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Transkript
00:00Mach die Kamera weg, du Vogel, sonst klatscht es.
00:03Du hast mich doch zuerst gefilmt.
00:05Ganz ruhig.
00:07Was ist los hier?
00:09Ganz ruhig.
00:11Verpiss dich.
00:13Ganz ruhig.
00:15Hau ab.
00:17Mach die Kamera weg, sonst klatscht es.
00:19Mach die Kamera weg, du Vogel, sonst klatscht es.
00:22Verpiss dich.
00:24Was man hier nicht sieht und hört,
00:26ist, dass dieser Blutburger seine Drohung wahrgemacht hat.
00:29Er hat unserem Reporter, Henrik Neumann,
00:32einen echten Faustschlag verpasst.
00:34Mein Name ist Christina Pohl.
00:36Ich starte die Aufnahme.
00:38Wir sind im Verhör.
00:40Der Hass und seine Ursachen, das soll unser Thema sein in dieser Folge.
01:00Woher kommt es?
01:02Es trifft nicht nur Journalistinnen und Journalisten,
01:05sondern auch Politikerinnen und Politiker.
01:07Es trifft Ärztinnen und Ärzte.
01:09Wer dem gehört, wird angegriffen.
01:11Wir wollen diese Tat aufklären und die Hintergründe kennenlernen.
01:15Aber wir wollen auch gucken, woher der Hass kommt.
01:18Dazu haben wir vorgeladen.
01:20Marie Groß, Reporterin bei SPIEGEL TV.
01:22Hallo.
01:24Henrik Neumann, Reporter bei SPIEGEL TV.
01:26Hallo, Christina.
01:28Und Dr. Pöhlmann, Matthias Pöhlmann.
01:30Sie sind Theologe an der Uni in München.
01:32Sie können uns hoffentlich erklären,
01:34wo dieser ganze Hass herkommt.
01:36Ich hoffe da sehr drauf.
01:38Wir sind auf einer Demo in Hamburg.
01:40Da gibt es ja auch regelmäßig Demonstrationen von Querdenkern.
01:43Was haben Sie da erlebt?
01:45Es waren eigentlich drei Demonstrationen,
01:48die hier stattgefunden haben.
01:50Es war eine kleine, aber sehr lautstarke Gruppe,
01:53die sich hier zu Wort gemeldet hat.
01:55Da waren die typischen Verschwörungs-Narrative auch enthalten.
02:00Sehr stark ausgerichtet gegen die öffentlich-rechtlichen Medien.
02:04Dass die das Gehirn waschen würden.
02:06Und dass man sich lieber selber seine Meinung bilden sollte.
02:10Dass zum anderen auch gegen die Hygienemaßnahmen
02:13ganz stark vorgegangen wird,
02:15dass gesagt wird, es würde eine neue Weltordnung errichtet.
02:19Und dann war auch noch das esoterische Zeichen
02:22von Heiko Schrank zu sehen.
02:24Also der Kreis mit dem Punkt in der Mitte.
02:27Also wieder mal eine typische, bunte Misstrauensgemeinschaft,
02:31die sich hier versammelt hat.
02:33Du warst ja bei der Demo an der B96,
02:35wo das Ganze passiert ist mit dem Wutbürger.
02:38Wie war da die Lage?
02:40Die waren ja schon wochenlang auf der Straße.
02:43Ich glaube, wir waren in der 9. Woche oder nach 9 Wochen erst da.
02:47Wir haben uns dazu relativ spät entschlossen.
02:50Wir haben das natürlich immer beobachtet, was da passiert.
02:54Um den Kontext mal darzustellen,
02:56das ist südlich von Bautzen, geht die B96 entlang.
02:59Da war es immer so, wirklich über Wochen,
03:02dass vereinzelt Bürger sich an die B96 gestellt haben.
03:06Was uns dann dazu veranlasst hat, war,
03:09dass wir in den lokalen Medien immer wieder Fotos gesehen haben,
03:13dass an dieser B96 ein Meer von schwarz-weiß-roten Flaggen gehisst wurde.
03:18Als wir mit den Kollegen vor Ort gesprochen haben,
03:21hat man immer mehr gehört,
03:23dass die Stimmung da sehr aggressiv gewesen sein sollte.
03:26Wir kannten das ja von Großdemos, dass die Stimmung da aggressiv ist.
03:30Was die Kollegen da erzählt haben,
03:32das hatte irgendwie noch mal einen anderen Geschmack.
03:35Es war so, dass unglaublich wenig Polizei vor Ort war.
03:38Die haben teilweise gesagt, man kann da gar nicht mehr hingehen.
03:42Wie es bei SPIEGEL TV immer so ist, wenn jemand sagt,
03:45wir können da nicht hingehen.
03:47Da gehen wir natürlich erst recht dahin.
03:49Dann hat sich diese Szene, ich kann die kurz beschreiben,
03:52da dargestellt.
03:54Das war südlich von Bautzen.
03:56Man sieht es hier auf diesen Bildern, die wir haben.
03:59Die Bundesstraße läuft hier her.
04:01Entlang der Bundesstraße standen dann wirklich Hunderte von Leuten.
04:05Es hat sich so dargestellt, dass immer wieder,
04:08wenn ein neues Dorf kam, kamen die Leute wieder raus.
04:11Dann war wieder ein bisschen weniger.
04:13Und dann wieder viele Leute.
04:15Was auffällig war, ist, dass so gut wie keine Polizei vor Ort war.
04:19Obwohl es in der 9. Woche war, wo du schon mal sagst,
04:22man kann das immer wieder Spaziergänge oder stillen Protest nennen.
04:26Aber am Ende des Tages bleibt das eine Demo.
04:29Stiller Protest heißt genau was?
04:31Die stehen da und sagen nichts?
04:33Sie sagen nichts, aber das stimmt überhaupt nicht.
04:36Die sind total laut.
04:38Die skandieren Lügenpresse, gegen den Obrigkeitsstaat.
04:41Das ist überhaupt kein stiller Protest.
04:43Sie haben das verklausuliert,
04:45dass sie oft Schilder hochhalten, auf denen das steht.
04:48Guten Tag, wir kommen von SPIEGEL TV.
04:50Was machen Sie denn heute hier?
04:52Stiller Protest, weiter sage ich nichts.
04:54Was bedeutet denn stiller Protest?
04:56Ich sage nichts dazu.
04:58Das ist eine stille Demo, das braucht man nicht erklären.
05:01Wir haben an dem Tag, als wir angekommen sind,
05:04ein kurzes Interview mit einer Dame gemacht,
05:07die dann auch gesagt hat, stiller Protest.
05:09Wir haben genau diese Frage gestellt, was heißt das eigentlich?
05:12Haben da auch eine vernünftige Antwort bekommen.
05:14Und sind dann weitergegangen.
05:16Ich habe an dem Tag selber gedreht,
05:18weil ich auch in der Kamera ausgebildet bin.
05:20Ich wollte eigentlich an dieser Szenerie
05:22nur einmal vorbeilaufen mit der Kamera.
05:24Ich habe jetzt keine Person in den Fokus genommen.
05:27Obwohl das natürlich auf öffentlichem Grund ist.
05:30Ich darf da filmen.
05:32Die Leute kommen ja auch dahin.
05:34Das ist ja ein Protest.
05:36Sie wollen ja etwas zum Ausdruck bringen.
05:38Demonstrare heißt ja zeigen.
05:40Absolut.
05:42Das fanden die Leute aber überhaupt nicht gut,
05:44dass wir da waren.
05:46Dass jemand darüber berichtet.
05:48Ich wollte aber, um dem entgegenzuwirken,
05:50weil wir das schon seit Monaten machen,
05:52haben wir gesagt, wir nehmen keinen Einzelnen.
05:54Sondern wir fragen die Leute.
05:56Wir gehen da nicht einfach mit laufender Kamera hin.
05:58Ich bin dann an den Leuten vorbeigelaufen.
06:00Der war wirklich der 3. oder 4.
06:02Der hat mit einem Handy uns gefilmt.
06:04Ich bin an ihm vorbeigelaufen.
06:06Das sieht man auch in der Szene.
06:08Dann ruft er rüber, mach die Kamera aus.
06:10Sonst gibt es was auf die Fresse.
06:12Nimm die Kamera weg, du Vogel.
06:14Sonst klatscht es.
06:16Du hast mich doch zuerst gefilmt.
06:18Ganz ruhig.
06:20Was ist los hier?
06:22Ganz ruhig.
06:24Mach pfiff dich.
06:26Ganz ruhig.
06:28Hau ab, nimm die Kamera weg.
06:30Sonst klatscht es aber richtig.
06:32Ganz ruhig.
06:34Ich habe dann,
06:36weil die Situation,
06:38das war jetzt nicht wie auf einer Neonazi-Demo,
06:40sondern bedrohlich eingeschätzt.
06:42Ich habe dann ein bisschen lapidar,
06:44was heute nicht eine schlaue Antwort ist.
06:46Wir haben jemand von der christlichen Seite hier.
06:48Ich habe dann geantwortet,
06:50nachdem er sagte,
06:52mach die Kamera aus, sonst kriegst du was auf die Fresse.
