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„Brigitte und Marcel. Golzower Lebenswege“ ist der fünfte nach der Wende produzierte Porträtfilm einer Langzeitdokumentation, die 1961 begonnen wurde und inzwischen als ältestes derartiges Projekt der internationalen Filmgeschichte im Guiness-Buch der Rekorde vermerkt ist. Nach den Porträts von Willy, Marieluise und Elke nun das von Brigitte und ihrem Sohn Marcel. Auch Brigitte ist eines der „Kinder von Golzow“, die 1961, wenige Tage nach dem Bau der Berliner Mauer, im Oderbruch eingeschult wurden. Brigitte war zum Schulanfang „die lustige Dicke mit den blonden Zöpfen“, doch bald zeigte sich das Leben von seiner ernsten Seite. Brigitte hatte einen schweren Herzfehler. Sie wurde als erste in ihrer Klasse Mutter und starb als erste. Marcel, ihr Sohn, war damals zwölf Jahre alt. Die Regisseure Barbara und Winfried Junge verfolgten den Lebensweg von Marcel seit seiner Geburt. Heute ist Marcel selbst Vater. Eine neue Generation hat der Golzow-Chronik eine neue Dimension verliehen. (Text: rbb)

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Transkript
00:00:30Die Wälder oberhalb von Goslar, Westharz, Spätherbst 91.
00:00:43Sie werden hier übernachten, sind die sechste Woche dabei.
00:00:55Die Gruten aus allen deutschen Ländern, nun auch aus den neuen.
00:01:00Seit dem 3.
00:01:01Oktober 1990 steht der Feind nicht mehr am anderen Ende des Waldes.
00:01:05Sich unkenntlich machen und Teil des Waldes werden.
00:01:22Er bleibt für mich auch hier kenntlich.
00:01:33Ich kenne ihn seit seiner Geburt, weiß wie er hier her kam und wie es danach mit ihm
00:01:38weitergegangen ist, bis auf den heutigen Tag.
00:01:41Aber was in diesem Film ist der heutige Tag?
00:02:03Marcel Herwald, zur Welt gekommen am 15.
00:02:10April 1972 in Frankfurt-Oder-DDR, erstes Kind eines dieser Kinder von Golzo, Brigitte,
00:02:18die Mutter, 17 Jahre alt.
00:02:34Ilona und Marie-Louise, Mitschülerinnen vor kurzem noch, sehen es mit Erstaunen und
00:02:40Bewunderung.
00:02:41Brigitte, wer hätte das gedacht?
00:03:03Brigittes Mutter, Küchenhilfe, Brigittes Vater, Kraftfahrer, der Vater des Kindes,
00:03:12er will nicht genannt sein.
00:03:13Heimkehr nach der Lehre, nach einer Lehre, Heimkehr ins Golzo-Elternhaus, auf Zeit.
00:03:32Was macht man mit einem Baby?
00:03:43Man legt es schlafen, richtig so?
00:04:32Über die Probleme jetzt, ja, überdenke.
00:04:46Brigitte, 1975 auf dem alten Platz in der Klasse.
00:04:49Naja, ich hoffe, dass meine Probleme, was ich so habe, dass man die bald aus der Welt
00:04:57schaffen kann.
00:04:58Aber dann kommen wieder neue dazu.
00:05:01Brigitte ist nun 20 und lebt mit Marcel der Arbeit wegen in Spreenhagen bei Berlin.
00:05:06Diese Arbeit, wir werden sehen.
00:05:08Welche sind es denn, die du aus der Welt schaffen willst?
00:05:13Erstmal, dass ich eine andere Wohnung kriege, das ist eh ein Problem, weiter wäre eigentlich
00:05:19nichts.
00:05:20Naja, Gott, du willst ja nicht alleine bleiben, nicht?
00:05:22Nein, auch nicht.
00:05:23Dein Kindchen ist dir lieb und teuer, das ist klar, aber eine Familie wäre das Bessere,
00:05:27das ist sicher etwas, was du anstrebst, oder?
