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Trotz des außenpolitischen Kurswechsels durch US-Präsident Trump setzt Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), auf weitere Zusammenarbeit mit den USA. Im DW-Interview sprach Kahl außerdem über den Krieg in der Ukraine sowie Bedrohungen Europas durch Russland und islamistischen Terror.

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Transkript
00:00Drei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine steckt Deutschland mitten im hybriden Krieg und die neue US-Administration sorgt täglich für Überraschungen.
00:09Die Ukraine bekommt mittlerweile keine Waffenlieferungen aus den USA und auch die Geheimdienstinformationen wurden gerade gestoppt.
00:17Über die aktuellen Entwicklungen sprechen wir gleich mit Ronen Kahl, dem Präsidenten des deutschen Auslandsnachrichtenministers, beende.
00:26Herzlich willkommen in deutscher Welle Interview.
00:28Herr Kahl, wie besorgt sind Sie aktuell über die amerikanisch-russische Annäherung?
00:33Besorgt bin ich insbesondere über die Gesamtlage dieser Welt und da ist natürlich der Konflikt, der Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, das zentrale Thema.
00:46Aber es gibt fast keinen Konflikt, der sich gerade nicht ändert in seiner Bewertung durch die neue Administration in Washington.
00:54Insofern haben die Sorgen nicht ab, sondern eher zugenommen.
00:58Der Bundespräsident Steinmeier sagte kürzlich, er habe sich nie vorstellen können, dass man einmal die Ukraine vor den USA schützen müsse.
01:06Wie erklären Sie sich eigentlich den Sinneswandel im Weißen Haus?
01:12Ich hoffe immer noch, dass es uns gelingt, die Ukraine zu schützen, in erster Linie vor Russland.
01:20Und das ist eine Leistung, die der Westen gemeinsam bringen muss und wo europäische Regierungen sich gerade sehr, sehr anstrengen, um das zu tun.
01:29Und wir hoffen auch sehr, dass Amerikaner bald wieder an unserer Seite sind, auch die Ukraine mit zu schützen vor den Invasionen, die aus Osten kommen.
01:40Nach den Waffenlieferungen haben die USA aber jetzt auch die Geheimdienstinformationen für die Ukraine gestoppt.
01:47Kann das Europa überhaupt auffangen, und was kann Deutschland tun?
01:53Wir strengen uns alle an und beraten uns auch unter den europäischen Diensten, was wir tun können,
02:00um die Ukraine möglichst aktuell zu informieren und auch dafür auszurüsten, dass sie sich wehren kann.
02:07Und da können auch europäische Dienste viel tun.
02:10Aber wie beliebt ist Ukraine jetzt ohne die Informationen der USA? Was schätzen Sie?
02:16Ich würde nicht von blind reden. Es ist natürlich ein Puzzlespiel von vielen verschiedenen Informationen und Faktoren, die da zusammenlaufen,
02:27um die Ukraine so informiert zu halten, wie sie es sein muss, wenn sie sich richtig wehren muss.
02:32Aber wir werden gemeinsam uns anstrengen, dass sie weder blind noch taub wird.
02:37Auch Deutschland bekommt sehr wichtige Informationen und Hinweise von den USA,
02:42vor allem um die Anschläge im eigenen Land zu verhindern. Das ist ja ein offenes Geheimnis.
02:47Wie abhängig sind wir von diesen Informationen?
02:51Die Nachrichtendienste weltweit arbeiten sehr, sehr intensiv zusammen, um internationale Bedrohungen,
02:58insbesondere vom islamistischen Terrorismus, abzuwehren.
03:01Da ist jedes Land auf die Hilfe des anderen Landes angewiesen.
03:05Kein Land alleine kann abdecken, das, was an Gefahren droht.
03:09Und deswegen sind die Freunde jenseits des Atlantiks so sehr auf unsere Informationen angewiesen wie wir auf sie.
