Schallenberg: Wahlergebnis ändere US-Außenpolitik nicht

  • vor 4 Wochen
Außenminister Alexander Schallenberg erwartet nach der Präsidentschaftswahl im November Kontinuität in der US-Außenpolitik. Die Grundausrichtung sei schon seit den Präsidenten Bill Clinton oder Barack Obama gleich, analysierte Schallenberg im APA-Interview. Daran werde sich nichts ändern, egal ob der Republikaner Donald Trump oder die Demokratin Kamala Harris ins Weiße Haus einziehe
Transcript
00:00Außenminister Alexander Schallenberg erwartet nach der Präsidentschaftswahl im November
00:04Kontinuität in der US-Außenpolitik, egal ob Donald Trump oder Kamala Harris gewinnt.
00:10Die Grundausrichtung sei schon seit den Präsidenten Bill Clinton oder Barack Obama gleich, so
00:15der Außenminister.
00:16Also etwas, was wir klar sehen müssen, es gibt ja nicht einen hohen Grad an Kontinuität,
00:21die Tonalität ändert sich vielleicht, aber Obama hat uns schon gesagt, der Fokus der
00:26amerikanischen Politik liegt im indopazifischen Raum.
00:29China ist hier das Stichwort, das hat Trump auch fortgeführt.
00:33Denkt mal in den Nahen Osten, da hat Trump gerade mit den Abraham Accords, mit den Abraham
00:37Abkommen einen großen Durchbruch geschafft, aber auch da die Beziehung zu Israel ist eigentlich
00:41von beiden Administrationen sehr stark.
00:43Genauso wie die Botschaft an die Europäer, dass wir stärker autonom werden müssen, weil
00:48sich der amerikanische Fokus verlegt.
00:50Also da gibt es eine Kontinuität und ich rechne auch mit einer Kontinuität in gewissem Maße
00:55gegenüber Russland.
00:57Auch wenn ein Republikaner ist eine Welt, in der sich Russland unter Wladimir Putin
01:01durchsetzt, keine gute und daher glaube ich, dass manche der Unkenrufe sie einfach als
01:06falsche erweisen werden.
01:08Österreichs Ziel müsse in jedem Fall weiterhin eine gute Kooperation mit den USA sein, so
01:13Schallenberg.
01:14Für mich ist etwas wesentlich, dass ganz gleich, wer dort Präsident ist, ganz gleich,
01:20wie die Zusammensetzung auch des Kongresses ist, wir müssen, dass Österreich aus strategischem
01:24Eigeninteresse immer versuchen ein möglichst funktionierendes, effizientes, enges Zusammenarbeiten
01:30mit den Vereinigten Staaten zu haben.
01:32Sie sind einfach die wichtigste Macht in der freien Welt und das hat sich auch in den vergangenen
01:36Jahren immer wieder gezeigt und wir haben es geschafft, das österreichische Bundesregierung
01:40sowohl mit der Trump-Administration als auch mit der Biden-Administration ein sehr gutes
01:45und sehr enge Zusammenarbeit zu finden und das muss unser Ziel sein, auch ganz gleich,
01:51wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird.
01:53Dass Donald Trump eine knappe Wahlniederlage nicht akzeptieren und es zu Unruhen kommen
01:58könnte, glaubt Schallenberg nicht.
02:00Wir haben ein großes Vertrauen in die Standfestigkeit und Resilienz der Demokratie und der demokratischen
02:05Institutionen in den Vereinigten Staaten.
02:07Ich weiß, der Sturm aufs Kapitol ist uns alle in die Knochen gefahren und war ein tiefer
02:14Schock, nicht nur für die Bürger in Amerika, sondern für uns alle und ich glaube, das
02:19gilt, egal ob in Österreich, in Europa oder in den Vereinigten Staaten, alle politischen
02:25Bewerber müssen sich immer bewusst sein in der Demokratie, welche Verantwortung sie tragen,
02:30dass Worte auch Waffen werden können.
02:31Das ist manchmal so mein Waldruf, so schallt es zurück und hier hoffe ich doch, dass sich
02:37die Verantwortlichen entsprechend verhalten werden.
