Täter-Opfer-Polizei Die Hetzjagd von Beeskow

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Im Sommer 1990 wurde in einem Wald bei Beeskow ein
bestialischer Mord entdeckt. Das Opfer war eine
Krankenschwester aus Berlin. Die Suche nach dem Täter war sehr
schwierig. Wie es gelang, den Täter nach 14 Jahren zu
überführen, erzählten die Ermittler erstmals vor der Kamera.

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00:00Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017
00:17Schön, dass Sie bei uns sind.
00:19Willkommen zu einem Täter-Opfer-Polizei-Extra
00:22mit einem Fall aus Berlin und Brandenburg.
00:24Und das heute auch im Wortsinn,
00:26weil beide Bundesländer eine wichtige Rolle spielen.
00:29Eine junge Frau, eine Krankenschwester,
00:31wird auf furchtbare Weise umgebracht.
00:33Sie ist in Ost-Berlin groß geworden.
00:35Sie will gerade durchstarten, nach dem Mauerfall
00:37die neue Freiheit genießen, nach Frankreich fahren.
00:40Doch dann trifft sie auf ihren Mörder.
00:4214 Jahre lang bleibt das Verbrechen ungeklärt.
00:45Wie es dann doch gelingt, diesen Fall zu lösen,
00:48das wollen wir heute erzählen.
01:00Der Täter hat ja gestochen, mit Knüppel geschlagen.
01:03Er hat sie gewürgt.
01:05Es hat alle gewurmt,
01:07dass wir genau diese Tat lange nicht aufklären konnten.
01:11Es war alles zertreten.
01:13Und man konnte dann deutlich sehen,
01:16also hier ist irgendwas passiert.
01:19Es war mein 1. Tötungsdelikt, das ich bearbeitet habe.
01:22Sodass es für mich natürlich wichtig war,
01:25jetzt hier keine Fehler zu machen.
01:27Ich wollte es nicht nur gut machen, ich wollte es sehr gut machen.
01:31Jörg Tegge ist Staatsanwalt.
01:331990 war er noch ganz neu in der Abteilung für Mord und Totschlag,
01:37als er an jenem 17. Juni von dem brutalen Verbrechen erfährt,
01:41das ihn viele Jahre beschäftigen wird.
01:44Wir konnten im Wald eine Person feststellen,
01:47die aber für uns noch nicht klar als Mann oder Frau zu sehen war.
01:53Ein Fund, der in diesem Wald bei Beskow gemacht wird.
01:57Im Osten Brandenburgs.
01:59Dort ist im Juni 1990 Wolfgang Österreich unter den Ersten am Tatort.
02:04Er ist der Forensik-Experte für biologische Spuren
02:08und erinnert sich auch Jahrzehnte später noch an jenen Augenblick.
02:13Damals musste man sich berücksichtigen,
02:16dass man in diesem Wald
02:19Damals musste man sich bücken, um an den Fundort der Leiche zu kommen.
02:24Die Bäume waren vielleicht 2, 3, 4 m hoch.
02:28Besonders war, dass dort sehr viel Blut an der Bekleidung zu sehen war.
02:33Die Kriminaltechniker sichern 1990 alle Spuren,
02:37die sie mit den damaligen Möglichkeiten finden können.
02:41Im Lauf der Untersuchung wird auch klar,
02:44das Opfer ist eine Frau, die brutal getötet wurde.
02:50Wir haben bei der Sektion
02:52eine Vielzahl an Gewalthandlungen feststellen können.
02:56So fanden wir zum einen diese Stichschnittverletzung.
03:00Wir fanden Hinweise darauf,
03:02dass das Opfer am Hals massiv gehürt wurde.
03:05Wir fanden weitere Hinweise dafür,
03:07dass mit einem groben Gegenstand
03:09in den Gesichtsschälbereich hineingeschlagen wurde.
03:13Für mich sind v.a. die vielen Stichverletzungen.
03:1633-mal wurde auf die Frau eingestochen.
03:21Dann stoßen Kriminaltechniker im Wald auf etwas Seltsames,
03:25fast 200 m von der Leiche entfernt.
03:29Durch die Kriminaltechniker
03:31wurden wir dann noch auf einen größeren Baum aufmerksam gemacht.
