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00:00Meine Damen und Herren, die Sommerferien stehen vor der Tür und trotz aller Warnungen stellt die
00:06Polizei immer wieder fest, dass viele Menschen in Urlaub fahren, ohne daran zu denken, dass Diebe
00:11und Betrüger die Ferienzeit auf ihre Weise nutzen. Nicht nur in den Urlaubsländern, wo sie den
00:16Touristen mit minderwertigen Uhren oder rührseligen Geschichten das Geld aus der Tasche ziehen. Viele
00:21haben auch spezielle Tricks entwickelt, um zu Hause zu kassieren. Tricks, die einem Skier den Atem
00:27verschlagen. Da tauchen zum Beispiel vor einem Haus, dessen Besitzer in Urlaub sind, zwei Bauarbeiter
00:32mit einem LKW auf, laden einen Haufen Kies ab und beginnen in der Garage mit Presslufthämmern zu
00:38arbeiten. Sie brechen die Wand zum Wohnhaus durch und räumen am gleichen Abend in aller Ruhe das
00:44ganze Haus aus. Keiner der Nachbarn kümmert sich darum. Das ist sich ein Ausnahmefall. Normalerweise
00:51gibt es fast überall Nachbarn, die ein wenig auf die verlassenen Wohnungen achten. Aber auch für
00:56diesen Fall haben einige Ganoven ganz spezielle Tricks entwickelt, mit denen sie die Hilfsbereitschaft
01:00solcher Nachbarn ausnutzen, wenn die Wohnungsinhaber erst einmal abgereist sind.
01:05Am frühen Morgen des ersten Ferientages packt die Familie Keller in Hagen in Westfalen das Auto für
01:15die große Urlaubsreise. Herr Keller will mit seiner Familie in diesem Jahr für drei Wochen auf einen
01:21Campingplatz nach Österreich fahren. Die Familie Keller wohnt in einer Eigenheimsiedlung am Rande
01:40der Stadt. Mit ihrem unmittelbaren Nachbarn verbindet sie ein herzliches und freundschaftliches
01:45Verhältnis. Ich bringe nur den Schlüssel, falls irgendwas ist. Und hier ist der Zettel mit der
01:54Urlaubsadresse. Und ich passe auch auf ihre Blumen auf. Also dann gute Fahrt. Hoffentlich ist die
02:01Autobahn nicht zu voll. Frau Keller hat die Ferienreise gewissenhaft vorbereitet und der
02:07Platz für das Zelt ist seit Monaten vorbestellt. Und selbst für den Fall, dass jemand von der
02:11Familie im Urlaub krank wird, hat sie die notwendigen Papiere besorgt und eingepackt.
02:16Also irgendwie habe ich das Gefühl, als hätte ich was vergessen. Das sagst du immer. Hast du überall
02:22das Licht ausgemacht? Ja, ich habe auch die Sicherung rausgedreht. Warmwasser abgestellt,
02:27Gashaupthahn, Fenster ist zu, Terrassentür, Kellertür ist abgeschlossen, die Rollos sind
02:34offen. Na dann ist doch wohl alles in Ordnung. Frau Keller glaubte ihr Haus besonders gut zu
02:40sichern, als sie die Rollläden heruntergelassen hat. Aber die ständig geschlossenen Rollläden
02:48haben auch Nachteile. Sie verraten weithin sichtbar, dass niemand zu Hause ist. Und schon
02:54wenige Tage nach der Abreise der Familie hat dieser Fehler Folgen.
03:06Der Mann, der am frühen Nachmittag bei der Nachbarin klingelt, kann mit ziemlicher Sicherheit
03:10davon ausgehen, dass Kellers verreist sind. Guten Tag. Entschuldigen Sie bitte die Störung. Ich
03:16wollte eigentlich nebenan zur Keller, aber die scheinen schon weggefahren zu sein. Die sind seit
03:21drei Tagen im Urlaub. Warum? Worum geht es denn? Tja, das ist eine dumme Sache. Die haben meine
03:27Reiseversicherung abgeschlossen und ich bin mit dem Kassieren ein bisschen spät dran. Kommen sie
03:31doch in drei Wochen noch mal wieder. Nein, dann ist es ja zu spät. Wenn die Prämie nicht vorher
03:36bezahlt ist, dann sind die Leute im Urlaub praktisch ohne Versicherungsschutz. Können Sie
03:40das nicht vielleicht auslegen? Die werden Ihnen bestimmt dafür dankbar. Ja, ich weiß nicht,
03:44recht. Ich habe gar nicht sehr viel Geld im Haus. Wie viel macht denn das? 32 Mark 50. Das ist eine
03:50kombinierte Versicherung gegen Unfall, Diebstahl, Krankheit und so weiter. Naja, dann ist es sicher
03:55richtig, wenn ich das auslege. Einen Moment bitte. Dankeschön. Frau Esch glaubt, den Kellers einen
04:05Gefallen zu tun. Sie kann nicht ahnen, dass die Geschichte von der Reiseversicherung von A bis Z
04:19erlogen ist und dass der Mann in den Sommermonaten jeden Tag viele Male mit dieser Geschichte die
04:24nachbarliche Hilfsbereitschaft ausnutzt. Aber es gibt für routinierte Gaunern noch viele andere
04:41Möglichkeiten festzustellen, wo die Wohnungsinhaber für längere Zeit verreist sind. Und der Trick,
04:51beim Nachbarn zu kassieren, hat zahlreiche Variationen. Guten Tag. Ich komme von Liebner,
05:03der Uhrmacher in der Sophienstraße. Ich sollte Herrn Werner seine Uhr bringen, aber der scheint
05:08nicht da zu sein. Da hofft niemand auf. Ja, der ist verreist. Ach du lieber Gott, was machen wir
05:14denn da? Wir haben nämlich ab morgen Betriebsferien und der Werner wollte unbedingt vorher seine Uhr
05:19wieder haben. Sagen Sie mal, kann ich sie nicht bei Ihnen lassen? Ich finde, das ist der einfachste
05:24Weg. Auch die Geschichte dieses Betrügers klingt einleuchtend. Er bittet den Nachbarn zunächst ganz
05:31harmlos, die Uhr entgegenzunehmen und danach versteht er es dem Mann plausibel zu erklären,
05:35dass er die Reparaturkosten in Höhe von 24 Mark gleich kassieren muss. In der Schachtel, die der
05:44angebliche Angestellte des Juweliers zurücklässt, liegt lediglich ein Stein. Und der Betrüger bringt
05:52es mit vielen Steinen meist auf Tageseinnahmen von mehreren hundert Mark.
