XY-gelöst-Der Zufallsmörder (2024)3

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Eine 8-Jährige hat ihren Schlüssel vergessen und wartet auf ihre Eltern. Als ein Autofahrer sie anspricht, steigt das Kind ein. Monate später wird ein kleiner Junge in dasselbe Auto gelockt. Sven Voss rekonstruiert mit einem der damals führenden Kripobeamten den Fall und die schwierige Suche nach dem Mann im Auto, der sich als einer der gefährlichsten Mörder der deutschen Kriminalgeschichte entpuppen sollte. Außerdem unterhält sich der Journalist mit einem Polizisten, der sich Tag und Nacht um die Familie eines Opfers gekümmert hat. Er spricht mit ihm über die herausfordernden Momente seiner Arbeit und die enorme psychische Belastung, die die Angehörigen der ermordeten Kinder aushalten mussten. (Text: ZDF)

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00:00Bei passender Gelegenheit hätten es 1000 Opfer sein können.
00:04Diesen unfassbaren Satz sagt der Mann, der 2 Kinder entführt, missbraucht und getötet hat.
00:10Beide wurden nur 8 Jahre alt.
00:12Die Polizei hat bei ihren Ermittlungen viele belastende Indizien gegen den Täter zusammengetragen,
00:18aber diese reichten nicht. Die Ermittler brauchten ein Geständnis.
00:24Cuxhaven. Hier lebt Familie Leuschner.
00:30Lass mir mal den anderen Schraubenzieher.
00:33Den großen da.
00:40Dauert das noch lange?
00:43Hast du noch was anderes vor?
00:45Nö.
00:47Dann dauert das noch sehr lange.
00:49Ich habe heute nämlich keine Lust auf den Sonntagsspaziergang.
00:52Ich auch nicht.
00:56Braucht ihr noch lange?
00:58Sehr lange.
01:00So, so. Aber jetzt macht mal Pause. Familienrat, ja?
01:05Okay.
01:08Silke Leuschner plant im Mai 2004 nach einer langen Erziehungspause den beruflichen Wiedereinstieg.
01:19Die Kinder Levke, Timo und Klara sind 8, 10 und 12 Jahre alt.
01:25Ich habe was kategoriert.
01:28Ruhe bitte!
01:31Also, meine Lieben.
01:34Ihr wisst ja, dass ich ab morgen für zwei Wochen eine Orientierungsmaßnahme beim Arbeitsamt mache.
01:39Das heißt, ich bin den ganzen Tag weg.
01:41Und deswegen kommt der Papa mittags nach Hause und kümmert sich dann um euch, ja?
01:45Ich mache eine längere Mittagspause und hole die Arbeit dann abends in der Firma nach,
01:49wenn die Mama wieder daheim ist.
01:52Ja, aber du kannst ja nicht kochen.
01:55Das hat er recht.
01:56Deshalb gibt es bloß Spaghetti.
01:58Spaghetti! Spaghetti! Spaghetti!
02:01Mit Gemüsesauce.
02:03Oh nein!
02:05Verhungern werdet ihr jedenfalls nicht, oder?
02:07Nein, aber ich habe jetzt schon ein Loch im Bauch.
02:10Und damit ihr auch nach Hause kommt, wenn ihr mal früher als der Papa da seid,
02:14kriegt jetzt jeder von euch einen Haustürschlüssel.
02:16Ich will den blauen! Ich will den blauen!
02:19Orange.
02:20Der Klügere geht nach. Und außerdem ist der Pinke viel cooler.
02:24Gut drauf aufpassen, ja? Nicht verlieren.
02:30Levke geht in die zweite Klasse der örtlichen Grundschule.
02:34Die Schule liegt nur eine Viertelstunde zu Fuß vom Haus der Eltern entfernt.
02:41Was suchst du?
02:43Mein Schlüssel. Ich glaube, ich habe ihn verloren.
02:46Bestimmt hast du den nur zu Hause vergessen.
02:49Ach ja, stimmt.
02:51Ich hatte ihn aus der anderen Jacke rausgeholt und dann liegen lassen.
02:56Ach, mein Schwein gehabt.
02:59Und wie willst du jetzt ins Haus kommen? So ganz ohne Schlüssel?
03:05Kein Problem. Muss ich eben kurz warten.
03:08Der Papa kommt dann ja eh nach Hause.
03:13Als Levke am Donnerstag, den 6. Mai 2004,
03:17gegen 12.30 Uhr von der Schule kommt, ist noch niemand zu Hause.
03:29Da ihr Vater bald da sein muss, beschließt sie, auf ihn zu warten.
03:38Eine Autofahrerin berichtet später der Polizei,
03:41Levke sei mit ihrem Schulranzen auf dem Bürgersteig gestorben.
03:46Das ist nicht verstanden.
04:07Hallo.
04:09Hi.
04:17Hallo, ich bin wieder da.
04:20Ja, okay, ich muss jetzt.
04:22Mama, bist du wieder da? Die Levke ist weg.
04:25Was ist passiert?
04:26Sie ist weg. Einfach weg.
04:28Beruhigt euch, Kinder.
04:30Levke ist verschwunden.
04:32Ich bin um 10.15 Uhr nach Hause gekommen, wie immer.
04:35Levke war aber schon um halb hier, hatte aber den Schlüssel vergessen.
04:39Das weiß ich von Lotte.
04:41Und ich weiß, dass sie nicht in der Schule war.
04:44Das weiß ich von Lotte.
04:47Und hier ist auch der Schlüssel.
04:49Sie hat vermutlich auf mich gewartet.
04:52Was dann passiert ist, weiß ich nicht.
04:54Es waren gerade mal 20 Minuten.
04:56Jedenfalls ist sie nicht bei den Nachbarn und auch sonst niemandem,
05:00den wir kennen. Ich habe alle angerufen.
05:02Ruf sofort die Polizei.
05:04Könnte es sein, dass sie zu jemandem gegangen ist,
05:07den sie nicht kennen?
05:09Ich wüsste nicht, wer das sein sollte.
05:11Außerdem hätte sie sich dann längst gemeldet.
05:13Sie ist so zuverlässig.
05:16Ich muss sie das jetzt fragen.
05:18Hat es Streit gegeben?
05:20Sie meinen, ob sie vielleicht ausgerissen ist?
05:22Nein, auf keinen Fall.
05:24Und was den Streit angeht? Null.
05:29Können Sie uns Sternchen zurückbringen?
05:32Wir sagen nämlich Sternchen zu Levke.
