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Japans Gefängnisse: ein unnachgiebiges System aus Vorschriften und Verboten. Auch Deutsche sitzen dort ihre Strafe ab und müssen sich den strikten Regeln unterwerfen.

Meist haben sie versucht, Drogen zu schmuggeln, und erhielten die Standardstrafe für diese Vergehen: acht Jahre. Im Männergefängnis Fuchu und im Knast für Frauen in Tochigi leben sie nun einen eng begrenzten, immer von Strafen und Isolierung bedrohten Alltag.

Marschieren im Gleichschritt, reden nur mit Erlaubnis, nicht aus dem Fenster schauen, das sind nur einige Regeln, an die sich Gefangene zu halten haben. Tun sie es nicht, droht Einzelhaft, und das bedeutet: den ganzen Tag in nur einer Sitzposition verharren, nicht reden, nicht bewegen. Japans Strafvollzug setzt ganz und gar auf Disziplin, will durch Gehorsam und Arbeit die Straftäterinnen und Straftäter wieder zu respektablen Mitgliedern der Gesellschaft machen.

Resozialisierung findet manchmal auf skurrilem Wege statt: So ist die vorherrschende Farbe im Frauengefängnis rosa, vom Zellentrakt über Handtücher und Schuhe bis hin zu den Gittern der Unterkünfte. Ein Alptraum in Pink – das und der ewige Drill führt manche Gefangenen an den Rand eines Nervenzusammenbruchs.

EIN FILM VON
Christian Bock

KAMERA
Oliver Biebl

TON
Jonathan Röder

SCHNITT
Florian Zimmermann

SPRECHERIN
Claudia Urbschat-Mingues

PRODUZENTIN
Nikola Kohl

EXECUTIVE PRODUCERIN
Natalia Lucic

PRODUKTION
Annika Sikora (south&browse)
Sina Eckhardt (ZDFinfo)