06:10Betriebsferien. Vielen Urlaubern bleibt gar nichts anderes übrig, als mit einem solchen
06:18Schild bekannt zu machen, dass sie verreist sind. Und so profitieren auch unerwünschte Kunden von
06:24dieser Information. Die beiden Männer, die mit ihrem Lastwagen vor einer Bäckerei in einem
06:31Ort in Hessen vorfahren, haben einen Trick erfunden, dessen Dreistigkeit kaum noch zu
06:35überbieten ist.
06:36Mal gucken. Hängt jemand Wäsche auf?
06:38Da fragen wir doch mal.
06:44Guten Tag. Sind Sie Frau Meissner?
06:46Nee, Meissner ist in Verreistorf.
06:48Was? Das ist ja ein starkes Stück.
06:50Das finde ich auch.
06:51Möbel kaufen und dann wegfahren.
06:53Woher willst du sowas?
06:54Wir sollen hier eine Couch ausliefern. Was machen wir denn jetzt damit?
06:56Ja, muss die bezahlt werden oder was?
06:58Nee, nee, das ist schon erledigt. Die wird nur ausgeliefert.
07:00Komm, Paul, dann hilft nichts. Dann müssen wir das Ding eben hier in den Hof stellen.
07:03Na, aber hören Sie mal, das können Sie doch nicht machen, wenn es regnet.
07:07Tja, was dann?
07:09Haben Sie vielleicht einen Schlüssel von der Wohnung von Meissners?
07:13Ja, einen Schlüssel habe ich, aber Meissners haben gar nichts zu mir gesagt.
07:17Aha.
07:18Na ja, also, wenn Sie die Couch nur reinstellen wollen, dann mache ich mal auf, ne?
07:21Ja, danke schön. Okay, komm.
07:24Die beiden Männer treten so selbstbewusst auf, dass die Frau froh ist, sich weitere Diskussionen ersparen zu können.
07:34Pass auf, hier ist eine Stufe.
07:36Ja, habe ich schon gesehen.
07:37Vorsicht.
07:38Klar.
07:39Aber sie nimmt auch die Verantwortung, die sie mit dem Wohnungsschlüssel übernommen hat, sehr ernst
07:44und lässt die beiden Fremden keinen Augenblick aus den Augen.
07:47Komm.
07:49Ja, gleich hier.
07:50Gut.
07:51Ah, danke.
07:52Noch mal ein Stück wegen der Tat. So. Langsam. Jetzt.
07:58Ihre Vorsicht scheint jedoch überflüssig zu sein.
08:01Die Männer verlassen die Wohnung sofort wieder und stellen auch keinerlei Forderungen.
08:19Am nächsten Tag allerdings fährt der Lkw ganz überraschend noch einmal bei der Bäckerei vor.
08:24Diesmal wollen die Männer nichts bringen.
08:32Sie sollen die Couch wieder abholen, erklären sie der erstaunten Nachbarin,
08:36weil versehentlich ein falsches Modell ausgeliefert worden sei.
08:46Sie können hier doch nichts dafür, wenn die beim Lager schlampen.
08:49Ja, ja, sicher.
08:50Ja, deshalb hat das ja auch mit dem Termin nicht geklappt.
08:52Das richtige Modell, das kommt erst in drei Wochen.
08:54Und dann sind die meistens ja auch noch nicht da.
08:56Ja, das ist ja schon mal vorkommen.
08:58Nehmen Sie wieder mit, vorsichtig.
09:00Dankeschön. Wiedersehen.
09:01Wiederschauen. Wiederschauen.
09:02Vorsicht, du.
09:03Ja, geht. Ja, geht.
09:07So.
09:09Wieder arbeiten die Männer rasch und routiniert.
09:12Es passiert nichts, was der Frau zum Misstrauenanlass gäbe.
09:17Das ist ja schwer. Nicht so schockierend.
09:19Ja.
09:20Dann spring mal rauf. Ich kann das nicht so lange halten.
09:22Ach, das ist lustig.
09:23So, Junge. Lass kommen.
09:24Komm.
09:25Langsam. Vorsicht.
09:26Entschuldigung.
09:27Der überlebt nicht.
09:29Ja, komm runter.
09:34Junge, alles in Ordnung. Du kannst rauskommen, ne?
09:40Ja.
09:42Ja.
09:44Ja.
09:46Ja.
09:47Ja.
09:48Ja.
09:49Ja.
10:07Die hilfsbereite Nachbarin wird sich erst zehn Tage später an die Episode mit der Couch erinnern,
10:12wenn die Familie Meisner aus dem Urlaub zurückkommt und feststellt,
10:16dass in der Zwischenzeit Diebe in der Wohnung gewesen sein müssen.
10:19Denn zwei Orientbrücken, der Schmuck der Hausfrau und andere Wertgegenstände sind auf geheimnisvolle Weise verschwunden.
10:27Sie haben gesehen, meine Damen und Herren, es gibt Gauner, die eine geradezu unglaubliche Fantasie entwickeln.
10:33Nicht selten kommen solche Leute in der Urlaubszeit auch in der Maske eines Kontrolleurs oder Handwerkers zu den Nachbarn.
10:39Und es gibt sogar Fälle, in denen angebliche Monteure zuerst in den verlassenen Wohnungen gestohlen haben
10:45und dann bei den Nachbarn für ihre Arbeit auch noch eine Rechnung präsentierten.
10:51Genauso unangenehm wie der rein materielle Schaden ist bei all diesen Tricks die Tatsache,
10:55dass auf diese Weise zwischen guten Nachbarn ein oft lebenslanger Streit entstehen kann.
11:01Deshalb unser Rat, bevor Sie in Urlaub fahren, sprechen Sie mit Ihren Nachbarn genau ab,
11:06was Sie in Ihrer Abwesenheit für sie tun sollen und was nicht.
11:12Und nun, meine Damen und Herren, zu einem ganz anderen Thema.