05:35Ich verspreche euch, wir werden alles Menschenmögliche tun.
05:40Herr Bettels, Sie waren damals erst seit 3 Monaten
05:43Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der Polizei in Cuxhaven,
05:47erinnern sich aber natürlich noch an den Moment,
05:50als die Meldung zu Levke reinkam.
05:52Wir haben diesen Sachverhalt von Anfang an sehr ernst genommen
05:56und haben die entsprechenden Sofortmaßnahmen eingeleitet
06:01und haben mit Suchmaßnahmen
06:03und auch mit Nachbarschaftsbefragungen begonnen.
06:06Und Sie haben sich dann um die Familie gekümmert,
06:09was natürlich wichtig ist.
06:11Ist das dann so eine Art Befragung, erste Befragung?
06:14Hier muss man 2 Dinge unterscheiden.
06:16Auf der einen Seite geht es natürlich
06:18um die Erforschung des Sachverhalts.
06:20Dafür dienen dann entsprechende Vernehmungen.
06:23Auf der anderen Seite aber sind natürlich Angehörige
06:26und insbesondere natürlich die Eltern
06:28mit dieser Situation zunächst mal überfordert
06:31und brauchen auch ein Stück weit Unterstützung.
06:34Und wir brauchen auch seitens der Polizei
06:37eine konkrete Kommunikation mit den Angehörigen
06:40und einen Vertrauensaufbau.
06:42Am gleichen Abend besucht Carsten Bettels die Familie von Levke.
06:47Mit dabei 2 Kollegen der Angehörigenbetreuung.
06:51Meine Kollegen, ab jetzt für Sie zuständig
06:54und jederzeit ansprechbar.
06:56Das ist sehr nett, vielen Dank.
06:58Sie haben noch 2 Kinder?
07:00Ja, unser Timo ist 10 und unsere Klara ist 12 Jahre alt.
07:04Wir haben die beiden jetzt schon ins Bett geschickt,
07:07obwohl sie ganz bestimmt nicht schlafen können.
07:10Das ist sicher gut so.
07:12Was denken Sie, ist passiert?
07:15Hat jemand Levke entführt?
07:18Und wie stehen die Chancen, dass sie noch...
07:22Also, dass sie noch...
07:24Wir wissen es nicht.
07:27Wir haben jetzt erst mal einen vermissten Fall.
07:30Also, bei uns war es so,
07:32dass wir tatsächlich die Familie jeden Tag zu Hause aufgesucht haben,
07:36haben dort gemeinsam gesessen, über Stunden, haben uns unterhalten
07:40über den Vorgang der Ermittlungen, aber auch ganz allgemeine Fragen.
07:44Und auch die Familie hat viele Fragen in Richtung Polizei,
07:47die wir dann beantworten können.
07:50Muss die Menschen hier wegschmeißen?
07:53Schau mal, eine brandneue Kinderjacke.
07:56Leg sie wieder rein.
07:58Was?
08:00Leg sie wieder rein.
08:02Das hier habe ich im Wald gefunden.
08:04Vorhin im Radio, da haben die doch von einem kleinen Mädchen erzählt,
08:08das gestern Nacht in der Schule verschwunden ist.
08:11Ich wette, das hat was damit zu tun.
08:13Der Fundort von Levkes Schulabteilung
08:17Der Fundort von Levkes Schulrenzen und anderen persönlichen Gegenständen
08:22ist ein Waldparkplatz,
08:24rund 25 km von Levkes Wohnort entfernt.
08:29Sie sehen aus wie die Sachen von Levke.
08:32Genau wie die Mutter sie beschrieben hat.
08:35Damit ist es im vermissten Fall wohl ein Verbrechen geworden.
08:39Andere Erklärung gibt es dafür nicht.
08:42Levke hat auf dem Haus auf ihren Vater gewartet
08:45und ist dann wahrscheinlich ins falsche Ort eingestiegen.
08:49Okay, dann sage ich mal einem Bescheid.
08:55Da es sich um ein sehr einsames Waldgebiet handelte,
08:58haben wir sofort alle verfügbaren Durchsuchungskräfte konzentriert,
09:03weil wir davon ausgegangen sind, mehr zu finden.
09:06Unterm Strich haben wir nichts weiteres gefunden.
09:09Das Schicksal von Levke blieb weiter unklar.
09:12Auf der Dienststelle wurde dann eine Sonderkommission eingerichtet.
09:17Martin, guck mal.
09:19Ich habe hier ein Bild vom Pulli und der Hose von Levke,
09:23die sie anhatte, als sie verschwunden ist.
09:26Uwe und Heiko sind gerade mit den Eltern unterwegs,
09:29um Vergleichsstücke zu besorgen für Faserabgleich etc.
09:32Perfekt, dann hänge ich das gleich dazu.
09:35Die Jacke, der Schulrenzen und der Sportbeutel
09:38sind gerade bei der KTU.
09:40Ich hoffe, die finden was.
09:44Okay, Leute, hört mal zu.
09:46Was im Raum steht, ist klar, oder?
09:50Entführung, sexueller Missbrauch oder sogar Mord.
09:55Wie wir wissen, kommen die meisten Sexualstraftäter bei Kindern
09:59aus dem persönlichen oder räumlichen Umfeld.
10:02Wir klappern diese Bereiche also so gründlich wie möglich ab.
10:06Gleichzeitig abchecken alle Personen hier aus der Gegend,
10:09die schwierig vorgestraft sind.
10:11Ansonsten das übliche Programm.
10:13Befragen der Nachbarn, Flugblätter etc.
10:15Hier ist jemandem was aufgefallen.
10:17Eine Mitschülerin von Levke steht mit ihrer Mutter vor der Tür.
10:20Anscheinend hat sie was gesehen.
10:22Sehr gut, bring sie gleich in mein Büro.
10:24Ich komme gerade mit.
10:26Es war in der großen Pause.
10:28Er hat über den Schulhof geschaut.
10:30Ganz lang.
10:35Dann ist er in sein Auto gestiegen und weggefahren.
10:38Ich habe das auch gleich der Frau Petersen gesagt.
10:41Deine Lehre.
10:43Ja, aber sie hat den Mann nicht gesehen.
10:45Danke.
10:47Aber du hast ihn gesehen.
10:49Kannst du ihn auch beschreiben?
10:51Ja, klar.
10:53Der hatte irgendwie so einen dunklen Fleck auf der Stirn.
10:56Und eine Sonnenbrille hatte er auch auf.
10:58Und noch so einen dunklen Schnurrbart.