06:54Habe ich gesagt,
06:56du hast mich doch zuerst gefilmt.
06:58Wie du mir, so ich dir.
07:00Das ist natürlich Quatsch.
07:02Ich habe es aber nicht ernst gemeint.
07:04Das hat aber ausgereicht,
07:06dass ich zum 1. Mal so schnell
07:08bei einer Demo
07:10was abgekriegt habe.
07:12Er ist sofort, nachdem ich das gesagt habe,
07:14es ist keine 30 Sekunden gedauert,
07:16Handy weg,
07:18auf mich zugestürmt.
07:20Hat man, wie man hier auch sieht,
07:22mich gepackt
07:24an der Schulter.
07:26Hat noch dreimal gesagt, mach die Kamera aus.
07:28Wie es dann bei uns natürlich so ist,
07:30dann macht man jetzt per se nicht die Kamera aus,
07:32sondern man ist ja da, um das zu dokumentieren.
07:34Das hat dann gereicht,
07:36dass wir einen guten Schwinger verpasst hatten.
07:38Einen ordentlichen Kinnhaken.
07:40Die Situation ging dann weiter,
07:42dass noch ein Kollege von ihm mitgekommen ist.
07:44Die haben dann ganz schön gepusht.
07:46Ich habe die Kamera weiterlaufen lassen gehabt.
07:48Versuchte, ihn auf Abstand zu halten.
07:50Nachdem ich dann den Fausschlag abbekommen habe,
07:52war es dann auch so,
07:54dass ich dann auch
07:56Gegenwehr oder Notwehr gezeigt habe
07:58und ihn dann auch ordentlich weggepusht habe.
08:00Dann hast du gemerkt,
08:02es entspannt sich nicht,
08:04aber zumindest hat er jetzt das erreicht.
08:06Sein Ventil, seine Wut an mir ausgelassen.
08:08Hat dann noch mein Hemd zerrissen,
08:10als ich mich losgerissen habe.
08:12Haben dann insofern körperlich von uns abgelassen,
08:14aber haben natürlich weiterhin gedroht.
08:16Ihr löscht jetzt das Material,
08:18sonst gibt es hier weiter was.
08:20Wie bist du rausgekommen aus der Situation?
08:22Wie es ja immer so ist.
08:24Oft schaukelt es sich sehr schnell hoch,
08:26dann entlädt sich das
08:28und dann geht man ein bisschen auseinander.
08:30Wir haben dann sozusagen
08:32den Rücktritt angegangen,
08:34sind dann aber auch nicht sofort weg.
08:36Es ging dann schon noch weiter,
08:38dass sie uns bedroht haben, beleidigt haben,
08:40gesagt haben, dass wir das jetzt löschen müssen.
08:42Und wir sind dann natürlich auch,
08:44was uns da ja manchmal dann auch unterscheidet
08:46von anderen Medien, hart gesocken,
08:48dass wir eben nicht dann wegrennen
08:50und jetzt sofort die Polizei rufen,
08:52sondern das wird dann schon zeigen,
08:54dass wir jetzt erstmal...
08:56Hast du geblutet?
08:58Du hast uns doch schon wehgetan, oder?
09:00Wir haben dich danach irgendwie angerufen,
09:02weiß ich noch, auf der Rückfahrt,
09:04und gemeint, dass es richtig dick ist.
09:06Ja, das hat schon gut getroffen.
09:08Und was da noch erschreckender im Grunde war,
09:10ist schon, dass diese ganze
09:12Tross von Menschen,
09:14die haben das natürlich gefeiert.
09:16Die haben dann,
09:18wie gesagt,
09:20mit Abstand weiter gedreht
09:22und dann haben die die Fäuste geschwungen
09:24und haben sich gefreut,
09:26jetzt hat mal irgendein Journalist
09:28eine Erfolgsfeststimmung...
09:30Gruselig.
09:32Ja, gruselig. Und noch gruseliger,
09:34dass da keine Polizei vor Ort war.
09:36Es war schon so, dass da auf weitem Flur,
09:38dass du schon gedacht hast,
09:40okay, das hat jetzt hier eine Schwelle überschritten.
09:42Ein Kollege von mir war ja noch mit, Adrian,
09:44dass wir auch gedacht haben,
09:46wenn du dich jetzt hier wirklich zu Wehr setzt,
09:48also wie hoch schaukelt sich das von?
09:50Wo kommt es dann eigentlich noch?
09:52Da war jetzt nicht gruselig.
09:54Dass der Mob euch dann einkreist
09:56und sagt, die Person, die ist ja nicht nur gefährlich,
09:58sondern auch menschenverachtend.
10:00Woher kommen diese Hassgefühle?
10:02Wie erklären Sie sich das?
10:04Ich denke, das ist eine
10:06richtig unterschiedliche Gemengelage.
10:08Es sind mehrere Faktoren, die dazukommen.
10:10Einerseits ist das natürlich
10:12sehr stark emotionalisiert.
10:14Mir ist das auch bei solchen Demonstrationen
10:16aufgefallen, sobald eine Kamera
10:18erblickt wird, reagiert man
10:20erstmal sehr abweisend oder sagt
10:22eben, für wen dreht ihr?
10:24Aha, also nicht von uns sozusagen,
10:26von den alternativen Medien, wie es dann
10:28so schön heißt, sondern vom Feind.
10:30Und da kommen dann solche
10:32Verschwörungstheorien auch ins Spiel,
10:34die ja letztendlich auch von Feindbildern
10:36leben. Und es ist ähnlich,
10:38ich möchte mal sagen, wie beim Populismus,
10:40der vertikal ist. Die da oben
10:42und wir da unten. Wir sind die Helden.
10:44Und die Pressevertreterinnen
10:46und Pressevertreter sind dann letztendlich
10:48auch ein Teil des Feindbildes.
10:50Es ist sozusagen ein Sündenbock,
10:52die letztendlich mit den Politikern
10:54und Politikerinnen unter einer
10:56Decke stehen. Und deswegen darf man
10:58gegen die vorgehen. Und dann kommt natürlich noch
11:00dieser, ich möchte sagen,
11:02Heldenmythos mit ins Spiel.
11:04Wir sind die Helden, die aufbegehren,
11:06die endlich mal zeigen,
11:08dass wir uns nicht mehr alles gefallen lassen.
11:10Und das war ja von Anfang
11:12an bei diesen Demonstrationen
11:14zu beobachten. Und ich finde das jetzt
11:16sehr erschreckend, dass
11:18eine Bewegung, die letztendlich angetreten
11:20ist, für die Grundrechte
11:22einzutreten. Meinungsfreiheit.
11:24Freie Berichterstattung zum Beispiel.
11:26Und dann wird die Pressefreiheit im wahrsten Sinne des Wortes
11:28mit Füßen getreten. Das ist ein innerer
11:30Widerspruch, der so nicht geht.
11:32Und ich denke, man muss natürlich immer die einzelnen
11:34Motive auch ansehen bei diesen Menschen.
11:36Manche sind
11:38aufgehetzt, hoch emotionalisiert
11:40und da verlieren sie jegliche
11:42Hemmung, um eben
11:44dann auch Gewalt anzuwenden. Und das sind
11:46Eskalationsstufen, die ich sehr bedrohlich
11:48auch für die Demokratie sehr gefährlich finde
11:50und lebensbedrohlich auch sind
11:52für Pressevertreterinnen
11:54und Kameraleute und
11:56Journalistinnen und Journalisten.
11:58Aber es geht ja auch wirklich auf den Einzelnen.
12:00Wenn man auf so eine Veranstaltung mit zum Beispiel
12:02einer Maske geht, dann heißt es immer, nimm die Maske ab.
12:04Dann sage ich, naja, also ihr seid
12:06doch hier für Demokratie und
12:08für das Recht, dass ihr eure Maske nicht tragen müsst.
12:10Warum habe ich denn dann nicht das Recht, eine Maske zu tragen?
12:12Da kannst du nicht mehr
12:14diskutieren. Das hat keinen logischen Hintergrund.
12:16Absolut nicht. Das ist mir dann auch schon immer
12:18aufgefallen bei diesen Demos. In dem Moment,
12:20wenn man Mund-Nasen-Schutz trägt, gehört man
12:22zum Feind. Da wird gesagt, nimm die
12:24Windel aus dem Gesicht.
12:26Die Pandemie gibt es doch gar nicht.
12:28Was wollt ihr denn? Und so weiter.
12:30Also da gibt es eine richtige
12:32Aggressivität dann auch. Und man
12:34ist dann sofort Teil, letztendlich
12:36von der großen Verschwörung von
12:38denen da oben, gegen die jetzt
12:40die Menschen hier unten
12:42vermeiden, zu kämpfen.
12:44Und eine Kleinigkeit zu diesem
12:46gefilmt werden, muss ich auch nochmal aus unserem Alltag
12:48sagen, es ist jetzt nicht so, dass wir uns
12:50hinstellen und sagen, oh Mann, das ist jetzt aber schlimm,
12:52jetzt filmen die alles mit. Also wir kennen das schon seit Jahren.
12:54Das Ganze ist jetzt kein neues Phänomen.
