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Peter Tillmann ist Milchbauer. Seine Herausforderung: Eine Ehepartnerin zu finden, die mit ihm dieses harte Leben teilt. Gibt es diese Frau?

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Transkript
00:00Peter Tillmann ist Milchbauer.
00:02Auf dem Hof seiner Familie, voller Einsatz, 7 Tage die Woche.
00:06Jahr für Jahr geben in Deutschland Tausende Landwirte auf.
00:10Für sie rechnet sich der Beruf nicht mehr.
00:13Je älter man wird und man eine Ausbildung macht,
00:16desto mehr überlegt man, ist das das Richtige?
00:19Möchte ich das auf Dauer machen?
00:21Peter Tillmann ist Milchbauer.
00:23Auf dem Hof seiner Familie, voller Einsatz, 7 Tage die Woche.
00:27Möchte ich das auf Dauer machen?
00:29Und dann die Herausforderung, einen Ehepartner zu finden,
00:33der mit einem dieses harte Leben teilt.
00:36Heiraten oder aufgeben,
00:38wie geht es weiter für Milchbauer Peter Tillmann?
00:41Unruhe im Stall. Eine Kuh, kurz vor der Geburt.
01:01Doch etwas stimmt nicht.
01:04Papa?
01:06Peter, ich höre dich. Du mich auch?
01:08Ja, ich höre dich.
01:10Geburtshelfer und Stricker oben im Stall.
01:14Jetzt muss es schnell gehen.
01:17Das Kalb liegt verkehrt herum im Mutterleib.
01:25Peter und Vater Antonius Tillmann
01:27haben schon viele schwierige Geburten begleitet.
01:31Wenn das Kalb rückwärts kommt, ist die große Gefahr,
01:34dass die Nabelschnur schon reißt
01:36und der Kopf noch im Körper drin ist.
01:38Und dann erstickt das Kalb.
01:40Das hat jetzt aber gut geklappt.
01:42Das kommt auch nur sehr selten vor.
01:44Aber dann ist es einfach wichtig, da schnell einzugreifen.
01:47Die meisten Kühe bei uns kalben Gott sei Dank alleine.
01:50Minuten nach der Geburt.
01:52Kuh und Kälbchen geht es gut.
01:55Sie gehören zu den 200 Tieren
01:57auf dem Hof der Familie Tillmann im Kreis Höxter.
02:00Im östlichen Westfalen.
02:02Ein typischer Familienbetrieb.
02:04120 Milchkühe, 90 ha groß, jährlicher Umsatz 600.000 Euro.
02:09In guten Jahren machen sie etwa 100.000 Euro Gewinn.
02:12Der wiederum zu einem großen Teil besteht aus Subventionen
02:16von der EU und aus dem deutschen Staatshaushalt.
02:19Peter hat sich zum Landwirt ausbilden lassen.
02:22Er blickt auf eine lange Familientradition zurück,
02:25ist Bauer in der 5. Generation.
02:27Es soll nicht die letzte sein.
02:29Wenn man natürlich weiterdenkt und das Ziel ist,
02:32den Betrieb in die nächste Generation zu übergeben,
02:35dann ist es wichtig, eine Partnerin zu finden,
02:38mit der man Kinder hat.
02:40Er hat sich auf Feiern in den umliegenden Dörfern umgesehen,
02:43auch im Internet.
02:45Bislang ohne Erfolg.
02:47Ehrlich gesagt kein Wunder.
02:49Hören wir uns mal an, welcher Tagesablauf auf dem Hof üblich ist.
02:53Wir sind heute Morgen um 6.30 Uhr angefangen,
02:56damit wir zeitlich die Tiere versorgt haben.
02:5910, 11 Uhr wird wahrscheinlich Feierabend sein.
03:02Das wissen wir gerade aber noch nicht so genau.
03:05Zugegeben, nicht jeder Arbeitstag ist so lang.