GRAFIK
Eike Wichmann

ARCHIVE
Pond5

REDAKTION
Natalie Zinkand

EINE PRODUKTION VON
south&browse GmbH

IM AUFTRAG VON
ZDFinfo

© ZDF 2024

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Categoría

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Diversión
Transcripción
00:00Fujū, Japans grösstes Gefängnis. Mit einem eigenen Trakt für Ausländer.
00:07Hier lernen sie Japans dunkle Seite kennen. Unerbittliche Regeln, unbedingten Gehorsamen.
00:14Wenn man die Regeln bricht, dann kommt man sofort in diese Strafzelle,
00:18und dort muss man halt tagsüber nur sitzen und zur Tür schauen,
00:21und darf sonst nichts machen, das ist die Strafe.
00:24Toshigi, Japans grösster Frauenknast.
00:27Kalte Zellen, harte Arbeit, rationierte Essensportionen, alles Teil der Strafe.
00:33Die meisten Beamten sprechen nur Japanisch.
00:36Ich werde jetzt eine Essensszene machen.
00:39Regeln, Verbote, Kontrollen.
00:42Also es ist richtig die Hölle, das ist kein Gefängnis, es ist die Hölle. Es ist nicht auszahlen.
00:49Japan, Heimat von mehr als 120 Millionen Einwohnern und eines der sichersten Länder der Welt.
01:09Doch auch hier nimmt die Kriminalität nach Corona drastisch zu.
01:162023 um fast 20%.
01:23Fuchu, im Ballungsgebiet Tokio.
01:29Das grösste Gefängnis des Landes.
01:3422 Hektar Fläche, 8 km Mauer, 5,5 m hoch.
01:46Hier sitzen auch Ausländer, in winzigen Einzelzellen, jahrelang.
01:55In Fuchu beginnt der Tag um viertel vor sieben.
01:58Es ist Vorschrift, den Weckruf im Sitzen abzuwarten.
02:02Beine überkreuz, Kopf gesenkt, Augen geschlossen.
02:16Der Presseoffizier erlaubt mit dem deutschen Gefangenen über das Morgenritual zu sprechen.
02:23Es ist komisch, wenn man die Augen zumachen muss und nicht mehr wissen darf, was passiert.
02:27Es wird ein natürlicher Trieb, ein natürlicher Drang verboten.
02:30Und wenn man sich nicht daran hält, dann wird man beschraft.
02:33Das ist, glaube ich, das, worum es hier auch geht.
02:35Es gibt immer so Kleinigkeiten, so kleine komische Ereignisse, wozu muss ich das machen?
02:40Aber wahrscheinlich nur darum, dass man es macht.
02:43Dass man zeigt, dass man sich unterordnet. Ich glaube, das ist so der Sinn manchmal.
02:48Eine, vielleicht die wichtigste Regel, niemals sprechen, wenn es nicht erlaubt ist.
03:03Es ist verboten, hier im Gang mit lauter Stimme zu sprechen oder zu rufen.
03:08Wenn sich die Gefangenen unterhalten möchten, dann haben sie dazu beim Essen, in den Arbeitspausen oder beim gemeinsamen Sport Gelegenheit.
03:19Das Frühstück teilen Mithäftlinge aus. Reis, Gemüse, Tee.
03:24Als er hierher kam, ist der Gefangene, ein Deutscher aus Wien, noch eher kräftig.
03:30Ich habe ja Körpergrösse über 1,90.
03:34Und natürlich hier, diese spezielle blaue Schüssel, die Randfolge, die füllt das mit Eis.
03:39Die anderen kriegen in keiner der Schüssel mit.
03:42Das reicht viel weniger Eis.
03:44Aber es reicht, also für meinen Körpergrösse reicht es eigentlich nicht wirklich.
03:48Also ich kriege mindestens reich Eis. Ich verliere ja, wie wichtig das ist, was ich zunehme.
03:53Nur ein paar Minuten Zeit bleibt für das Essen.
03:56Es aufbewahren, später essen, teilen, tauschen, alles verboten.
04:02Verboten ist auch, andere Gefangene zu filmen.
04:06Ständig marschieren Kolonnen im Gleichschritt über das Gelände, schweigend, den Blick starr nach vorn.
04:20Das Interview ist nur unter strengen Auflagen erlaubt.
04:23Kein Name, kein Gesicht, keine Stimme darf die wahre Identität verraten.
04:29Sein Verbrechen, Drogenschmuggel.
04:33Dann hat mein Arbeitskollege ein Angebot gemacht und hat gemeint,
04:38ob ich nicht Geld dazu verdienen möchte, mit dem Koffer nach Japan oder Australien zu fliegen.
04:46Also es war ziemlich klar, dass es um was zum Schuggeln geht.
04:49Hat er gleich dazugelegt, es geht nicht um Drogen, sondern um ein Alpino-Krokodillleder.
04:57Beim Zoll haben sie mich rausgefischt, haben meinen Koffer geröntgt und dann reingebohrt.
05:06Und wie der Burger wieder rauskam, war eine weiße Substanz an dem Burger.
05:11Und es war kein Kokain, die ich dann überjagd habe.
05:14Sondern es war Crystal Meth im Koffer versteckt.
05:18Und das hat so ziemlich mein Leben wieder erwarten auf den Kopf gestellt, würde ich sagen.
05:25In Fuji sitzen etwa 1500 Männer.
05:29Schon lange wird Japan unter anderem von Amnesty International
05:33für seinen harten und veralteten Strafvollzug kritisiert.
05:36Japanische Beamte haben ihn 1908 nach deutschem Vorbild geschaffen.
05:41Damals gilt der deutsche Strafvollzug als modern.
05:45Japan übernimmt das Modell.
05:48Lange gelten sie als die Preußen Asiens.
05:51In den Gefängnissen lebt diese Tradition bis heute fort.
05:58Meine Mutter ist noch nicht gekommen.
06:00Gefängnisse sind Orte, an denen Strafen vollstreckt,
06:04aber auch Rehabilitation und Besserung gefördert werden.