12:56Wenn man zum Beispiel mit Reichsbürgern
12:58gedreht hat, dann haben die immer alles mitgefilmt.
13:00Dann haben die das immer, die haben dann
13:02stundenweise unsere kompletten Interviews auf
13:04YouTube veröffentlicht. Von niemandem geguckt.
13:06Wie auch immer. Und dort
13:08sozusagen dann gesagt, okay, jetzt zeigen wir mal
13:10die andere Variante. Oder wenn wir mit
13:12Kameramännern drehen, dann haben die auch oft, gerade aus
13:14diesem ganzen YouTube-Bereich, dann drehen die das mit
13:16und dann stellen die das ganze Material online
13:18und kommentieren das auch, sagen, wie wir lügen.
13:20Die Kameras sind ja auch Waffen. Ich erinnere
13:22mich an diese irre Szene, wo die
13:24Polizei zurückweicht
13:26und der Kameramann
13:28schwenkt und auf der rechten Seite
13:30kommt der Mob und zwar mit
13:32erhobenen Handys. Also das ist offensichtlich
13:34die Waffe auch dann. Das war auch ein Moment,
13:36da hat
13:38Kollege Adrian Altmaier diese Szene gefilmt
13:40mit der kleinen Kamera, weil man mit der großen
13:42gar nicht mehr drehen konnte. Also das war
13:44zu einer Zeit oder zu einem Zeitpunkt
13:46in der Demo, das war ja eine der großen
13:48in Berlin am Anfang, wo die Aggressionen
13:50schon so stark waren, dass
13:52mein Kamerateam und ich, wir konnten gar nicht
13:54mehr die Kamera hochnehmen, weil wir sonst verprügelt
13:56worden wären. Adrian Altmaier, weil
13:58er eben ähnlich wie andere
14:00auch Corona-Demo-Teilnehmer
14:02eine kleinere Kamera hatte,
14:04konnte diese Bilder einfangen. Aber das
14:06war schon eben wirklich zu einem Moment, wo
14:08dieser Mob, ist vielleicht ein blödes Wort,
14:10aber sich den öffentlichen Raum
14:12gegriffen hatte und nur noch
14:14er regiert hat. Und die Polizei zurückgewichen
14:16ist, die Journalisten, also ich weiß noch,
14:18dass mehrere Journalisten auch dann zu mir in dem
14:20Moment gesagt haben, wir hauen jetzt ab.
14:22Das Schöne ist, wir haben euch, nicht nur ihr habt
14:24diese Kameras, die Dinger, die sind heute sogar
14:26sendefähig. Wir haben eure ganzen Fressen auf dem Film.
14:28Und ihr kommt richtig schön vor Gericht
14:30für den Unfug, den ihr hier veranstaltet habt.
14:32Es ist eine Waffe und auf der anderen Seite
14:34ist es ja aber auch in Ordnung, dass sie
14:36filmen. Der Moment, wo es kippt,
14:38ist halt der, wenn das wirklich eben
14:40zur Waffe wird.
14:42Das Hauptproblem besteht meines Erachtens
14:44auch darin, dass, also gerade von
14:46diesen Kämpfern, sag ich mal,
14:48um die Wahrheit, vermeintliche Kämpfer,
14:50Kämpferinnen um die Wahrheit, dass sie letztendlich
14:52zu einer massiven Entmenschlichung
14:54von Journalistinnen und Journalisten auch
14:56beitragen, auch gegenüber Polizistinnen
14:58und Polizisten. Ich habe mir oft gedacht,
15:00was sich junge Polizistinnen und Polizisten
15:02anhören müssen und sich in Geduld
15:04üben müssen. Also da geht es ja auch schon
15:06los, dass da auch Übergriffe
15:08bewusst auch provoziert werden. Die werden auch
15:10angespuckt. Ja, angespuckt. Oder es wurde dann
15:12bei diesen Montagsspaziergängen sogar
15:14dazu aufgerufen, beim nächsten Mal nehme
15:16ich schwarze Farbe mit und sprühe die
15:18auf die Visiere, damit die handlungsunfähig werden.
15:20Also sie sehen gar nicht mehr den
15:22Menschen dahinter, sondern sehen
15:24nur noch ein Feindbild. Und das
15:26scheint ihnen, ja,
15:28sozusagen die Berechtigung zu geben, mit
15:30Gewalt dagegen vorzugehen. Das finde ich
15:32höchst gefährlich. Das Spannende ist ja auch,
15:34oder was man sich ja, was ich schon erwähnt
15:36hatte, aber bei den vergangenen
15:38Szenen, aber dieses Prinzip der Notwehr, dass
15:40sie wirklich denken, sie wehren sich gerade. Es ist
15:42nicht so, dass sie angreifen, sondern sie werden
15:44angegriffen von Journalisten, aber eben auch
15:46von Polizisten. Also wenn wir uns diese
15:48Szene, um auch mal von Journalisten
15:50wegzukommen, angucken, hier in
15:52Kassel, also was man hier auf dem Foto
15:54sieht, ist eben diese Frau, die vollkommen
15:56ausrastet gegenüber einer
15:58Einsatzkraft, einem Polizisten.
16:00Das ist meine Töchter!
16:02Das ist meine Töchter!
16:12In Kassel waren zwei Demonstrationen,
16:14wenn ich das gerade richtig im Kopf habe, angemeldet.
16:16Das Problem war aber, dass sich
16:18viele der Demonstranten einfach wahllos
16:20in Kassel-Mitte eingefunden
16:22haben und die ganze Stadt in gewisser Weise
16:24eingenommen haben. Und diese
16:26vermeintlichen Spaziergänge, da war auch schon
16:28das Argument, wir gehen doch hier nur spazieren,
16:30wurden eben irgendwann und in unseren Augen
16:32auch ein bisschen spät aufgelöst.
16:34Und dieser Moment war ganz am Ende,
16:36wo eben einer der Bereitschaftspolizei
16:38ihr eindeutig
16:40klargemacht hat, sie muss jetzt gehen.
16:42Ihre Tochter war irgendwie dabei,
16:44meine ich, hingefallen, aber eben
16:46weil es auch eine Situation war, wo sich dermaßen
16:48viele gegen die Einsatzkräfte gewehrt haben,
16:50dass die Einsatzkräfte, in meinen Augen völlig
16:52richtig, einfach mal ein bisschen härter
16:54zugegriffen haben. Und sie ist auf eine Art
16:56ausgerastet, als würde sie gerade wirklich
16:58von
17:00faschistischen Elementen
17:02gezwungen und ihrer Menschenwürde
17:04beraubt da fertig gemacht werden.
17:06Sie sieht völlig außer sich aus.
17:08Das ist auch so ein Moment, wo man sich
17:10denkt, okay, das Verständnis von
17:12Polizei, von
17:14Staatsorganen ist dermaßen
17:16pervertiert, dass es einfach
17:18für die der absolute
17:20Feind ist und der Teufel, den man in dem Moment
17:22bekämpfen muss und wo man sich wehren muss.
17:24Ich frage mich, was passiert eigentlich,
17:26wenn solche Leute tatsächlich an Corona
17:28erkranken und im Krankenhaus
17:30landen? Da bist du gleich, deswegen du stehst
17:32da gerade so schön. Wer ist der Mann
17:34auf dem Bild?
17:36Hier sehen wir Prof. Dr. Werner Müller,
17:38Hochschuldozent an der Hochschule Mainz.
17:40Ich war auf eben vielen dieser
17:42Demos und ich habe mich immer gefragt,
17:44in gewisser Weise, was passiert eigentlich, wenn
17:46Corona-Leugner oder zumindest
17:48Verharmloser dann eben
17:50dort landen, wo Corona Realität
17:52ist, wo Ärzte und
17:54Pflegepersonal tagtäglich
17:56gegen das Virus ankämpfen.
17:58Ich habe mich immer gefragt, wie diese zwei Welten
18:00eigentlich so, was passiert, wenn die
18:02zusammenkommen? Also man ist viel auf Demos
18:04unterwegs gewesen, man hat die Corona-Leugner
18:06und Verharmloser gesehen, man war auf
18:08Covid-Stationen oder Intensivstationen
18:10und irgendwann kam dann eben dieser Moment,
18:12wo tatsächlich diese zwei Welten zusammentreffen
18:14und man sich fragt, okay, was passiert hier gerade
18:16und wie reagiert dieser Mensch dann
18:18auf die Realität? Prof. Dr.
18:20Werner Müller wurde eingeliefert
18:22mit einer Covid-Lungenentzündung,
18:24also klaren, harten
18:26Beschwerden und
18:28Dr. Ciancelic, der
18:30uns an diesem Tag durch die Station
18:32geführt hat, hat eben auch ganz klar gesagt, es ist ein schwerer
18:34Verlauf, er braucht viel Sauerstoff und
18:36ich habe mich dann mit Prof. Dr. Werner Müller
18:38unterhalten und es hat mich dann doch
18:40auch sehr schockiert, wie er reagiert.
18:42Warum?