11:15Einem Thema, das das ganze Jahr über aktuell ist.
11:19Es geht um die neueste Variante einer Betrugsmethode, mit der raffinierte Gauner immer wieder ihre Opfer finden.
11:25Sie gehört in die Kategorie der Nebenverdienstschwindler.
11:29Bei dieser neuesten Variante aus dem Bereich verstehen es die Betrüger sogar, ihre Opfer musikalisch einzuwickeln.
11:46Also Sie wissen doch selbst, Herr Roth, in kaum einer Branche gibt es solche Zuwachsraten wie im Schallplattengeschäft.
11:52Pausenlos gibt es neue Hits und Radio und Fernsehen kurbeln das Geschäft ja auch immer wieder neu an.
11:58Ja, ja, das leuchtet mir schon ein, aber es kommt doch darauf an, was für mich unterm Strich übrig bleibt.
12:05Ja, ja, selbstverständlich. Aber das kann ich Ihnen zeigen. Moment.
12:08Martin Roth sucht einen Nebenverdienst.
12:10Er ist Student und hat an der Hamburger Universität die Fächer Germanistik und Geschichte belegt.
12:15Die Eltern des jungen Mannes leben in bescheidenen Verhältnissen und können ihn finanziell nur wenig unterstützen.
12:21Deshalb hat er sich auf ein Zeitungsinserat gemeldet, in dem ein Auslieferungslager für Schallplatten und damit ein guter Nebenverdienst angeboten worden war.
12:31Eine Firma namens Ton- und Musikvertriebs GmbH, die das Inserat aufgegeben hat, reagiert prompt.
12:38Ein freundlicher Vertreter bleibt dem Studenten keine Antwort schuldig.
12:42Schauen Sie, Herr Roth, hier kann ich Ihnen genau erläutern, wie die Ton- und Musikvertriebs GmbH mit ihren Betreuern zusammenarbeitet.
12:49Ah ja, wie funktioniert das denn nun im Einzelnen?
12:52Nun, unsere Firma richtet zunächst beispielsweise hier im Raum südlich von Hamburg einen Betreuerbezirk ein, zu dem zehn Verkaufsstellen gehören.
13:00Was sind das für Verkaufsstellen? Wie sehen die denn aus?
13:04Nun, das können Elektrogeschäfte sein, Drogerien, Supermärkte oder auch Tankstellen.
13:10Aha, also Geschäfte, in denen es normalerweise keine Schallplatten gibt.
13:14Ja, genau. Wir stoßen da gezielt in eine Marktlücke.
13:18Unsere Firma hat mit diesen Geschäftsleuten Verträge abgeschlossen, dass sie in den Ladenräumen Verkaufsständer mit Schallplatten aufstellen darf.
13:26Diese Leute bekommen dann einen Anteil am Gewinn. Das ist doch ganz einfach, nicht?
13:31Tja, doch, doch. Nur Ihre Firma hat die Platten und besorgt die Verkaufsstellen. Na, wozu brauchen Sie dann noch mich als Betreuer?
13:43Aber lieber Herr Roth, das ist ja genau Ihre Chance.
13:46Die Ton- und Musikvertriebs GmbH ist eine relativ kleine Firma, aber die Verkaufsstellen sind im ganzen Bundesgebiet verstreut.
13:53Und da brauchen wir natürlich überall zuverlässige Leute, die am jeweiligen Ort wohnen, die die Verkaufsstellen kontrollieren, die Ständer nachfüllen und dann natürlich auch die Abrechnungen machen.
14:03Ah ja, dann ist das auch klar. Doch nur noch mal zum Geld.
14:08Ich müsste schon ein bisschen genauer wissen, womit ich jeden Monat rechnen kann. Ich brauche das ja für mein Studium.
14:15Ja, natürlich. Moment, das können wir ja gleich mal ausrechnen. Jede Platte kostet bei uns im Endpreis 2,95 Mark.
14:21Davon kriegt das Geschäft, in dem die Ständer aufgestellt sind, 25 Prozent und 20 Prozent bekommt der Betreuer.
14:27Nehmen wir mal an, Sie haben einen Bezirk mit zehn Verkaufsstellen.
14:32Wenn jede pro Tag nur drei Platten verkauft, dann bringt das im Monat einen Umsatz von über 2,500 Mark.
14:3920 Prozent für den Betreuer, das sind also über 500 Mark für Sie.
14:44Und wie ist das, wenn am Tag überall fünf Platten verkauft würden? Was käme dann raus?
14:50Moment, fünf Platten, das sind knapp 4,500. Das heißt fast 900 Mark für Sie, Herr Roth.
14:58Und das ist realistisch. Die Platten gehen weg wie warme Semmeln. Das sind ja auch fast nur Spitzenstaats.
15:03Und dann bei dem Preis, das ist ja kein Wunder. Hier, Peter Alexander, Eintje.
15:10Der Vertreter versteht es recht geschickt, die finanziell offenbar so verlockende Seite seines Angebots in den Vordergrund zu spielen.
15:17Und auch das Plattensortiment, das er vorzeigt, kann sich sehen lassen.
15:22Schließlich hat Martin Roth nur noch ein einziges Problem.
15:26Also das klingt wirklich alles ganz gut.
15:30Ich hätte da nur ein bisschen Schwierigkeiten mit den 3.000 Mark Kaution, von denen in der Anzeige die Rede war.
15:38Ich müsste mir das Geld nämlich extra leihen.
15:43Ja, also Herr Roth, das geht leider nicht anders. Wir vertrauen Ihnen ja immerhin beträchtliche Werte an und da müssen wir schon eine gewisse Sicherheit haben.
15:54Tja, vielleicht könnte man die Kaution reduzieren.
15:57Die Kaution, die die Firma von ihren Betreuern verlangt, ist im Vertrag als feste Bedingung verankert.
16:04Allerdings soll der Betreuer das Geld später zurückbekommen.
16:07Zusätzlich zu seiner normalen Provision sollen in der ersten Zeit weitere 20% auf ein eigenes Sperrkonto eingezahlt werden.
16:15Sobald sich auf diesem Konto 3.000 Mark angesammelt haben, kann der Betreuer das Geld abheben.