06:08In einer unruhigen Umgebung, in der Menschen ständig miteinander kämpfen,
06:13in der es zu Übergriffen kommt, gelingt das nicht.
06:17Deshalb müssen wir sicherstellen, dass es friedlich zugeht
06:21und dass die Insassen nicht schikaniert werden.
06:24Um eine solche Umgebung aufrechtzuerhalten,
06:26glauben wir, ist Disziplin notwendig.
06:29Zu viel ist dabei nicht erlaubt,
06:32aber Disziplin und Ordnung sind unbedingt erforderlich.
06:40Nach dem Frühstück marschiert die Kolonne Ausländer zur Arbeit.
06:49Der deutsche Gefangene arbeitet in der Anstaltsdruckerei.
06:52Die Maschinen machen einen Höllenlärm.
06:55Gehörschutz scheint es nicht zu geben.
06:58Die Gefangenen sind zwar den ganzen Tag zusammen,
07:01unterhalten dürfen sie sich aber ausschließlich über Dinge,
07:05die ihre Arbeit betreffen.
07:08Wer Presseoffizier findet, das sei eine großzügige Regelung.
07:12Sowohl japanische als auch ausländische Gefangene
07:16arbeiten in derselben Fabrik.
07:19Sie arbeiten und dürfen miteinander reden,
07:22obwohl wir sie nicht verstehen können.
07:25Seit drei Jahren ist er in Fujiu.
07:28Tagsüber Lärm, abends Einsamkeit.
07:33Die einzige Abwechslung sind die Druckereierzeugnisse.
07:37Typisch für Japan.
07:40Katzenbilder, Vogelmotive und gute Wünsche.
07:49Wenn man eine Zeit lang das gleiche Leid erlebt,
07:53dann gewöhnt man sich ein bisschen dran.
07:56Man entwickelt Strategien, nicht zu leiden.
08:00Leid entsteht ja dadurch, dass man sich gegen etwas aufsträubt.
08:05Das Leid entsteht ja nicht nur, weil ich hier bin,
08:09sondern weil ich was dagegen habe, hier zu sein.
08:13Das Leid entsteht durch eine innere Haltung.
08:17Wenn man akzeptiert, dass es so ist, dass ich hier bin,
08:21dann wird das Leid auch geringer.
08:24Dann leidet man nicht mehr daran.
08:27Akzeptieren, was man ist. Das ist Japan in einem Satz.
08:31Japanern ist ihre gesellschaftliche Stellung wichtiger
08:35als fast alles andere.
08:38Nicht auffallen, nicht anecken, nichts falsch machen.
08:42Fehler werden hart bestraft.
08:44Und das finden die meisten auch ganz richtig so.
08:50Nur wenige sehen das japanische Justizsystem kritisch,
08:54wie Ayuko Takato, eine Menschenrechtsanwältin aus Tokio.
08:59Sie betreut Strafentlassene,
09:02die in der Haft nur schlecht medizinisch versorgt wurden
09:06oder unter den harten Bedingungen leiden.
09:09Das System ist viel zu streng.
09:11Es geht nicht nur im Gefängnis,
09:14sondern auch für die japanische Bevölkerung.
09:18Wir sind nicht so gebildet, was Menschenrechte angeht.
09:22Dafür schäme ich mich.
09:26Wir sind so stolz auf unser hochentwickeltes Land.
09:31Aber was die Menschenrechte angeht,
09:34sind wir nicht wirklich weit entwickelt.
09:42In Japan gibt es insgesamt 11 Frauengefängnisse
09:46mit rund 4'000 Gefangenen.
09:49Das größte befindet sich im Städtchen Toshigi,
09:53rund 100 km nördlich von Tokio.
10:00Typisch Japan, die Farbe.
10:05Alles ist rosa, weil hier nun mal Frauen leben.
10:09Gebäude, Gitter, Gänge,
10:13selbst Aktenordner und Handtücher.
10:30Der zuständige Bezirksamt
10:33hat die Gefängnisse für die Frauen in Tokio gegründet.
10:37Der zuständige Presseoffizier, ein freundlicher Herr,
10:41erlaubt ausnahmsweise, die Gefangenenkolonnen zu filmen.
10:45Gesichter dürfen nicht gezeigt werden,
10:48doch man ahnt es auch so, viele Frauen sind alt.
10:52Sehr alt, oft gebrechlich.
10:55Der strenge Gleichschritt bleibt ihnen zwar erspart,
10:59aber reden dürfen auch sie nicht.
11:02Bekleidungsfarbe rosa.
11:07Wir finden wichtig,
11:10dass es in Frauengefängnissen feminine Farben gibt.
11:14Sogar Vorhänge gibt es.
11:17Die gibt es in Männergefängnissen nicht.
11:20Diese schönen Vorhänge gibt es nur in Frauengefängnissen.
11:25In dieser Einzelzelle sitzt eine Deutsche.
11:29Sie wartet, schweigend, signalisiert, dass sie friert.
11:37Der Presseoffizier diskutiert permanent mit den Beamtinnen der Station,
11:42was gefilmt werden darf, was nicht.
11:45Blickkontakte zu Insassinnen sind verboten, sprechen sowieso.
11:50Praktisch jedes Bild wird begutachtet.
11:54Mit der ausländischen Gefangenen
11:57kommuniziert der Pressebetreuer ausschliesslich per Handyübersetzer.
12:01Deutsch spricht hier niemand.
12:04Ich werde jetzt eine Essensszene machen.
12:07Okay. Thank you.
12:19Die Gefangene ist verunsichert.
12:22Sie möchte nicht, dass jemand in Deutschland sie erkennt.
12:33Seien Sie versichert,
12:36dass das Mosaik sorgfältig auf Ihr Gesicht aufgetragen wird.
12:40Schliesslich willigt sie ein,
12:43unter der Bedingung, dass ihre Identität geschützt wird.
12:47Ihre Geschichte, wie fast alle Geschichten, nicht nachprüfbar.
12:52Auch sie sitzt wegen Drogenschmuggels.
12:58Ich hatte die falschen Leute kennengelernt.
13:01Die haben mich gepresst, dass ich nach Japan fliegen soll.
13:05Und Drogen holen soll.