03:08Auf dem Feld kann nur gearbeitet werden,
03:10wenn das Wetter mitspielt.
03:12Das meiste Geld verdienen sie mit der Milch.
03:15Nebenbei bauen sie auch Brotweizen an.
03:17Aber lohnt sich die harte Arbeit?
03:19Der durchschnittliche Lohn von Peter und seinem Vater,
03:2213 Euro netto, haben sie ausgerechnet.
03:24Reicht das für eine künftige Jungbäuerin?
03:271970 gab es über 1 Mio. Bauern in Deutschland.
03:30Über 3 Viertel haben seitdem aufgegeben.
03:33Für Peter nachvollziehbar.
03:35Erst recht, wenn er eines Tages allein, ohne Frau,
03:38hier schuften sollte.
03:40Als Kind habe ich hier schon immer viel mitgeholfen.
03:43Damals war für mich immer total klar, ich will mal Landwirt werden.
03:47Ich wollte immer das machen,
03:49was mein Opa und mein Vater gemacht haben.
03:52Je älter man wird und man eine Ausbildung macht,
03:55desto mehr überlegt man, ist das das Richtige?
03:58Möchte ich das auf Dauer machen?
04:00Zumal die Anforderungen an die Landwirte steigen.
04:03Etwa, wenn ein Tier krank wird.
04:07Die Kuh hat Milchfieber.
04:09Die Kuh hat gestern ihr 5. Kalb bekommen.
04:12Beim Milchfieber ist das Problem,
04:14sie schafft es nicht,
04:16genug Kalzium im 1. Moment zu mobilisieren.
04:19Das ist gerade bei älteren Kühen ein Problem.
04:22Ich gebe dir gleich etwas Kalzium unter die Haut.
04:25Eine Stoffwechselerkrankung.
04:27Die Kuh hat nicht mehr die Kraft aufzustehen.
04:30Ihr Puls wird schwächer.
04:32Das Kalzium muss jetzt in die Vene oder in die Ader.
04:36Die suche ich jetzt.
04:40Ohne Behandlung kann Milchfieber
04:42im schlimmsten Fall zum Tod des Tieres führen.
04:45Früher haben sich Tierärzte darum gekümmert.
04:48Die Milchbauern übernehmen zunehmend deren Aufgaben.
04:55Ähnliches gilt bei der künstlichen Besamung von Kühen,
04:58um eine Schwangerschaft herbeizuführen.
05:01Auf diesem Hof 150-mal im Jahr.
05:05Das Sperma ist tiefgefroren.
05:07Wir müssen das hier auftauen,
05:09damit das in der Kuh nachher seine Wirkung entfalten kann.
05:14Früher erledigte auch das der Tierarzt.
05:17Doch der kostet Geld.
05:19Vater Tillmann legt nun selbst Hand an.
05:22Ich lege jetzt den Samen im Gebärmutterhorn ab.
05:26Rechts oder links ist im Prinzip egal.
05:29Alles muss dokumentiert werden.
05:31Jede Besamung, jede Geburt eines Kälbchens, jede Medikation.
05:35Ob und wenn ja, welcher Dünger eingesetzt wurde,
05:38seitenlange Anträge für EU-Agenten.
05:41Berichte über Umwelt- und Tierwohlstandards
05:44in mehrfacher Ausführung für lokale Behörden,
05:47für den Bund oder die EU.
05:49Die Kuh hat sich gut berühren lassen.
05:52Im Büro verbringen sie täglich etwa 1 h.
05:55Deutsche Landwirte klagen seit Jahren über zu viel Bürokratie.
05:59So bleibt weniger Zeit für die Arbeit mit den Tieren.
06:03Doch genau die ist es, die Peter Tillmann so viel verliebt.
06:07Wenn er etwa einem Kälbchen das Saugen beibringt.
06:10Natur bedeutet v.a. auch immer, der Stärke überlebt.