16:21Also Herr Roth, ich schätze in vier bis sechs Monaten haben Sie die Kaution zurück.
16:28Und wenn das Geschäft erst einmal läuft, dann geht es vielleicht sogar noch schneller.
16:32Also gut, ich besorge mir das Geld.
16:37501.000, 502.000, 100, 200, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 3.000. Bitte Herr Roth, Ihre 3.000 Mark.
16:47Um die Kaution bezahlen zu können, nimmt Martin Roth ein Darlehen auf.
16:51Der Vater eines Freundes bürgt bei der Bank für den Studenten.
16:54Der junge Mann ist davon überzeugt, den Kredit in spätestens einem halben Jahr zurückzahlen zu können.
17:002.000, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 2.800, 2.900, 3.000.
17:08Wenig später wechselt das Geld erneut den Besitzer.
17:11Martin Roth hat den Vertrag mit der Ton- und Musikvertriebs GmbH unterzeichnet.
17:16Für die 3.000 Mark Kaution erhält er vom Vertreter der Firma eine Liste mit den Adressen der Verkaufsstellen, in denen die Schallplattenstände aufgestellt sind.
17:31Martin Roth beginnt seinen neuen Job zunächst voller Hoffnung.
17:41Der Reihe nach besucht er die Verkaufsstellen in seinem Bezirk.
17:47Guten Tag. Guten Tag.
17:51Mein Name ist Roth. Sind Sie der Herr Weißenburg?
17:54Ja, ja, ganz recht. Was kann ich für Sie tun?
17:56Herr Weißenburg, ich betreue für die Ton- und Musikvertriebs GmbH hier im Bezirk.
18:02Wissen Sie, die Schallplatten, Sie haben doch auch so einen Verkaufsständer da draußen.
18:06Ah ja, Sie kommen wegen der Schallplatten. Da muss ich Ihnen gleich sagen, wenn das nicht besser wird, kommt der Ständer wieder weg.
18:10Ja, aber...
18:11Seit 14 Tagen habe ich die Platten. Und wissen Sie, wie viele ich verkauft habe? Genau zwei Stück.
18:15Zwei Stück?
18:16Ja, zwei Stück.
18:18Das begreife ich.
18:19Der junge Student kann es vorerst kaum glauben.
18:22Was ihm der Inhaber des kleinen Elektrogeschäftes da erzählt.
18:26Er versucht, den Ursachen für den schlechten Plattenverkauf auf den Grund zu kommen.
18:34Aber woran kann das nur liegen?
18:35Völlig unbekannte Namen. Ja, was glauben Sie, wer das Zeug haben will? Kein Mensch, sage ich Ihnen. Kein Mensch.
18:40Das verstehe ich gar nicht.
18:43Da müssen doch auch bessere Platten dabei sein. Von bekannten Sängern.
18:47So, schauen Sie mal.
18:48Da müssen doch auch bessere Platten dabei sein. Von bekannten Sängern.
18:51So, schön wär's ja. Ich hab noch keine gesehen. Leider.
18:55Noch glaubt Martin Roth, dass die Firma Ton- und Musikvertrieb dieser Verkaufsstelle nur irrtümlich die falschen Platten geliefert hat.
19:03Doch bald kann von einem Irrtum keine Rede mehr sein.
19:06Auch die anderen Vermieter der Aufstellplätze beklagen sich über das schlechte, nahezu unverkäufliche Plattensortiment.
19:12Ich verstehe das überhaupt nicht.
19:14Ja, sowas läuft doch nicht. Das ist doch praktisch alles Ramsch. Da müssen ein paar Volkslieder her und Marschmusik und sowas.
19:19Jaja, ich werd gleich der Firma schreiben.
19:22Und so dauert es gar nicht lange, bis die ersten Aufstellplätze verloren gehen.
19:28Die recht ungenauen Verträge, die die Firma Ton- und Musikvertrieb mit den Vermietern der Stellplätze abgeschlossen hat, erleichtern die Kündigung noch zusätzlich.
19:36Also bei mir ist Sense. Am nächsten Ersten verschwindet der Ständer da. Steht bloß rum, versperrt den Platz.
19:42Ich muss ihn jeden Tag reinstellen, jeden Tag rausstellen. Und verdienen tu ich nix mit dem Ding da.
19:48Aber das geht doch nicht so einfach.
19:50Im Vertrag steht nix von Kündigungsfrist. Also der nächste Erste ist für das Ding da der letzte junger Mann.
19:59Martin Roth wird allmählich klar, dass sich das Geschäft mit den Schallplatten mehr und mehr in Luft auflösen wird.
20:05Und er beginnt nun auch, um die Rückzahlung seiner 3000 Mark Kaution zu bangen.
20:17Zusammen mit einem Freund, der Jura studiert, setzt er sich deshalb eines Abends hin, um einen Brief an die Firma Ton- und Musikvertrieb zu schreiben.
20:25Der ist ganz komisch. Das sieht man doch auf den ersten Blick. Den hättest du nie unterschreiben dürfen.
20:29Naja, das ist jetzt mal passiert. Das ist nicht mehr zu ändern. Was schlägst du vor?
20:32Was willst du denen nun genau sagen?
20:34Zunächst mal wegen der Platten. Die sollen andere Platten in die Ständer tun.
20:38Von besseren Sängern, außerdem Märsche und Blasmusik.
20:42Ja gut, wir können's ja versuchen. Aber ich glaub nicht, dass da viel drin ist.
20:45Im Vertrag steht nur, dass die Platten fabrikneu sein müssen.
20:49Das bedeutet, dass sie dir auch die letzten Ladenhüter andrehen können.
20:52Aber wenn wir den gleich ein bisschen einheizen, vielleicht zieht das.
20:55Ja, und dann machen wir denen mal die Rechnung auf.
20:58Ja, und dann machen wir denen mal die Rechnung auf.
21:00Dass in sechs Wochen in keiner Verkaufsstelle mehr als zehn Platten verkauft worden sind.
21:05Dabei hab ich noch keine 60 Mark verdient.
21:08Mensch, das reicht ja nicht mal für den Sprit, den du verfährst.
21:10Ich mein, wenn du die Verkaufsstellen besuchst.
21:13Das ist ja der Mist. Ich leg's sogar noch drauf.