03:15Und insofern gehen wir davon aus, dass der Austausch auch in Dingen, die wirklich Leben retten können, aufrechterhalten wird.
03:24Das heißt, Sie gehen davon aus, dass die Informationen aus den USA weiter kommen.
03:28Aber Donald Trump hat vor Kurzem auf ein Tabu gebrochen und hat die Sicherheitsgarantien für die Ukraine an kommerzielle Interessen geknüpft.
03:36Müssen wir damit rechnen, dass die USA vielleicht auch gegenüber Europa die Geheimdienstinformationen zur politischen Währung machen?
03:46Wir alle gucken jeden Morgen ins Handy und gucken, was sich über Nacht ereignet hat.
03:51Also vor Überraschungen auch der großen radikalen Art sind wir nicht gefeit.
03:56Aber im Moment können wir doch darauf vertrauen, dass wir nachrichtendienstliche Arbeit erst mal fortsetzen können.
04:03Eine Währung in der Nachrichtendienstwelt ist auch die Vertrauenswürdigkeit.
04:08Wir sprechen jetzt über die Informationen, die aus den USA nach Europa, nach Deutschland fließen.
04:14Wie sieht es eigentlich mit den Informationen in die umgekehrte Richtung aus?
04:19Also können Sie jetzt ruhigen Gewissens auch in Zukunft davon ausgehen, dass Sie die Informationen zum Beispiel mit Russlandbezug nach den USA weiterleiten?
04:28Auch wenn man sieht, dass die Geheimdienstkoordination zum Beispiel bei Talsiyah Abad jetzt liegt, die ja für die russlandfreundliche Haltung bekannt ist.
04:38Wir haben zunächst mal keinen Grund, an unserer Praxis etwas zu ändern, die auf langjährig gewachsenes Vertrauen umsetzt.
04:46Auch auf wirklich gut eingespülte Arbeitsbeziehungen.
04:49Und da wir dann interessiert sind, diese Arbeitsbeziehungen zu erhalten, werden wir auch das Unsere dafür tun und keine Abrisse vorkommen lassen.
04:58Sondern wir werden dieses Vertrauen weiterhin voraussetzen.
05:02Herr Kahl, Ihre Bewürde der Bundesnachrichtendienst wehrt täglich Cyberattacken ab, hybride Angriffe, Desinformation.
05:12In welcher Etappe des hybriden Krieges, von dem wir alle sprechen, befinden wir uns eigentlich jetzt?
05:18Es gibt da keine schachbrettartige Vermessung dieses hybriden Krieges.
05:23Aber wir sind natürlich als Deutschland, als Europa, als Territorium von NATO-Mitgliedsländern schon Schauplatz russischer Aktivitäten,
05:33die über das gewöhnliche Maß von Spionage weit hinausgehen.
05:38Wir haben hybride Einflussnahmen gesehen, auch während der Wahlen, die in Europa stattgefunden haben.
05:44Bis hin zu Sabotagehandlungen auf deutschem Gebiet, auf dem Gebiet anderer europäischer Staaten,
05:50die doch in einer robusten Art und Weise ausgeführt werden, die ohne Beispiel ist in der letzten Vergangenheit.
05:57Und insofern müssen wir uns darauf einstellen, dass diese Art von Bedrohung auch fortgesetzt wird.
06:03Unabhängig davon, wie der Krieg in der Ukraine sich entwickelt.
06:07Sie warnten davor mehrfach in Interviews, auch im Bundestag, dass Putins eigentliche Ziel nicht nur die Ukraine ist,
06:16sondern dass er eine neue Weltordnung eigentlich will.
06:19Dafür könnte er auch den NATO-Artikel 5 austesten.
06:23Können wir uns noch auf den Artikel 5 eigentlich Ihrer Meinung nach verlassen?
06:27Meine Aufgabe ist es ja aufzuklären, was sich im Ausland tut an Bedrohung.