03:37In dem Umfeld wurden verschiedene Dinge gefunden.
03:41Z.B. frisch abgebrochene Kiefernäste und Gurtbänder,
03:45die zusammengeknotet waren.
03:52Direkt am Baum auch Faseranhaftungen und Haare,
03:56die augenscheinlich erst mal die Länge des Haares
04:00der Geschädigten hatten.
04:04Es lag nahe, dass der Kopf hier in dieser Höhe war
04:08und dass hier unten die Geschädigte gesessen hat
04:11und die Hände entweder nach vorne oder nach hinten gefesselt waren,
04:16weil das Fesselungswerkzeug hier in der Nähe aufgefunden wurde.
04:22All diese Funde helfen zwar dabei zu rekonstruieren,
04:25was passiert ist.
04:27Aber um den Ablauf besser zu verstehen, entscheidet Jörg Tegge,
04:31im Wald bei Besko am Tatort wird alles nachgestellt.
04:36Wir haben dann eine Kollegin vom LKA,
04:40die etwa genauso groß war wie das Opfer, gebeten,
04:45sich an diesen Baum zu setzen, sich fesseln zu lassen.
04:49Wir haben hier ein entsprechendes Bild dazu.
04:52Wir haben daraus rückschlüssen können,
04:54in welcher Position sich die Geschädigte befunden haben muss.
04:58Und wo die Frau noch überall gefesselt war.
05:02Wir konnten dann auch die Beschädigung an dem Baum,
05:06die knapp oberhalb des Kopfes der am Boden sitzenden Polizeibeamten,
05:12zuzuordnen war, dann auch einem Tatgeschehen zuordnen.
05:19Jemand muss mit einem Stock zugeschlagen haben,
05:22auch gegen den Baum, an dem die Frau gefesselt war.
05:26Direkt über ihren Kopf, dort, wo man das Haar fand.
05:31Aber irgendwie kann sie sich befreien,
05:34bricht dabei Äste ab und rennt um ihr Leben.
05:37Doch die Frau wird verfolgt und wieder attackiert.
05:41Schließlich überwältigt und dann getötet,
05:44dort, wo sie am 17. Juni 1990 entdeckt wird.
05:48Der Fall erregt viel Aufmerksamkeit in der Region.
05:53Das 1. Mal über diesen Mord hatte ich eigentlich erfahren.
05:57Da war ich selbst noch am Wechsel von der 10. zur 11. Klasse.
06:01Ich war also noch Schüler.
06:03Für den damals 16-jährigen René Brümmer,
06:06in der gerade noch existierenden DDR,
06:09ist es der 1. Mord, der ihm in seinem Leben begegnet.
06:13Ich komme aus dem Bereich Oder-Spree.
06:16Und es war auch so, bis zur Wende,
06:19wo die Übertötungstechnik in der DDR
06:21eigentlich kaum in den Medien kommuniziert.
06:24Dass ich das Jahre später damit mal direkt zu tun hatte,
06:27das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht.
06:30Ich wusste noch nicht mal, dass ich Polizist werde.
06:33Und zwar der Polizist, der für die Aufklärung des Falles
06:36eine entscheidende Rolle spielen wird.
06:40Die 2. Begegnung mit dem Fall hatte ich im Jahr 1994.
06:44Ich war damals Student gewesen für den gehobenen Dienst der Polizei
06:48und hatte ein mehrwöchiges Praktikum
06:50bei der Mordkommission hier in Frankfurt-Oder.
06:53Und als ich den Fall auf den Tisch gelegt hatte,
06:56wusste ich, das ist der Fall,
06:58von dem ich 1990 in der Zeitung gelesen hätte.
07:01Der 20-jährige René Brümmer erlebt so das 1. Mal,
07:04was ein ungeklärter Mordfall auslösen kann.
07:07Für viele Kollegen,
07:09die damals schon mitgearbeitet hatten an diesem Fall,
07:12war dieser Fall ein Stachel im Fleisch der Mordkommission.
07:16Alle wollten im Prinzip diesen Fall auch geklärt haben.
07:19Und deshalb war er nicht bloß für mich wichtig,
07:22sondern für das Umfeld in der Mordkommission.