21:16Außerdem muss ich noch die Zinsen bezahlen für die 3000 Mark Kaution.
21:20Das kommt noch dazu.
21:22Ich hab's mal ausgerechnet.
21:24Rund 5000 Platten müssten verkauft werden, bis die 3000 Mark auf dem Sperrkonto sind.
21:29Mensch, das ist doch nie zu schaffen. Das dauert doch Jahre.
21:32Noch dazu, wo keiner mehr die Verkaufsstände aufstellen will.
21:35Na, dann lass uns erst mal anfangen mit dem Brief.
21:38Vielleicht sehen wir auch zu schwarz.
21:40Hoffentlich.
21:47Martin Roth hofft vergeblich.
21:50Wenige Tage später schon antwortet die Firma Ton- und Musikvertrieb.
21:58Der Inhalt des Briefes verschlägt den beiden Studenten,
22:01die beim Essen in der Mensa darüber diskutieren, gründlich den Appetit.
22:10Das ist eine Frechheit.
22:12Jetzt schicken wir die nochmal so einen Stapel miese Platten.
22:15Tatsächlich.
22:16Hier, wie ich befürchtet habe,
22:18bedauern wir es allerdings, ihre Sonderwünsche nicht erfüllen zu können,
22:22da Platten mit den von Ihnen genannten Sängern und Orchestern zu unseren Preisen nicht zu haben sind.
22:27Tja, und lies mal weiter.
22:29Jetzt soll ich auch für die abgesprungenen Verkaufsstellen wieder neue suchen.
22:33Das stünde schließlich auch im Vertrag.
22:35Das darf doch alles nicht wahr sein.
22:37Die haben dich ganz schön übers Ohr gehauen.
22:39Du zahlst die Kaution und hast trotzdem das ganze Risiko, wenn das Geschäft nicht läuft.
22:44Kein Verdienst, 3000 Mark sind weg, neue Verkaufsstellen suchen.
22:48Also der Vertrag ist ganz klar sittenwidrig.
22:51Den musst du anfechten und auf Rückzahlung der Kaution klagen.
22:58Der junge Mann, den wir Martin Roth genannt haben, hat den Rat seines Freundes befolgt
23:02und die Firma vor einem Zivilgericht verklagt.
23:06Dabei ist es dann allerdings zu einem Ergebnis gekommen,
23:09das seinen Glauben an den Rechtsstaat erschüttert hat.
23:12Er bekam nämlich Recht und verlor trotzdem sein Geld.
23:15Denn die Firma hat ein besonderes System entwickelt, um auch der Justiz zu entwischen.
23:20Sie legt gegen alle Gerichtsentscheide, in denen sie zur Rückzahlung der Kautionen verurteilt wird,
23:25Berufung ein.
23:26Dadurch werden die Urteile zunächst nicht rechtskräftig
23:29und die Firma braucht vorerst noch nicht zu zahlen.
23:33Stattdessen nutzt sie die Zeit bis zu einer neuen Verhandlung,
23:36um noch möglichst viele Opfer hereinzulegen
23:39und alles Geld sofort in dunklen Kanälen verschwinden zu lassen.
23:43Dann meldet sie Konkurs an,
23:45sodass auch mit einem rechtskräftigen Urteil nichts mehr zu holen ist.
23:51Auch unser nächstes Beispiel, meine Damen und Herren, zeigt recht deutlich,
23:55mit welchem psychologischen Geschick Betrüger sich jeweils auf die besonderen Interessen
23:59und auf die Schwächen ihrer Opfer einzustellen vermögen.
24:03Der Gauner, dessen Arbeitsweise wir Ihnen jetzt zeigen wollen,
24:06nutzt ganz gezielt die Sorge der Eltern aus,
24:09die ihre Kinder jeden Tag auf dem Schulweg im dichten Straßenverkehr in großer Gefahr wissen.
24:15Und dabei versteht er es, die Angst der Eltern so zu schüren,
24:18dass sie schließlich noch dankbar sind, wenn ihnen das Geld aus der Tasche gezogen wird.
24:30Sibylle, Anja und Monika wohnen in München.
24:33Ihr Schulweg ist zwar nicht sehr weit,
24:35aber sie müssen mehrere Straßen überqueren, auf denen besonders starker Verkehr herrscht.
24:54Kaum jemand nimmt von den Mädchen Notiz.
24:58Nur ein Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite verfolgt interessiert,
25:02wie sich die Kinder verabschieden.
25:10Tschau, bis zum Schwimmbad.
25:17Sibylle ist mit dem Gedanken schon beim Schwimmen am Nachmittag.
25:20Und sie will jetzt schnell nach Hause, um ihre Schularbeiten zu machen.
25:23Sie achtet nur flüchtig auf den Verkehr.
25:31Und beinahe wäre sie von einem Auto erfasst worden.
25:34Eine gefährliche Situation.
25:37Der Mann auf der anderen Straßenseite hat die Szene genau beobachtet.
25:40Er spricht das Mädchen an und es scheint zunächst, als wolle er das Kind trösten.
25:45Du musst besser aufpassen, so geht das nicht.
25:47Stell dir mal vor, was da alles passieren kann.
25:50Der fremde Mann, der sich um die Sicherheit des Kindes so besorgt zeigt,
25:53verfolgt mit seiner Strafpredigt einen ganz bestimmten Zweck.
25:57Er schüchtert das verschreckte Mädchen damit noch weiter ein
26:00und so wagt Sibylle nicht zu widersprechen, als er streng erklärt,
26:03er müsse jetzt mit ihrer Mutter sprechen.
26:07Die Kinder sind auf dem Weg zum Schwimmbad,
26:09um ihre Schularbeiten zu machen.
26:11Sie sind auf dem Weg zum Schwimmbad, um ihre Schularbeiten zu machen.
26:14Sie sind auf dem Weg zum Schwimmbad, um ihre Schularbeiten zu machen.
26:17Sie müssen jetzt mit ihrer Mutter sprechen.
26:29Hast du den Schlüssel vergessen?
26:30Ja, bitte.
26:31Was ist denn? Ist was passiert?
26:33Grüß Gott, Frau Moser.
26:34Ja, grüß Gott.
26:35Sind Sie die Mutter von der Kleinen?