06:32Und in der Tat habe ich darauf hingewiesen, dass es in Russland Überlegungen gibt, den Artikel 5 zu testen an seiner Zuverlässigkeit.
06:40Und in der Tat hat es auch in der jüngsten Zeit außerhalb der Nachrichtendienste ganz konkrete Stimmen in den normalen Medien gegeben aus Russland,
06:49die gesagt haben, der Artikel 5 fällt nicht mehr.
06:52Wir hoffen sehr, dass das nicht stimmt und dass wir nicht in die Verlegenheit kommen, dass es getestet wird.
06:57Aber dass es Russland will, uns testen, die Einheit des Westens auf die Probe zu stellen, davon müssen wir ausgehen.
07:04Also sprechen wir von dieser Zeitperspektive 2030, 2029.
07:09Gehen Sie davon aus, dass das tatsächlich die Zeitspanne ist, über die wir sprechen?
07:14Diese Zeitspanne ist gegründet auf ganz fundierten Daten.
07:20Aber sie ist natürlich auch abhängig von zeitlichen Entwicklungen.
07:23Also wenn eine krierische Auseinandersetzung in der Ukraine früher zum Stillstand kommt,
07:30dann sind natürlich all die Mittel, sowohl die technischen als auch die materiellen Mittel wie Rüstung,
07:36als auch die personellen Mittel wie Rekrutierung, sehr viel früher in der Lage, eine Drohkulisse gegen Europa abzugeben.
07:45Und da kann es auch sein, dass eine konkrete Gefährdung, eine Erpressung vielleicht von russischer Seite aus,
07:51gegenüber den Europäern früher stattfindet, als wir das früher berechnet haben.
07:55Ich will jetzt keine Jahreszahlen nennen, aber alles hängt mit allem zusammen.
07:59Ein frühes Kriegsende in der Ukraine befähigt die Russen, ihre Energie dort einzusetzen, wo sie sie eigentlich haben wollen, nämlich gegen Europa.
08:08Sie sprechen von einer möglichen Erpressung oder einem Versuch.
08:12Woran denken Sie da? Was ist die Weltordnung, die Russland gerade vor Augen hat?
08:17Das ist die Weltordnung, wie sie Ende der 90er Jahre in Europa gestanden hat.
08:22Ein Zurückdrängen des Schutzes der NATO und ein Ausdehnen der Einflusssphäre Russlands Richtung Westen.
08:28Am besten ohne die Amerikaner in Europa. Das ist das, was bisher nur die Russen wollten.
08:33Und wir hoffen mal sehr, dass es nicht auch die Amerikaner wollen.
08:36Das hieße der Kalte Krieg 2,0.
08:40Ich bin kein Freund von Schlagworten, weil sie eher Trennendes verschütten und Gemeinsames suggerieren, wo es gar nicht vorhanden ist.
08:51Aber es ist auf jeden Fall eine Verschärfung der Spannungen, die zwischen Ost und West besteht.
08:57Während die Distanz zu Russland in vielen Ländern gerade wächst, scheint Europa zusammenzurücken.
09:04Auch bilaterale Zusammenarbeit wird jetzt beobachtet.
09:08Auch der Bundesnachrichtendienst hat kürzlich ungewöhnlicherweise bekannt gegeben, dass er zum Beispiel eine Kooperation mit dem polnischen Geheimdienst eingeht.
09:16Warum?
09:19Das Ungewöhnliche war vielleicht, dass wir es bekannt gegeben haben.
09:22Aber es ist natürlich klar, dass wir mit den engsten Nachbarn auch sicherheitlich eng kooperieren.
09:27Wir sitzen alle im selben Boot, unsere Nachbarn Richtung Osten, im Baltikum, im ehemaligen Länder des Warschauer Paktes genauso wie unsere Freunde im Westen.
09:37Wir sitzen sicherheitlich im selben Boot, was die Bedrohung angeht, die aus Osten kommt.