11:00Und das Auto, in das er gestiegen ist?
11:02Kannst du das auch beschreiben?
11:04Ich glaube schon.
11:06Wollt ihr ein Phantombild erstellen?
11:08Und mit ihr über das Auto sprechen?
11:10Ja, natürlich.
11:12Das war für uns eine erste wichtige Spur.
11:15Neben der Aussage des Mädchens
11:17über diese Sichtung des 3er BMW Coupé auf dem Schulparkplatz
11:22wurde das Fahrzeug gegen 13 Uhr noch einmal gesichtet
11:26auf der Straße, wo Levke wohnte.
11:29Das hätte auch mit der Verschwindezeit von Levke
11:32übereingestimmt.
11:34Das ist das Phantombild des Verdächtigen,
11:36der an der Schule gesichtet wurde.
11:38Damit gehen wir direkt an die Öffentlichkeit.
11:40Martin, warte lieber noch.
11:42Warum?
11:44Der Typ wurde an der Schule gesichtet.
11:46Sein Fahrzeug in der Nähe des Wohnhauses
11:48zur passenden Uhrzeit.
11:50Das kann doch kein Zufall sein.
11:52Kann es doch.
11:54Und was hat er an der Schule gemacht?
11:56Die Architektur bewundert, oder was?
11:58Vielleicht.
12:00Es ist mir irgendwie zu einfach.
12:02Dann legen wir uns fest.
12:04Dann kriegen wir keine Hinweise mehr auf Männer,
12:06die anders aussehen oder ein anderes Auto fahren.
12:08Ja.
12:10Aber irgendwas müssen wir damit anfangen, oder nicht?
12:12Ja, wir suchen im Register nach allen dunklen 3er BMWs
12:14mit dem Kennzeichen SU
12:16und überprüfen sie dann.
12:18Das sind locker über 1000.
12:20Umso schneller sollten wir damit loslegen.
12:22Moin.
12:24Moin, Kollegen.
12:26Die Vergleichsstücke Pulli und Hose.
12:28Der Familie geht so lala,
12:30aber die Hose
12:32hat ein auffälliges
12:34Blumenmotiv.
12:36Sehr gut.
12:38Die Eltern fragen,
12:40ob sie noch mehr tun können.
12:42Sie möchten helfen, so gut es nur geht.
12:44Da müssen wir uns schon noch was einfallen.
12:48Das noch.
12:50Das hier.
12:52Sollen wir das vielleicht da hinhängen?
12:54Okay.
12:56Auf dem Waldparkplatz,
12:58auf dem Lefkes Sachen gefunden wurden,
13:00stellt die Kripo in Zusammenarbeit
13:02mit der Familie einen Schaukasten auf.
13:04Das sind ihre
13:06beiden Lieblingspuppen.
13:08Sollen wir die noch reinstellen?
13:10Ja, bitte.
13:12Einmal hier?
13:14Ja.
13:16Dann machen wir zu.
13:18So.
13:20Wollt ihr jetzt mal
13:22ein Polizeiauto anschauen?
13:24Ja.
13:26Sieht von außen aus wie ein ganz normales Auto.
13:28Ist es aber nicht.
13:30Na los, kommt mal mit.
13:34Da drüben ist die Kamera.
13:36Damit können wir
13:38jedes Auto erfassen, das auf den Parkplatz fährt.
13:40Und in der Presse weisen wir
13:42auf den Schaukasten hin, dann werden wir ja sehen.
13:44Meinen Sie, der Täter kehrt
13:46an den Ort des Verbrechens zurück,
13:48wie es im Krimi immer heißt?
13:50Möglich.
13:52Wir werden sehen, wie es aussieht, wenn er davon erfährt.
13:54Die Chancen stehen nicht schlecht.
14:00Herr Bettels, wir sind jetzt auf dem
14:02Waldparkplatz, wo Sie diesen Schaukasten
14:04aufgestellt hatten. Ich glaube, der war da hinten.
14:06Ja, genau. In dem Bereich da vorne
14:08ist er gewesen.
14:10Man kann ja schon fast sagen, das war eine Art Zusammenarbeit
14:12mit der Familie von Levke,
14:14was den Schaukasten betrifft und die Idee.
14:16Wir haben die Familie
14:18in der Entstehung
14:20und teilweise auch in der Gestaltung
14:22des Schaukastens eingebunden.
14:24Das ist ja auch für die Familie
14:26ein wichtiger Aspekt, zu unterstützen und zu helfen.
14:28Und das war beruhigend für die Familie.
14:30Allerdings, Herr Bettels, muss man auch sagen,
14:32zu dem Zeitpunkt hatten Sie
14:34eigentlich nichts in der Hand.
14:36Es gab eigentlich keine Spur, richtig?
14:38Es war die Situation,
14:40wie Sie richtig beschreiben,
14:42dass objektiv
14:44und subjektiv
14:46keine Hinweise
14:48auf den Täter vorhanden waren.
14:50Wir haben weder bei
14:52Nachbarschaftsbefragung über
14:54das Umfeld der Familie,
14:56Freundes,
14:58Bekanntenkreis ein Ergebnis
15:00erzielen können.
15:02Wir haben bei den örtlichen
15:04Sexualstraftätern, die überprüft
15:06worden sind, keine heiße Spur
15:08dabei gehabt. Also schwierige
15:10Ausgangslage, Herr Bettels, für die Ermittlungen.
15:12Und dann, dreieinhalb
15:14Monate nach ihrem Verschwinden,
15:16die traurige Gewissheit über das Schicksal
15:18von Levke.
15:2023. August
15:222004.
15:24Im Sauerland, rund 400
15:26Kilometer von Cuxhaven entfernt.
15:38Der Pilzsammler entdeckt die sterblichen
15:40Überreste eines Kindes.
15:46Schnell ist klar, es handelt
15:48sich um die vermisste Levke.
15:50Denn die Hose mit dem auffälligen
15:52Blumenmotiv trug sie am Tag
15:54ihres Verschwindens.
15:58Die Angehörigenbetreuer informieren
16:00umgehend die Eltern. Durch einen
16:02DNA-Abgleich wird die
16:04Identität bestätigt.
16:08Die Eltern haben
16:10immer die Hoffnung gehabt, dass Levke wiederkommt.
16:12Und sie sind dann zu ihren Kindern
16:14gegangen, die auch sofort gemerkt haben,
16:16irgendetwas stimmt mit unseren Eltern nicht.
16:18Und haben dann gesagt, ja, es ist passiert,
16:20was wir alle nicht gehofft haben.
