Statement von FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl zur geplanten Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der ÖVP.
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00:00Einen wunderschönen Nachmittag, sehr geehrte Damen und Herren, herzlichen Dank für Ihr
00:20zahlreiches Erscheinung zur heutigen Presseerklärung Österreich ehrlich regieren von FPÖ-Bundesparteiobmann
00:28Klubobmann Herbert Kickl und ich darf gleich eingangs um Verständnis ersuchen, dass wir
00:32im Anschluss keine Fragen heute beantworten werden und ich darf Herbert Kickl bitten.
00:36Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, geschätzte Vertreter der Medien, vor allem
00:42aber liebe Österreicherinnen und Österreicher, zuerst einmal ein ganz, ganz herzliches Grüß
00:48Gott von meiner Seite und ein großes Dankeschön, dass Sie heute und jetzt hier bei uns dabei
00:54sind und diese Erklärung verfolgen.
00:57Heute, meine Damen und Herren, ist der 7. Januar 2025 und wenn Sie den Kalender zur Hand nehmen
01:05und ein bisschen genauer nachschauen, dann werden Sie feststellen, es war genau heute
01:10vor 100 Tagen, genau heute vor 100 Tagen, da haben die Österreicherinnen und Österreicher
01:15eine Wahl getroffen und Sie haben die Freiheitliche Partei zum ersten Mal in der Geschichte dieses
01:21Landes zur stimmenstärksten Partei bei Nationalratswahlen gemacht und Sie haben die alte Regierung
01:27bestehend aus ÖVP und Grünen ganz massiv abgewählt.
01:32In diesen 100 Tagen haben manche dann versucht, das Wahlergebnis im Nachhinein umzudrehen.
01:41Manche haben versucht, es auf den Kopf zu stellen und den Wählerwillen umzuinterpretieren
01:46und eine Regierung der Wahlverlierer zu basteln.
01:51Ich habe von Anfang an gesagt, dass diese Vorgangsweise ein unverantwortliches Experiment ist.
01:57Ich habe gesagt, dass das letzte Wort mit diesem Regierungsbildungsauftrag noch nicht gesprochen ist.
02:03Ich habe vorausgesagt, dass es scheitern wird und ich habe dem Bundespräsidenten damals
02:07auch in einem Telefonat gesagt, wir werden noch voneinander hören, Sie werden noch an mich denken.
02:13Wenn Sie sich jetzt ansehen, was übrig geblieben ist nach diesen 100 Tagen, dann kann man sagen,
02:19es waren drei verlorene Monate, wir haben eine chaotische innenpolitische Situation
02:25und wir erleben jetzt täglich neue Schuldzuweisungen gegenseitig der Ampelverhandler.
02:30Und wenn Sie das alles mitverfolgen, diese Situation, dann müssen Sie immer mitbedenken,
02:36dass das alles stattfindet, obwohl dieselben Verhandler, die sich da jetzt in den Haaren
02:40liegen, der Öffentlichkeit gegenüber bis zuletzt immer wieder bekundet haben, dass
02:45wir auf einem guten Weg sind, dass es sehr, sehr viele Fortschritte gibt, dass es hervorragend
02:50läuft in den Untergruppen und es war immer auch die Rede von einer Einigung, die irgendwie
02:55in greifbarer Nähe ist und die im Raum steht.
02:57Die Wahrheit war halt eine andere als das, was uns allen erzählt wurde.
03:03So wie auch die Wahrheit, was den schlimmen und den desaströsen Zustand unseres Budgets
03:09und die Bedrohung unseres Wirtschaftsstandorts betrifft, eine ganz, ganz andere ist, als
03:14man es den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl von Seiten der Regierenden erzählt hat.
03:19Meine Damen und Herren, ich sage das in der Deutlichkeit, ich bin mir sicher, dass das
03:24Wahlergebnis vor 100 Tagen noch ganz anders ausgesehen hätte zugunsten der Freiheitlichen
03:29Partei, wenn die Menschen vor der Wahl bereits in Kenntnis aller dieser Fakten gewesen wären.
03:36Unser Land wurde also an die Wand gefahren in den letzten fünf Jahren, nicht nur wirtschaftlich
03:43und budgetär, aber der wirtschaftliche und der budgetäre Bereich, das ist einer, in
03:49dem die Dramatik eine ganz besonders intensive ist.
03:53Und sehen Sie, alles das, das bringt mich zu einem ganz Wesentlichen, zu einem ganz
03:59zentralen Punkt.