13:08Ich habe gesagt, das mache ich nicht.
13:11Dann haben sie gesagt, dann wirst du schon sehen,
13:14was mit deiner Tochter passiert.
13:17Der Zoll hat die dann auch tatsächlich gefunden.
13:20Der Staatsanwalt und der Wichter.
13:23Die haben mir zwar geglaubt, dass ich erpresst wurde.
13:26Aber sie haben mir nicht geglaubt,
13:28dass ich gewusst habe, dass schon Drogen drin sind.
13:31Denen ist es egal, ob man schuldig ist oder unschuldig.
13:34Und ich habe den trotzdem 8 Jahre und 9 Monate bekommen.
13:37Japanische Staatsanwälte und Polizisten
13:40sind stolz auf ihre hohe Verurteilungsrate von 99%.
13:45Wenn sie einen Fall verlieren, würde es ihre Ehre verletzen.
13:52Und das Gericht weiß das natürlich.
13:55Ich habe den Eindruck,
13:58dass Japan keine neutrale Instanz ist,
14:01sondern immer auf Seiten der Staatsanwaltschaft steht.
14:05Wer also in Japan vor Gericht steht, hat schon verloren.
14:09Zurzeit sitzen hier 160 Ausländerinnen.
14:12Und nur wenige dürften gewusst haben,
14:15wie streng das japanische Justizsystem ist.
14:18Nun sind sie in einer rosafarbenen,
14:21klinisch sauberen, streng geführten Anstalt eingesperrt.
14:28Die verantwortlichen Beamten betonen,
14:31Ausländerinnen genauso wie Japanerinnen zu behandeln.
14:42Was nicht viele in Japan oder auch im Rest der Welt wissen,
14:46ist, dass in japanischen Gefängnissen auch Ausländer inhaftiert sind.
14:50Und auf Grundlage des japanischen Rechts
14:53behandeln wir Ausländer genauso wie Japaner.
14:55Und wir wollen natürlich auch die gleiche Rücksicht zukommen.
14:59Im Grunde möchten wir,
15:02dass sie das gleiche Leben führen wie japanische Gefangene.
15:06Ich hoffe, Sie verstehen das und wissen es zu schätzen,
15:10dass wir mit ihrem Leben auf die gleiche Art und Weise umgehen,
15:14egal ob sie Japaner oder Ausländer sind.
15:17Leben im japanischen Gefängnis
15:20bedeutet also immer, irgendeine Vorschrift zu befolgen.
15:24Die Zellen sehen absolut gleich aus.
15:27Dafür müssen sie nach einem strikten Schema aufgeräumt werden.
15:31Zum besseren Verständnis
15:34sind an den Zellentüren Piktogramme befestigt.
15:48Hier haben wir die genauen Regeln abgebildet.
15:52So möchten wir verhindern,
15:55dass eine Gefangene zum Beispiel
15:58ein Gegenstand hinter dem Rücken verbirgt
16:01und damit die Beamten schlägt.
16:04Deswegen müssen sämtliche Gegenstände
16:07auf ihren vorgeschriebenen Plätzen sein,
16:10damit die Kollegen sofort gewarnt sind,
16:13falls ein Gegenstand nicht auf seinem vorgeschriebenen Platz ist.
16:22Noch eine zweite Gefangene erklärt sich zum Interview bereit.
16:26Sie ist deutsche Staatsbürgerin mit Migrationshintergrund,
16:30spricht besser Portugiesisch als Deutsch,
16:33Englisch und Japanisch gar nicht.
16:36Sie hat Angst und möchte vor allem eines, eine Einzelzelle.
16:40Dieses Jahr wollten sie mich wieder ins Gruppenzimmer stecken.
16:44Da habe ich Angst bekommen.
16:47Ich habe versucht, mit den Offizieren zu sprechen.
16:49Ich möchte nicht. Bitte gebt mir ein Einzelzimmer.
16:53Erstens wegen meiner Gesundheit
16:56und zweitens, weil die Leute mich sehr, sehr schlecht behandeln.
17:00Dann haben sie mich bestraft,
17:03weil ich nicht akzeptiert habe, in das Gruppenzimmer zu kommen.
17:07Die haben versucht, geschrien und was weiß ich alles gemacht,
17:11dass ich da reingehe.
17:14Ich habe gesagt, nein, es tut mir leid, aber ich kann nicht.
17:17Ich wurde bestraft.
17:20Hier im Toshigi-Gefängnis gibt es neben Einzelzellen auch Gruppenzellen,
17:25die sich mehrere Insassinnen teilen.
17:28So kommt es schon mal vor,
17:31dass Häftlinge, die sich in der Gruppenzelle nicht gut verstehen,
17:35in Streit geraten.
17:38Auch in der Fabrik kann es zu Schlägereien
17:41zwischen denjenigen Häftlingen kommen,
17:44die als Gruppe zusammenleben.
17:47Es gibt auch solche Fälle.
17:52Also hier im Gefängnis gibt es sehr, sehr viele Verbote.
17:56Sehr, sehr, sehr viele.
17:59Es ist sehr anstrengend.
18:02Es wird alles verboten, verboten, verboten.
18:05Also viel zu viel.
18:08Ich bin in diesen viereinhalb Jahren, wo ich hier bin,
18:11schon elfmal bestraft worden. Elfmal!
18:14Und man darf nicht mal im Zimmer die Halsung anfassen.
18:18Man darf im Zimmer nicht mal aus dem Fenster gucken.
18:21Ich guckte aus dem Fenster, wurde gleich ermahnt.
18:25Also man darf hier nichts.
18:28Man darf nicht mal die Beine übereinander schlagen.
18:31Nicht mal im Zimmer.
18:34Man darf die Jacke nicht öffnen lassen. Die muss bis oben zu.
18:37Das darf man nicht.
18:39Und das Schlimme ist das Licht.
18:42Das Licht blindet. Die Augen schmerzen. Die tun so weh.
18:45Und wenn ich mir was über die Augen lege,
18:48werde ich auch gleich ermahnt. Das ist auch verboten.
18:51Tokio, Japans Hauptstadt.
18:54Das Ballungsgebiet ist Heimat von gut 37 Millionen Menschen.