26:37Nein, nein, die ist einkaufen, ich bin die Oma.
26:39Sibylle ist meine Enkelin.
26:41Ja, aber was ist denn, wer sind Sie denn?
26:44Oh, Verzeihung.
26:45Bayerl vom Jugendamt.
26:47Wir müssen mal über Sibylle reden.
26:50Darf ich?
26:51Jugendamt?
26:52Ja, wieso denn Jugendamt?
26:54Was hat sie denn mit dem Jugendamt zu tun?
26:56Das ist sehr wichtig, Frau Moser.
26:58Sie ist jetzt schon mehrfach aufgefallen.
27:00Das ist eine sehr ernste Sache.
27:02Ja?
27:03Darf ich mal Ihren Ausweis sehen, bitte?
27:05Ja, aber gehen wir doch erstmal rein.
27:08Ja, bitte, ganz ruhig, hinten.
27:12Auch jetzt bleibt das sichere Auftreten des Mannes nicht ohne Wirkung.
27:16Die Großmutter der Kleinen Sibylle wagt nicht, ihre Frage nach dem Ausweis zu wiederholen.
27:21Der Mann, der angeblich vom Jugendamt kommt, will dienstlich und unter vier Augen mit der Großmutter reden.
27:26Die Frau schickt Sibylle ins Kinderzimmer.
27:29Du gehst jetzt ins Kinderzimmer, ja? Sei so lieb.
27:31Bitte nehmen Sie doch Platz.
27:33Sagen Sie, was war denn eigentlich? Was ist denn passiert? Was hat sie denn gemacht?
27:36Dann schildert der Mann den Vorfall von der Herzogstraße und zwar so drastisch, dass die Großmutter fast den Eindruck gewinnt,
27:43der Mann habe ihrem Enkelkind das Leben gerettet.
27:46Ja, passen Sie auf, da habe ich Ihnen den Fall geschildert.
27:48Da war also ein LKW geparkt in der zweiten Reihe.
27:52Sibylle hat ihren Geschwistern von dem Erlebnis auf dem Schulweg erzählt.
27:56Ängstlich wartet sie auf das Ende des Gesprächs im Wohnzimmer.
28:06Das ist also das geparkte Fahrzeug, das ist der Lieferwagen.
28:20Der angebliche Beamte lässt sich auch durch unvorhergesehene Zwischenfälle nicht aus dem Konzept bringen.
28:26Als Sibylles Mutter vom Einkaufen nach Hause kommt, fängt er mit seiner Geschichte einfach noch einmal von vorn an.
28:32Du musst mit deiner neumatischen Erziehung, das ist einfach nichts.
28:35Ich sage damit nichts.
28:36Doch, natürlich, du passt immer nicht auf.
28:38Ja, Frau Moser, das ist jetzt schon das dritte Mal, dass Ihre Tochter aufgefallen ist.
28:42Das nächste Mal geht es vielleicht böse aus.
28:45Erst in der letzten Woche haben wir einen Fall gehabt.
28:47Das Kind ist direkt ins Auto gelaufen.
28:49Schädelbasisbruch. Da war nichts mehr zu machen.
28:52Ja, ja, ich weiß, aber was soll ich denn machen? Ich kann doch nicht jeden Schritt hinter ihr hier laufen.
28:57Nun, die Verantwortung kann Ihnen keiner abnehmen.
29:00Und wir müssen da hart durchgreifen, bevor noch mehr passiert.
29:04Eine Strafanzeige ist das Mindeste.
29:07Es gibt eine Gerichtsverhandlung.
29:09Ich würde sagen...
29:11Na ja, da hab ich's.
29:13In einem ähnlichen Fall haben die Eltern 280 Mark Strafe zahlen müssen.
29:17Was?
29:18280 Mark nur wegen über die Straße laufen?
29:21Ja, das müssen Sie verstehen.
29:22Damit soll eine gewisse Abschreckung bewirkt werden.
29:25Allerdings in Ihrem Fall, die Sibylle ist ja sonst schon sehr vernünftig.
29:30Und das wird ihr ja wohl auch eine Lehre gewesen sein.
29:32Also ich würde sagen, wenn es nach mir geht, dann könnten wir noch mal von einer Anzeige absehen.
29:38Ich müsste das allerdings auf meine Kappe nehmen.
29:40Aber um eine gebührenpflichtige Verwarnung kommen wir bestimmt nicht herum.
29:45Tja. Und wie viel wäre das denn?
29:48Ja, Frau Moser, da gibt es feste Sätze. Das ist wie beim Bußgeldkatalog.
29:51In Ihrem Fall wären das 25 Mark. Sind Sie damit einverstanden?
29:54Tja, da hilft ja dann wohl nichts.
29:56Gut.
29:58Während der Betrüger sein schnell verdientes Geld kassiert, ist Frau Moser beinahe dankbar,
30:03dass sie so glimpflich davongekommen ist.
30:06So, und hier wäre die Quittung. Und damit ist dann der Fall für uns erledigt.
30:11Dass die Quittung völlig wertlos ist, bemerkt sie zunächst nicht.
30:16Und erst später erfährt sie beim Jugendamt, dass es einen Beamten namens Bayerl überhaupt nicht gibt.
30:26Der Mann, dessen wirklichen Namen die Polizei bis heute nicht kennt,
30:30kann sicher sein, dass er bald ein neues Opfer findet.
30:33Denn es ist nicht schwer, Kinder zu beobachten, die sich im Straßenverkehr falsch verhalten.
30:38Und die Eltern werden dafür bezahlen, weil sie Angst haben oder ein schlechtes Gewissen.
30:43Ein schlechtes Gewissen, das ihnen der Betrüger erst einredet und dann skrupellos ausnützt.
30:50Die Bereitschaft für Familienmitglieder einzustehen,
30:52wird auch auf andere, nicht weniger infame Weise, von Gaunern für ihre Zwecke missbraucht.
30:57Wie in unserem nächsten Fall.
31:00Der Mann, dessen Tricks Sie gleich sehen werden, findet seine Opfer ebenfalls dort,
31:04wo Menschen sich nicht selbst wehren können und wo Angehörige eine vermeintliche Verfehlung wiedergutmachen wollen.
31:11Die wäre schon recht.