04:01Wir sind in Österreich nicht nur mit einem ganz massiven Budgetdefizit konfrontiert,
04:07sondern die vergangene Regierung und ihre Unterstützer, das ist also diese Allianz,
04:12die ich mit einem Sammelbegriff dann immer als die Einheitspartei bezeichnet habe, die
04:17haben auch ein ganz massives Vertrauensdefizit erwirtschaftet.
04:22Geld und Vertrauen sind verspielt worden und das alles in einer gigantischen Dimension.
04:28Und deshalb habe ich als Parteiobmann der Freiheitlichen Partei im Gegensatz dazu zunächst
04:34ein ganz, ganz einfaches Ziel und das heißt Österreich ehrlich regieren.
04:41Man möchte meinen, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Staatsbürger, dass das ja
04:45eine Selbstverständlichkeit ist, ja wie bitte sonst, und das ist ja auch mein Zugang zu
04:50den Dingen.
04:51Aber trotzdem, trotz dieser eigentlichen Selbstverständlichkeit ist doch genau das Gegenteil eingetreten in
04:57den letzten Jahren von Seiten der Regierenden.
05:00Und ich halte das, und Sie verzeihen mir diesen deutlichen Ausdruck, dieses deutliche Wort
05:05für eine demokratische und für eine staatspolitische Todsünde.
05:09Und wenn die FPÖ und ich als ihr Parteiobmann jetzt dazu bereit sind, auf Bundesebene von
05:15der Spitze aus Regierungsverantwortung zu übernehmen, dann heißt das im Kern eben
05:21auch, Österreich ehrlich regieren zu wollen.
05:24Meine Damen und Herren, wer dazu nicht bereit ist, wer das nicht kann oder wer das nicht
05:30will, und ich sage das in aller Deutlichkeit, der kann auch kein Partner für uns sein.
05:35Ganz einfach deshalb, weil er dann auch kein Partner für die österreichische Bevölkerung
05:40ist, weil er dann kein Partner für ihre Lebens- und für ihre Zukunftsinteressen ist.
05:45Ich bin der festen Überzeugung, dass die Menschen eine Regierung verdient haben, die
05:50sich als ihr Partner, als ihr Werkzeug, als ihr Diener, aber keinesfalls als ihr Schulmeister,
05:56als ihr Vormund, als ihr Schädiger oder in letzter Konsequenz dann sogar noch als ihr
06:01Gegner gebärdet oder versteht.
06:04Es ist schon möglich, das gebe ich zu, meine Damen und Herren, dass manche mit meiner Art
06:11Politik zu machen nicht immer ganz glücklich sind, weil es eben eine sehr, sehr klare,
06:16eine sehr direkte und eine sehr ehrliche Form der Politik ist.
06:21Aber so bin ich erzogen worden von meinen Eltern und ehrlich gesagt, ich bin ihnen dankbar
06:26dafür.
06:27Und genau in diese Richtung haben mich dann auch meine Hobbys weiter geformt.
06:31Wenn man in einer Seilschaft am Berg unterwegs ist, unter nicht ganz einfachen Bedingungen,
06:37dann geht das nur und dann funktioniert das nur, wenn man klar, wenn man direkt und wenn
06:43man ehrlich ist und eine gewisse Härte zu sich selbst und eine gewisse Härte zu seinen
06:48Begleitern, die gehört dann auch dazu.
06:51Und ich bin der festen Überzeugung, dass es diese Attribute auch in der Politik wieder
06:56braucht.
06:57Klare und direkte Positionen, harte Arbeit und einen ehrlichen Kampf für Österreich,
07:05gerade wenn die Herausforderungen riesige sind.
07:08Ich sage Ihnen das deshalb, damit Sie alle und vor allem die Menschen, die uns heute
07:13zusehen und die sich interessieren für das, was jetzt abgeht in Österreich, damit die
07:18Menschen draußen im Land wissen, wie ich persönlich und wie wir so als FPÖ ticken, wie man so
07:24schön sagt.
07:25Damit Sie alle wissen, was ein ganz zentrales Motiv unserer Herangehensweise an diese riesengroße
07:32und an diese so verantwortungsvolle und schwierige Aufgabe ist.
07:36Und damit Sie auch alle wissen, was ein ganz wesentlicher Beweggrund dafür ist, dass ich
07:42gestern auf die Frage des Bundespräsidenten, ob ich denn jetzt nach den drei Monaten und
07:48nach all dem, was da passiert ist und vor allem vor dem Hintergrund der dramatischen
07:52wirtschaftlichen und budgetären Situation, ob ich überhaupt noch Interesse an einem
07:56Regierungsbildungsauftrag habe, warum ich darauf mit Ja geantwortet habe.
