Knut Kircher, Schiedsrichter-Chef des DFB, gibt sich nach dem ersten Halbjahr der Saison 2024/25 zufrieden mit den Leistungen der Schiedsrichter in der Bundesliga. Ein Blick auf die Noten zeigt dabei aber ein anderes Bild.
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SportTranskript
00:00Ich bin zufrieden. Es lief allerdings jetzt nicht so, dass man sagt, ich habe eine Flatline auf
00:09einem bestehenden oder bestätigten Niveau von Anfang an. Das ist aber auch schon aus meiner
00:14aktiven Zeit immer ein Wellental. Aber ich finde, wir haben jetzt die Ausschläge nach unten wie
00:20nach oben im Laufe der Saison gut managen können. Die Entscheidungsqualität auf dem Feld nimmt zu,
00:27die Fahrerinterventionen nehmen deutlich ab, 30 Prozent weniger. Ich finde,
00:32wir haben einen richtigen Weg eingeschlagen, den es jetzt weiterzugehen gilt.
00:36Das erste halbe Jahr liegt hinter Knut Kircher. Im Sommer war er angetreten als neuer Schiedsrichter
00:41Chef beim DFB und Nachfolger von Lutz Michael Fröhlich. Der hatte den Job vorher acht Jahre
00:46lang ausgeübt und nach einem halben Jahr kann man festhalten, dass Kircher zumindest in einigen
00:51Punkten das erfüllt hat, was von ihm erwartet worden war, beziehungsweise was er auch selbst
00:56angekündigt hatte. Da wäre einmal die straffere Führung, die sich einige Schiedsrichter unter
01:00Fröhlich gewünscht hatten. In allererster Linie liegt es mal darin, dass wir klare Vorgaben geben
01:05müssen im Rahmen des Regelwerks, klare Leitplanken setzen müssen und dann auch leistungsbezogen
01:11ansetzen. Das heißt, Schiedsrichter, die sehr, sehr gut performen und das gab es auch jetzt
01:17wirklich in dem Top-Bereich, dass wir die dann halt auch häufiger gesehen haben auf dem Platz bis
01:21dato und dass Schiedsrichter, die nicht so gut performen, vielleicht mal das eine oder andere Spiel
01:26weniger haben. Obwohl das allgemeingültig nicht immer gilt, weil wir betrachten oftmals in dem
01:31Zusammenhang vielleicht nur die nationalen Einsätze. Da gehören aber auch internationale Einsätze zu
01:36innerhalb der UEFA und FIFA und andererseits werden wir auch von anderen Ländern gefragt, ob wir Spiele
01:41leiten können, also wie es dann so reinpasst. Ich finde aber, die Entscheidungsqualität hat zugenommen,
01:46wir sind klarer geworden in unseren Botschaften, die Schiedsrichter, von mir jetzt gefühlt,
01:52sind viel, viel eigenständiger geworden, so nach dem Motto, mein Spiel, meine Entscheidung und wir
01:58haben an der Eingriffsschwelle des VAR gearbeitet, um die mehr in Richtung klar und offensichtlich zu
02:03bringen. Es gibt auch mit Blick auf die Kickernoten einen klaren Aufwärtstrend nach dieser ja doch
02:08sehr durchwachsenen 100-Tage-Bilanz von Kircher Anfang Oktober. Da waren einige Fehler dabei,
02:14einige Aufreger, da war der Kickernotendurchschnitt der Bundesliga-Schiedsrichter bei 3,21, das war
02:20ungefähr fast das Niveau wie in der letzten Saison vor Einführung des VAR, damals 2016-17. Seitdem
02:28gibt es einen klaren Aufwärtstrend, 3,06 waren die Leistungen dann vom 7. bis zum 15. Spieltag.