16:22Ein Levke wird nicht wiederkommen.
16:24Was für die Kinder auch ganz schrecklich war.
16:26Der Leichnam von Levke, Herr Bettels, wurde in die
16:28Rechtsmedizin gebracht. Was haben die
16:30Kolleginnen und Kollegen dort rausfinden können?
16:32Ja, der
16:34Leichnam war nach diesen
16:36dreieinhalb Monaten schon größtenteils
16:38skelettiert. Von daher
16:40war ein Nachweis über
16:42stattfindende Tathandlungen
16:44fast nicht mehr möglich.
16:46Das Einzige, was für uns ein
16:48sehr wertvoller Hinweis war,
16:50war ein Kabelbinder,
16:52der sehr eng fixiert
16:54an der Halswirbelsäule
16:56festgestellt worden ist.
16:58Jetzt haben Sie den Leichnam von
17:00Levke. Und Sie wissen auch, das Kind
17:02fiel einem Gewaltverbrechen zum
17:04Opfer. Was waren dann die nächsten
17:06Schritte? Ja, wir
17:08konnten ja jetzt feststellen, dass es
17:10neben den beiden Handlungsorten
17:12im Raum Cuxhaven von
17:14der Verschwindenstelle und dem
17:16Fundort der Gegenstände auf dem
17:18Waldparkplatz jetzt 400 Kilometer
17:20entfernt einen dritten
17:22Handlungsort des Täters
17:24gibt. Und dieser dritte
17:26Handlungsort hat uns natürlich
17:28die Möglichkeit gegeben, in einem
17:30Presseaufruf die Öffentlichkeit
17:32zu fragen nach Personen,
17:34die einen Bezug haben
17:36zwischen diesen beiden
17:38Orten oder zwischen diesen beiden Regionen.
17:40Also Zeugen finden, das ist sicherlich
17:42der nächste logische Schritt. Dann
17:44kommt aber noch eine Maßnahme aus
17:46der Kategorie ungewöhnlich, vielleicht
17:48sogar einzigartig in der deutschen Kriminalgeschichte.
17:50Erzählen Sie mal. Ja,
17:52der Eindruck von diesem Wald,
17:54eine nie ausgeschlagene
17:56Tannenschonung, sehr eng
17:58aneinanderstehende Bäume
18:00war, dass beim Betreten dieses
18:02Waldes im Grunde genommen dauerhaft
18:04Zweige und Äste vor dem
18:06Täter wahrnehmbar sein müssen.
18:08Das ist das, was die
18:10zuerst eingesetzten Kollegen empfunden
18:12haben und das musste auch der Täter
18:14so wahrgenommen haben.
18:16Blumen und eine Kerze
18:18nahe der Stelle, wo ein
18:20Pilzsammler den Leichnam der 8-Jährigen
18:22Lev gefand. Noch einmal
18:24wird hier alles akribisch untersucht.
18:26Der Erkennungsdienst der Polizei
18:28schneidet hier rund um den Weg, den der
18:30Täter wohl genommen hat, Äste und
18:32Zweige ab. Blätter und Tannennadeln
18:34werden eingesammelt. Wir versprechen uns
18:36davon, feinste Spuren vom Täter zu
18:38finden, zum Beispiel Haare, indem wir
18:40eben hier die möglichen
18:42Korridore, die der Täter beschritten hat, bis
18:44auf eine Höhe von zwei Meter entästen.
18:46Das ist der kriminalistische Hintergrund
18:48und der Täter kann durchaus wissen
18:50und wir wollen ihn auch wissen lassen, dass wir
18:52alles, aber wirklich alles unternehmen,
18:54um ihm auf die Spur zu kommen.
18:56Jeder Zweig, jedes Blatt in den Säcken wird erst
18:58getrocknet, dann in den nächsten Tagen mikroskopisch
19:00untersucht. Papa, was schaust du?
19:0280 Liter. Nichts.
19:06Hast du deine Hausaufgaben gemacht?
19:08Ja, ich schwör's.
19:12Komm her.
19:14Ein bisschen Chips.
19:16Nach dem Fund der Leiche im Sauerland
19:18bearbeitet die Soko
19:20rund 1.500 neue Spuren.
19:22Auch die Aufnahmen der
19:24Überwachungskameras am Fundort der
19:26Sachen von Levke werden sukzessive
19:28ausgewertet. Bislang
19:30ohne Ergebnis.
19:32Wie sieht's mit den Autos vom
19:34Waldparkplatz aus? Auch nichts
19:36Verdächtiges.
19:38Auf euch beiden ruhen meine
19:40größten Hoffnungen. Wir haben
19:42150 Hinweise auf Verbindungen
19:44zwischen den beiden tatrelevanten Regionen.
19:46126 beziehen sich
19:48auf Privatpersonen, bei 24
19:50geht es um Firmen und Organisationen.
19:52Zum Beispiel
19:54zwei Krankenhäuser. Hast du noch Material?
19:56Die regelmäßig
19:58Personal austauschen und
20:00gemeinsame Konferenzen abhalten.
20:02Eine davon kurz vor dem
20:04Verschwinden von Levke.
20:06Dass hier jetzt ein Großhändler für Zoobedarf
20:08ist in beiden Gegenden aktiv.
20:12Hier haben wir zwei Hinweise
20:14auf einen und denselben Mann.
20:16Günther Wachter.
20:20Anfang 30, aufgewachsen
20:22im Sauerland, in der Nähe des
20:24Leichenfundortes. Wohnt heute
20:26hier oben im Norden. Und haben
20:28die Hinweise auch was mit der Tat selbst zu tun?
20:30Nee, nur die Örtlichkeiten.
20:32Aber er ist Polizei
20:34bekannt. 1994
20:36hat er sich einer 17-jährigen Anhalterin vergriffen.
20:38Urteil, zwei Jahre
20:40Jugendstrafe auf Bewährung.
20:42Im Jahr 2000
20:44soll er eine geistig behinderte
20:4617-Jährige im Auto gefesselt und geschlagen
20:48haben. Das Verfahren wurde
20:50eingestellt, weil das Opfer ihn
20:52in seiner Gegenüberstellung nicht
20:54identifizieren konnte.
20:56Außerdem wurde es nicht als Sexualstraftat
20:58registriert, da ihm sexuelle Absicht
21:00nicht nachgewiesen werden konnte.
21:02Aktuell?
21:04Liegt nichts gegen ihn vor.
21:06Auto?
21:08Leider keins auf ihn zugelassen.