18:44Ich dachte irgendwie, ich weiß noch,
18:46Dr. Ciancelic meinte irgendwie, ja,
18:48Sie können mit
18:50Herrn Müller reden, der ist
18:52grundsätzlich eher Kritiker
18:54oder war auf vielen Demos
18:56und ich hatte mich schon mental
18:58darauf vorbereitet, okay, da wird jetzt jemand liegen,
19:00der sagt, scheiße, ich habe
19:02mich ein bisschen geirrt
19:04und das ist doch krasser, als ich dachte
19:06und dann sind wir da reingekommen und er war
19:08sichtlich schwach, man hat
19:10auch, wenn er geredet hat,
19:12gemerkt, dass er wirklich Probleme hat, Luft zu bekommen.
19:14Wie ist die Luft jetzt?
19:16Wie ist die Luft noch?
19:18Ja, Luft
19:20habe ich immer bekommen.
19:22Subjektiv.
19:24Ich habe nie Atemnot
19:26gespürt.
19:28Sie spüren das gar nicht so sehr mit der Luftnot,
19:30richtig? Nein.
19:32Wir haben in der
19:34Röntgenuntersuchung schon gesehen,
19:36dass es eine COVID-Lungenentzündung
19:38ist, also Infiltrate auf beiden Seiten,
19:40was immer so das
19:42Zeichen schon ist, dass es um einen schweren
19:44Verlauf handelt, der schwere Verlauf durch
19:46Sauerstoffpflichtigkeit
19:48gekennzeichnet ist. Ich habe mir gesagt,
19:50wenn ich krank werde, dann werde ich krank, aber
19:52ich lebe gesund, ich rauche
19:54nicht, habe kein Übergewicht.
19:56Ich habe mir zugetraut, dass ich das überstehe.
19:58Sie sind in meinen Augen ein Risikopatient,
20:00deshalb traue ich dem
20:02Frieden noch nicht.
20:04Wir haben die letzten zwei Tage einen ansteigenden
20:06Sauerstoffbedarf gesehen.
20:08Wir passen ganz genau auf Sie auf,
20:10auch zwischenzeitlich mit Monitorüberwachung
20:12zweimal am Tag
20:14Blutgasanalysen. Er brauchte
20:16viel Sauerstoff und er hat
20:18auch mehrfach unterbrochen im Interview
20:20und musste eben husten, war also
20:22eindeutig geschwächt durch diese
20:24Erkrankung und hat es trotzdem eben in
20:26diesem Interview und auch in der Unterhaltung
20:28mit dem Arzt immer wieder geschafft zu sagen,
20:30eigentlich alles entspannt, also
20:32ich selber spüre eigentlich gar nichts.
20:34Als ich ihn dann gefragt habe, ja, was würden Sie
20:36denn den Leuten sagen, die immer noch auf die Straße
20:38gehen, hat er eben gemeint, macht
20:40weiter. Wofür haben Sie da gesprochen
20:42auf den Corona-Demos?
20:44Ja, für
20:46der Maßnahme und so
20:48weiter.
20:52Und Sie haben keine Angst,
20:54dass sich Ihr Zustand irgendwie verschlechtern
20:56könnte?
20:58Nein.
21:04Was würden Sie denn denen, die immer noch auf Corona-Demos
21:06gehen, sagen von hier aus?
21:08Macht weiter.
21:10Sie wissen natürlich, wir sind hier
21:12seit anderthalb Jahren im Auge des
21:14Organs. Wir kriegen die
21:16vermeidbaren Fälle jetzt momentan.
21:18Vorher waren es vielleicht nicht ganz so vermeidbare
21:20Fälle.
21:24Ich sehe das naturgemäß sehr anders.
21:26Der medizinische
21:28Nutzen dieser Impfstoffe,
21:30der überwiegt für mich ganz klar die Risiken
21:32und
21:34mir ist aber natürlich trotzdem wichtig,
21:36dass sie wissen, dass wir hier die
21:38bestmögliche Therapie bekommen.
21:40Also einmal hört man an meinen
21:42Fragen, die ich dazwischen stelle, dass
21:44ich selber tatsächlich immer
21:46schockiert war in dem Moment. Vor allem,
21:48weil ich auch immer wieder auf Herrn Dr. Celik geguckt
21:50habe. Und ich meine, man sieht ja nur die Maske,
21:52aber man sieht auch seine Augen.
21:54Und man doch gesehen hat, dass
21:56er sich innerlich ein bisschen zurückhalten muss.
21:58Also man muss sich auch bei ihm vor Augen führen,
22:00der hat in dem Moment, das war
22:02die fünfte Welle, ich weiß gerade nicht genau, aber
22:04der hat extrem viel durchgemacht.
22:06Der hat kaum Pausen gehabt, der war
22:08selber schwer an Corona erkrankt, ganz
22:10am Anfang auf der Intensivstation, als es noch
22:12keine Impfung gab. Und dann ist dieser Arzt
22:14immer noch da, arbeitet Tag und
22:16Nacht, hat kaum frei und hat dann
22:18einen Patienten, der ihm ins Gesicht sagt,
22:20beziehungsweise vor ihm,
22:22also ehrlich gesagt, ist das
22:24alles Blödsinn.
22:26Dass er sich da zurückgehalten hat und dass
22:28er in diesem Moment dann gesagt hat,
22:30wir sind nicht einer Meinung, ich werde
22:32trotzdem natürlich behandeln und sie
22:34kriegen die bestmögliche Pflege.
22:36Das sind dann so Momente,
22:38wo man sich denkt, Gott sei Dank
22:40gibt es einfach in unserem Land auch Menschen
22:42und Systeme und ein
22:44Gesundheitssystem, das wirklich
22:46so toll ist.
22:48Ich habe unglaublichen Respekt
22:50vor dieser Situation,
22:52weil man selber musste sich schon auch sehr zurückhalten.
22:54Im Nachgang war es dann
22:56auch so, als wir
22:58gefahren sind, war noch nicht ganz klar, wie die Situation
23:00sich um Herrn Müller ändern wird
23:02oder ob die Situation sich verschlechtern wird.
23:04Er brauchte
23:06vermehrt Sauerstoff, er hatte dann
23:08auch eine Lungenembolie wohl.
23:10Ich hatte mit Herrn Celik kurz
23:12gesprochen, da meinte er,
23:14dass es sein könnte, dass
23:16das Ganze nochmal ein bisschen schlimmer wird
23:18und schwieriger der Verlauf und er hat auch
23:20nicht ausgeschlossen, dass er auf die
23:22Intensivstation noch müsste.
23:24Glücklicherweise hat Herr Dr. Müller
23:26das alles überlebt,
23:28er musste nicht auf die Intensivstation.
23:30Was ist aus ihm geworden?
23:32Er geht immer noch oder wieder fleißig auf
23:34Demonstrationen, Spaziergänge jetzt.
23:36Er verklagt die Bundesrepublik,
23:38weil er immer noch meint, dass die Impfungen
23:40nicht helfen würden und dass
23:42in seinen Augen Genesene und Geimpfte
23:44gleich behandelt werden müssten.
23:46Er ist immer noch auf diesem sehr ideologischen Weg
23:48unterwegs, die Pharma-Lobby macht uns alle krank.
23:50Ich will keine Impfung und das ist
23:52alles ein großer Schmuck.
23:54Ich lasse mich auch weiter nicht impfen.
23:56Ich lasse mich auch nicht impfen,
23:58weil die Impfstoffe
24:00zusammengefuscht sind
24:02in ein paar Monaten,
24:04weil Nebenwirkungen
24:06beobachtet werden
24:08und
24:12ja, was die Natur
24:14in Millionen von Jahren langsam
24:16entwickelt hat,
24:18das kann der Mensch in ein paar Monaten
24:20nicht besser machen.
24:22War er erkrankt an Covid-19 oder nicht?
24:24Erkennt er das an oder leugnet er das?
24:26Er erkennt es an.
24:28Auf seiner Homepage
24:30schreibt er das sehr detailliert auf.
24:32Er schreibt eben auch, dass Spiegel TV
24:34zu Besuch war und alles falsch dargestellt hat.
24:36Aber er beschreibt
24:38seine Situation im Krankenhaus.
24:40Er beschreibt auch die Situation
24:42seiner Bettnachbarn.
24:44Er behauptet da, dass alle geimpft waren
24:46und dass die viel schlimmer dran waren
24:48und dass die auch einfach fett waren.
24:50Wie nennt er es?
24:52Dass die einfach zu viel gegessen haben
24:54und deswegen starben.
24:56Und das macht einen schon auch
24:58so ein bisschen sprachlos,
25:00weil eben auch, zumindest an dem Tag,
25:02an dem wir da gedreht haben,
25:04wurde sein Zimmernachbar auf die Intensiv
25:06verlegt und der hat es nicht überlebt.
25:08Und da wundert man sich dann schon.
25:10Er hatte ja einen schweren Verlauf.
25:12Hat er denn jetzt Spätfolgen eigentlich?
25:14Langzeitfolgen?
25:16Er selber sagt, es geht ihm gut.
25:18Aber?
25:20Die Tatsache ist, dass er
25:22von einem sehr guten Arzt
25:24und einem guten Gesundheitssystem
25:26getragen wurde,
25:28seine Ideologie weiter verbreiten kann
25:30und trotzdem das beste Gesundheitssystem
25:32in dem Moment genießen konnte,
25:34ohne irgendwie Nachteile zu haben.