07:25Denn lange war unklar, warum wurde die Frau so brutal getötet.
07:29Mit harten Schlägen und mit 33 Messerstichen.
07:32Und warum findet sich erst mal keine Spur,
07:35die auf den Mörder hinweist.
07:37Im Wald finden die Ermittler eine 1. Erklärung dafür.
07:44Die Leiche lag mit dem Kopf in diese Richtung.
07:47Es wird wahrscheinlich so gewesen sein,
07:50dass er die Leiche unter den Armen gefasst hat.
07:54Und rückwärts durchgegangen ist.
07:57Bei diesem Ganzen muss man schon sehr schmal sein,
08:01wenn man nicht irgendwo aneckt.
08:04Dort hat man die Bereiche, wo der Kontakt am ehesten ist,
08:09in Augenschein genommen.
08:11Wir haben dann alles abgeguckt, aber es war nichts zu finden.
08:16Auch die Blut- und Gewebesporen aus dem Wald,
08:19die man im Juni 1990 auswerten kann,
08:22bringen zu dem Zeitpunkt nur den Hinweis,
08:25sie stammen von der Toten.
08:27Genauso wie der Schlüsselbund und die Uhr, die bei ihr liegen.
08:32Wir hatten keinerlei Hinweise darauf,
08:35um wem es sich bei dieser Person handelt.
08:38Wir haben dann, noch bevor wir die Sektion durchgeführt haben,
08:43durch die Gerichtsmedizin eine Art Leichenkosmetik durchführen lassen.
08:48Und sind dann mit dem Bild in die Fahnung gegangen.
08:52Mit dem präparierten Bild von der Frau
08:55wird öffentlich um Hinweise gebeten.
08:57Und es bringt tatsächlich eine erste heiße Spur.
09:00Bei der Polizei meldet sich ein Mann.
09:02Er war damals Förster in dem dortigen Bereich.
09:05Er war auf dem Weg nach Hause.
09:07Er ist dann an dieser Lichtung vorbeigegangen,
09:10hat einen Einblick in diesen Waldweg erhalten.
09:13Und hat hier einen Pkw stehen sehen.
09:15Und eine männliche Person, die sich für ihn sehr auffällig verhielt.
09:19Die den Eindruck vermittelt hat,
09:21als wenn sie sich verstecken wollte hinter dem Pkw.
09:24Der Förster denkt deshalb,
09:26dieser Mann will im Wald vielleicht austreten und geht weiter.
09:30Was er nicht weiß,
09:31wahrscheinlich stört er den Täter dabei, die Leiche zu beseitigen.
09:35Ermittlern fällt aber etwas auf.
09:37Als ich direkt an der Leiche war, kam ein Geruch in meine Nase.
09:43Wo ich erst mal lange überlegen musste,
09:46irgendwas war es Besonderes.
09:49Bis es mir dann dämmerte, dass das Benzin ist.
09:53Vermutlich wollte der Täter die Leiche verbrennen.
09:57Wurde dann aber vom Förster gestört.
10:00Der Förster kann den Mann mit dem Auto beschreiben.
10:04So entsteht dieses Phantombild.
10:07Allerdings ist es so vage, dass es erst mal nicht weiterführt.
10:12Dafür aber klärt sich 6 Tage nach dem Leichenfund,
10:16am 23. Juni 1990, die Identität der Toten.
10:21Denn jetzt kommt eine Information aus Berlin.
10:25Dass dort eine junge Krankenschwester vermisst wird.
10:29Wir wussten dann, dass die in Berlin vermisste Uta S.
10:33Unser aufgefundenes Opfer ist.
10:36Es ist die 24-jährige Uta S.
10:39Eine Krankenschwester aus dem Hedwig-Krankenhaus,
10:43die von ihrer Schwester vermisst wurde.
10:46Am 16. Juni war die junge Frau
10:48nach der Abendschicht noch mit ihrem Rad unterwegs.
10:52So wurde sie das letzte Mal lebend gesehen.
10:55Sie wollte mit jemandem in Frankreich telefonieren.
10:59Doch das war im Jahr 1990 in der DDR noch ein Problem.
11:03Wir wussten, dass sie beabsichtigt, ihren Freund anzurufen.