08:01Nicht, weil es mir darum ginge, unbedingt und um jeden Preis Bundeskanzler werden zu
08:08wollen, was ich da alles gelesen habe, das wäre angeblich ein Lebenstraum von mir und
08:12ähnliche Dinge.
08:13Wer das behauptet, meine sehr geehrten Damen und Herren, der hat keine Ahnung von mir,
08:180,0.
08:19Sondern, weil ich denke, dass dieser Schulterschluss mit dem Souverän, dass dieser Schulterschluss
08:25mit dem Volk eine demokratische Pflicht und eine demokratische Schuldigkeit ist und weil
08:31er eine längst überfällige Notwendigkeit ist, die es braucht, um überhaupt gemeinsam
08:36die Kraft und die Energie und den Optimismus zu entfalten, den wir alle brauchen werden
08:42in den kommenden Jahren, weil die Zeit eine schwierige ist.
08:47Wissen Sie, ich hätte gestern einen ganz anderen Weg einschlagen können, den bequemeren
08:55Weg.
08:56Ich hätte es mir gestern einfach machen können, möglichst wenig Risiko, für mich persönlich
09:01und auch für die Freiheitliche Partei, weil Sie alle kennen den Siegeslauf, den wir gerade
09:06bei Euren Wahlen haben und Sie kennen den Erfolgslauf, Sie kennen die Umfragesituation,
09:12die ja so ausschaut, dass sich der Abstand zwischen uns und der ÖVP und der SPÖ seit
09:17dem Wahltag ständig zu unseren Gunsten vergrößert.
09:20Und was wäre da naheliegender, so auf den ersten Blick, als in Neuwahlen zu gehen?
09:25Das wäre ja quasi die sichere Bank, die man in einer solchen Zeit wählen könnte.
09:30Und ich sage Ihnen das auch ganz deutlich, ich traue mir und ich traue der Freiheitlichen
09:35Partei, dass zu, diese Umfragen und diese Umfrageergebnisse in einem Wahlkampf entsprechend
09:41in Stimmen und Prozente zu materialisieren.
09:43Aber das, das wäre der parteitaktische Zugang gewesen.
09:48Das wäre ein Zugang gewesen, der das Wohl der Partei und damit ein Partikularinteresse
09:54ins Zentrum stellt.
09:55Das wäre der Zugang gewesen, der das Ich ins Zentrum stellt.
10:00Ich habe mich anders entschieden.
10:02Ich habe mich für den Weg der staatspolitischen Verantwortung entschieden.
10:07Das ist der Weg, der das Wir in den Mittelpunkt des Interesses stellt und das ist der Weg
10:13der Gemeinsamkeit und nicht des Partikularinteresses.
10:17Ganz einfach deshalb, und ich habe das dem Bundespräsidenten auch so gesagt, weil es
10:21notwendig für Österreich ist und wir keine weitere Zeit zu verlieren haben, damit wir
10:26endlich selber aktiv werden und selbst steuern und lenken können und nicht getrieben sind
10:33durch negative Entwicklungen.
10:36Lasst uns endlich anfangen, für die Menschen in Österreich zu arbeiten.
10:41Es braucht nach dem Niedergang der letzten Jahre einen Wiederaufbau.
10:46Das Wort trifft es genau, einen Wiederaufbau im Geist eines neuen Optimismus.
10:51Zuerst einen massiven politischen Feuerwehreinsatz, möchte ich sagen, damit wir diesen Schuldenflächenbrand,
11:00der alles aufzufressen droht, damit wir den unter Kontrolle bringen.
11:04Und damit verbunden dann einen echten Wiederaufbau und die Eröffnung einer neuen Ära.
11:11Mit einer neuen Form der Politik, mit neuen Wegen, mit Optimismus und mit Zuversicht,
11:17mit Zusammenhalt, mit Freiräumen und mit Dynamik, mit einer Konzentration auf das Wesentliche,
11:23mit Normalität und mit Hausverstand, mit einem kerngesunden Patriotismus und mit einer
11:28ausgeprägten Liebe zur Freiheit.
11:32Und all das, das wird ja nicht von selbst geschehen.
11:35Nichts davon wird von selbst kommen.
11:37Und deshalb sind wir bereit anzupacken und die Ärmel aufzukrempeln und zwar schon jetzt
11:43und nicht erst nach einer nächsten Nationalratswahl.