02:41Dass Trump, wie etwa vom aktuellen EU-Ratspräsidenten und ungarischen Premier Viktor Orbán verheißen,
02:47die Konflikte in der Ukraine oder im Nahost mit einem Schlag beenden werde, glaubt Schallenberg nicht.
02:53Also ich glaube, eine Erwartungshaltung, ganz gleich an welchen amerikanischen Präsidenten,
02:56dass der mit ein paar Telefonaten alle Krisen dieser Welt lösen wird, ist einfach illusorisch
03:01und vielleicht ein bisschen mehr dem Wunschdenken der Person zuzurechnen, die solche Äußerungen macht.
03:07Generell appelliert Schallenberg bezüglich der Aufregung um den ungarischen EU-Ratsvorsitz,
03:13die Kirche im Dorf zu lassen.
03:14Ich glaube, die Linie der Bundeskanzler vorgegeben hat das vollkommen richtig.
03:18Also Konfrontation mit den Ungarn, sie einen Dialog suchen, aber nicht Boykott, nicht schweigen.
03:24Das ist ein EU-Mitgliedsstaat, die Ego-Trips, die Viktor Orbán unternommen haben, waren
03:29nicht im Auftrag oder im Mandat der EU, das war sozusagen nur er selber, der das unternommen hat.
03:35Und wir sollten die Kirche auch im Dorf lassen.
03:38Er hat nicht von uns gesprochen und wir wissen alle, wer und das wissen auch unsere Partner
03:44das Mandat hat für die Europäische Union verbindlich zu reden.
03:48Und daher, glaube ich, nützt es niemandem und vielleicht am ehesten dem Viktor Orbán,
03:53wenn wir uns hier eine Aufgeregtheitsspirale immer wieder hingeben.
03:56Die jüngst von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geäußerte Forderung
04:01einer sofortigen Waffenruhe in Gaza könne er nur unterschreiben.
04:05Wir müssen das erreichen, damit wir endlich die Geisen rausbringen.
04:08Wir haben immer noch einen österreichisch-israelischen Familienvater im Empfängen der Hamas und
04:12mehr humanitäre Hilfe reinbringen.
04:15Aber wir haben ja gerade wieder in den letzten Tagen gesehen, mit diesem grauenhaften Raketenangriff,
04:20wo zwölf junge Menschen umgekommen sind und der Eskalationsschraube, die im Golan und
04:27im Südlibanon sich hinaufschraubt, wie unglaublich volatil und fragil die Situation ist.
04:32Die Zündschnur im Nahen Osten ist extrem kurz und das muss allen bewusst sein.
04:38Ich hoffe, dass wir, ähnlich wie bei der versuchten Eskalation seitens des Irans, wo
04:43sie 300 Raketen und Marschflugkörper auf Israel losgeschickt haben, dass die Reaktion
04:48und ja, Israel hat das Recht, sie zu verteidigen, dass sie proportional bleibt.
04:52Der Umstand, dass wir eine strategische Partnerschaft mit unseren israelischen Freunden haben, bedeutet
04:56nicht, dass wir mit jeder einzelnen Maßnahme einverstanden sind.
04:58Ich denke etwa an Gewaltexzesse der radikalen Siedler, Provokationen bei den heiligen Städten,
05:04Siedlungsbau.
05:05Das sind ganz klare Punkte, wo auch Österreich und die österreichische Bundesregierung sagen,
05:08nein, unsere Basis, das Völkerrecht, das ist nicht okay und da haben wir zum Beispiel
05:12auch innerhalb der Europäischen Union uns für Sanktionen eingesetzt.
05:15Und genauso unser Wunsch nach einem sofortigen Waffenstehstand in Gaza, ein klareres Bild,
05:21was der Tag danach sein soll, wie soll Gaza eigentlich verwaltet werden, wie können wir
05:27hier wieder zu einem vernünftigen Zusammenleben kommen, weil es muss beiden Seiten so tief
05:34die Traumata auch sind.
05:35Die Traumata einer Seite können nicht die der anderen Seite aufheben.
05:39Das Leid einer Seite kann nicht das Leid der anderen Seite aufheben und weder die Israelis
05:44noch die Palästinenser werden sich in Luft auflösen.
05:46Es braucht wieder Raum für Diplomatie, damit wir zumindest schrittweise wieder Sicherheit,
05:52Stabilität und ein friedliches Nebeneinander gewährleisten können.

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