09:42Und natürlich ist es selbstverständlich, dass man da ganz eng zusammenarbeitet.
09:46Es ist bedauerlich, dass es erst eine solche Aggression geben muss aus Moskau, damit man im Westen noch enger zusammenarbeitet.
09:54Die Nachrichtendienste sind sehr früh, sehr weit gewesen in dieser Zusammenarbeit.
10:00Und sie sind auch, was das gegenseitige Vertrauen angeht, eng zusammengeleitet.
10:05Die Armeen müssen es vielleicht noch nachholen.
10:08Und insbesondere müssen wir uns in den Kräften, die wir mit dem Militär aufbauen wollen, um wirksam abstecken zu können.
10:16Da müssen wir uns jetzt sehr beeilen.
10:18Es ist nicht so, als hätte es an Mahnungen gefehlt.
10:22Wir sind immer wieder darauf hingewiesen worden, dass wir im Vergleich zu den Amerikanern zu wenig tun.
10:27Und jetzt muss man sagen, wer nicht hören will, muss fühlen.
10:30Jetzt müssen wir uns unheimlich anstrengen, um diese Hausaufgaben nachzuholen.
10:36Aber warum geben Sie das ins Bekannte? Was ist das für ein Signal?
10:41Wir machen damit klar, dass wir einig sind und dass wir auch in der Lage sind, gemeinsam zu diesem Schutz beizutragen.
10:51Und das ist natürlich etwas, was in der Welt auch gehört werden soll.
10:55Das soll auch insbesondere in unseren eigenen Bevölkerungen gehört werden.
10:59In Deutschland, in Polen, in Frankreich, in Großbritannien.
11:02Überall dort, wo wir an einem Strang ziehen, um uns dieser Bedrohung zu erwehren.
11:06Das ein Land das alleine nicht kann, das ist klar, aber das muss auch verstanden werden.
11:11Vielleicht noch kurz auf die Sicherheitslage in Deutschland.
11:15Wir sprachen die ganze Zeit über die Gefahr aus Russland.
11:18Wie schätzen Sie die Gefahr, die Gefährdung aus der islamistischen Szene ein?
11:25Leider ist die Gefahr des internationalen, überwiegend islamistischen Terrorismus nicht kleiner geworden.
11:33Wir haben einen Sportsommer hinter uns, in dem die Europameisterschaften in Deutschland stattgefunden haben und die Olympiade in Paris.
11:44Das waren zwei große Ereignisse, die auch große Gefahren heraufbeschoren haben.
11:50Und wo die eben beschriebene internationale Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und der Polizei sehr, sehr gut funktioniert hat.
11:58Und wir Attentate, die schon in der Vorbereitung waren, haben gemeinsam verhindern können.
12:04Also die Fähigkeit des internationalen Terrorismus, auch seine Hauptakteure wie IS und Al-Qaida, Terror wieder nach Europa zu exportieren, diese Fähigkeit ist leider wieder da.
12:17Und wir müssen uns parallel zu allen anderen Bedrohungen, über die wir geredet haben, auch diese Gefahr erwehren.
12:23Und das geht nicht ohne Nachrichtendienstliche Zusammenarbeit.
12:26Wir sind froh, dass es zu größeren Anschlägen nicht gekommen ist, dank dieser gemeinsamen Anstrengungen.
12:31Aber wir haben ja gerade auch in Deutschland wieder Einzelfälle erlebt, die uns signalisieren, die Gefahr des internationalen islamistischen Terrorismus ist keineswegs gebannt.
12:39Was lernen Sie aus diesen Anschlägen, Attacken, Amokfahrten, die in Deutschland in den letzten Wochen und Monaten so gehäuft aufgetreten sind?
12:51Wir lernen daraus, uns gut vorzubereiten, insbesondere die Zusammenarbeit aller Beteiligten, die für Gefahrenabwehr verantwortlich sind, immer wieder zu perfektionieren, immer wieder besser zu machen.