18:58Das Sinnbild Japans.
19:01Absolut sauber, sicher, freundlich.
19:04Die japanische Kultur ist tausende Jahre alt
19:06und basiert auf gegenseitiger Rücksichtnahme,
19:09dem Vermeiden von Konfrontation, klaren Regeln.
19:13Nur so kann das Zusammenleben so vieler Menschen funktionieren.
19:23Es wird Nacht in Tokios Vergnügungsviertel Kabukicho.
19:27Die verrufenste Gegend, die Japan zu bieten hat.
19:31Ein Ort, der nach westlichen Maßstäben absolut sicher ist.
19:36Das liegt auch an den Koban,
19:39den kleinen Polizeistationen an jeder Ecke.
19:42Während einer Nachtschicht zeigt sich, wie sicher Tokio ist.
19:50Lassen Sie mich die Polizeistationen erklären, die Koban heißen.
19:54Im Metropolitan Police Department sind 43.500 Polizisten beschäftigt,
19:59die 24 Stunden am Tag auf 102 Polizeistationen
20:02und 825 Koban arbeiten
20:05und dort jeden Tag die Bewohner Tokios beschützen.
20:14In dieser Nacht gibt es nur einen einzigen Einsatz.
20:18Ein chinesischer Tourist hat die Bedienung eines Restaurants bedrängt.
20:22Sein Urlaub könnte dadurch schnell vorbei sein,
20:25denn bis zu 23 Tage darf die Polizei Verdächtige inhaftieren,
20:29ohne Anklage zu erheben.
20:32Auch wenn der heutige Einsatz unspektakulär zu Ende geht,
20:36die allgemeine Kriminalitätsrate ist im Jahr 2023
20:40landesweit um fast 20% gestiegen.
20:46In den letzten Jahren hat die Zahl der Straftaten abgenommen,
20:50coronabedingt.
20:52Als die Beschränkungen aufgehoben wurden, hat sich das geändert.
20:56Seitdem hat die Zahl der Touristen wieder zugenommen
20:59und die Kriminalität ist ebenfalls gestiegen.
21:02Das hat zum ersten Mal seit vielen Jahren einen Anstieg gegeben.
21:18Diebstahl ist das häufigste Delikt bei japanischen Straftätern.
21:23Bei Ausländern Drogenschmuggeln.
21:26Der wird deutlich härter bestraft,
21:28weswegen Ausländer im Schnitt auch fast doppelt so lange
21:32im Gefängnis sitzen wie Japaner.
21:45Der deutsche Gefangene ist gerade aufgestanden.
21:49Ihm steht kein Bett zu, nur eine viel zu kurze Matratze.
21:54Die Decke ist mir ein bisschen zu kurz.
21:56Das heißt, ich muss mir hier so eine Art Schlafsack basteln.
22:04Da stehe ich mich hier so, das zu mache,
22:07dass die Füße ein bisschen rausstehen können,
22:10ohne dass ich Frostbäume bekomme.
22:12Wenn ich das nicht bekomme, mache ich Frostbäume.
22:14Hattest du schon?
22:16Ja, ganz böse.
22:18Aber jeden Jahr, wenn man ein bisschen mehr Erfahrung hat,
22:21wie man sich das einrichtet und wie man sich verhalten muss,
22:24wird es besser.
22:26In Norddeutschland kommt es mir immer an der Nordseite,
22:29wo es einen niedrigeren Rang hat.
22:31In der Nordseite ist es bitter, bitter kalt.
22:34Hier streikt die Sonne rein im Winter.
22:37Das macht einen Riesenunterschied.
22:39Beschwerden über Enge und Kälte sind meist sinnlos.
22:42Auch die diplomatischen Vertretungen aus Europa
22:45haben wenig Einfluss auf die Haftbedingungen.
22:50Er hat gelernt, sich zu arrangieren.
22:53Gehorchen, Schweigen, keine Probleme.
22:56Auch wenn das am schwersten ist.
23:05Es gibt eine Jobatzenz.
23:07Wenn man die Regeln bricht und sich unterhält,
23:10kommt man sofort in diese Strafzelle.
23:14Da sitzt man dann.
23:16Man muss nur sitzen den ganzen Tag, darf sich nicht rühren.
23:20Und am Abend kann man nicht essen.
23:22Am Abend schlafen.
23:24Ansonsten muss man tagsüber nur sitzen.
23:27Und zur Tür schauen und darf sonst nichts machen.
23:30Das ist die Strafe.
23:32Das geht von sieben Tagen an bis Open End.
23:35Die Strafzelle habe ich einmal bekommen für sieben Tage,
23:38weil ich mit einem Kollegen morgens gegrüßt habe
23:41und ihm gesagt habe, der Film gestern war lustig.
23:44Daraufhin, das war zeltverboten.
23:47Reden ist verboten, unerlaubt.
23:50Man wird aus der Fabrik rausgenommen.
23:53Das ganze Umfeld wechselt sich.
23:56Alle Freunde sind weg, man kommt in eine neue Fabrik.
23:59Weil man Hallo gesagt hat und lustiger Film gestern war.
24:06Das System der Isolationshaft
24:09möchte die Verwaltung nicht kommentieren.
24:12Viel lieber spricht man über Errungenschaften
24:15wie die Bibliothek für Ausländer.
24:18Es gibt etwa 20.000 Bücher.
24:21Es gibt Bücher über verschiedene Arten von Musik.
24:24In Chinesisch, Tschechisch, Englisch, Deutsch
24:27und vielen anderen Sprachen,
24:30wie z.B. Farsi, Arabisch, Pashto und Vietnamesisch.
24:38Wenn man in die Bibliothek kommt,
24:41dann hat man eine Bibliothek,
24:44wenn man in diese Richtung geht,
24:47auch Deutsch und da hinten Französisch.
24:53Wo die Bücher in deutscher Sprache sind, steht hier.
24:59Die Literaturauswahl, interessant
25:02und auf eine gewisse Weise unfreiwillig komisch.
25:07Zugang erhält allerdings nur, wer sich an die Regeln hält.
25:10Wer also lesen will, muss Geräuschen gelernt haben.
25:23Das japanische System kommt mir so vor,