02:34Insgesamt ist der Gesamtnotendurchschnitt von 3,13, aber immer noch der schlechteste seit
02:40Einführung des VAR in der Saison 2017-18. Es gibt also noch Nachholbedarf und das liegt auch daran,
02:46dass Kircher eben diese neue Direktive hat, wieder eine ganz hohe VAR-Eingriffsschwelle,
02:51nur bei ganz klaren Fehlern. Dafür gibt es eigentlich eine Mehrheit, aber es muss eben
02:55gut umgesetzt werden und vor allem muss die Qualität der Schiedsrichter auf dem Platz
02:58wieder deutlich steigen. Das ist auch ein Ziel, ein großes Ziel von Kircher und es gab aber auch
03:05abseits von diesen Schlüsselszenen, die eventuell VAR-relevant waren oder eben vom VAR korrigiert
03:12wurden, einige unrunde Spielleitungen, was Zweikampfbewertung oder auch das Auftreten
03:16des Chiris anbelangt. Er ist sehr geradlinig, sehr offen, sehr direkt. Er sucht den Austausch mit den
03:21Protagonisten, den Klubs, Trainern, Managern, auch Spielern, will da das Verhältnis verbessern.
03:27Ja, sehr gut. Uns ist es wichtig, auf dem Feld, aber auch abseits des Feldes, auf Augenhöhe zu
03:32agieren. Wir docken an, wir haben Austausch mit Trainern, wir haben Austausch mit Managern,
03:36wir sorgen mehr und mehr für Transparenz, auch was das Thema Prozesse im VHC anbelangt.
03:42Nachvollziehbarkeit, wenn es irgendwie Fragen gibt zu Szenen, dann sind wir da immer
03:49gesprächsbereit, immer bemüht, dann auch für Aufklärung zu sorgen, dass man dann trotzdem am
03:54Ende des Tages vielleicht mal auseinander geht und hat eine andere Meinung. Das liegt in der
03:58Natur der Sache, das liegt im Fußballspiel per se schon und auch im Regelwerk. Wichtig ist nur,
04:02dass man miteinander spricht und nicht übereinander und das ist gut so.
04:05Er kann aber auch einstecken und zwar auch sehr harsche Kritik, die war aufgekommen nach dem
04:10Spiel Leverkusen gegen Eintracht Frankfurt, als Frankfurts Sportvorstand Markus Grösche gesagt
04:15hatte, Kirchhers Einordnung würde dem Fußball schaden. Er hatte damals gesagt, die Entscheidung
04:20von Felix Brüch kurz vor Ende des Spiels, nach einem Zweikampf von Jonathan Tah und
04:25Ugo Ekitikeh keinen Strafstoß für die Eintracht zu geben, das sei noch vertretbar für den Kicker
04:31unter anderem und Grösche und viele andere Beobachter war das allerdings ein klarer Elfer.
04:36Das hat er inzwischen auch eingeräumt und zwar in einem Doppelgespräch mit Markus Grösche für
04:42den Kicker kurz vor Weihnachten. Das war eine kritisch-konstruktive, sachliche Atmosphäre,
04:46ein fachlicher Austausch, so wie es Kircher will. A gehören Emotionen zum Fußball dazu
04:50und auch Emotionen von Verantwortlichen. Ich kann mich in die Schuhe derer stellen,
04:54die diese Firmen, diese Konzerne verantwortlich begleiten. Deshalb finde ich es gut, wenn Emotionen
05:03am Werk sind. Dann darf auch das passieren, das darf auch das geschehen. Wir treffen uns heute
05:11zu einem Interview, wir sehen uns in die Augen, wir haben uns trotzdem ein, was heißt trotzdem,
05:15ich finde da ist gar nichts entstanden, sondern wir haben ein gutes Verhältnis und man darf in
05:20der Sache durchaus mal hart werden und sein und sich danach fachlich austauschen. So mag ich das
05:26eigentlich auch. Aber das Wichtigste ist natürlich die sportliche Bilanz. Anfang Januar bereiten sich
05:31die Schiedsrichter im Wintertrainingslager in Portugal auf die Restrunde vor und es wird jetzt
05:35spannend zu sehen sein, ob sie ihren Aufwärtstrend seit Mitte Oktober, nach dem ja doch sehr
05:40durchwachsenen Saisonstart mit vielen klaren Fehlern und Aufregern, ob sie den fortsetzen oder
05:44sogar ausbauen können und wie dann am Ende die Bilanz nach der ersten kompletten Saison unter
05:50der Führung von Knut Kircher ausfallen wird.