11:07Die einzige Möglichkeit, Auslandsgespräche zu führen.
11:11Zum damaligen Zeitpunkt war es,
11:13die Telefonzellen in der des damaligen Hauptbahnhofes aufzusuchen.
11:18Dort sind an jenem Abend die Telefonzellen aber geschlossen.
11:22Wahrscheinlich trifft Uta S. hier auf den Täter,
11:25der vielleicht Hilfe anbietet.
11:27Und vielleicht mitgeht und ins Auto steigt.
11:36Die entscheidenden Fragen für uns, wer der Täter war.
11:39Und wie und mit wem kam die Geschädigte an den Aufenthort,
11:4390 km entfernt von Berlin.
11:46Wo sie am 17. Juni 1990 von Spaziergängern entdeckt wird.
11:52Insgesamt haben wir 1,5 Jahre, 2 Jahre ermittelt in der Sache.
11:56Bis wir an unsere Grenzen zum damaligen Zeitpunkt gestoßen sind.
12:00Wir waren uns bewusst,
12:02dass wir jederzeit die Ermittlungen wieder aufnehmen werden.
12:06Insoweit war der Optimismus, die Tat aufzuklären,
12:09natürlich immer vorhanden.
12:13Es kommt dann wieder Bewegung in den Pfeil.
12:1613 Jahre nach der Tat
12:18werden die Ermittlungsakten wieder zur Mordkommission gebracht.
12:22Dort arbeitet inzwischen René Brümmer.
12:26Meine 3. Begegnung war dann im Jahr 2003 in etwa mit dem Fall.
12:31Die Mutter von der Uta ist, sie hatte sich an die Polizei gerannt
12:36mit der Bitte, dass wir noch mal Nachforschung anstellen.
12:40Insbesondere vielleicht auch hinsichtlich der neuen Entwicklung
12:44mit DNA, Kriminaltechnik und solchen Dingen.
12:47Ich bin dann der verantwortliche Sachbearbeiter geworden
12:51für diesen Fall.
12:53Ich habe ihn dann im Prinzip in meiner eigenen Hand.
12:57René Brümmer arbeitet sich von da an durch die Akten.
13:01Durch 15 Bände mit über 1.900 Seiten.
13:04Und das nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals.
13:10Einmal, um einen Überblick zu bekommen
13:13über den gesamten Sachverhalt.
13:15Dann noch mal vertiefend gelesen.
13:17Und dann schon angefangen aufzuschreiben,
13:20was man sieht oder Auffälligkeiten.
13:23Dann hatte ich den Vorgang einmal gelesen,
13:26komplett aus Sicht des Opfers.
13:28Ich hatte versucht, mich in die Uta reinzuversetzen,
13:31wie das alles abgelaufen ist damals.
13:33Um da vielleicht noch mal eine Idee zu haben,
13:36was man ermittlungsmäßig machen kann.
13:38Und das selber auch noch mal aus Sicht eines potenziellen Täters.
13:42Dazu gehört für die Mordermittler auch,
13:45an den Ort des Verbrechens zurückzukehren.
13:48Sich also den Tatort im Wald bei Bieskow selbst anzuschauen.
14:01Wir kannten es ja von damals nicht.
14:03Wir kannten nur die Protokolle und wollten einfach mal gesehen haben,
14:07wie es hier aussieht,
14:09dass man die Örtlichkeiten ins Verhältnis setzen kann.
14:13Wir sind ja auch bloß Menschen als Mordermittler.
14:16Und wenn wir mit bestimmten Fällen zu tun haben,
14:19mit bestimmten Konstellationen, lässt es einen das ja auch nicht kalt.
14:23Das war ja halt so ein Fall.
14:25Deswegen war das Bestreben von den ganzen Kollegen,
14:28die sich damit beschäftigt haben, diesen Fall auch aufzuklären.
14:32Uns hat dieser Fall auch bewegt.
14:34Deswegen waren wir natürlich auch hier,
14:36um an diesem Ort gewesen zu sein,
14:38wo diese Tat vollzogen wurde, diese grausame Tat.