25:26dass menschliche Freiheiten
25:29einer größeren Maxime untergeordnet werden.
25:32Hier ist absolute Sicherheit das höchste Prinzip,
25:36wenn es irgendwann kommt,
25:38wo jemand eine kleine Freiheit ausgenutzt hat
25:41und es da ein Problem gegeben hat,
25:44vielleicht eine Rauferei oder so,
25:47dann wird die Freiheit allen entzogen,
25:50damit es nicht nur zu diesem Sicherheitsproblem kommen kann.
25:58Besonders gefährdet ist aus Sicht der Gefangenen
26:02die wöchentliche Sportstunde.
26:08Auch hier beim Minitennis bleiben die Ausländer unter sich,
26:12dürfen sich jetzt auch unterhalten.
26:24Ungestraft geht es um Themen wie Essen,
26:27die abendliche Fernsehstunde,
26:30was es Neues aus der Druckerei gibt.
26:33Nur ganz selten geht es um die Straftat.
26:35Und um eines nie, Flucht.
27:06Kameras sind auch.
27:09Diesmal hat man jemand geschafft,
27:12sich gesehen, der hat es geschafft,
27:15hier auszubüxen über den Zaun, ohne dass der Alarm losging.
27:19Er hat sich dann irgendwo dahinten versteckt, im Blutbüsch.
27:23Wenn es hier Steckereien gibt oder so,
27:26dann gibt es hier Alarmbuttons
27:29und dann kommt hier eine Horde von Leuten aus allen Werkstätten,
27:32um die Augen zu machen.
27:35Und dann wird er abgeführt.
27:38Jeder Japaner, der so massiv gegen die Regeln verstößt,
27:42fällt damit automatisch auch aus dem Programm
27:45zur Vorbereitung auf die Haftentlassung.
27:48Das besteht einerseits aus kreativer, beruhigender Arbeit
27:52und andererseits aus Gesprächen mit Fachpersonal darüber,
27:56was der Häftling plant,
27:58um wieder zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft zu werden.
28:05Hier geht es um eine Berufsausbildung in der Pflege,
28:08an der Gefangene teilnehmen,
28:11die nach ihrer Entlassung in der Pflege arbeiten wollen.
28:14Dieser Gefangene hat jetzt seine Berufsausbildung
28:17für Pflegekräfte beendet und wir haben ihn gefragt,
28:20wie es ihm gefallen hat.
28:23Wir fragen ihn jetzt, ob er nach seiner Entlassung
28:25seine Berufsausbildung beendet.
28:28Für ausländische Gefangene gilt das nicht.
28:31Sie werden auf Antrag nach der Hälfte ihrer Haft
28:34in ihr Heimatland überstellt.
28:37Darüber hinaus verlieren sie ihr Aufenthaltsrecht in Japan,
28:41weswegen es für sie keine Resozialisierungsmaßnahmen gibt.
28:46Japanische Ex-Gefangene haben es nach ihrer Entlassung nicht leicht.
28:51Nur selten bekommen sie Hilfe oder Unterstützung.
28:56Masaki Kawanaka ist einer der wenigen, der sich kümmert.
29:00In der Hafenstadt Osaka hat er eine Hilfsorganisation
29:04für jugendliche Strafentlassene gegründet.
29:09Auf dieser Baustelle arbeitet ein junger Ex-Gefangener,
29:13dem Masaki Kawanaka diesen Job besorgt hat.
29:16Denn das ist für Jugendliche das größte Problem.
29:19Mit einer Vorstrafe bekommt man in Japan kaum einen Ausbildungsplatz.
29:26Er war schon mehrmals im Jugendarrest.
29:29Beim letzten Mal ist er zurück nach Hause,
29:32aber es gab immer mehr Probleme.
29:35Und als seine Mutter gestorben ist,
29:38hatte er keinen Platz, wo er hingehen konnte.
29:41Ich habe ihm dann eine Wohnung besorgt und jetzt auch einen Job.
29:45Seit ungefähr einem Monat macht er diese Hausabbrucharbeiten.
29:50Er hat sich in Japan eingeladen,
29:52und seit einem Monat macht er diese Hausabbrucharbeiten.
29:56Den ganzen Monat arbeitet er jetzt schon und reißt dieses Haus ab.
30:04Masaki Kawanaka weiß, wie schwer es Ex-Gefangene in Japan haben.
30:09Als Mitglied der berüchtigten Yakuza-Banden
30:12hat er selbst eine kriminelle Karriere hinter sich.
30:15Ihr Kennzeichen? Großflächige Tattoos.
30:18Die Tätowierungen gehören dazu.
30:21Im Gefängnis kann man ohne diese Tätowierungen nicht überleben,
30:25weil alle anderen Yakuza die auch haben.
30:28Also habe ich mir immer mehr und mehr Tattoos stechen lassen.
30:32Denn je mehr man davon hat,
30:35desto einfacher ist es, im Gefängnis zu überleben.
30:40In Freiheit sieht es anders aus.
30:43Tattoos sind in Japan geächtet,
30:45weil sie mit den kriminellen Yakuza in Verbindung gebracht werden.
30:49Doch man bleibt nicht nur als Yakuza sein Leben lang stigmatisiert.
30:53Das ist wirklich schwierig.
30:56Die Kriminalitätsrate in Japan ist sehr niedrig.
31:04Das ist auf der einen Seite natürlich gut,
31:07aber andererseits bedeutet es auch,
31:10dass für die meisten Leute ein Strafentlassener ein Fremder ist.
31:14Eine Art Monster, anders ist als wir.
31:17Wenn man hört, er oder sie war im Gefängnis,
31:20will man keinen Kontakt.
31:23Für sie ist es deswegen schwer, eine Wohnung zu finden,
31:26einen Job oder sogar Freunde.
31:35Noch schwerer ist es für japanische Mädchen oder Frauen,
31:39die eine Straftat begangen haben.
31:41Versteckt in einem dunklen Hausflur
31:44hat Masaaki Kawanaka eine winzige Wohnung gemietet.
31:50Hier lebt eine junge Ex-Gefangene,