31:16Maria Hartmann und ihre Schwiegertochter haben an einem Märztag im Jahr 1973 viele traurige Formalitäten zu erledigen.
31:25Die alte Dame ist Witwe geworden. Ihr Mann ist am Vortag nach kurzem Krankenhausaufenthalt gestorben.
31:31Ja, das ist dann schon recht. Sie brauchen nur noch den Namen, nicht Hartmann, Richard Hartmann. Ganz normal.
31:40Wollen Sie eine Berufsbezeichnung mit hineinnehmen?
31:43Mein Opa war bei der Eisenbahn.
31:46Ja, schreiben Sie ruhig. Bundesbahnamtmann ade.
31:53Richard Hartmann hatte viele Freunde und Bekannte.
31:56Zahlreiche Menschen werden am nächsten Tag betroffen die Nachricht von seinem plötzlichen Tode lesen.
32:02Aber auch ein Mann, der der Familie völlig unbekannt ist,
32:05interessiert sich mehrere hundert Kilometer entfernt in einer oberfränkischen Kleinstadt für die Todesanzeige.
32:18So, die nehme ich heute auch noch.
32:20Jawohl, Herr Lohenz.
32:221,80, 2,80, 3,90, 4,90.
32:283,90, 4,90.
32:31Bitteschön.
32:3310 Mark, 5 und 5 bis 10.
32:37Dankeschön.
32:38Danke auch.
32:39Wiedersehen, Herr Lohenz.
32:40Wiedersehen.
32:41Der junge Mann, er nennt sich Gerhard Lohenz, gehört seit einigen Monaten zu den Stammkunden in einem großen Zeitungsgeschäft.
32:48Er kauft jeden Morgen verschiedene Tageszeitungen aus der ganzen Bundesrepublik.
32:53Der Händler hält ihn für einen besonders interessierten und bildungshungrigen Kunden.
33:00Aber Gerhard Lohenz kümmert sich weder um die Politik noch um den Wirtschaftsteil.
33:05Er kauft die Zeitungen lediglich wegen der Todesanzeigen.
33:14Auf diese Weise erfährt er am einfachsten Namen und Adressen von Familien,
33:18in denen um einen verstorbenen Angehörigen getrauert wird.
33:23Dabei interessiert er sich allerdings nur für solche Familien, in denen ein älterer Mann gestorben ist.
33:30Er überträgt die Adressen auf vorgedruckte Briefumschläge mit dem Absender eines Versandgeschäftes für sechs Artikel,
33:36das in Wirklichkeit gar nicht existiert.
33:40Aber er schreibt nicht etwa die Verwandten an, deren Namen in den Todesanzeigen stehen.
33:45Er schickt seine Briefe an die Toten.
33:53Die Toten
34:12Moin Frau Hartmann, die Post.
34:14Morgen, Dankeschön.
34:15Ein herzlichstes Beileid.
34:16Danke.
34:17Komm gut, geh rein.
34:18Hier ist ja noch was für den Mann dabei. Auf Wiedersehen.
34:21Auf Wiedersehen.
34:25Bei Familie Hartmann ist inzwischen wieder der Alltag eingekehrt.
34:29Auch die Witwe des Verstorbenen beginnt, sich an das Unabänderliche zu gewöhnen.
34:34Doch dann bringt der Postbote einen Brief, der der 60-Jährigen die mühsam gewonnene Fassung wieder raubt.
34:40Den Brief aus Oberfranken mit dem Absender des Sechs-Versandhauses.
34:52Schau mal, was hat er da?
34:54Nein, nein, das ist nichts für dich.
34:56Hör doch mal, die Mutti kommt.
34:58Guck mal, was sie eingekauft hat.
35:02Der Brief von der angeblichen Versandfirma für Sechs- und Intimartikel versetzt Frau Hartmann einen Schock.
35:08In dem vorgedruckten Schreiben wird ein Betrag von 63 Mark und 8 Pfennigen angegeben.
35:15Für die Frau ist es zunächst unfassbar, dass ihr Mann heimlich bei einer Sechs-Firma etwas gekauft haben soll.
35:21Für sie ist der Bezug von Intimartikeln eine schlechthin indiskutable Sache, die sie auch ihrem Mann nie zugetraut hätte.
35:28Sie zweifelt zwar noch, dass sie die Firma verliebt hat,
35:31aber sie weiß, dass sie die Firma verliebt hat,
35:34und dass sie die Firma verliebt hat,
35:36aber sie weiß, dass sie die Firma verliebt hat,
35:40die sie auch ihrem Mann nie zugetraut hätte.
35:43Sie zweifelt zwar noch, aber auf keinen Fall, so überlegt sie, darf jemand etwas davon erfahren.
35:49Was ist das denn für ein Brief?
35:51Das ist ganz unwichtig, das hat gar nichts zu bedeuten gelassen.
35:54Zeig doch mal.
36:00Noch am selben Tag tut Frau Hartmann genau das, was der Betrüger sich ausgerechnet hat.
36:06Um die vermeintlich so peinliche Angelegenheit möglichst schnell aus der Welt zu schaffen,
36:11füllt sie die Zahlkarte aus, die dem Brief von der angeblichen Sechs-Firma beilag,
36:15und überweist den geforderten Betrag von 63 Mark und 8 Pfennigen.
36:37Zwei Tage später wird der Betrag zusammen mit vielen anderen Zahlungen
36:41auf dem Konto von Gerhard Lorenz gutgeschrieben.
36:56Wie jeden Tag hat der junge Mann inzwischen wieder neue Zeitungen mit neuen Todesanzeigen gekauft
37:02und sorgt so dafür, dass der Umsatz seines Unternehmens nicht zurückgeht.
37:23Sie sehen, meine Damen und Herren, auf dem Sektor Betrug ist nicht so abwegig,
37:27dass grublose Gauner nicht Kapital daraus schlagen würden.
37:30Die Lehre daraus, selbst wenn eine Sache peinlich ist, sollte man versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren,
37:36denn, wie Sie gesehen haben, gibt es Leute, die solche unangenehmen Situationen künstlich herbeiführen.
37:44Und nun, meine Damen und Herren, wie immer am Schluss dieser Sendung unser Experiment.