21:10Trotzdem genauer checken.
21:12In einem kleinen Ort,
21:14rund 40 Kilometer von Cuxhaven
21:16entfernt. Auch hier ist
21:18man wegen des Mordes an Levke
21:20so hat auch Barbara Franzen Angst
21:22um ihre Kinder Nils und Luise.
21:24Sechs, sieben, sieben, sieben.
21:26Hört mal bitte kurz auf.
21:28Ja, Mama, ich hab's gewonnen.
21:30Sie haben gewonnen!
21:32So, jetzt aber. Hört mir mal bitte kurz
21:34zu, ja? Ich muss mit euch
21:36was Wichtiges besprechen.
21:38Also Mama hat euch ganz
21:40doll lieb, ja? Und will deswegen
21:42immer wissen, wo ihr seid.
21:44Wenn ihr also weggeht, ganz egal
21:46wohin, und wenn's nur zum Spielen zu den
21:48Spaßkindern ist, dann gebt ihr mir vorher
21:50Bescheid. Klar? Ja. Machen wir.
21:52Seid pünktlich zu Hause.
21:54Ja. Und das
21:56aller, aller Wichtigste.
21:58Steigt zu keinem Menschen,
22:00den ihr nicht kennt, ins Auto. Machen wir nicht.
22:02Niemals. Unter keinen
22:04Umständen. Okay. Ja?
22:06Okay.
22:08Ja, ich wollte euch jetzt nicht so die
22:10Stimmung verderben, aber ich
22:12mache mir einfach Sorgen. Ja?
22:14Der
22:16achtjährige Nils liebt nicht nur
22:18schnelle Autos, sondern auch
22:20sein BMX-Rad.
22:22Neben seiner Grundschule im Nachbarort
22:24gibt es dafür extra einen
22:26kleinen Übungsplatz.
22:28Am Samstag, den 30. Oktober
22:302004, verbringt Nils
22:32dort mit einem Freund den Nachmittag.
22:36Mist! Was ist?
22:38Ich muss los. Wenn ich später
22:40heimkomme, als abgemacht wird, wird meine Mutter sauer.
22:42Ich bleib noch.
22:44Tschüss. Tschüss.
22:50Nils' Heimweg ist
22:52fünf Kilometer lang und führt über den
22:54Fuß- und Radweg entlang der
22:56örtlichen Kreisstraße. Auf
22:58halber Strecke wird der Weg über
23:00einen Waldparkplatz geleitet.
23:12Um
23:1418.50 Uhr hat die Mutter
23:16eines achtjährigen Jungen bei der
23:18örtlichen Polizeidienststelle ihren
23:20Jungen als vermisst gemeldet.
23:22Uns war natürlich bekannt, dass bei der
23:24benachtbarten Polizeiinspektion in
23:26Cuxhaven ein achtjähriges Mädchen
23:28verschwunden war.
23:30Wir haben Kontakt aufgenommen mit der
23:32dortigen Soko, um eventuell
23:34Parallelen festzustellen,
23:36weil aufgrund der zeitlichen und örtlichen
23:38Nähe der beiden Taten
23:40wäre das nicht
23:42unmöglich, dass das vielleicht von einem und demselben
23:44Täter passiert ist.
23:46Der Mann auf dem Phantombild, den die
23:48Schülerin beschrieben hat, sowie dessen
23:50BMW mit Siegburger Kennzeichen
23:52stehen noch immer im Fokus der Ermittler.
23:54Sag mal, Carsten, meinst du nicht,
23:56wir sollten das Bild jetzt bald mal veröffentlichen?
23:58Lass uns noch warten.
24:00Ich hab einfach Angst, dass wir uns damit zu sehr
24:02festlegen.
24:04Sind wir mit der Überprüfung der Autos durch?
24:06Nee.
24:08So nicht.
24:10Kein Wunder bei der Menge.
24:12Und was ist mit unseren Spuren mit
24:14Verbindungen in Sauerland?
24:16Ach, da laufen die Überprüfungen noch.
24:20Eine dieser Spuren
24:22führt die Beamten zu Günter Wachter,
24:24dem Mann, der im Sauerland
24:26aufgewachsen ist. Wieder nicht da.
24:28Kriegt der jetzt die Vorladung?
24:30Für uns war
24:32auf der einen Seite natürlich interessant,
24:34dass diese Person über kein eigenes
24:36Geld verfügte. Aber auf der anderen
24:38Seite gab es Vorerkenntnisse
24:40wegen Straftaten
24:42an 17-jährigen Mädchen
24:44in Bremerhaven
24:46und im Sauerland.
24:50Das muss er sein.
24:56Also unser Mann auf dem Phantom will das ja schon mal nicht.
24:58Das Auto
25:00ist auch ein anderes.
25:02Unsere Siegburgsspur können wir
25:04mit ihm leider nicht abhaken.
25:06Außerdem dachte ich, er hat überhaupt kein Auto.
25:08Muss jemand anderem gehören.
25:10Das soll er uns gleich erzählen.
25:14Ich bin gelernter Straßenbauer.
25:16Aber zurzeit arbeitslos.
25:18Ich mach gerade eine Quali-Maßnahme
25:20vom Arbeitsamt. Für eine Hochbaufirma.
25:24Ich bin verheiratet, lebe aber getrennt
25:26von meiner Frau.
25:28Ich hab einen Sohn,
25:30der ist zehn Jahre alt.
25:32Der ist mit mir.
25:34Der ist aus einer Frühjahrsbeziehung.
25:36Sie können sich gerne setzen.
25:48Können Sie uns Näheres
25:50zu Ihrer Verbindung ins Sauerland erzählen?
25:52Da gibt's nicht viel zu erzählen.
25:54Ich bin da aufgewachsen
25:56und zur Schule gegangen.
25:58Bevor wir dann in den Norden gezogen sind.
26:00Mit wir meine ich
26:02meine Eltern und ich.
26:04Meine Großmutter, die wohnt immer noch da unten.
26:06Ich besuche sie ab und zu.
26:08Und wie kommen Sie dorthin?
26:10Mit dem Auto?
26:12Mit dem Sie heute hier sind?
26:14Ja.
26:16Nicht auf Sie zugelassen?
26:18Nee, es gehört meiner Mutter.
26:20Ich fahr's nur.
26:22Sozusagen als
26:24Dauerleihgabe.
26:26Im Grunde haben wir nur zwei Fragen,
26:28Herr Wachter.
26:32Erstens, wo waren Sie,
26:34als Levke verschwunden ist?