25:36Es ist ja bei manchen dann die Angst
25:38auch vor Gesichtsverlust.
25:40Das heißt, dass man sich vielleicht
25:42möglicherweise geirrt haben könnte.
25:44Wir wissen auch, Professorinnen und Professoren
25:46können sich irren.
25:48Das haben wir sehr schön gesehen.
25:50Und ich will das nochmal bekräftigen.
25:52Ich bewundere auch Ärztinnen und Ärzte,
25:54die trotz allem auch Corona-Leugnerinnen
25:56und Corona-Leugner, die dann solche
25:58schweren Verläufe haben, behandeln.
26:00Mein Sohn ist selber Arzt,
26:02der mir auch davon erzählt.
26:04Aber ich denke, das ist auch eine Kultur
26:06der Mitmenschlichkeit, der Barmherzigkeit,
26:08die wir Gott sei Dank auch in unserem
26:10Gesundheitssystem haben.
26:12Und deswegen auch mein voller Respekt
26:14an Medizinerinnen und Mediziner,
26:16die sich einsetzen.
26:18Vor allem die Emotionen raushalten.
26:20Die hätten ja jeden Grund dazu zu sagen
26:22oder auch Selbsthass zu empfinden.
26:24Also das finde ich irre,
26:26dass die sich dann so zurücknehmen
26:28und sagen, nein, wir sehen hier nur
26:30den Patienten, die Patientin,
26:32wir behandeln.
26:34Und gleichzeitig liegt da aber jemand
26:36mit einem kompletten Realitätsverlust.
26:38Wie erklären Sie sich diesen Realitätsverlust?
26:40Wie malt man sich die Welt so,
26:42dass man da im Grunde genommen
26:44nicht mehr da ist?
26:46Ich denke, das hängt damit zusammen.
26:48Es ist ein tiefer liegendes Problem.
26:50Horst Eberhard Richter, der Psychoanalytiker,
26:52das hat mir ein Freund neulich den Tipp gegeben,
26:54ein interessantes Buch geschrieben
26:56und hat da Bezug genommen.
26:58Es ist eigentlich eine tiefe Kränkung
27:00für den Menschen, erkranken, sterben zu müssen.
27:02Und dieses Leiden.
27:04Die Angst vor Covid-19 und den Folgen.
27:06Auch der Kontrollverlust,
27:08der mit dieser Pandemie einherging.
27:10Dass man das jetzt nach außen verlagert
27:12und die Schuldigen auch benennt.
27:14Die letztendlich das eigene Leben bedrohen.
27:16Um eben auch von der eigenen Endlichkeit,
27:18von dem Tod, das ist ja eine unheimliche Kränkung,
27:20der uns ja alle betrifft, auch abzulenken.
27:22Und das wird dann natürlich auch angereichert
27:24durch Ideologien.
27:26Dass man eben sagt,
27:28Corona ist eigentlich nichts anderes als eine Grippe.
27:30Und wenn man dann natürlich
27:32das sehr stark propagiert hat
27:34und in dieser Szene dauernd unterwegs war,
27:36kann man ja dann eigentlich nicht mehr sagen,
27:38also Entschuldigung,
27:40ich habe mich da jahrelang engagiert.
27:42Oder monatelang.
27:44Und das war jetzt ein Irrtum.
27:46Ich möchte mal sagen,
27:48es ist wie ein Versektungsprozess.
27:50Was Sie vorhin auch beschrieben haben.
27:52Dieses Gefilmtwerden von Kritikern
27:54oder kritischen Berichterstattern.
27:56Das erinnert mich wirklich
27:58an sehr umstrittene Organisationen,
28:00mit denen ich ja auch zu tun habe.
28:02Wo sind denn da die Parallelen?
28:04Welche Schnittmengen ergeben sich da?
28:06Das ist ein typisches Schwarz-Weiß-Denken.
28:08Es wird konferenziert.
28:10Es wird gesagt, wir sind die, die es wissen.
28:12Draußen sind die schlafscharfe
28:14oder die überhaupt keine Ahnung haben.
28:16Und auf der anderen Seite
28:18auch so dieser Trend
28:20zu einem Gegen- oder
28:22Besserwissen als alle anderen.
28:24Dass man sich gegen den Konsens stellt.
28:26Der Querdenker Bodo Schiffmann
28:28hat ja diesen Slogan geprägt.
28:30Alles außer Mainstream.
28:32Hauptsache, man ist sozusagen gegen den Konsens.
28:34Und das ist natürlich,
28:36ein einzelfeierndes Beispiel
28:38zeigt das ja deutlich,
28:40gravierend für Einzelne.
28:42Es gibt manche, die Gott sei Dank
28:44auch wieder rauskommen,
28:46die dann eben einräumen müssen,
28:48ja, okay, war vielleicht doch nicht ganz so.
28:50Aber es gibt solche,
28:52die so stark ideologisiert sind,
28:54die dann nicht rauskommen,
28:56die sozusagen in ihrem versägteten System bleiben.
28:58Große Impfagenda steckt dahinter
29:00und andere Geldmachereien.
29:02Es ist sehr traurig,
29:04dass die sozusagen
29:06so einfach die Zeichen setzen.
29:22Was mir immer wieder auffällt,
29:24ist, dass es viele Menschen aus Ostdeutschland sind
29:26und viele aus Schwaben.
29:28Haben Sie da eine Erklärung dafür,
29:30warum das ausgerechnet da so eingeschlagen ist?
29:32Diese sogenannte Querdenker-Bewegung
29:34und auch im Osten jetzt die B96,
29:36die Nazis aus Chemnitz,
29:38die wir ja auch schon in einer anderen Folge hatten.
29:40Also das ist ja schon sehr auffällig,
29:42dass sozusagen da bestimmte Bevölkerungsgruppen
29:44sehr aktiv sind.
29:46Im Osten ist das, denke ich, klar,
29:48dass da vor allem Personen,
29:50die man zuletzt in den 1990er Jahren gesehen hat,
29:52das berichten Kolleginnen und Kollegen,
29:54jetzt plötzlich wieder bei diesen Demos mitmarschieren sieht.
29:56Also die im Grunde
29:58diese Gelegenheit nutzen,
30:00grundsätzlich gegen diesen Staat vorzugehen
30:02und zu bekämpfen.
30:04Da gab es ja oft diese irren Bilder von dieser Frau,
30:06ich weiß nicht, wenn sie sich hier an die Hau ab, Hau ab holt.
30:08Also diese Hau-ab-Bewegung,
30:10auch sehr aggressiv und sehr zornig.
30:12Marie, du stammst ja mehr oder weniger aus Schwaben.
30:14Hast du eine Erklärung dafür,
30:16warum ausgerechnet Schwaben und Ostdeutsche
30:18da so anfällig für sind?
30:20Also ich glaube, man muss sich verdeutlichen
30:22oder klarmachen,
30:24was einem im norddeutschen Raum
30:26vielleicht nicht so klar ist.
30:28Dass sich der Schwaben
30:30das anmaßen darf,
30:32das so ein bisschen zu beschreiben.
30:34Man hat sich früher eigentlich immer selbstverwaltet
30:36oder früh selbstverwaltet
30:38und man war eigentlich immer so ein bisschen
30:40in Opposition zu denen da oben.
30:42Denen im Norden in dem Moment,
30:44aber eben auch denen da oben.
30:46Wenn heutzutage ein Herr Drosten
30:48oder wer auch immer Ansagen macht
30:50und das RKI sagt, ihr müsst jetzt das und das machen,
30:52ist das grundsätzlich so ein bisschen,
30:54stößt das schon per se so ein bisschen auf Widerstand.
30:56Aber gleichzeitig ist eben auch der Alpenvorraum
30:58oder das Alpenland
31:00traditionell eher
31:02der Natur zugewandt.
31:04Es gibt eine gewisse Natur,
31:06also eine Romantisierung auch der Natur.
31:08Man verlässt sich auf das eigene Immunsystem
31:10und diese ganzen Geschichten mit Krankheit
31:12auch vielleicht verbunden mit der Tatsache,
31:14dass zumindest zum Beispiel in meinem Raum es so ist,
31:16dass da viele auch Freikirchen sind,
31:18sehr protestantische Bewegungen,
31:20wo Krankheit sowieso immer generell
31:22mit Schuld auch verbunden ist oft.
31:24Ich glaube, das sind so Kombinationen
31:26plus, wenn man sich noch mal
31:28Michael Beilbeck vorführt,
31:30dieses Libertäre, wir sind irgendwie,
31:32wir wollen uns nicht bestimmen lassen von oben,
31:34wir sind Macher, wir sind Schaffer,
31:36wir sind irgendwie Unternehmer.
31:38Ich glaube, das ist so ein bisschen diese Mischung,
31:40die dazu führt, dass man
31:42tendenziell vielleicht auch eher einfach
31:44gegen was ist,
31:46was so auftruiert wird.
31:48Und auch so ein bisschen so ein Widerstand,
31:50so ein bisschen die Gallier.
31:52Und hat das auch vielleicht was
31:54mit Ausgrenzung zu tun?