11:46Klar ist aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, das alles, das können wir nicht
11:52alleine bewältigen.
11:53Das gibt das Wahlergebnis nicht her.
11:56Wir brauchen dazu einen Partner.
11:59Zuerst einen Verhandlungspartner und dieser Verhandlungspartner soll dann ein Regierungspartner
12:05werden.
12:06Wir brauchen einen, der eine ähnliche oder eine gleiche Einstellung hat.
12:10Wir brauchen einen, der ähnliche oder gar die gleichen Ziele verfolgt wie wir und das
12:16mit einer ähnlichen oder mit einer gleichen Leidenschaft.
12:19Wir brauchen einen, und das ist das Allerwichtigste, dem man glauben und dem man vertrauen kann.
12:24Und sehen Sie, jetzt bin ich wieder bei der Ehrlichkeit.
12:27Jetzt bin ich wieder bei der Ehrlichkeit, weil wer ehrlich regieren will, der muss zuerst
12:33auch ehrlich verhandeln.
12:34In den letzten Stunden haben mich wahnsinnig viele, es ist eigentlich unüberschaubar,
12:43viele aufmunternde, unterstützende Botschaften erreicht über die diversesten Kanäle.
12:49Es ist ungeheuer, welche Resonanz die gestrige Entscheidung des Bundespräsidenten hat und
12:54ich bedanke mich bei allen, die da mit uns in Kontakt getreten sind und ich bedanke
12:59mich bei allen für diese riesengroße Unterstützung, das ist unglaublich beeindruckend und das
13:03geht mir auch nahe.
13:04Aber es waren auch viele warnende Stimmen dabei.
13:08Das waren besorgte Bürger, die es gut mit Österreich meinen und die sich fragen und
13:15die mich fragen, ob man denn dieser ÖVP überhaupt vertrauen kann und ich spreche das ganz offen
13:23aus.
13:24Viele haben mir gesagt, Achtung, Vorsicht, die meinen es sicher nicht ehrlich, die spielen
13:30ein falsches Spiel, die haben das Ziel, euch ausrutschen zu lassen, das habe ich sehr,
13:34sehr oft auch gehört in diesen letzten Stunden und diese Menschen fragen sich, ob das überhaupt
13:40möglich ist, ob das überhaupt glaubwürdig sein kann, eine solche Kehrtwende tatsächlich
13:46ernst gemeint hinzulegen, wie wir das von der neuen ÖVP-Parteispitze vor zwei Tagen
13:51erlebt haben.
13:53Ich habe zuerst auch gedacht, ich höre nicht richtig, weil plötzlich alles ganz anders
13:58gewesen ist, als eine lange, lange Zeit zuvor und ich denke, dass diese Vorsicht und dass
14:04diese Skepsis der Menschen ja begründet ist, die kommt ja nicht von irgendwoher, sondern
14:10das kommt aus sehr, sehr vielen negativen Erfahrungen heraus, die die Menschen gemacht
14:14haben in den letzten Jahren mit den Handelnden und ich habe ja auch selber persönlich meine
14:21Narben abbekommen, wenn man das so formulieren darf und diese Enttäuschungen und diese Verwundungen,
14:28die haben die Menschen erlebt und da kann man es niemandem verübeln, wenn man da dann
14:32auch zur Vorsicht mahnt, im Gegenteil, das ist sogar sehr klug und ich nehme das sehr,
14:38sehr ernst.
14:39Das ist die eine Seite, meine sehr geehrten Damen und Herren und dann gibt es da noch
14:44eine zweite Seite und diese zweite Seite, die möchte ich so zusammenfassen, man soll,
14:52glaube ich, auch niemandem absprechen, vielleicht doch auch eine Lektion zu lernen.
14:58Man soll niemandem absprechen, dazuzulernen, klüger zu werden, man soll niemandem absprechen,
15:04eine schlechte Gewohnheit auch ablegen zu können und einen neuen Anfang zu machen.
15:10Ich glaube, dass dieser Zugang ein zutiefst menschlicher Zugang ist und ich habe generell
15:16diesen optimistischen Zugang.