26:36Also Donnerstag, den 6. Mai.
26:38Um die Mittagszeit.
26:42Tagsüber bin ich immer
26:44in der Firma.
26:46Die Quali-Maßnahme
26:48vom Arbeitsamt.
26:50Okay.
26:52Zweite Frage besteht aus zwei Teilen.
26:54Werden Sie bereit,
26:56eine freiwillige Speichelprobe abzugeben?
26:58Ja.
27:00Kein Problem.
27:02Sind Sie einverstanden,
27:04dass wir die Sitze in Ihrem Auto
27:06und den Kofferraum abkleben?
27:08Auf der Suche nach möglichen Spuren von Levke.
27:10Das können wir gleich machen.
27:12Das geht ganz schnell.
27:14Sind Sie wieder entlassen?
27:18Das...
27:20machen wir bei allen.
27:22Diverse Zeugen befragen.
27:24Nicht nur bei Ihnen.
27:26Ja, okay.
27:28Machen Sie das.
27:30Wunderbar. Vielen Dank.
27:32Noch eine Sache.
27:34Sie haben bestimmt
27:36von Nils gehört.
27:38Der kleine Junge hier in der Gegend,
27:40der verschwunden ist.
27:42Ja.
27:44Furchtbar.
27:46Wo waren Sie an dem Tag?
27:48Wann war das nochmal?
27:50Samstag.
27:5230. Oktober, vor zweieinhalb Wochen.
27:58Da war ich zu Hause.
28:00Den ganzen Tag.
28:02Allein.
28:04Dann gehen wir jetzt zum Auto raus.
28:06Da können wir auch die Speichelprobe machen.
28:18Eine Sache habe ich noch.
28:20Ich habe im Fernsehen gesehen,
28:22dass Sie die Zweige weggeschnitten haben.
28:24An der Stelle, wo die Leiche gefunden wurde.
28:26Und dass Sie da Haare gefunden haben.
28:30Es könnte sein, dass die sogar von mir sind.
28:32Ich war letzten Sommer öfters mal
28:34meine Großmutter besuchen.
28:36Und danach wollte ich noch zu einem Kumpel fahren.
28:38Und die Straße zu ihm führt durch den Wald.
28:40Und da ist mir plötzlich
28:42ein Tier vors Auto gelaufen.
28:44Ich habe angehalten,
28:46bin ihm hinterher in den Wald.
28:48Ich dachte mir, vielleicht ist es verletzt.
28:50Vielleicht braucht es Hilfe.
28:52Habe es aber nicht mehr finden können.
28:54Danach bin ich weitergefahren.
28:56Das muss
28:58ungefähr genau da gewesen sein,
29:00wo die Leiche gelegen ist.
29:02In Ordnung.
29:10Also das war schon ein Hammer, Herr Bettels.
29:12Mit dieser wilden Story
29:14hat Herr Wachter, so haben wir ihn im Film genannt,
29:16schon selber ans Messer geliefert, oder?
29:18So weit waren wir noch nicht.
29:20Auf der einen Seite
29:22müssen wir feststellen,
29:24dass die Geschichte ja auch wahr
29:26gewesen sein könnte.
29:28Und dann dient das ja auch
29:30zu seiner Entlastung.
29:32Auf der anderen Seite hatte er natürlich
29:34ein bestehendes Alibi
29:36für den ganzen Tag, wo er gearbeitet hat.
29:38Und wenn dieses Alibi Bestand
29:40hatte, dann
29:42könnte er nicht der Täter von Liefke
29:44gewesen sein.
29:46Dann die Wende. Das Alibi platzt.
29:48Er war zwar an dem Tag in der Firma,
29:50wurde aber gegen 10 wieder nach Hause geschickt.
29:52Der Fahrer des LKW, auf dem er eingesetzt war,
29:54musste ab 10 aus privaten Gründen freinehmen.
29:56Wachter konnte also locker
29:5812.30 Uhr vor dem Haus der Leuschners
30:00sein.
30:02Auf dem Waldparkplatz mit dem Schaukasten
30:04haben wir bis jetzt 880
30:06verschiedene Fahrzeuge registriert.
30:08Viele davon auch mehrfach.
30:10Das Auto seiner Mutter war
30:12drei Mal dabei.
30:14Tatsächlich? Ja, drei Mal.
30:16Wow.
30:18Die Besuche von Günther Wachter auf dem
30:20Waldparkplatz fanden vor dem Verschwinden
30:22des zweiten Kindes statt, also vor dem
30:24Verschwinden von Nils. Anschließend kam
30:26Kritik an ihrer Ermittlungsarbeit auf.
30:28Die Frage war, warum sind sie nicht vorher
30:30auf Wachter gekommen?
30:32Der Wagen, mit dem
30:34der Täter damals
30:36auf dem Waldparkplatz gewesen ist, gehörte
30:38der Mutter. Und es gab keinen Grund
30:40für uns, dieses Fahrzeug oder die
30:42Halterin weiter zu überprüfen.
30:44Herr Bettel, Sie haben Günther Wachter dann offiziell
30:46den Beschuldigtenstatus erklärt.
30:48Sie haben aber noch eine andere Spur verfolgt.
30:50Was hatte es mit der Siegburgspur auf sich?
30:52Ja, die Siegburgspur resultierte
30:54ja aus der Aussage eines Mädchens
30:56vom Verschwindetag
30:58von Levke an der Schule.
31:00Das hatte uns nicht weitergebracht,
31:02aber wir hatten ja noch andere Erkenntnisse.
31:04Der Pulli und die Hose, den Levke
31:06am Tag ihres Verschwindens getragen hat.
31:08Im Fahrgastraum sowie im Kofferraum
31:10des Autos seiner Mutter wurden Fasern
31:12gefunden, die mit Fasern dieser Vergleichstücke
31:14identisch sind.
31:16Nehmen wir ihn fest. Sofort.
31:18Ich kann es kaum erwarten, das der Familie zu erzählen.
31:20Das sollten wir nicht tun.
31:22Wir haben ausführlich darüber gesprochen
31:24und wir denken, wir brauchen ein Geständnis.
31:26Geständnis? Wozu?
31:28Er hat keine Alibi.
31:30War mit dem Auto seiner Mutter dreimal auf dem Parkplatz.
31:32Die DNA, die Fasern,
31:34und dazu die verrückte Ausrede mit dem Wildunfall.
31:36Genau. Alles nur Indizien.
31:38Keine Beweise. Aber in der Kombination.
31:40Was willst du denn noch mehr?