31:53die nach ihrer Entlassung nicht weiß, wohin.
31:56Ihr Delikt? Handtaschendiebstahl.
31:59Dafür hat sie mehrere Monate bekommen.
32:02Normalerweise hätte sie Bewährung bekommen müssen.
32:06Zum Zeitpunkt der Tat war sie noch eine Jugendliche, minderjährig.
32:10Aber weil sie kurz vor dem Urteil volljährig wurde,
32:13wurde die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt.
32:16Deswegen hat sie für eine wirklich geringfügige Straftat
32:20nun ein Problem für den Rest ihres Lebens.
32:23Sie hat eine Schwangerschaft.
32:26Sie hat eine Schwangerschaft,
32:28aber sie hat ein Problem für den Rest ihres Lebens.
32:32Nach Hause kann sie nach ihrer Haftentlassung nicht mehr.
32:36Ihre Familie will nichts mit ihr zu tun haben.
32:39Ohne Aussicht auf einen Ausbildungsplatz,
32:42eine Karriere und damit auch eine Familie,
32:45schickt man sie fort.
32:48Ich war traurig und einsam,
32:51weil ich mein Zuhause verlassen musste.
32:54Aber ich bin froh, dass ich hier leben kann.
32:58Ich werde wohl nie mehr in meine alte Heimat zurückkehren können.
33:06Die Rückfallquote unter Jugendlichen ist deswegen hoch,
33:10vergleichbar mit der in Europa.
33:13Doch anders als hierzulande gibt es in Japan kaum Hilfsangebote
33:17oder Resozialisierungsmaßnahmen für entlassene jugendliche Straftäter.
33:21Masaki Kawanaka sieht den Start in der Pflicht.
33:28Die Geschichte hat doch schon bewiesen,
33:31Strafe allein verringert nicht die Kriminalität.
33:34Wenn also in den Gefängnissen nur die Strafe im Vordergrund steht
33:38und keine richtige Resozialisierung stattfindet,
33:41dann verschwendet man dort nur seine Zeit.
33:44Ich bin sicher, nur mehr Bildung und Erziehung
33:47werden zu einem Rückgang der Kriminalität führen.
33:50Besonders viele Wiederholungstäter
33:53gibt es in der Altersgruppe der Seniorinnen.
33:56Bei den über 65-Jährigen wird jede fünfte wieder straffällig.
34:01Ältere Frauen begehen bewusst Straftaten,
34:04nur um nicht mehr in Freiheit und damit in Schande leben zu müssen.
34:09Nachfragen nicht erlaubt.
34:12Häftlinge müssen in Japan nicht mehr in Gefängnissen.
34:15Der Lohn ist sehr gering
34:18und wird größtenteils erst nach Ende der Haft ausgezahlt.
34:22Das Strafgesetz sieht vor,
34:25die Arbeiten den körperlichen Möglichkeiten anzupassen.
34:29Weil hier fast nur alte Frauen inhaftiert sind,
34:32falten sie Papier und schnüren Umschläge.
34:35Acht Stunden am Tag. Reden verboten.
34:38In Japan ist das Leben in Gefängnissen
34:42Man hat immer Hunger.
34:45Es gibt selten Brot.
34:48Circa fünfmal im Monat gibt es Brot.
34:51Hier gibt es einen ekeligen, bitteren Tee.
34:54Auch auf der Arbeit darf man nur zwei Tasseln trinken.
34:58Und in der Kantine gibt es nur so kleine Becher.
35:02Da darf man nur zwei Stück trinken.
35:05Obwohl der Kessel noch halb voll ist, sind alles weggegangen.
35:08Die gießen es lieber weg, als dass sie unsere dritte Tasse gönnen.
35:12Verboten ist auch, ohne Erlaubnis zur Toilette zu gehen.
35:16Oder zur Seite zu blicken.
35:19Die Arbeit ist eintönig und einsam.
35:22Doch darin kann der Presseoffizier nichts Falsches erkennen.
35:38Wenn man in Japan eine Straftat begeht,
35:41kommt man vor Gericht und wird zu einer Haftstrafe verurteilt.
35:45Das gilt für alle, die in Japan eine Straftat begehen.
35:49Das Gesetz sieht vor, dass Inhaftierte arbeiten müssen.
35:53Jede Insassin arbeitet sehr hart,
35:56Tag für Tag an den ihr zugewiesenen Aufgaben.
36:01Auch für Frauen gilt das rigide Strafsystem.
36:04Nach einer Ermahnung kommt als nächstes die Isolierzelle.
36:08Und die bedeutet, zum Nichtstun verurteilt zu sein.
36:12Vor allem die Ausländerinnen sind die strikten Regeln nicht gewohnt.
36:22Fünf Tage musste ich in dem Zimmer bleiben,
36:25sitzend auf dem Boden, von morgens bis abends.
36:28Und durfte nur aufstehen, um auf die Toilette zu gehen.
36:31Oder wenn das Essen kommt und so. Aber sonst nicht.
36:36Die ganze Zeit nur sitzend auf dem Boden und in eine Richtung gucken.
36:41Die ganze Zeit an die Tür starren.
36:44Also das heißt, in der Mitte von dem Zimmer sitzen,
36:48die ganze Zeit und nur nach vorne gucken.
36:52Genau für diese Art mit Häftlingen umzugehen,
36:55wird Japan von internationalen Menschenrechtsorganisationen kritisiert.
36:59Ganz besonders bei den zum Tode Verurteilten.
37:03Etwa 150 Menschen sind in den letzten 40 Jahren gehängt worden.
37:08Unter anderem Mitglieder der Aum-Sekte,
37:12die 1995 einen Giftgasanschlag in Tokio verüben.
37:16Die Beamten im Todestrakt sind speziell geschult.
37:20Einer von ihnen, Sakamoto Toshi.
37:23Inzwischen in Pension hat er ein Buch über seine Erfahrungen gemacht.
37:28Er hat die Erfahrungen im Todestrakt geschrieben.
37:31Die Gefangenen dort dürfen nicht arbeiten, kaum sprechen, kaum an die Luft.
