Als Synchronschwimmer im Profisport

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Ein Mann, der im Synchronschwimmen mit der deutschen Nationalmannschaft eine Medaille gewinnt – das gab es bisher noch nicht. Frithjof Seidel ist in seiner Sportart ein Pionier.

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00:00Synchronschwimmen. Eine Sportart, die für Eleganz und Grazie steht und jahrelang eine Frauendomäne war.
00:06Zum ersten Mal dürfen bei den Olympischen Spielen auch Männer antreten.
00:10Trotz Gold bei der Europameisterschaft konnte sich der deutsche Kader nicht qualifizieren.
00:14Der Berliner Friedjof Seidel ist der einzige Mann in der deutschen Nationalmannschaft. Wie fühlt sich das an?
00:23Ich fühle mich unfassbar wohl mit den Mädels. Die haben mich sehr gut aufgenommen.
00:27Ich habe so ein bisschen die große Bruderrolle. Ich bin mit drei oder vier im Abstand der Älteste.
00:33Aber es ist schön, wir ergänzen uns schön und wir haben auch immer was zu machen.
00:38Hier trainiert Friedjof mit dem Nationalkader für die Europameisterschaft in Belgrad.
00:43Bis zu acht Stunden verbringt er an einem solchen Tag mit seinen ausschließlich weiblichen Mitstreiterinnen im Wasser.
00:49Geübt werden akrobatische Elemente wie Hebefiguren. Die sind besonders anspruchsvoll.
00:55Die ganzen Jahre im Wasser habe ich gemerkt, das ist ein schönes Medium. Da fühle ich mich wohl drin.
01:01Vor allem auch dieses Gefühl, komplett vom Wasser umgeben zu sein, gerade wenn man taucht. Das ist für mich auch ein Gefühl der Freiheit.
01:10Mit sechs Jahren lernt Friedjof schwimmen und startet zunächst mit dem Wasserspringen.
01:14Schon früh entdecken seine Eltern sein großes sportliches Talent. Mit zehn Jahren wechselt er auf ein Sportinternat in Berlin.
01:21Er nimmt an Jugend-Europameisterschaften teil. Mit 18 an den ersten internationalen Wettkämpfen im Erwachsenenbereich.
01:28Über das Wasserspringen kommt er 2021 zum Synchronschwimmen.
01:33Friedjof lebt offen homosexuell. Mit 18 Jahren outet er sich und hat seinen ersten Freund.
01:38Ein schwuler Mann, der einen Frauensport ausübt. Steilvorlage für Vorurteile und Diskriminierung. Wie geht Friedjof damit um?
01:47Tatsächlich ist es schon so, dass man im ersten Moment denkt, Homosexualität und Leistungssport könnte ein sensibles Thema sein.
01:53Ich sage mal, Sprüche gibt es überall. Das tut dann im ersten Moment auch weh. Aber wenn man das ein paar Mal erlebt hat, dann steht man da drüber.
02:07Neben dem Leistungssport befindet sich Friedjof im Masterstudium der physikalischen Ingenieurwissenschaft an der Technischen Universität Berlin.
02:14Zwischen dem Synchronschwimmen und den Gesetzen der Physik erkennt Friedjof viele Parallelen.
02:21Die Physik findet ja schon immer auch ihren Platz im Sport. Im Synchronschwimmen hat es natürlich viel mit Auftrieb zu tun.
02:28Wir müssen uns ja immer hoch aus dem Wasser rausdrücken. Gerade auch wenn wir im Team schwimmen, dann machen wir die Hebungen.
02:36In seiner Freizeit widmet sich Friedjof einem Hobby, das er vor ein paar Jahren für sich auf Instagram entdeckt hat. Das Häkeln und Stricken.
02:43Dabei kann er sich entspannen und zur Ruhe kommen. Neben Socken, Schal und Handschuhen fertigt er am liebsten kleine Figuren an.
02:51Also mir hilft das wirklich auch sehr in stressigen Phasen. Da nehme ich mir abends die halbe Stunde, Stunde und nehme mir dann mein Strick- und Häkelzeug.
03:00Was für andere Leute das Joggen gehen ist, ist für mich das Stricken. Da kann man gut abschalten.
03:05Zurück in die Schwimmhalle. Hier nimmt Friedjof mit seinem Berliner Heimatverein SC Wenning an der Deutschen Meisterschaft in Berlin teil.
03:12Insgesamt elf Teams treten gegeneinander an. Auch heute ist Friedjof wieder der einzige Mann im Team.
03:26Eine Kür in der Kategorie Akrobatikroutine dauert rund drei Minuten. Je höher der Schwierigkeitsgrad, desto mehr Punkte kann man erreichen.
03:34Die Kür gelingt. Nur ein paar kleine Patzer.
03:38Die Athletinnen vom SC Wenning sind froh darüber, dass Friedjof mittlerweile ein festes Teammitglied ist.
03:47Es war eigentlich normal. Man hat keinen Unterschied gemerkt.
03:55Wirklich nicht. Er hat sich super integriert in unsere Mannschaft. Wir hatten immer super viel Spaß mit ihm.
04:02Er gehört so direkt zur Familie.
04:04Am Ende wird es noch einmal spannend. Die Jury vergibt ihre Punkte und kommt zu dem Ergebnis. Ein stolzer zweiter Platz für Friedjof und den SC Wenning.
04:18Ich sehe mich definitiv als Vorbild. Ich finde, es ist ein Sport, der von Prositität, denn Männer und Frauen aufeinandertreffen.
04:25Insofern ist es eigentlich auch mein Traum, dass ich da Jungs und Männer dazu motivieren kann, dass sie es einfach mal ausprobieren.
04:33Vorbild, Pionier und ein bisschen auch Hahn im Korb. Friedjof kämpft weiterhin für den Erfolg und für mehr Gleichberechtigung im Sport.

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