00:05:30Na, besser ist es doch, wenn man jemanden hat, mit dem man so, wenn man Probleme hat,
00:05:33mit dem man teilen kann.
00:05:46Brigitte hätte gern eine Wohnung im neuen Spreenhagen.
00:05:49Die Unverheiratete aber muss für das Erste zufrieden sein mit Stube und Küche für wenig
00:05:54Geld im alten Ortsteil.
00:05:56Na los, komm.
00:06:02Ecke.
00:06:03Ecke.
00:06:07Die Zeit zwischen Heimkommen und zu Bett gehen.
00:06:09Die beiden zeigen uns, wie das aussieht.
00:06:11So ist es eben und jeder kann es sehen.
00:06:14Dann machen wir es alle an.
00:06:15Komm.
00:06:16Ich kann's doch.
00:06:17Ja, hast schon, dann gucken wir mal wieder.
00:06:19Marcel macht Brigittes Heimkommen nötig, aber sie findet es auch schön, für ihn heimzukommen.
00:06:30Guck mal, ein Dorf ist da drinnen.
00:06:32Oh.
00:06:33Da?
00:06:36Wenn wir unser Licht ausmachen, wird es kalt.
00:06:39Und es wird kalt.
00:06:40Es wird kalt.
00:06:41Es wird kalt.
00:06:42Es wird kalt.
00:06:43Es wird kalt.
00:06:44Es wird kalt.
00:06:46Wenn wir unser Licht ausmachen, wird es bei Brigitte wieder dunkler.
00:06:50Was machst du denn nur abends, wenn die Arbeit vorbei ist?
00:06:53Ich sitze hier und gucke Fernsehen oder manchmal mit ihm, wenn er in der Bette ist, sitze ich alleine.
00:06:59Oder man geht mal zu einer Freundin oder so.
00:07:02Aber sonst sitzt man zu Hause.
00:07:05Liegt es auch an dem Dorf hier, sag mal?
00:07:07Naja, auch mit, aber in Neuengolze ist auch nicht viel los.
00:07:10Aber es ist ja selten, dass man hier tanzt.
00:07:12Dann geht man mal zum Tanz.
00:07:14Hast du jemanden, der dich mal besuchen kommt?
00:07:17Ja, auch.
00:07:30Wieder drei Jahre später.
00:07:32Marcel ist sechs und kommt allein nach Hause.
00:07:35Das ist nun gleich gegenüber.
00:07:37Zwei Zimmer im Neubau, Bad, Balkon und Einbauküche für 37 DDR-Mark monatlich.
00:07:43Da gehen zwei nicht unter.
00:07:48Ja, hast du was zu trinken?
00:07:50Nein, ich warte mit dem Kinderwagen.
00:07:54Noch Besuch, Brigitte?
00:07:56Na, Renate kommt noch.
00:07:58Wer ist das?
00:07:59Meine Freundin.
00:08:00Die hab ich zusammen gelernt.
00:08:02Und die sind jetzt auch immer noch so zusammen.
00:08:07Was schätzen die da an Brigitte, dass es ihre Freundin ist?
00:08:10Schätzen? Wir kennen uns jahrelang.
00:08:12Die ist eben, hört zu mir, in schweren und guten Tagen.
00:08:17Ist doch eigentlich jemanden ein bisschen zu bewundern,
00:08:19wenn jemand alleine so sein Leben durchsteht, nicht?
00:08:21Ja, haben wir vorher auch gemacht.
00:08:23Ja.
00:08:24Kennen wir auch, ja.
00:08:25Ich meine, es tut ab für jeden.
00:08:27Der Junge, der ist immerhin schon etliche Jahre alt.
00:08:30Und wenn man ein Kind hat, dann ist es doch ganz schön schwer.
00:08:35Manchmal fehlt doch der Vater, der mit der Hand so langt
00:08:38oder mal ein Machtwort spricht.