13:04Da hat es große Fortschritte gegeben. Ich habe die Erfolge des letzten Sommers erwähnt.
13:09Aber es ist natürlich keine Konstruktion so perfekt, dass man eine Garantie hätte, dass ein Terroranschlag überhaupt nicht mehr stattfinden könnte.
13:18Und trotzdem müssen wir im Vorfeld alles tun, um das zu verhindern.
13:21Sehen Sie auch in Betracht, anbesichts der aktuellen Lage, dass es da einen Zusammenhang zwischen Russland und dieser islamistischen Gefährdung geben könnte?
13:31Wir sehen womit keine Hinweise, die das nahelegen. Aber der Frage stellen, tun wir uns natürlich.
13:38Wir haben auch in der Vergangenheit erleben müssen, dass viele kleine Einzelvorkommnisse nachher sich als ein großer Zusammenhang herausstellten, Beispiel NSU in Deutschland.
13:48Und das ist natürlich ein Signal, dass wir solche Überlegungen von vornherein anstellen und allen Spuren nachgehen, die eventuell diese Zusammenhänge aufweisen könnten.
13:59Allerdings haben wir bisher keine Hinweise bekommen.
14:02Da gibt es auch in letzter Zeit im Kontext der Migrationsdebatte auch Stimmen in Deutschland, die fordern, dass man Gespräche mit Taliban aufnimmt.
14:11Für wie empfehlenswert halten Sie so eine Forderung?
14:14Das ist eine Frage, die der Politik obliegt.
14:17Wir als Nachrichtendienste müssen die Informationen besorgen, die wichtig sind, damit diese Bundesregierung die entsprechenden Entscheidungen treffen kann.
14:26Und das machen wir auch aus dieser Region der Welt.
14:29Dann muss die Bundesregierung, die alte oder die neue, dann entscheiden, wie sie mit der de facto Regierung in Afghanistan umgehen möchte.
14:38Die irreguläre Migration ist aber ein Instrument der Stabilisierung, der politischen Stabilisierung.
14:44In Polen wurde ganz klar die Migration zum Beispiel aus Belarus als Teil des Hebrädenkrieges definiert.
14:50Gilt das eigentlich auch für Deutschland?
14:53Wir wissen, dass es auch die Überlegungen gibt, durch Migration westliche Gesellschaften zu destabilisieren.
15:00Nichtsdestotrotz sind viele Faktoren, die zur Migration führen, völlig unabhängig von diesen hybriden Motiven.
15:07Insofern ist der Bundesnachrichtendienst einer der wenigen Nachrichtendienste, die die Migration sehr früh zum Gegenstand auf nachrichtendienstliche Arbeit gemacht haben.
15:17Da sind wir durchaus Vorreiter und das gucken sich andere Nachrichtendienste von uns ab.
15:21Wir analysieren die Ströme, die aus verschiedenen Regionen dieser Welt kommen und mich von jeder Richtung her kann man sagen, sie sei aus Moskau gesteuert.
15:29Herr Rath, Sie haben selbst gesagt, dass russische Geheimdienste den Hybridenkrieg mit allen Mitteln und ohne rechtsstaatliche Beschränkungen führen.
15:39Der BND darf das nicht und deshalb braucht er auch Partner. Was dürfen sie nicht, was die Partner dürfen?
15:48Naja, wir sind ein reiner Nachrichtendienst. Wir sammeln Informationen und wir werten sie aus.
15:54Aber wir haben keine operativen Befugnisse, wie befreundete Nachbarn das durchaus haben,
16:00die auch auf weltweiten Bahnen und in anderen Regionen durchaus materielle Effekte herbeiführen.
16:08Das tun wir nicht. Wir sammeln wirklich nur Nachrichten, aber sind operativ nicht unterwegs.