14:41Für mich war immer so ein Motto, wenn mir die Fälle egal sind,
14:45wenn sie mich nicht mehr berühren,
14:47dann sollte ich mir vielleicht was anderes suchen bei der Polizei,
14:51wo ich damit Dienst verrichte, aber nicht mehr in der Mordkommission.
14:55René Brümmer will herausfinden, warum Uta S. hier ermordet wurde.
14:59Bei seinen neuen Ermittlungen
15:01stößt er auf eine interessante Information zur Tatwaffe.
15:04Uta S. besaß so ein Messer und hatte es immer bei sich.
15:08Es wurde aber nie gefunden.
15:10Die Mutter von Uta S. erklärt nun, sie hat genau das gleiche Messer.
15:16Jetzt hatten wir die Aussage der Mutter dazu
15:19und hatten das Messer der Rechtsmedizin vorgelegt.
15:22Ob das Messer von der Größe her, von der Klingengröße geeignet wäre,
15:27die Verletzungen, die später bei Uta festgestellt wurden,
15:30auch zu verursachen.
15:32Die Rechtsmedizin kam zu dem Schluss,
15:34dass dieses Messer sehr wohl geeignet ist.
15:37Für uns war dann der Rückschluss, dass die Variante im Raum stand,
15:41dass Uta durch ihr eigenes Taschenmesser getötet worden ist.
15:45Doch von wem?
15:47Und wo ließ der Mörder das Taschenmesser von Uta S. verschwinden?
15:53Bei der Polizei sucht auch Wolfgang Österreich weiterhin nach Antworten.
15:581990 hatte er die Spuren ausgewertet
16:01und setzt 2004 auf neue Erkenntnisse durch verbesserte Methoden.
16:06Jahre danach erinnern sich die beiden Ermittler
16:09an die entscheidenden Momente dieser langen Spurensuche.
16:15Was ist das jetzt?
16:17Das war doch das Gurtband hier, ne?
16:20Das ist jetzt die Stelle, wo Uta gefesselt worden ist?
16:24Ja.
16:26Und das passt ja dann ganz gut jetzt hier, ne?
16:29Ja, das ist das, was die Ermittler gemacht haben als Rekonstruktion,
16:33um das nachzustellen.
16:35Das ist für die Anhaftung der Haare am Stamm,
16:38auch die sitzende Position.
16:47Und das ist jetzt hier noch mal das Unterhemd?
16:50Das ist das Unterhemd, was ich 2004 dann untersucht hatte.
16:58Und wo wir als Erstes die sekretfertigtigen Anhaftungen
17:04hier unten auf der Vorderseite festgestellt haben.
17:09Und wo ein gewisser Hoffnungsschimmer aufkam,
17:12dass wir möglicherweise sogar noch mehr finden können.
17:16Denn seit dem Fund vom 17. Juni 1990
17:19hat sich die Spurenauswertung revolutioniert.
17:23Da damals alle Funde in der Asservatenkammer der Polizei
17:27gesichert wurden, können ab 2004 die alten Asservate
17:31wie die Kleidung von Uta S. z.B. neu ausgewertet werden.
17:37Alles landet wieder bei ihm, bei Wolfgang Österreich.
17:41Versehen mit 2 Zielen.
17:43Mit neuer Technik Spuren des Täters entdecken,
17:46die 1990 noch nicht zu finden waren.
17:49Und die dann mit neuesten Methoden analysieren.
17:56Die Fragestellung war in erster Linie,
17:59DNA-Spuren jeglicher Art an dem Untersuchungsmaterial,
18:03d.h. Jeanshose, Jacke, Slip und Unterhemd,
18:08auf Fremdanhaftungen zur Untersuchung.
18:12Die Ermittler beginnen mit dem Unterhemd von Uta S.
18:20Es zeigte sich, dass an einer Stelle des Unterhemdes,
18:24obwohl es so durchblutet war,
18:26hier eine positive Vorprobe auf Spermasekret ergab.
18:34Also der 1. Hinweis auf den Mann,
18:36der mit Uta S. am Tatort bei Besko war.
18:39Und sie dort auch sexuell misshandelte.
18:43An einer Vielzahl von Proben
18:45sind Merkmalsgemische festgestellt worden.
18:48D.h. von der Geschädigten und einer männlichen Person.