15:18Ich bin prinzipiell optimistisch und ich will niemand sein, der in der Vergangenheit hängen
15:23bleibt, weil es einen ja selber lähmt und ich halte es auch für nicht gut, prinzipiell
15:30unverzeihlich zu sein, weil das zu gar nichts führt und deshalb investieren wir jetzt Vertrauen
15:39und deshalb habe ich damals vor knapp 100 Tagen auch Karl Nehammer in unserem persönlichen
15:46Gespräch gesagt, dass es keinen Sinn macht, ausschließlich in den Rückspiegel hinein
15:51zu schauen, wenn man nach vorne kommen will, sondern man muss sein Hauptaugenmerk auf die
15:56Zukunft legen, auf das, was vor einem liegt und ich habe ihm gesagt, dass unsere Hand
16:01ausgestreckt ist, um gemeinsam auch eine Vertrauensbasis Schritt für Schritt herzustellen für eine
16:07gute Zukunft für unsere Heimat.
16:09Das war für mich nicht leicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber es war ehrlich.
16:17Er hat das damals ausgeschlagen, aber er hat Schiffbruch erlitten.
16:21Karl Nehammer ist weg, Karl Nehammer ist Geschichte und jetzt halte ich dieselbe ausgestreckte
16:28Hand dem neuen ÖVP-Obmann entgegen und Sie können mir glauben, auch das ist nicht leicht
16:34für mich.
16:35Das ist gar nicht leicht.
16:37Das war eine interessante gemeinsame Vergangenheit, aber es ist ehrlich.
16:43Es ist genauso ehrlich, wie es damals bei Karl Nehammer der Fall gewesen ist und ich
16:48denke, es ist überdies professionell.
16:51Es ist deshalb professionell, weil die Bevölkerung sich von uns in der Spitzenpolitik die Fähigkeit
16:58zur Zusammenarbeit erwartet.
17:01Die Menschen haben ein Recht darauf.
17:03Persönliche Befindlichkeiten haben hier eine untergeordnete Rolle zu spielen, wenn
17:07es um unsere Heimat geht, wenn es um das Wohl der eigenen Bevölkerung geht.
17:13Unsere Hand ist also weiter oder, wenn Sie so wollen, wieder ausgestreckt, je nachdem,
17:19wie Sie es nehmen.
17:20Aber diese ausgestreckte Hand geht einher mit einer ganz, ganz klaren Erwartungshaltung.
17:29Dass nämlich diese Ehrlichkeit und dieses Vertrauen mit Ehrlichkeit und mit Vertrauen
17:35erwidert wird.
17:36Dem ehrlichen Regieren geht also ein ehrliches Verhandeln voraus.
17:41Meine Damen und Herren, ein neues Wording allein oder eine neue verbale Positionierung
17:47mir gegenüber alleine, das reicht dafür nicht aus.
17:51Es braucht Daten, Sie können auch sagen Beweise, Sie können auch sagen, es braucht Evidenz.
17:57Dazu gehört zum Beispiel auch das Bewusstsein dafür, wer jetzt die Wahl gewonnen hat und
18:03wer eben Zweiter geworden ist und nicht der Sieger ist.
18:06Das war ja nicht immer allen klar, auch in der österreichischen Volkspartei.
18:11Es gehört dazu die Einsicht, wer die Fehler der Vergangenheit zu verantworten hat, die
18:17unser Land in eine ganz, ganz schwierige und in eine herausfordernde Situation gebracht
18:22haben, wo die Fakten ja jetzt ganz, ganz anders aussehen, als das noch vor einigen
18:28Monaten der Fall gewesen ist.
18:30Und es kann nicht so sein, dass wieder das passiert, was wir schon so oft erleben haben
18:34müssen, dass niemand irgendeinen Teil der Verantwortung tragen möchte.
18:39Es überhaupt so weit kommen zu lassen, dass unser Budget so aussieht, wie es aussieht,
18:44meine Damen und Herren, das ist nichts, was man bei den Handlungen, die das verursacht
18:50haben, auf der positiven Seite verbuchen kann.
18:53Das ist alles andere als ein Ruhmesblatt.
18:56Und all das, all diese Dinge, das werden die Gespräche und die Verhandlungen dann zeigen
19:03müssen, all das wird sozusagen auch eine Nagelprobe sein im Umgang mit der österreichischen Volkspartei.
19:10Und noch etwas, klar ist für mich auch, keine Spielchen, keine Tricks, keine Sabotage, keine
19:18Quertreiberei und keine Politik um des Machterhaltswillens, sondern eine Politik für eine echte Veränderung,
19:25für einen Wiederaufbau und für den Beginn einer neuen Ära.
19:30Und noch etwas, es braucht einen Partner als Verhandlungsgegenüber, der geschlossen und
19:36homogen und stabil ist und eine eindeutige und einheitliche Position vertritt.