37:36Doch das ist es nicht, was er heute als besonders grausam empfindet.
37:41Im Todestrakt wissen die Häftlinge nicht, wann das Urteil vollstreckt wird.
37:46Es kann passieren, dass sie das erst eine Stunde vorher erfahren.
37:51Deshalb sind sie ständig unruhig und können sich überhaupt nicht entspannen.
37:59Jahre oder Jahrzehnte in Einzelhaft.
38:03Und jeder Tag könnte der letzte sein.
38:14Die Regierung hat erklärt, weshalb sie das Datum der Hinrichtung nicht bekannt geben.
38:20Wenn sie den Todeskandidaten das Datum der Hinrichtung mitteilen, würden sie in Panik verfallen.
38:27Aber das ist nicht so.
38:35Viele Gefangene sind über Jahrzehnte im Todestrakt. Das können 20 oder 30 Jahre sein.
38:42Und sie fragen sich jeden Tag, wann ihre Hinrichtung sein wird.
38:46Das bedeutet sehr viel Stress.
38:49Einige zum Tode Verurteilte sind daran zerbrochen, sind regelrecht psychisch krank geworden.
38:57Internationale Organisationen wie Amnesty International werfen Japan Folter vor.
39:04Auch viele Japaner sind unzufrieden mit dem System.
39:08So erhält Sakamoto Toshi in letzter Zeit immer mehr Briefe von Landsleuten,
39:13die zwar die Todesstrafe befürworten, aber die Unmenschlichkeit des Verfahrens ebenso kritisieren wie er.
39:20Damals war das für mich einfach nur eine Arbeit. Zwar eine sehr harte Arbeit, das habe ich schon bemerkt, aber eben einfach ein Job.
39:28Erst nachdem ich aufgehört habe, habe ich begonnen, darüber nachzudenken. Und bis heute träume ich davon.
39:36Der richtige Umgang mit Straftätern ist ein kaum debattiertes Thema in der japanischen Gesellschaft.
39:42Japan leidet unter Überalterung und Fachkräftemangel.
39:47Das größte Problem ist der Umgang mit Einwanderern, denn Migration findet praktisch nicht statt.
39:54Einbürgerungen sind extrem schwer. Ausländer waren und sind für viele Japaner immer noch Fremde, denen man mit Misstrauen begegnet.
40:04Und das spiegelt sich auch in der Behandlung ausländischer Gefängnisinsassen wieder.
40:09Befindet sich ein japanischer Gefangener schon weit außerhalb der Gesellschaft, sind es die Ausländer erst recht.
40:17Der deutsche Strafgefangene im Gefängnis Fujiu hat sich angepasst, kennt und respektiert die Regeln.
40:25In seiner Freizeit lernt er Japanisch und kann inzwischen mit den Beamten einigermaßen kommunizieren.
40:31Für die Zeit danach ist das aber nutzlos.
40:34Ich würde so gerne wiederkommen nach Tokio zu Besuch und das mal von einer anderen Perspektive sehen und die Kultur erleben und so.
40:42Aber darf ich nicht, weil wenn man mit Drogenhandel in Verbindung gebracht wurde und eine Straftat hatte, dann hat man ein Einreiseverbot.
40:51Und warum lernst du Japanisch?
40:53Das weiß ich auch nicht. Ich habe angefangen halt damals, weil ich es als Singemacher doch viele Jahre hier sein musste.
41:01Warum ich jetzt noch lerne, obwohl ich bald überstellt werde? Gewohnheit wahrscheinlich.
41:06Oder weil es dann irgendwie so ein Interesse gibt. Aber ich werde wahrscheinlich in Europa Japanisch nicht viel verwenden können.
41:12Ausländische Staatsbürger können grundsätzlich überstellt werden, das heißt einen Teil ihrer Strafe in ihrer Heimat verbüßen.
41:20Nach Japan zurückkehren dürfen sie grundsätzlich nicht.
41:30Die beiden anderen deutschen Gefangenen kennen ihre Rechte nicht, sind mit teils einfachsten Verfahrensfragen überfordert.
41:38Hilfe in ihrer Muttersprache bekommen sie von den japanischen Behörden offenbar nicht.
41:44Ob und wann sie überstellt werden, ist unklar.
41:48Ich stelle mir immer vor, wenn ich nach Hause komme, was ich denn erst mal mache.
41:52Was ich denn erst mal mache, dass ich mich erst mal esse und einmal duschen, ohne beobachtet zu werden.
42:00Im Stehen duschen, hier dürfen wir nur im Sitzen duschen mit 40 Leuten. Das ist grausam.
42:05Ja, und das möchte ich dann erst mal zu Hause machen und dann werde ich einfach mal richtig einkaufen,
42:11Vorrat anlegen an Schokolade, an Kuchen, an alles. Sowas geht mir halt durch den Kopf.
42:16Und wenn ich an mein Leben, an meine Zukunft, an meine Vergangenheit denke, seit ich hier bin, bin ich im Kopf schon ganz anders geworden.
42:24Ich will lieber tot sein. Ich will sterben. Ich habe denen ja auch schon mal gesagt, bitte bringen sie mich um, töten sie mich, aber quälen sie mich nicht mehr.
42:42An dieser Stelle bricht das Team den Dreh ab. Die Regeln, die Strafen, die fremde Welt. Ihr Leid ist offensichtlich.
42:53Medizinische Hilfe gibt es. In überschaubarem Rahmen.
42:59Eine Gefangene erzählt, als sie Magenschmerzen hat, bekommt sie eine Tablette.
43:04Als sie psychische Probleme hat, auch eine. Es ist das gleiche Medikament.
43:09Deutsche im Knast. Japanische Disziplin. Eingesperrt hinter rosa Gittern.
43:25Alles korrekt. Alles nach Regeln. Nach unerbittlichen Regeln.

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