Eine Untersuchungskommission, die vom Justizministerium eingerichtet wurde, hat politische Eingriffe während der Amtszeit des verstorbenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnacek bestätigt. Pilnacek hatte bei einer heimlich aufgenommenen Runde mit Bekannten im Wirtshaus über Versuche der ÖVP berichtet, Ermittlungen zu beeinflussen
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00:00Eine Untersuchungskommission, die vom Justizministerium eingerichtet wurde, hat politische Eingriffe
00:06während der Amtszeit des verstorbenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnercheck bestätigt.
00:12Pilnercheck hatte bei einer heimlich aufgenommenen Runde mit Bekannten im Wirtshaus über Versuche
00:17der ÖVP berichtet, Ermittlungen zu beeinflussen.
00:20Das wurde am Montag bei einer Präsentation des Berichts von der Untersuchungskommission
00:25bestätigt.
00:26Die Kommission kann bzw. muss am Ende ihrer gut sechsmonatigen Arbeit in allen angeführten
00:34Punkten eine positive, weil zutreffende Befundung abgeben.
00:39Der Befundung stellt Kreuthner voran, dass das österreichische Justizsystem prinzipiell
00:43ein sehr gutes sei.
00:45Gleichzeitig hat die Kommission im Rahmen des Untersuchungsauftrags auch festgestellt,
00:49dass sich in Einzelfällen, insbesondere beim Zusammentreffen spezieller Parameter, und
00:54auf das wird Kollege Küspert auch einsteigen, folgende Tatsachen und Phänomene aber auch
01:00gezeigt haben.
01:01Eine nach Ansicht der Kommission höchst problematisch, hier allgemein umschriebene Zwei-Klassen-Justiz.
01:09Fehlende Distanz zur Politik sowie zu Medien wurden ebenfalls erkannt, ebenso ein zum Teil
01:14stark frustrierter Instanzenzug.
01:17Konkrete Beispiele benannte der ehemalige Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
01:22Peter Küspert.
01:23In der sogenannten Insolatenaffäre sind im Erhebungszeitraum Ermittlungen gegen zwei
01:29hochrangige Regierungsmitglieder geführt worden.
01:33Und innerhalb dieses laufenden Verfahrens hat der Sektionschef in seinem Büro ein Treffen
01:39mit dem Justizsprecher der Partei der Beschuldigten abgehalten und diesem Justizsprecher in allen
01:46Einzelheiten den Stand der Ermittlungen, auch interne Diskussionen der Staatsanwaltschaft
01:51zur Strafbarkeit und zum weiteren Vorgehen, politische Reaktionen des Koalitionspartners
01:58oder zum etwaigen Untersuchungsausschuss erläutert.
02:01Ein weiteres Phänomen will ich bezeichnen mit In-Group-Terrorism.
02:06Das hat damit zu tun, dass in geschlossenen Organisationen die Neigung besteht, Mitglieder
02:12der eigenen Gruppe zu begünstigen und zu bevorzugen.
02:15Und damit werden bestimmte Regeln und Normen missachtet, zum Beispiel die Vorschriften
02:20über Amtsgeheimnisse oder Datenschutz, die Befangenheitsregeln vor allen Dingen.
02:25Auch da haben wir einige Fälle gefunden, in denen entsprechende Regeln missachtet worden
02:29sind.
02:30Das betrifft beispielsweise die Gespräche des Sektionschefs mit Beschuldigten in der
02:37sogenannten Kassak-Affäre.
02:39Weiters ortet der Bericht nahe Beziehungen, Seilschaften und politische Anbiederung.
02:44Vorwürfe in den eigenen Reihen würden ebenfalls nicht entsprechend aufgearbeitet.
02:49Was auch eine Befundung ist, was wir gefunden haben, sind parteipolitisch kontextualisierte
02:56Bestrebungen beziehungsweise konkrete Vorhaben zur Schwächung beziehungsweise letztendlich
03:03auch Finaliter zur Zerschlagung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
03:08Die Kommission forderte als eine Konsequenz die Abschaffung der Zwei-Klassen-Justiz und
03:13die Einrichtung einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft, was auch Justizministerin Al-Maghribi
03:19Sadic betonte.
03:20Das alles zeichnet für mich auch ein Bild, dass politische Parteien versucht haben in
03:25der Vergangenheit auf die Justiz Einfluss zu nehmen und das ist ganz klar für mich,
03:32dass es jetzt notwendig ist und dass der wichtige Schritt gesetzt werden muss, eine wirklich
03:38von der Politik unabhängige Generalstaatsanwaltschaft einzurichten.
03:42Der Originalbericht umfasst 230 Seiten, Untersuchungszeitraum war vom 1.
03:48Jänner 2010 bis zum 14.
03:50Dezember 2023.
03:52Sechs Monate lang hatte die Kommission, die im Dezember des vergangenen Jahres eingesetzt
03:57worden war, ermittelt.