19:43Es braucht einen Verhandlungsgegenüber mit konsequenten, konstanten Ansprechpartnern,
19:49die dann auch die tatsächlichen Entscheider sind und wo nicht unterschiedliche Akteure
19:54unterschiedliche Ziele verfolgen und dann alle paar Monate irgendjemand anderer im Kommandostand
20:01eine andere Richtung einschlägt.
20:03Wenn das nicht gewährleistet ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann kann ich sagen,
20:08ja dann war es das auch schon wieder.
20:10Da habe ich eine ganz, ganz klare Position und das sollen alle von Anfang an wissen.
20:15Dann gibt es eben Neuwahlen.
20:17Wir sind dafür gerüstet.
20:19Mir war das wichtig, Ihnen und vor allem der interessierten Öffentlichkeit, das heute
20:25quasi ganz am Beginn von möglichen Verhandlungen auch klar zu sagen.
20:30Ich denke, dass dieses Angebot mehr als fair ist und wir werden sehen, wie die ÖVP damit umgeht.
20:38Die Antwort auf die Frage nach ihrer eigenen Glaubwürdigkeit kann nur die ÖVP selber geben.
20:44Aber wir alle werden Augen und Ohren Zeugen dieser Antwort sein.
20:49Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie werden sich jetzt fragen, wie geht es jetzt weiter?
20:54Nun, wir haben heute am Abend eine Sitzung unseres Bundesparteipräsidiums und wir werden
21:02dort in aller Ausführlichkeit die aktuellen Entwicklungen, insbesondere auch im Kreis
21:06unserer Landespartei Obleute beraten.
21:09Und es ist meine Absicht, dem Parteipräsidium vorzuschlagen, mit der ÖVP in Verhandlungen
21:17einzutreten, sofern dann eine solche tragfähige gemeinsame Basis, die ich vorhin skizziert
21:24habe, gefunden werden kann.
21:26Und wenn das Parteipräsidium heute Abend dann grünes Licht für diese Vorgangsweise
21:32gibt, dann wird mein nächster Schritt die Kontaktaufnahme mit dem ÖVP-Parteiobmann sein.
21:39Es werden dann in einem ersten Schritt Gespräche im sehr, sehr kleinen Rahmen sein, um grundsätzliche
21:47Bedingungen und Voraussetzungen und Stoßrichtungen abzustecken.
21:52Wir brauchen rasche Klarheit, ob eine solche Koalition des neuen Typus machbar ist oder
21:57nicht mit der ÖVP.
22:00Es ist mein, es ist unser Vertrauensvorschuss, dass wir in diese Gespräche eintreten.
22:06Und ich möchte dann überhaupt im engen Kreis und als Zeichen eines neuen Umgangs in voller
22:13Verschwiegenheit diese Gespräche auch führen.
22:16Ich habe mit dem Bundespräsidenten vereinbart, dass er in regelmäßigen Abständen von mir
22:23informiert wird und es ist natürlich vollkommen klar, dass wir auch die Öffentlichkeit immer
22:28dann informieren werden, wenn es relevante Ergebnisse, wenn es relevante Entscheidungen
22:33gibt.
22:34Abschließend, liebe Österreicherinnen und Österreicher, ich glaube ganz, ganz fest daran,
22:41dass wir unsere Heimat aus der tiefen Talsohle, in der sie sich befindet, wieder in eine Aufwärtsentwicklung
22:49und wieder auf die Erfolgsspur bringen können.
22:51Das wird nicht über Nacht gehen.
22:53Das wird nicht von heute auf morgen gehen.
22:56Das wird nicht in einem kurzen Zeitraum möglich sein, leider.
22:59Aber ich denke, es ist machbar in einer absehbaren Zeit.
23:03Und ich bin so überzeugt davon, weil ich weiß, was die Menschen in unserem Land können,
23:10welche Fähigkeiten und welche Potenziale sie besitzen, welche Leistungsbereitschaft
23:15und welches Geschick sie haben, wie viel Hausverstand und wie viel Fingerspitzengespür für die
23:22Notwendigkeit sie besitzen.
23:25Ich glaube daran, dass wir eine Regierung schaffen können, die mit Fleiß, mit Ehrlichkeit
23:31und mit Mut Österreich wieder so regieren wird, wie es die Menschen von einer Regierung erwarten.
23:38Danke und bis zum nächsten Mal.
23:54Untertitelung des ZDF für funk, 2017