18:52An einer Spur haben wir ein vollständiges DNA-Profil
18:56einer männlichen Person festgestellt.
18:59Und dieses war so intensiv,
19:01dass wir hier ein vollständiges DNA-Profil
19:04der männlichen Person generieren konnten.
19:07Das war dann auch geeignet für die Einstellung
19:10in die bundesweite DNA-Datenbank.
19:14Dort gibt es 2004 tatsächlich einen Treffer.
19:18Also mit dem Eingang der Treffermeldung im LKA
19:21war für uns jetzt klar, es ist hier eine Tür aufgegangen.
19:25Wo wir das 1. Mal eine Chance haben,
19:28diesen Fall wirklich richtig zu klären.
19:31Und dessen waren wir uns bewusst.
19:33Und natürlich war man auch emotional so eingestellt.
19:36Wir hatten jetzt die Chance, und jetzt wollten wir natürlich auch.
19:42Die Informationen führen nach Rathenow.
19:45Und in die Umgebung der Stadt.
19:47Hier lebte der gesuchte Mann.
19:49Ein gebrauchtwaren Händler, der damals 40 Jahre alt ist.
19:53Und die Treffermeldung war der Olaf H.,
19:56der bereits wegen einem Tötungsdelikt
19:58in polizeilichen Erscheinungen getreten ist.
20:01Weswegen er auch in der DNA-Datenbank einlag.
20:04Denn Olaf H. hat 1993 in Schwedt, in dieser Wohnung,
20:08eine 19-jährige Schülerin getötet.
20:11Der für diesen Fall zuständige Staatsanwalt
20:14war Jörg Tegge, der Olaf H. zum Mord in Schwedt befragte.
20:19Letztlich erzählte er uns dann die Geschichte,
20:22dass er Kontakt hatte.
20:24Man hätte Geschlechtsverkehr miteinander gehabt,
20:27und zwar freiwillig.
20:29Und dass es dann in den Morgenstunden
20:32zu einer kleineren Auseinandersetzung gekommen sei.
20:37Er schilderte das als Unfallgeschehen.
20:40Aber sie trösten wollen.
20:42Und das sei dann wohl ein bisschen heftiger geworden.
20:45Und er hätte das aber nicht gewollt.
20:47Allerdings schafft er 1993 die Leiche der Schülerin
20:50auf diese 100 km entfernte Mülldeponie
20:53und verbrennt sie dort.
20:55Jörg Tegge glaubt damals nicht an einen Unfall.
20:58Ich habe ihn wegen Mordes angeklagt.
21:01Ich bin davon ausgegangen, dass hier möglicherweise
21:04ein Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Geschichten
21:07stattgefunden hat.
21:09Er entschloss sich,
21:11aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Geschädigte zu töten.
21:16Doch an der verbrannten Leiche der Schwedter Schülerin
21:19lässt sich 1993 die Vergewaltigung
21:22und damit das Mordmotiv nicht mehr nachweisen.
21:25Olaf H. wird trotzdem verurteilt.
21:28Zu 8 Jahren Haft wegen Totschlags.
21:32Was die Tötung anbetraf, war natürlich für uns wichtig,
21:36gibt es jetzt Parallelen zu der Tötung von Uta.
21:41Hier war ganz auffällig das Verbrennen der Leiche.
21:47Olaf H. hat wohl die Tendenz, Leichen verschwinden zu lassen,
21:51mit Benzin übergossen und angezündet.
21:54Auch Uta S. wird 1990 im Wald bei Besko mit Benzin übergossen.
21:59Olaf H. wird dann wohl vom Förster gestört,
22:02bevor er die Leiche anzünden kann.
22:06Wir wussten auch, dass er zu Sexualdelikten neigt,
22:10dass er gewalttätig werden kann.
22:13Das waren alles so Punkte, die dafür sprachen,
22:16dass wir jetzt hier tatsächlich den richtigen Täter haben.
22:20René Brümmer setzt 2004 ein Spezialeinsatzkommando in Bewegung,
22:24das Olaf H. morgens um 5.30 Uhr festnimmt
22:27und direkt zur Vernehmung bringt.
22:31Natürlich hat man gehofft, er wird früh festgenommen,
22:34aber das SEK kommt bei uns in die Vernehmung und bricht zusammen,
22:38dass hier etwas passiert ist.