37:49Sie wissen, bei diesen Experimenten ist nichts gestellt.
37:52Die Beteiligten sind keine Schauspieler, sondern unsere Mitarbeiter,
37:56die selbst in die Rollen von Betrügern und Trickdieben schlüpfen,
37:59um zu testen, wie leicht oder wie schwer es ist, an andere Leute Geld zu kommen.
38:05Es geht diesmal um eine Masche, die in letzter Zeit zumindest bei echten Gaunern frappierend funktioniert.
38:11Schauen Sie sich an, wie es bei uns gelaufen ist.
38:15Als Testobjekte hatten wir diesmal kleinere Tabakgeschäfte ausgewählt.
38:19Zunächst betrat unser Mitarbeiter Bernd Schröder jeweils den Laden,
38:23gefolgt von einem zweiten Mann, der die Kamera versteckt in einer Ledertasche unter dem Armtuch.
38:28Die beiden zeigen natürlich nicht, dass sie sich kennen.
38:32Bernd Schröder verwickelt die Geschäftsinhaberin zunächst in ein Verkaufsgespräch.
38:36Er sucht angeblich als Geschenk eine teure Kiste Zigarren.
38:41So was wäre gut.
38:49Plötzlich hat vor dem Geschäft ein Kunde anscheinend Schwierigkeiten mit dem Automaten.
38:54Auch dieser Mann gehört zu unserem Team.
38:58Ja, das ist ganz hübsch.
39:00Was war da?
39:08Kaputt oder was?
39:15Ich schau mir gerade mal an, was sie da noch so haben.
39:18Ja, ich schau gerade mal, da ist ja auch noch was.
39:22Auf diesen Moment hat der angebliche Kunde im Laden nur gewartet.
39:26So wie er mit dem Kameramann allein ist, greift er zielstrebig in die Regale.
39:31Die Geschäftsfrau versucht währenddessen draußen auf der Straße einen vermeintlichen Defekt am Automaten zu beheben.
39:38Ohne Eile kann unser Mann im Laden seine mitgebrachte Aktentasche füllen.
39:43Inzwischen hat die Frau festgestellt, dass der Automat völlig in Ordnung ist.
39:48Na, geht's?
39:49Es geht wunderbar.
39:50Etwas misstrauisch geworden kommen sie zurück, doch sie bemerkt nichts.
39:54Der Kunde hat es nun plötzlich recht eilig.
39:57Ohne die Zigarren zu kaufen, verlässt er das kleine Geschäft.
40:02Und wie man sieht, hat sich die Sache gelohnt.
40:05Ein echter Trickdieb wäre mit seiner Beute verschwunden.
40:08Wir haben die gestohlenen Flaschen natürlich zurückgebracht.
40:13Den Trick allerdings haben wir dann gleich noch einmal wiederholt.
40:17Im nächsten Tabakgeschäft trafen unsere Mitarbeiter auf einen Mann.
40:22Ist das offen, ja?
40:23Ah ja, das ist sehr hübsch.
40:27Ja, also ich habe Zeit.
40:29Wieder gelingt es, den Inhaber nach draußen zu locken.
40:32In diesem Geschäft stellen sich dem vermeintlichen Trickdieb zunächst einige Schwierigkeiten in den Weg.
40:37Der Inhaber hat ein Teil der Auslagestücke festgeklebt.
40:41Dennoch gelingt es, unsere Mitarbeiter sich zu bedienen,
40:44während der Geschäftsmann draußen den geöffneten Automaten untersucht.
40:52Auch im nächsten Fall ist der Verkäufer artlos mit nach draußen gegangen.
40:57Und der Kunde, der nach den teuren Zigarren gefragt hat, zögert auch hier nicht, die Situation auszunutzen.
41:07Und so geht es weiter, der vierte Versuch.
41:10Mit dem Automaten geht nicht.
41:11Geht nicht?
41:12Nein.
41:13Haben Sie überzeugt?
41:14Ja, das war wahnsinnig. Ich wollte mal ein Auto rausschmeißen.
41:16Zwei Mal kam es nicht.
41:17Schauen Sie mal raus, bitte.
41:18Vielleicht Händler oder was.
41:19Auch die ältere Dame geht mit zum Automaten und überlässt den Laden zwei Kunden,
41:23die mit der Absicht gekommen sind, ohne Geld einzukaufen.
41:27Zunächst Kaffee, dann Tabak und schließlich eine Flasche Sekt.
41:43Auch bei den nächsten beiden Versuchen haben unsere Mitarbeiter Erfolg.
41:46Zunächst bei einem jüngeren Verkäufer, der später mehrere teure Tabakspfeifen vermissen wird.
41:59Und schließlich in diesem Geschäft, wo sich die Inhaberin ebenfalls zum Automaten locken lässt.
42:05Und wieder bleibt für unseren Mann genügend Zeit, sich in aller Ruhe zu bedienen.
42:09Diesmal hat er es auf Zigarren und auf Tabak abgesehen.
42:13Und wie in allen anderen Fällen zuvor, kann er anschließend ungeschoren verschwinden.
42:18Insgesamt hat er in recht kurzer Zeit zusammen mit seinem Helfer in acht Geschäften Waren für mehr als 300 Mark erbeutet.
42:27Auch wenn man kein Tabakgeschäft hat, meine Damen und Herren, kann man von unserem Experiment sicher profitieren.
42:33Denn der Masche, die wir Ihnen gezeigt haben, liegt ein weit verbreitetes Muster zugrunde.
42:38Auch in vielen anderen Bereichen versuchen Gauner und Diebe immer wieder, ihre Opfer abzulenken, um dann ungestört stehlen zu können.
42:46Nicht zuletzt arbeiten zum Beispiel diebische Hausierer und Vertreter nach diesem Prinzip.
42:52Wenn sie erst einmal in der Wohnung sind, fragen sie etwa harmlos nach einem Glas Wasser, um für einen Augenblick allein im Zimmer zu sein.
43:00Schützen kann man sich auch in solchen Fällen eigentlich nur durch eine gesunde Portion Vorsicht und Misstrauen.
43:05Und damit auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal bei der Sendung Vorsicht Falle!
43:35Untertitel der Amara.org-Community
44:05Die Sendung wurde vom NDR live untertitelt

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