06:13D.h. auch ein Teil Tiere schaffen es einfach nicht,
06:16weil sie z.B. nicht die Zitze sofort finden und sterben dann.
06:20Dadurch, dass wir hier einfach noch mal nachgucken,
06:23haben wir eigentlich die Chance, dass es alle leeren.
06:26U.a. auch dieses Kälbchen.
06:28Weniger füllend, aber genauso wichtig, die Reinigung des Stalls.
06:35Unsere Kühe werden morgens gefüttert
06:38und haben dann Futter für 24 h.
06:40Und es ist immer wichtig, dass die Kühe da sind.
06:43Die Kühe sind immer wichtig.
06:45Die Kühe sind immer wichtig.
06:47Die Kühe sind immer wichtig.
06:49Die Kühe sind immer wichtig.
06:51Die Kühe sind immer wichtig.
06:53Wir haben hier Futter für 24 h.
06:55Und es ist immer wichtig, bevor wir das neue Futter wieder reinbringen,
06:59dass der Futtertisch einmal komplett sauber ist.
07:02Er wird einmal abgefegt, das restliche Futter wird weggeschoben.
07:06Dann geht es wieder von Neuem los.
07:08Eine Kuh liefert täglich rund 30 l Milch.
07:11Der Hof produziert zwischen 3000 und 3500 l Milch am Tag.
07:15Der Roboter melkt die Kuh.
07:17Dann wird die Milch hier erst gesammelt,
07:20bis die Kuh fertig ist mit Melken.
07:22Dann wird die Milch abgepumpt, wird hier durch den Filter gedrückt
07:26und geht dann in den Tank.
07:28Da wird sie dann auf 4°C gekühlt
07:30und alle 2 Tage von der Molkerei abgeholt.
07:33Die Tiere müssen sich daran gewöhnen,
07:35regelmäßig den Melkroboter aufzusuchen.
07:38Scheuen Tieren fällt das schwer.
07:40Sie gilt es zu beruhigen.
07:42Feines Tier bist du, ne?
07:44Ganz feines.
07:46Und so artig, ne?
07:49Ach ja, das geht schon, ne?
07:52Der Melkroboter kostet über 150.000 Euro.
07:55Er reduziert nicht nur den Arbeitsaufwand.
07:58Sensoren helfen die Gesundheit der Tiere zu kontrollieren.
08:02Der große Vorteil ist, alle Kühe haben ein Halsband um.
08:06Da kann ich ganz klar sehen, hat die Kuh genug gekaut,
08:09hat sie sich genug bewegt oder auch nicht.
08:12Dann kann ich nach den Tieren gucken
08:15und könnte im Notfall auch den Tierarzt anrufen.
08:19In der Regel geht es den Tieren gut.
08:22Tillmanns Betrieb ist seit wenigen Jahren ein Biohof.
08:26Chemie wird nur nach strengen Auflagen eingesetzt.
08:29Die Neuerungen, ein Kraftakt für die ganze Familie.
08:33Das geht für mich im Moment nur,
08:35weil ich das zusammen mit meinem Vater machen kann.
08:38Hätte ich diese Umstellung alleine machen müssen,
08:41wäre mir das zu viel geworden.
08:43Es gibt unheimlich viele Dinge, die wir neu lernen,
08:46die wir beachten müssen.
08:48Z.B. bei der Zusammensetzung der Silage,
08:51die den Tieren verfüttert wird.
08:53Auf diesem Hof ist sie eine Mischung aus Gras,
08:56Klee, Mais, Getreide und Ackerbodenschrot.
08:596 t Tiernahrung jeden Tag.
09:01Die Silage im Sommer auf dem Hof zu lagern, eine Kunst für sich.
09:05Sie muss verdichtet werden, damit sich kein Schimmel bildet.
09:09Die Silage muss abgedeckt und dicht abdecken,
09:12damit Regenwasser sie nicht kontaminiert.