16:12Könnten Sie dabei ein Beispiel nennen?
16:15Naja, ich nehme mal ein Beispiel, was so weit zurückliegt, dass man damit heute keinem mehr wehtut.
16:19Ich entsinne mich, dass es in den 80er-Jahren mal ein Greenpeace-Schiff gegeben hat, was gesunken ist.
16:24Und da waren, glaube ich, nachbarschaftliche Dienste auch mit dran beteiligt.
16:28Die Rainbow Warrior hieß die, glaube ich, dass die gesunken ist.
16:32Also ein Schiff versenken dürfte ich nicht. Da bin ich auch gar nicht traurig, dass ich diese Lizenz nicht habe.
16:38Sind aber diese Hürden, die man in Deutschland hat, eigentlich noch zeitgemäß?
16:43Einige Hürden sind Ausfluss unseres rechtsstaatlichen Verständnisses und das ist immer zeitgemäß.
16:49Bei anderen Schranken kann man durchaus darüber nachdenken, ob sie sinnvoll und ob sie klug sind.
16:54Und insbesondere je näher der Fall der Landes- oder Bündnisverteidigung rückt,
16:59desto mehr muss man natürlich überlegen, ob man dann auch die Befugnisse anpasst.
17:04Aber das ist eine rechtspolitische Aufgabe, die eine neue Bundesregierung angehen muss,
17:10in Abhängigkeit von der Bedrohung, die immer konkreter wird.
17:14Friedrich Merz, der wahrscheinlich nächste Bundeskanzler, hat schon signalisiert,
17:19dass er mehr Befugnisse den Nachrichtendiensten in Deutschland gewähren will.
17:24Was fordern Sie eigentlich konkret?
17:28Also wir haben im Nachgang zu Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
17:33und zu der Gesetzgebung, die daraus folgte, noch gewisse Hausaufgaben nicht gemacht.
17:37Wir haben noch nicht alles umgesetzt.
17:40Und sowohl die letzte Regierung Merkel als auch die Regierung in der Ampel
17:43haben Versuche unternommen, diese Lücken zu schließen.
17:46Das ist dann aus ganz unterschiedlichen Gründen immer wieder auf den letzten Metern gescheitert.
17:50Und hier gibt es sozusagen Restposten an Hausaufgaben, die man in der Gesetzgebung machen muss,
17:55die dringend erforderlich sind.
17:57Also zum Beispiel eine Übertragung von Daten an die Bundeswehr.
18:02Man mag es nicht glauben, aber dafür fehlen noch die gesetzlichen Grundlagen.
18:06Die muss dringend her.
18:07Je näher der Fall von Bündnis- und Landesverteidigung rückt, desto größer sind wir darauf angewiesen,
18:12dass wir dann auch Datenmengen schnell übermitteln können.
18:16Dazu muss eine Gesetzgebungsgrundlage her.
18:18Auch was Cyberabwehr angeht, sind wir im Vergund mit anderen Nachrichtendiensten
18:23noch nicht mit jeder rechtlichen Grundlage ausgestattet,
18:26die dafür nötig ist, international zusammenzuarbeiten.
18:29Eine weitere große Baustelle, die per Gesetz geregelt werden muss.
18:33Und es gibt noch viele kleine einzelne Fälle, die schon sehr, sehr lange eigentlich darauf warten, gelöst zu werden,
18:39von denen wir jetzt hoffen, dass eine neue Bundesregierung sie wirklich schnell anpackt
18:44und dann auch bringt.
18:45Die Notwendigkeit, dass wir effizienter arbeiten, wird größer.
18:50Und deswegen wird auch der zeitliche Druck größer.
18:52Und ich habe die begründete Hoffnung, dass wir diese Lücken in der Gesetzgebung schließen können.
18:58Herr Kahl, vielen Dank für das Gespräch.
19:00Gerne.
19:03Vielen Dank.

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