31:56Bei Ostdeutschen kann ich mir das
31:58sofort vorstellen, dass die sich
32:00nach der Maueröffnung ausgegrenzt gefühlt haben.
32:02Aber da ist es ja zum Beispiel so, dass es
32:04zu DDR-Zeiten eine Impfpflicht gab.
32:06Das heißt, die ganze Bevölkerung war ja im Grunde genommen
32:08daran gewöhnt, geimpft zu werden.
32:10Allerdings ist es so, wenn man im Osten unterwegs ist
32:12und mit den Leuten spricht, da wird sich schon sehr
32:14auf die Historie von Sachsen berufen.
32:16Da wird schon gesagt, jeder große Umsturz,
32:18alles, was sich verändert hat,
32:20hat eigentlich in Sachsen begonnen.
32:22Und historisch hat das natürlich auch hier und da
32:24durchaus seine Berechtigung. Darauf wird sich
32:26zum Beispiel die Freien Sachsen,
32:28Kohlmann und Konsorten, die berufen sich da total drauf.
32:30Die sagen, ihr seht das jetzt alles noch nicht,
32:32ihr versteht es jetzt noch nicht, aber genauso war es
32:34früher auch. In Sachsen, da hat man
32:36es schon erkannt. Und da geht man auf die Straße
32:38und der Rest wird nachziehen.
32:40Herr Kohlmann, der Vorsitzende von den Freien Sachsen, hat es genannt,
32:42dass diese Spaziergänge
32:44zum Beispiel ein ganz klarer Exportschlager sei.
32:46Es geht ja jetzt auch im Westen los,
32:48es geht auch im Süden los und die Sachsen haben damit angefangen.
32:50Und wenn man sich nochmal
32:52Querdenken vor Augen führt, die ja dort gestartet sind,
32:54in Stuttgart, Querdenken 711
32:56mit Michael Beilweg, ich glaube, es hat auch was
32:58mit der Sprache so ein bisschen zu tun.
33:00Wenn man sich den ehemaligen
33:02baden-württembergischen Spruch,
33:04wir können alles außer Hochdeutsch, vor Augen führt,
33:06es ist so ein bisschen auch dieses Gefühl,
33:08dass natürlich der norddeutsche
33:10Raum so ein bisschen von oben herab
33:12auf die Schwaben blickt und sich immer denkt,
33:14okay, die mit ihrem lustigen Dialekt.
33:16Und die Schwaben sich auch denken, was wollt ihr eigentlich von uns?
33:18Aber fühlt man sich denn,
33:20wenn man diesen Dialekt spricht, du sprichst den ja auch,
33:22du kannst ja perfekt switchen von einer Sprache
33:24quasi zu anderen. Das hat aber auch
33:26einen bestimmten Grund, ehrlich gesagt.
33:28Nee, weil ich bin neigeschmeckt.
33:30Für mich war als Kind klar,
33:32meine Eltern kommen aus
33:34dem hochdeutschen Raum und wenn ich
33:36Freunde finden will, dann versuche ich irgendwie
33:38Schwäbisch zu sprechen. Am Anfang wurde mir immer wieder gesagt,
33:40ihr könnt kein Schwäbisch. Meine Mutter kann bis heute
33:42nicht richtig Schwäbisch und die Schwaben reden dann immer
33:44so mit ihr, weil sie immer noch
33:46denken, okay, Frau Groß versteht das nicht ganz.
33:48Und wir Kinder können
33:50inzwischen Schwäbisch, weil
33:52eben auch klar ist,
33:54dass da nicht ein guter Dialog stattfindet,
33:56wenn man Hochdeutsch und Schwäbisch
33:58sich unterhält. Es ist eine Mischung
34:00aus Stolz und auch, glaube ich, das Gefühl, dass
34:02die Schwaben sich immer so ein bisschen erniedrigt fühlen
34:04von den Hochdeutschen. Ich hatte die Situation
34:06einmal auf einer Demo, dass
34:08ich permanent von einem Schwaben
34:10provoziert wurde. Das war auch schon
34:12in einem Moment, wo eben die Stimmung wirklich
34:14aufgeheizt war. Wir konnten die Kamera nicht mehr hochnehmen,
34:16weil es wirklich so ein bisschen randalig
34:18wurde. Und der stand
34:20hinter mir und hat die ganze Zeit eben diese
34:22Morddrohungen ausgedrückt, die
34:24jetzt auch immer wieder kommen oder drohen.
34:26Irgendwann, dann kommt der Tag und dann wird
34:28es geklingt und dann ist es so.
34:30Ich habe immer am Anfang mich umgedreht
34:32und gesagt, ist jetzt okay, entspann dich mal
34:34oder irgendwie auf Hochdeutsch eben. Und irgendwann
34:36hatte ich keinen Bock mehr und habe mich
34:38umgedreht und meinte, halt dein Gosch.
34:40Und er stand so da und hat in dem
34:42Moment gemeint, okay, die
34:44kommt auch aus der Gegend und dann war
34:46er wirklich ruhig. Aber ich glaube, das
34:48ist oft auch dieses Gefühl von,
34:50ja, es ist nicht unbedingt
34:52eine Einheit da in dem Moment.
34:54Die Frage ist ja, wie sich das Rad jetzt
34:56weiter dreht. Die Welt hat sich durch den
34:58Ukraine-Krieg ja dramatisch
35:00verändert. Also wie passt
35:02das in diese Erzählungen mit rein?
35:04Inwiefern ist das sozusagen,
35:06weil Trump und Putin
35:08ja immer eine große Rolle gespielt haben
35:10bei QAnon.
35:12Putin wurde auch immer als
35:14der Gute mitempfunden, wenn ich das richtig
35:16interpretiert habe. Wie werden
35:18sich diese Proteste weiterdrehen? Weil
35:20Corona kann
35:22ja unter Umständen demnächst mal
35:24unter den Tisch fallen als Thema.
35:26Kann es sein, dass sich
35:28das in die Richtung weiterdreht?
35:30Ich denke, dass diese Ideologien
35:32und die Ängste sich ein neues Thema
35:34suchen. Wir können jetzt schon beobachten
35:36in der Querdenker-Szene. Ich habe jetzt
35:38vor kurzem eine Mail bekommen von einem
35:40aus der Querdenker-Szene,
35:42der eben sagt, jetzt kommt sozusagen
35:44der zweite Akt. Corona war das große
35:46Ablenkungsmanöver. Und jetzt
35:48kommt eben dieser Krieg,
35:50die Kriegspropaganda.
35:52Und da heißt es, es ist ein perfider Plan
35:54und ein klar strukturiertes
35:56Konzept, was vor unseren Augen
35:58passiert. Der erste Step war die
36:00Corona-Pandemie, die keine war.
36:02Und jetzt kommt der zweite Step, ein europäischer
36:04Krieg und die daraus resultierende
36:06Energieknappheit, die Sanktionen
36:08gegen Russland und das damit weitere
36:10strategische Zerstören der Volkswirtschaften
36:12zugunsten der Großindustrie.
36:14Also, dass auch wieder behauptet wird,
36:16dieser Krieg dient letztendlich dazu,
36:18auch ja die Wirtschaften
36:20runterzufahren, kaputt zu machen.
36:22Es ist alles Teil eines
36:24groß angelegten Plans.
36:26Welche Rolle spielt Wladimir Putin darin?
36:28Also, ich habe extra noch mal
36:30geschaut in einem Telegram-Kanal
36:32von QAnon-Anhängern.
36:34Die sagen, Putin ist
36:36eigentlich der Gute. Die Ukraine
36:38ist ein Land, in dem eben
36:40der tiefe Staat sozusagen
36:42Bio-Waffenlager errichtet
36:44habe, wo neue Viren in Umlauf
36:46gebracht werden sollen. Und
36:48er ist jetzt eben dabei, diese
36:50Bio-Waffenlager vom
36:52tiefen Staat zu zerstören. Also, er
36:54ist eigentlich der Gute, der
36:56gegen den tiefen Staat kämpft.
36:58Wie passt das zusammen?
37:00Ich kann mir das nicht erklären, weil
37:02auf der einen Seite demonstrieren sie gegen
37:04eine Diktatur und
37:06da ist offensichtlich jemand, der
37:08sich solcher Mechanismen bedient,
37:10der einen Krieg anzettelt und der wird
37:12zum Guten. Das verstehe ich nicht.
37:14Ja, das wird dann meistens so gesagt,
37:16dass man ja die Pläne der
37:18Verschwörer noch nicht genau durchschaut.
37:20Und die sind so klug angelegt,
37:22dass das für Außenstehende
37:24nicht durchschaubar ist. Das ist sozusagen immer wieder
37:26dieses Narrativ, das dann verbreitet wird.
37:28Was man ja auch sich vor Augen
37:30füllen muss, dass man von Anfang an auf den
37:32Demos ja wirklich
37:34Menschen gesehen hat, die alle
37:36Embleme von Diktatoren auch zum Teil hatten.
37:38Also einmal, oder antidemokratischen
37:40Bewegungen. Also einmal man hat die Reichsbürgerfahnen,
37:42etc. Man hatte ja aber immer
37:44auch eine Idealisierung von Trump,
37:46einmal in der Kuanan-Bewegung, aber auch allgemein
37:48und von Putin, allgemein von
37:50Herrschern oder
37:52mächtigen Männern, die eigentlich nichts mit Demokratie
37:54am Hut haben.