09:15Eine Vielzahl von gesetzlichen Auflagen gilt es,
09:18bei der Silage zu erfüllen, zum Schutz der Umwelt und der Tiere.
09:22Biomilch zu produzieren ist das eine, sie zu verkaufen etwas ganz anderes.
09:26Zwar wünschen sich viele Kunden Biomilch.
09:29Andererseits muss es dann aber auch gekauft werden.
09:32Es ist etwas teurer.
09:34Da merken wir immer wieder, da ist dann das Problem.
09:37Die Silage im Sommer wird konservativ.
09:41Sonntags geht Antonius Tillmann
09:43in einem Nachbarort zum katholischen Gottesdienst.
09:46Pater Peter Jochen betreut die Gemeinde.
09:49Früher arbeitete er als Studentenpfarrer in Dortmund.
09:52Für ihn hängen hier auf dem Land Glaube und Natur unmittelbar zusammen.
09:57Erntedank wird hier ganz anders begangen als in der Stadt.
10:01Dort ist es immer sehr auf einer, auch präsent,
10:05aber auf einer Meta-Ebene.
10:07In der Stadt mehr Solidarität mit den Armen usw.,
10:10was alles richtig ungut ist.
10:12Aber hier wird unmittelbarer gespürt, Mensch, ich lebe daraus.
10:17Aber jetzt schnell zurück zum Hof.
10:19Bei Tillmanns gibt es Neuigkeiten.
10:21Peter hat bei einer Fortbildungsveranstaltung
10:24Elisabeth Speindl kennengelernt.
10:26Die 26-Jährige stammt aus Bayern, ist auf einem Bauernhof groß geworden.
10:30Sie hat Agrarökonomie studiert.
10:32Beide beschließen, zusammenzuziehen.
10:34Es war überhaupt keine leichte Entscheidung.
10:37V.a., weil ich daheim schon sehr viel aufgebe.
10:40Ich habe da auch die letzten Jahre selber viel aufgebaut betrieblich.
10:45Und natürlich die Eltern, die Großeltern, die Geschwister
10:49sind jetzt alle so weit weg.
10:51Es ist ja nicht gerade mal ums Eck, es sind schon ein paar 100 km.
10:55Den Ausschlag gab der Wunsch,
10:57sich jetzt ein gemeinsames Leben aufzubauen.
11:00Unabhängig von Peters Eltern, mit denen sie unter einem Dach leben.
11:04Erst mal die Wohnung komplett einrichten, alle Sachen verstauen.
11:08Da ist noch sehr viel Gestaltungsspielraum, Gott sei Dank.
11:12Ich ziehe nicht in eine Vordecke-Wohnung.
11:15Dann haben wir schon einen starken Kinderwunsch
11:18und wollen das wahrscheinlich im nächsten Jahr sogar schon angehen.
11:23Peter übernimmt den Hof.
11:27Betriebliche Entscheidungen
11:29trafen er und sein Vater bislang einvernehmlich.
11:33In Zukunft wird sich Elisabeth ebenfalls einbringen.
11:37Ich freue mich natürlich total, bin sehr glücklich.
11:41Aber wir müssen natürlich einfach gucken, wie sich das hier einspielt.
11:46Das eine ist das Zusammenleben,
11:49das andere ist das gemeinsame Arbeiten auf einem Hof.
11:54Das können wir jetzt auch noch nicht abschätzen,
11:57wie das auf Dauer dann mal funktioniert.
12:00Mit Ungewissheiten kann Peter Tillmann umgehen.
12:03Mit dem schwankenden Milchpreis, mit Komplikationen,
12:06wenn die Kühe kalben oder sie krank werden.
12:09Mit dem wechselnden Wetter, mit immer neuen Auflagen der Behörden
12:13und nun auch mit der Aussicht,
12:15sein Leben auf dem Hof neu zu gestalten.
12:18Mit Elisabeth an seiner Seite.
12:23Copyright WDR 2021

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