31:42Der Typ ist brandgefährlich.
31:44Denk an seine Vorgeschichte mit den beiden anderen Opfern.
31:46Wahrscheinlich hat er auch noch Nils auf dem Gewissen.
31:48Den sollten wir so schnell wie möglich festsetzen.
31:50Ich gebe dir völlig recht, aber wir müssen auch
31:52auf Nummer sicher gehen.
31:54Er darf uns nicht nochmal davon kommen,
31:56wie bei seinen anderen Opfern.
31:58Und dafür brauchen wir ein Geständnis.
32:00Und wie kriegen wir das?
32:02Wir müssen eine Reise mit ihm unternehmen.
32:04Innerlich und äußerlich.
32:06Damit er mitmacht, soll er erst einmal das Gefühl haben,
32:08dass er sich dadurch entlasten kann.
32:10Gleichzeitig bauen wir mehr und mehr Druck auf ihn auf,
32:12bis er irgendwann nicht mehr standhalten kann
32:14und die Karten auf den Tisch legt.
32:16Dem Druck durch die Astabschnadeaktion
32:18konnte er auch nicht standhalten.
32:20Wo sollen wir die Reise starten?
32:22Am Ende.
32:24Dort, wo er sich der Leiche von Levke entledigt hat.
32:32Im Dezember 2004,
32:34sieben Monate nach dem Verschwinden von Levke,
32:36fährt die Soko mit Günter Wachter ins Sauerland.
32:40Dort soll er den Beamten zeigen,
32:42wo sich sein Wildunfall ereignet hat,
32:44um sich auf diese Weise zu entlasten.
32:46Sekunde, ich helfe Ihnen.
32:52Achtung, Reißverschluss.
32:54Bauchentzündung.
32:56Ja, wir müssen alles auf Video dokumentieren.
32:58Das verstehen Sie sicher.
33:00Mit auch Ihrer eigenen Absicherung.
33:02Dann, wo war das mit dem Wild?
33:04Ungefähr da.
33:08Okay, wir bleiben hier und die Kollegen gehen mit.
33:10Wenn Sie bitte vorausgehen würden.
33:14Die Stelle, an der Günter Wachter
33:16die Beamten in den Wald führt,
33:18liegt ein gutes Stück abseits der Stelle,
33:20an der er sich entlastet hat.
33:22Ein Anzeichen für den Wildunfall wird nicht gefunden.
33:28Die Polizei baut weiter Druck auf
33:30und durchsucht am nächsten Tag die Wohnung von Günter Wachter.
33:34Was wollen Sie hier?
33:36Ich habe Ihnen gestern alles über den Wildunfall erzählt.
33:38Das Auto haben Sie auch schon untersucht.
33:40Sie werden hier nichts finden.
33:42Es sind noch ein paar Fragen aufgetaucht.
33:44Ich habe Ihnen gesagt,
33:46dass Sie das Auto nicht finden.
33:48Das Auto haben Sie auch schon untersucht.
33:50Sie werden hier nichts finden.
33:52Es sind noch ein paar Fragen aufgetaucht.
33:54Und wenn wir nichts finden,
33:56dann ist das ja nur gut für Sie.
33:58Darf ich Sie fragen, warum Sie eigentlich arbeitslos sind?
34:00Sie haben eine Ausbildung zum Straßenbauer abgeschlossen.
34:02Das ist doch sicher ein gesuchter Beruf.
34:04Ich bin nach der Ausbildung nicht übernommen worden.
34:08In der Wohnung werden Kabelbinder gefunden,
34:10wie sie beim Mord an Levke verwendet wurden.
34:14Günter Wachter bekommt davon nichts mit.
34:16Auch nicht, als er später das Protokoll zur Durchsuchung unterschreibt.
34:22Nach der Wohnungsdurchsuchung ist eine Vernehmung angesetzt.
34:26Auf dem Weg dorthin fahren die Beamten mit Günter Wachter einen Umweg
34:30und konfrontieren ihn mit dem Schaukasten
34:32und den Bildern von Levke, die darin ausgestellt sind.
34:40Ich habe Sie noch nie gesehen.
34:42Sie können ja trotzdem was mit einem machen.
34:46Das ist schlimm.
34:56Außerdem fahren sie mit ihm am Haus der Familie Leuschner vorbei.
35:00Dort, wo die Tat ihren Anfang genommen hat.
35:06Wir wollten dadurch den Druck auf den Täter erhöhen.
35:12Auf der Dienststelle wartete ein speziell dafür vorgesehenes
35:14Vernehmungsteam.
35:16Allerdings haben wir festgestellt,
35:18dass einer der Beamten aus dem Spurenteam
35:22eine enge Beziehung zu ihm aufgebaut hat.
35:24Und dieses wollten wir für die Vernehmung nutzen.
35:28Ihr Alibi, Herr Wachter, konnten wir entkräften.
35:30Die Firma hat sie am 6. Mai bereits um 10 Uhr nach Hause geschickt.
35:34Ihre DNA passt zu einer Mischspur auf der Jacke von Levke.
35:38Im Auto wurden Fasern gefunden,
35:40die mit Vergleichsstücken der Bekleidung von Levke identisch sind.
35:44Und sie waren nach der Tat dreimal auf dem Waldparkplatz,
35:46auf dem wir Levkes Sachen gefunden haben.
35:50Alles nur Zufall, Herr Wachter.
35:54Wie ihr ominöser Wildunfall ausgerechnet da,
35:56wo die Leiche gelegen hat.
35:58Was sagen Sie dazu?
36:08Stehen Sie einmal in Ihrem Leben für das ein,
36:10was Sie getan haben.
36:12Ich kann Sie ja nicht wieder lebendig machen.
36:42Ich bin an dem Tag um 10 Uhr aus der Firma.
36:48Ich hatte Streit mit meiner Frau.
36:50Da ging es mir nicht so gut.
36:56Ich habe mich halt ins Auto gesetzt und bin rumgefahren.
37:12Und dann stand sie da.
37:18Hatte auf irgendwen oder irgendwas gewartet.
37:22Ich bin erst vorbeigefahren.
37:26Aber dann zurückgekehrt.
37:30Magst du mal herkommen?
37:32Ich muss dir was richtiges sagen.
37:34Es geht um deine Mutter.
37:36Was ist passiert?
37:38Sie ist im Krankenhaus.
37:40Sie hat gesagt, ich soll dich zu ihr bringen.
37:42Und wer bist du?
37:44Ich bin ein alter Freund von ihr.