22:41Doch Olaf H. gesteht nicht.
22:45Er beschränkte sich darauf, zu sagen,
22:47er hätte mit vielen Frauen Sex gehabt.
22:49Möglicherweise kamen damit auch Spurenmaterial zustande.
22:52Wir hatten ihm ein Bild von Uta vorgelegt, ein Lebensfoto,
22:56wo er sagte, er kennt die Frau nicht.
22:58Aber er kannte damals so viele Frauen.
23:00Wir haben auch noch ein Leichenfoto vorgelegt.
23:03Aber auch hier sagte er, kennt er nicht.
23:07Olaf H. bleibt dabei.
23:1014 Stunden lang wird er befragt.
23:14Für uns war auffällig, dass alles, was die Tötung von Uta betraf,
23:18dieses Thema ließ ihn eigentlich kalt, völlig gefühlskalt.
23:23Das Einzige, wo er Emotionen zeigte, war, wenn es um ihn selbst ging.
23:27Das war ihm wichtig, er selbst war sich wichtig.
23:30Aber alles andere spielte für ihn überhaupt keine Rolle.
23:35Doch die DNA-Spuren an der Leiche von Uta S.
23:38stammen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 753 Billionen von Olaf H.
23:45Damit konfrontiert bricht er am nächsten Tag zusammen.
23:50Was ist überhaupt eine Vorstellung, was 753 Billionen mal heißt?
23:55Letztendlich fing er dann irgendwann auch an zu weinen.
24:01Und fing dann an, dass es damals eine Sache gab,
24:04seiner Erinnerung nach mal einem Mädchen sehr wehgetan hat.
24:09Das war dann für uns der Einstieg ins Geständnis.
24:16Ein Geständnis, das Olaf H. danach nie mehr wiederholen,
24:20teilweise sogar wiederrufen wird.
24:23Er gibt später nur zu,
24:25dass er in Berlin tatsächlich Uta S. getroffen hat.
24:28Dort, wo die 24-Jährige eigentlich telefonieren wollte.
24:32Er bot Hilfe an und sie ging mit ihm mit.
24:35Dann sei es zwar zu einer Auseinandersetzung gekommen.
24:38Als er sich aber von ihr trennte, habe sie noch gelebt.
24:44In Wirklichkeit verschleppte er die junge Krankenschwester
24:47in den Wald bei Besko.
24:49Dort schlägt und sticht er immer wieder auf sie ein.
24:53Bis sie sich nicht mehr rührt.
24:59In Frankfurt-Oder wird Olaf H. 2005 mit den vielen Beweisen
25:03zu 15 Jahren Haft verurteilt wegen Totschlags.
25:10Seitdem sind Jahre vergangen.
25:12Doch an Uta S. wird sich Kommissarin Nebrümmer immer erinnern.
25:20Nachdem die Verurteilung von Olaf H. gewesen ist,
25:24hat mir die Mutter von der Uta ein Kerzenlicht geschenkt.
25:31Als kleines Dankeschön dafür, dass wir die Sache aufgeklärt haben.
25:38Ist nicht so normal, dass man so ein Dankeschön bekommt.
25:41Das war mir auch persönlich wichtig.
25:43Egal, in welchem Büro ich in der Polizei gearbeitet habe,
25:48dieses Licht steht immer in diesem Büro auf dem Fensterbrett.
25:52Genau so will ich jetzt in kurzer Ruhe immer bleiben.
26:02Für ihre Familie bleibt die Gewissheit.
26:0515 Jahre nach ihrem gewaltsamen Tod
26:08wurde der Täter endgültig überführt.
26:13Auch für Staatsanwalt Jörg Tegge
26:15ist die Aufklärung dieses Verbrechens unglaublich wichtig.
26:19Denn so bleibt der 1. Fall
26:21seit seiner inzwischen sehr langen Karriere kein ungelöster Fall.
26:25Kein Cold Case.
26:26Und das bedeutet ihm sehr viel, hat er uns erzählt.
26:29Das war es für heute bei Täter-Opfer-Polizei extra.
26:32Danke fürs Zuschauen. Bis zum nächsten Mal.
26:35Alles gut.
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