haben immer wieder bewiesen, wir sind noch da. Das macht sie gefährlich, auch für Spanien. Sie stehen im Finale als Außenseiter gegen Spanien. Aber wenn man sieht, was sich in den letzten Jahren entwickelt hat, da ist also schon eine Substanz in diesem Aufgebot zu erkennen.
04:37Spanien geht als Favorit in dieses Spiel, muss auch mit dieser Erwartungshaltung umgehen. Und auf der anderen Seite England, so oft wie die jetzt zurückgekommen sind im Turnier und die späten Siegeerrohungen haben, denken die sich ja vielleicht auch, wir können im Endeffekt so spielen, wie wir wollen, am Ende gewinnen wir das Ding. Also ist der psychologische Vorteil bei England?
04:54Ja, der Ansatz der Frage ist absolut korrekt. Ich finde, man kann natürlich jetzt in die Zukunft schauen und kann vermuten, dass bei allen Wahnsinns-Auftritten von Laminia Mall oder auch Nico Williams, der Spanier, dass die auch spielerisch auf dem Top-Level sind, auch gegen England.
05:12Man kann aber auch genau so gut sagen, wenn da wirklich eine echte Härte, eine Kompaktheit reinkommt, eine Zweikampfstärke, ein Schneid abkaufen, dann kann es aber auch genau so gut sein, dass es diese englische Coolness durchsetzt, diese Abgebrühtheit.
05:24Jetzt bin ich sehr gespannt, was dein Tipp am Ende ist. Wer wird Europameister?
05:28Spanien.
05:29Ganz klare Aussage. Weil?
05:33Weil am Ende das spielerische Vermögen und die Leichtigkeit überwiegen. Ich kann mir die Engländer nicht vorstellen, dass sie noch einmal in letzter Minute quasi das Spiel drehen.
05:47Wenngleich ja, dass die Deutschen auch was geschafft hätten gegen Spanien. Aber nochmal, man muss aufgrund der letzten vier Wochen, glaube ich, jetzt die Prognose stellen und da ist einfach Spanien fußballerisch die bessere Mannschaft.
06:00Es gibt nicht wenige, die sagen, das wäre auch ein Sieg für den Fußball. Vielen Dank, Jörg, für diese Analyse und dann dir natürlich ein schönes Finale.
06:08Dankeschön.

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