37:56Gleichzeitig hat man den Demokratien
37:58immer vorgeworfen, dass sie
38:00eigentlich faschistische Organisationen wären,
38:02linksfaschistisch oder auch
38:04irgendwie allgemein
38:06insgeheim mit der
38:08Pharma-Lobby und den Großindustrien
38:10zusammenarbeiten würden, Stichwort
38:12irgendwie Bill Gates,
38:14und dass dagegen angekämpft werden müsste. Trump wird ja
38:16tatsächlich in der Bewegung als einer der Erlöser
38:18gesehen, vor allem von der Kuanan-Bewegung.
38:20Aber es ist
38:22eben auch so, ich hatte da auch mit Herrn Blume,
38:24dem Antisemitismus-Beauftragten in Baden-Württemberg,
38:26darüber gesprochen, in gewisser Weise
38:28radikalisieren sich solche Bewegungen dann
38:30irgendwann so selbst, dass
38:32selbst die Anführer oder
38:34auch die Erlöser irgendwann gar nicht mehr
38:36die Möglichkeit haben, das zurückzuholen.
38:38Also Trump, es gab einen Moment, wo er eben
38:40gesagt hat, lasst euch impfen, und da
38:42war die Reaktion aus der
38:44Bewegung so hasserfüllt,
38:46dass er auch seitdem eigentlich
38:48meiner Meinung nach nicht mehr da in dieser
38:50Richtung so gehört wurde.
38:52Und es gibt dann eben diesen Moment, wo
38:54wirklich auch, und da kommt man ja wieder
38:56auch auf den Hass, wo die Leute so
38:58radikalisiert sind, so wütend sind, so
39:00in ihrem fern jeglicher
39:02faktenbasierten Welt,
39:04dass man sie da eigentlich auch nicht mehr
39:06rausholen kann.
39:08Das ist auch die Frage, worauf ich jetzt zum Schluss nochmal kommen möchte.
39:10Wie geht man mit jemanden um?
39:12Also, was hast du in diesem Fall unternommen?
39:14Was habt ihr unternommen? Habt ihr den Mann
39:16angezeigt? Weil das ist ja Körperverletzung.
39:18Ja, nein,
39:20nicht angezeigt.
39:22Vorab muss ich da sagen, dass natürlich,
39:24da mir das passiert ist,
39:26in der Redaktion, hätte ich ihn anzeigen wollen,
39:28hätte ich die vollste Unterstützung von der Redaktion
39:30bekommen. Aber auch,
39:32wie gesagt, der Fausschlag war massiv,
39:34aber er hat mir jetzt nicht den Kiefer gebrochen.
39:36Ich habe natürlich mit meiner Redaktionsleitung sofort
39:38Rücksprache gehalten, als das passiert ist.
39:40Da war es schon so, dass ich nicht das
39:42Gefühl hatte, ihn sofort anzeigen zu
39:44wollen, sondern wir haben eine Produktion.
39:46Wir sind da ja hingefahren, um eben was zu
39:48tun und jetzt dann stundenlang irgendwie
39:50im Bautzen auf dem Polizeipräsidium rumzusitzen.
39:52Das war mir irgendwie in dem Moment,
39:54ist mir das nicht richtig erschienen,
39:56denn das lenkt ja davon ab,
39:58was wir da eigentlich machen wollten.
40:00Es geht ja nicht darum, Henrik Neumann kriegt
40:02jetzt einen auf die Mütze und
40:04dieser eine Person ist jetzt
40:06irgendwie der Böse, sondern wir sind ja da hingefahren,
40:08um zu zeigen, was passiert da.
40:10Und der Fokus hätte sich da so sehr verschoben,
40:12dass ich... Da muss man gar nicht sagen, bis hierhin und nicht
40:14weiter. Du hast hier eine Grenze überschritten
40:16und das zeigt dich jetzt an. Absolut.
40:18Ich habe auch mit vielen Journalisten-Kollegen
40:20darüber später gestritten
40:22oder nicht gestritten.
40:24Meine Position ist da einfach so, dass
40:26ich oft in so Situationen gekommen bin,
40:28ich den Angriff für nicht so
40:30stark oder wie gesagt nicht so
40:32nachhaltig, auch wenn es irgendwie ein paar Tage
40:34eine blauen Kiefer gegeben hat,
40:36empfunden hat, als dass ich das stärker
40:38fand, nicht den Beitrag jetzt
40:40zu produzieren. Aber nichtsdestotrotz, der
40:42Staatsschutz hat dann natürlich angefangen
40:44zu ermitteln.
40:46Es schlagen da schon zwei Herzen
40:48in meiner Brust,
40:50dass ich natürlich schon auch weiß, dass wenn
40:52es nicht okay ist, ob es jetzt ein Journalist ist oder
40:54irgendwer anders, dass man jemanden schlagen darf
40:56und dass es auch Konsequenzen haben muss.
40:58Mir wurde dann sozusagen im Nachgang,
41:00nachdem wir dann eben produziert haben,
41:02relativ schnell die Entscheidung abgenommen, weil der
41:04Staatsschutz angefangen hat zu ermitteln.
41:06Was ist dabei rausgekommen? Bis jetzt ist es noch
41:08offen. Er hat mich dann angezeigt
41:10wegen Verleumdung
41:12und ich weiß gar nicht mehr, was der Tatvorwurf war.
41:14Ich wurde sozusagen zurück angezeigt,
41:16dass ich mich da nicht vernünftig verhalten hätte.
41:18Das wurde fallen gelassen.
41:20Momentan ist es so, die ermitteln noch.
41:22Wir wissen natürlich auch, wir wären nicht
41:24SPIEGEL TV, wenn wir nicht wissen würden, wer derjenige war.
41:26Aber das ist jetzt,
41:28wie gesagt, da verschiebt sich der Fokus.
41:30Das geht nicht um Henrik Neumann
41:32oder um diesen Wutbürger, sondern es geht
41:34um die größere Sache. Ich finde das ehrlich gesagt
41:36ziemlich erschreckend. Was würden Sie denn sagen,
41:38in welcher Eskalationsstufe
41:40sind wir ja im Moment?
41:42Am Anfang kam das ja noch relativ
41:44harmlos daher. Da waren Hippies, Esoteriker,
41:46die Hare Krishnas.
41:48Hat sich das gedreht?
41:50Also ich kann rückblickend
41:52eigentlich drei Eskalationsstufen beobachten.
41:54Mir fiel anfangs eben auf,
41:56dass zunächst mal Transparente
41:58mit Politikerinnen, Politikern
42:00oder auch von Herrn Drosten in Sträflingskleidung
42:02gezeigt wurden.
42:04Da haben noch manche gesagt, naja, das ist doch ein toller Gag.
42:06Eskalationsstufe 2 war,
42:08dass dann plötzlich Demonstrierende
42:10zu den Privathäusern von
42:12Politikerinnen und Politikern gezogen sind.
42:14Und die dritte unerträgliche
42:16Eskalationsstufe war, dass sich eben
42:18Personen
42:20in einem Telegram-Kanal
42:22verabredet haben, dass sie gesagt haben,
42:24wir haben Waffen und wir wollen den sächsischen Ministerpräsidenten
42:26ermorden. Also das ist,
42:28man sieht da solche
42:30Stufen und ich
42:32will nochmal erinnern an
42:34diesen Vorfall in Idar-Oberstein,
42:36wo ein Maskenverweigerer
42:38einen jungen Tankstellenmitarbeiter
42:40ermordet hat,
42:42so möchte ich das sagen, also vorsätzlich.
42:44Und mich hat
42:46das damals diese Tat auch erinnert
42:48an die Reichsbürgerszene.
42:50Man hat ja zunächst mal
42:52am Anfang gesagt, ach, das sind harmlose Spinner,
42:54lassen wir sie, bis es eben
42:56auch zu der Ermordung eines Polizisten
42:58in Georgensgmünd kam, wo man
43:00dann auch reagieren, zum Glück
43:02reagiert hat und dann eben
43:04die Zahl der Reichsbürger in Deutschland
43:06erfasst hat. Wir haben ja uns ungefähr
43:0820.000 in Deutschland,
43:10die nicht unbedingt alle jetzt gewaltbereit
43:12sind, aber es gibt manche mit Waffenbesitz
43:14und etwa 900
43:16mit rechtsextremistischen Tendenzen.
43:18Also das ist schon, denke ich,
43:20auch mal ein Anlass darüber nachzudenken,
43:22inwieweit Verschwörungsideologien
43:24und letztendlich auch solche
43:26Feinbilder Gewalt auch
43:28befördern, beschleunigen und
43:30dass die Hemmschwelle zunehmend
43:32sinkt, wenn man dann in dem anderen
43:34nicht mehr einen Menschen sieht, sondern
43:36vielleicht einen Reptiloiden,
43:38nimmt man den anderen Menschen
43:40die Menschenwürde und das finde ich
43:42höchst gefährlich, wenn das
43:44so vorgenommen wird.