37:46Wer kennt ihr euch?
37:48Aus Schulzeiten.
37:52Es hat natürlich ein bisschen Überredung gekostet.
37:54Aber schließlich ist sie dann eingestiegen.
37:58Ich bin dann ungefähr 60 Kilometer
38:00mit ihr Richtung Süden gefahren.
38:04Dann habe ich an einer ruhigen Stelle angehalten
38:06und mich an ihr befriedigt.
38:14Danach bin ich ca.
38:1650 Kilometer nach Norden gefahren.
38:22Und dann habe ich sie in den Wald,
38:24also nicht in den Parkplatz,
38:26sondern in einem anderen Waldstück
38:30mit einem großen Kabelbinder um ihren Hals
38:36gefahren.
38:40Danach war ich mit meiner Frau
38:42und meinem Sohn Abendessen
38:44in der Wohnung von meiner Frau.
38:48Sie hatte mich schon am Handy angerufen.
38:50Ein paar Mal.
38:52Sie hat gefragt, wo ich bleibe.
38:54Die Leiche habe ich im Wald liegen lassen
38:56und reißig zugedeckt.
38:58Die Sachen und den Schulranzen
39:00habe ich an dem Parkplatz entsorgt,
39:02da wo man sie dann später auch gefunden hat.
39:06Meine Frau und ich,
39:08wir leben zwar getrennt
39:10und wir streiten auch ganz schön viel,
39:12aber eigentlich verstehen wir uns ganz gut.
39:14Mein Sohn und ich,
39:16wir essen oft bei ihr zu Abend.
39:18Ja.
39:20Das war der Donnerstag.
39:24Freitag
39:26Nachmittag
39:28bin ich dann
39:30in der Wohnung
39:32mit meiner Frau
39:34bin ich dann
39:36nochmal in den Wald
39:38und habe die Leiche geholt
39:40und sie in den Kofferraum gepackt.
39:42Ich wollte noch die Sachen und den Schulranzen
39:44holen, aber
39:46die Straße,
39:48an der der Parkplatz liegt, war da bereits abgesperrt.
39:52Als ich an die Absperrung kam und die Polizei mich abgeleitet hat,
39:54dann wäre mir vor Aufregung
39:56fast der Schädel geplatzt.
39:58Ich bin dann in derselben Nacht
40:00noch ins Sauland gefahren
40:02und dort habe ich die Leiche dann endgültig entsorgt.
40:04Also,
40:06nicht ganz endgültig.
40:08Ich bin in der Nacht darauf nochmal hin
40:10und habe sie ein bisschen tief in den Wald gezogen.
40:12Soweit die Kurzfassung.
40:14Wenn Sie Fragen haben,
40:16fragen Sie.
40:24Haben Sie auch Nils getötet?
40:26Nein.
40:30Die Vernehmung dauerte insgesamt
40:32rund sechs Stunden.
40:34Danach äußerte sich Günther Wachter
40:36nie mehr zur Tat.
40:38Herr Kaufmann, mit der Soko Nils
40:40waren Sie noch nicht soweit,
40:42hatten noch kein Geständnis,
40:44aber Herr Bettels, der Fall Levke war geklärt.
40:46Das muss unglaublich erleichternd gewesen sein.
40:48Ja, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
40:50der Soko, aber auch natürlich aus der
40:52Alltagsorganisation, waren
40:54sehr erleichtert
40:56über das Geständnis.
40:58Es lagen sechs Monate
41:00sehr, sehr intensiver
41:02und herausfordernder Arbeit
41:04hinter uns und natürlich
41:06war das auch eine Belastung für die Familien,
41:08auch von den Kolleginnen und Kollegen.
41:10Da lief schon die ein oder andere Träne.
41:12Das kann ich mir vorstellen.
41:14Dann die Überraschung im Januar,
41:16Herr Kaufmann, gegenüber einem
41:18Mitgefangenen hat der Täter dann
41:20den zweiten Mord gestanden
41:22und dann haben sie auch gleich reagiert
41:24und konnten die Leiche von Nils bergen.
41:26Wir waren natürlich geschockt,
41:28klar, dass wir Nils
41:30nie mehr wieder lebend sehen werden
41:32und sind informiert worden,
41:34dass auch eine bestimmte Ablagestelle
41:36er bereits benannt hat
41:38und haben dann die Bergung veranlasst
41:40über die Rechtsmediziner
41:42der Uniklinik in Hamburg
41:44mit einer Taucherin aus der
41:46Rechtsmedizin in Hamburg, mitten in der Nacht
41:48bei Kälte und mussten
41:50dann ihn auch dort bergen.
41:52Es gab dann aber auch darüber hinaus
41:54noch weitere Details, die Ihnen
41:56weitergeholfen haben.
41:58Wir haben den Leichnam ausgewickelt und entkleidet
42:00und mussten dann feststellen, dass er mit
42:02Kabelbindern festgemacht wurde
42:04beziehungsweise die Umwicklung
42:06mit Kabelbindern festgemacht wurden
42:08und die waren ja auch schon
42:10im Fall Levke ausschlaggebend
42:12und im Nachhinein hat sich auch herausgestellt,
42:14dass es aus der gleichen Charge ist,
42:16sodass man hier den objektiven Beweis
42:18auch erbringen kann.
42:20Am 29. Juni 2005
42:22wird der Mörder von Levke
42:24und Nils vor dem Landgericht
42:26zu lebenslanger Haft verurteilt.
42:28Das Gericht stellt zudem die besondere
42:30Schwere der Schuld fest
42:32und ordnet Sicherungsverwahrung an.
42:34Es ist die höchste Strafe,
42:36die das deutsche Recht kennt.
42:40Bei passender Gelegenheit hätten es
42:42über tausend Opfer sein können.
42:44Diesen Satz hat der Täter gesagt.
42:46Gegenüber einem Mitgefangenen
42:48hat er sogar Andeutungen über weitere
42:50Opfer gemacht. Carsten Bettels
42:52und seine Kolleginnen und Kollegen
42:54haben auch deshalb die Soko in Cuxhaven
42:56noch über ein Jahr lang fortgeführt
42:58und dabei über 260
43:00Tötungsdelikte aus ganz Deutschland
43:02untersucht, allerdings ohne
43:04Ergebnis. Dafür haben wenigstens
43:06die Eltern von Levke und Nils
43:08die Gewissheit, dass der Mörder ihrer Kinder
43:10keinen anderen Kindern mehr
43:12etwas antun kann.
43:14Das war XY gelöst.

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