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Nur ein einziger kleiner Bus darf jeden Tag die geschlossene Grenze zwischen Norwegen und Russland überqueren, von Kirkenes nach Murmansk. Seit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine sind die Grenzen zwischen West-Europa und Russland dicht.

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Transkript
00:00Warten. Auf diesen Bus. Im norwegischen Kirkenes am Nordpolarmeer.
00:11Warten auf die letzte direkte Reisemöglichkeit von Norwegen nach Russland.
00:17Warum sie dorthin will? Kein Kommentar.
00:21Elisaveta Verejkina kann nicht mitfahren. Zu gefährlich.
00:26Die Russin musste ihre Heimat verlassen, lebt jetzt in Norwegen im Exil.
00:31Und da kommt er, wie jeden Tag, pünktlich um ein Uhr mittags.
00:36Während nahezu alle direkten Grenzen von Westeuropa nach Russland geschlossen sind,
00:41fährt er täglich ins nordrussische Murmansk.
00:47Die sagen, hoffentlich schließen sie nicht auch noch diese Route.
00:51Sonst würden noch mehr Familien auseinandergerissen.
00:56Seit Russlands Angriff auf die Ukraine ist eigentlich auch die norwegisch-russische Grenze geschlossen.
01:02Nur für diesen Minibus machen die Norweger eine Ausnahme.
01:06Ich arbeite hier in Kirkenes und besuche heute mein Zuhause.
01:13Umgerechnet 50 Euro kostet die vierstündige Fahrt.
01:17Zwischen fünf und zehn Passagiere fahren jeden Tag mit, sagt der Fahrer.
01:22Über Politik, den Grund für die Grenzschließungen, will hier niemand sprechen.
01:28Verejkina weiß, dass Russen aus ganz Europa diese direkte Verbindung in die Heimat nutzen.
01:36Dieser Bus ist die billigste und einfachste Art, von Norwegen nach Russland zu kommen.
01:43Aber die Leute kommen nicht nur aus Norwegen, sondern es sind auch Russen aus anderen europäischen Städten.
01:49Ich habe schon Reisende aus Paris, Stockholm oder Helsinki getroffen.
01:54Dann geht es los. Mitfahren können nur russische Staatsbürger oder wer ein Visum besitzt.
02:01In nur 20 Minuten erreichte Bus den Grenzübergang Storskog.
02:06Für private Pkw ist die Grenze dicht.
02:10Vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine seien diese Straßen viel befahren gewesen, erzählt der Norweger Frode Berg.
02:18Er war hier viele Jahre Grenzbeamter.
02:24Auch er hat schlechte Erfahrungen mit der russischen Justiz gemacht.
02:28Zwei Jahre saß er in einem Moskauer Gefängnis.
02:34Ihm wurde seine Zusammenarbeit mit dem norwegischen Geheimdienst zum Verhängnis.
02:39Erst nach langen Verhandlungen kam er wieder frei.
02:43Trotzdem erinnert er sich an viele gute Dienstjahre hier an seinem ehemaligen Grenzübergang.
02:49Zu den sowjetischen, später russischen Kollegen habe er immer ein gutes Verhältnis gehabt, sagt Berg.
02:56Dass nun wieder kalter Krieg herrscht zwischen beiden Ländern, bekümmert ihn.
03:03Die Verantwortung für das schlechte Verhältnis zwischen unseren Ländern trägt aber Russland mit seinen Handlungen ganz allein.
03:11Wir haben doch in Kirkenes all die Jahre gut vom Grenzhandel gelebt.
03:16Wir sind hinüber auf die russische Seite und die Russen kamen herüber zu uns nach Kirkenes.
03:22Wir Norweger hatten uns in diesem Zustand so bequem eingerichtet, dass wir die aufziehenden Gefahren nicht sehen wollten.
03:31Gefahren, über die Elisaveta Verejkina für ihren neuen Arbeitgeber, den Bahrens Observer, schreibt.
03:38Das Online-Medium beschäftigt sich mit den Gefahren des Putin-Regimes und erscheint auch auf Russisch.
03:45Seit ihrer Flucht aus Moskau veröffentlicht die Journalistin ihre Beiträge hier,
03:49wie auch drei weitere regimekritische russische Kollegen, die in ihrer Heimat nicht mehr sicher waren.
03:57In Kirkenes leben eine Menge Russen und die pendeln zwischen beiden Ländern hin und her, manche jeden Tag, mit dem Bus.
04:05Im Allgemeinen versuchen sich die Russen hier aus der Politik herauszuhalten,
04:09teils, weil es sie nicht interessiert, teils, weil sie Angst haben.
04:16Angst, die berechtigt ist, denn auch in Norwegen entlang der Grenze kommt es immer wieder zu russischen Störaktionen.
04:23Der Bahrens Observer berichtet darüber.
04:29Unterseekabel wurden gekappt, zivile und militärische Infrastruktur wurden observiert.
04:34Selbst die russisch-orthodoxe Kirche, die bekanntermaßen eng mit den russischen Geheimdiensten verbunden ist,
04:40hat versucht, Kontakt mit verschiedenen Bereichen der norwegischen Gesellschaft aufzunehmen,
04:45zum Beispiel mit Firmen, die im Bereich Unterwassertechnologie arbeiten.
04:52Der lange Arm Moskaus erreicht auch nach Norwegen.
04:56Ein Beispiel dafür sieht Elisaveta Berejkina auf ihrem täglichen Nachhauseweg.
05:03Dort liegt der Haupteingang des russischen Konsulats.
05:06Und gleich hier gegenüber sehen wir eine Gedenktafel für den russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny, der in russische Haft umkam.
05:15Die Tafel wurde von örtlichen Aktivisten gestaltet.
05:18Es ist schon einige Male passiert, dass die Bilder morgens zerrissen auf dem Boden lagen,
05:23die Blumen zertreten und die Tafel mit Parolen beschmiert war.
05:27Das passiert regelmäßig.
05:37Norwegens Beziehungen zum mächtigen Nachbarn sind so angespannt wie nie zuvor.
05:42Doch noch fährt er, der letzte Bus, nach Russland.

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