43:46Genau, also ich glaube, was wir ja auch eben
43:48auf den Demos beobachten können, ist dadurch, dass
43:50halt die Verschwörungsideologien
43:52da sehr verbreitet sind, dadurch, dass
43:54eigentlich der Konsens von Wahrheit gar nicht mehr
43:56stattfindet, sondern da eben wirklich
43:58auch ein Konsens von
44:00das ist alles falsch, was da passiert,
44:02das sind die Feinde, das ist furchtbar.
44:04Dann legitimiert
44:06so eine Bewegung natürlich auch in sich
44:08Gewalt. Also ich glaube, auch der Hass,
44:10der auf den Demos
44:12einmal gegenüber Einsatzkräften,
44:14aber eben auch in der normalen Gesellschaft
44:16gegenüber Ärzten, wem auch immer, ausgelebt wird,
44:18ist eben auch ein Hass, den sie sich selber
44:20absolut verständlich
44:22erklären können, weil sie ja entweder,
44:24wenn sie Quran-Anhänger sind, glauben,
44:26okay, Politiker, Journalisten, wer auch
44:28immer, töten, misshandeln Babys
44:30und auch in anderen Verschwörungsideologien
44:32eben ganz klar gesagt wird, ihr
44:34kämpft gegen Feinde und ihr seid in einer
44:36Situation der Notwehr und da kann man
44:38sich dann auch eben irgendwann vorstellen, dass
44:40Hass und eben Gewalttaten
44:42wirklich auch mit einer Ruhe und einer
44:44Selbstverständlichkeit durchgeführt werden.
44:46Die Frage ist ja, wie geht man tendenziell damit
44:48um? Also in deinem Fall zeigt man
44:50den Mann an. Was ist mit dem Onkel,
44:52der auf der Familienfeier sitzt, der
44:54schon immer ein bisschen schrullig war und jetzt plötzlich
44:56fängt, zu erzählen,
44:58dass die Regierung und überhaupt,
45:00und wir sind ja auch alle in einer Blase, ich kenne das aus
45:02meiner Bekanntschaft auch, mir wurde es
45:04auch zum Vorwurf gemacht,
45:06ich sei in einer Journalistenblase
45:08und was wir denn alles hätten, gegen die alles
45:10dicht machen, Bewegung,
45:12Jan Josef Liefers, endlich sagt mal jemand was
45:14und also ich kenne das auch.
45:16Wie geht man damit um? Also wie
45:18geht man als Gesellschaft damit um? Sagt man,
45:20hier setzt sich Grenzen, bis hierhin und nicht weiter
45:22oder lässt man das laufen?
45:24Meines Erachtens bringt
45:26es nichts jetzt, Argumente
45:28widerlegen zu wollen.
45:30Das führt zu nichts. Wichtiger
45:32erscheint mir zum einen
45:34diese Motive, die zu
45:36diesen Auffassungen geführt haben, sich näher
45:38anzuschauen. Das können existenzielle
45:40Motive sein, also
45:42Stichwort Umgang mit
45:44Ohnmachtserfahrungen, Kontrollverlust,
45:46dass man halt jetzt versucht, irgendwie eine Erklärung
45:48für diese fürchterliche
45:50Pandemie auch zu finden. Zum
45:52anderen führt es bei manchen zu einer
45:54regelrechten Aufwertung
45:56des eigenen Ichs, dass man eben
45:58zu den Besserwissern gehört
46:00und mehr weiß als die anderen,
46:02also Sehnsucht auch nach Anerkennung
46:04und zum anderen auch
46:06so eine Art elitäres Denken,
46:08Schwarz-Weiß-Denken. Ich
46:10empfehle in jedem Fall, rote Linien
46:12zu markieren, insbesondere dann,
46:14wenn rassistisches, antisemitisches
46:16Gedankengut geäußert wird,
46:18dass man auch die obsessive
46:20Beschäftigung mit diesen Themen
46:22auch mal anspricht. Warum ist dir denn das
46:24so wichtig? In jeder freien Minute bist du dann
46:26in Telegram-Kanälen und im Internet
46:28und ich rate manchmal
46:30den Angehörigen, wir sagen ja
46:32immer, versucht Kontakt zu halten,
46:34soweit wie es geht.
46:36Klammert man das denn aus in den Gesprächen?
46:38Also redet man da nicht darüber?
46:40Ja, manche versuchen das.
46:42Das hängt immer ein bisschen auch von
46:44der Geschlossenheit dieses
46:46Verschwörungsglaubens ab.
46:48Manche sagen natürlich, ich kann jetzt mit
46:50den Betreffenden nicht mal mehr über das Wetter
46:52reden, weil dann plötzlich die Chemtrails
46:54ins Spiel kommen.
46:56Ich empfehle Angehörigen auch,
46:58weil ich eine ganz große Erschöpfung
47:00spüre bei den Ratsuchenden.
47:02Ich sage, gönnt euch mal eine Auszeit.
47:04Es können zwei Wochen sein.
47:06Das ist für beide Seiten ganz wichtig,
47:08weil man muss sich ja klar machen,
47:10dieser Verschwörungsgläubige
47:12versucht ja auch zu missionieren. Das Gegenüber
47:14ist immer Missionsobjekt.
47:16Wenn ein Polizist angespuckt wird,
47:18was macht ein Arzt, der
47:20irgendwie auch zum System gehörig
47:22bepöbelt wird?
47:24Was sollen solche Leute machen?
47:26Also,
47:28soweit ich das mitbekomme, bei den Polizistinnen
47:30und Polizisten, die werden natürlich auch
47:32darauf vorbereitet. Aber eins ist klar,
47:34das macht mit der Seele von diesen Menschen
47:36etwas. Das berichten Polizeiseelsorgerinnen
47:38und Polizeiseelsorger.
47:40Tja, bei den Ärztinnen und Ärzten
47:42gibt es da
47:44wenig Begleitung.
47:46Die müssen irgendwie auch mit
47:48diesen Herausforderungen klarkommen.
47:50Im Gespräch
47:52mit meinem Sohn, er fragt natürlich auch,
47:54es ist manchmal schlimm, wenn ich
47:56dann Corona-Leugner auch behandeln muss.
47:58Aber es gibt den
48:00hippokratischen Eid der Ärztinnen und Ärzte,
48:02verpflichtet, Hilfe zu leisten.
48:04Und ich denke, das ist auch Teil unseres
48:06Systems. Es ist eine Kultur der Barmherzigkeit,
48:08auch der Toleranz, dass man auch
48:10die behandelt, die das vielleicht leugnen.
48:12Auch diese Personen haben eine Menschenwürde.
48:14Aber ich glaube auch, dass man
48:16da schon sehr aufpassen muss. Wir haben ja wirklich viel
48:18auf Intensivstationen gedreht, auch was das Pflegepersonal
48:20angeht, dass die natürlich
48:22oft uns erzählt haben,
48:24dass sie versuchen, es komplett wegzuschieben,
48:26weil die natürlich diese zwei Seiten
48:28sehen. Zum einen, warum liegt der da? Das hätte verhindert
48:30werden müssen. Wir hatten zum Beispiel
48:32so einen Fall, da war jemand über 100 Tage
48:34auf der Intensivstation. Und die Pflegerin,
48:36die den gepflegt hat, die sagt natürlich,
48:38dieser Mensch, der tut ihr leid. Warum hat
48:40der sich nicht impfen lassen? Das ist emotional
48:42schwer für sie. Und gleichzeitig hast du natürlich
48:44auch das Problem, der belegt jetzt seit 100 Tagen
48:46ein Intensivbett. Und das geht
48:48der Pflegerin natürlich auch nicht
48:50einfach ab. Weil andere Leute dafür leiden.
48:52Absolut. Und sie hat zum Beispiel gesagt,
48:54ich muss das wegschieben, weil sonst
48:56hat sie das Gefühl, es ist emotional so anstrengend,
48:58dass sie selber krank wird. Und das ist
49:00glaube ich auch, gerade was das Pflegepersonal
49:02angeht, die Ärzte angeht, dass da nicht viel hingeschaut
49:04wird. Und das ist, dass wir da echt
49:06mehr gucken müssen. Das ist superschwer.
49:08Manche sagen jetzt ja auch,
49:10am Anfang wurde das Pflegepersonal
49:12mit Beifall bedacht und so weiter.
49:14Und der Beifall ist jetzt
49:16erstummt. Und
49:18dieses Pflegepersonal oder Medizinerin,
49:20Mediziner haben mit den Fällen immer noch zu tun.
49:22Also ich denke, da müssen wir auch wirklich
49:24an diese Personengruppe denken. Gerade auch
49:26an Polizistinnen, Polizisten und auch
49:28an Journalistinnen, Journalisten. Weil das ist
49:30auch ja sehr wichtig für die Demokratie,
49:32dass wir eine
49:34gute Medienberichterstattung haben,
49:36da geht es um Journalismus und
49:38der muss uns etwas wert sein.
49:40Das war mal ein Schlusswort, würde ich sagen.
49:42Ich danke Ihnen, ich danke Euch,
49:44dass Sie Eure Erfahrungen mit uns geteilt haben
49:46und stoppe die Aufnahme.

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