00:08:40Aber wenn man alleine ist, muss es eben alleine gehen.
00:08:43Und da helfen wir ihm ein bisschen.
00:08:45Brigitte, du könntest ja eigentlich auch in den Wald so leben, nicht?
00:08:48Find ich.
00:08:49Wozu einen Sprengwagen, wenn du hier allein bist?
00:08:51Zu Hause hast du die Eltern.
00:08:53Na, ich finde es eigentlich ganz gut,
00:08:55wenn man auf sich selbst gestellt ist,
00:08:57wenn man sich alleine durchlebt.
00:09:04Auch wenn keiner da ist und sagt,
00:09:06das musst du machen und das musst du machen.
00:09:08Man kommt nach Hause und kann sagen,
00:09:10das machst du dir so und nicht so, wie andere wollen.
00:09:14Ich finde das eigentlich ganz schön gut.
00:09:16Und sonst, was wäre denn dein Wunsch?
00:09:21Wenn du was verändern könntest und...
00:09:24Ach, weißt du, was wäre ich?
00:09:27Bist du jetzt nicht fertig da?
00:09:29Mein größter Wunsch.
00:09:30Dann möchtest du allein bleiben.
00:09:32Ach, na ja, das nicht.
00:09:33Das auf jeden Fall.
00:09:36Jemand kennenlernen, ja.
00:09:39Und wie müsste der nun sein?
00:09:41Oh!
00:09:45So einen Menschen gibt es doch gar nicht,
00:09:47wie man sich den wünscht.
00:09:49Hast du solche Ansprüche?
00:09:51Na ja, nicht so groß sind sie nicht.
00:09:54Aber jedenfalls...
00:09:57Na ja, so soll es sein.
00:09:59Jedenfalls soll ich trinken und...
00:10:03Ich bin ein normaler Mensch,
00:10:06der für die Familie ist und so.
00:10:09Bist du da schon enttäuscht worden?
00:10:11Oh ja, schon öfter, ja.
00:10:15Du hast auch schon Versuche gemacht,
00:10:17wie man darüber sprechen kann,
00:10:19im Inserat, und bist enttäuscht worden.
00:10:21Ist das richtig?
00:10:22Ja, ein bisschen Hoffnung macht man sich dann auch.
00:10:25Und dann auf einmal steht der Vorhinein,
00:10:28da ist man dann enttäuscht.
00:10:31Der war eh mal hier, und wir haben uns gesehen,
00:10:34aber das war gleich der erste Eindruck.
00:10:37Das mit Inserat und so war dann nicht mehr.
00:10:40Nee.
00:10:41Und hier, wo soll man hier jemanden kennenlernen?
00:10:44Da müsste man schon nach Berlin fahren,
00:10:46oder nach Aachen oder Fürstenwalde.
00:10:48Das kann ich erst mal gar nicht,
00:10:50ich bin ja ein Kleiner.
00:10:52Ich kann den ja nicht nur nach Berlin lassen.
00:10:55Warte, lass mal ein bisschen lauter.
00:10:57Ach, lass mal.
00:10:58Nee, ich muss noch was hören.
00:11:00Ach, guck dann.
00:11:01Nee, gucken kann ich gar nicht, ich muss erst was hören.
00:11:04Oh, guck mal da.
00:11:07Nicht so affig.
00:11:08Oh, komm.
00:11:09Was machst du mit den Kleinen, wenn du nach Hause kommst?
00:11:12Na ja, erst mal frage ich ihn,
00:11:14was sie so gemacht haben im Kindergarten,
00:11:17wie der Tag war.
00:11:19Und wie.
00:11:20Dann geht er meistens runter.
00:11:22Und wie, und was Essen gab, fragst du ihn dann?
00:11:26Ja, hat er Essen gehabt, ja.
00:11:29Und was machst du dann zusammen hier,
00:11:31wenn die andere Nade da ist?
00:11:34Na, dann geht es da jetzt hier ja nicht,
00:11:36wenn Aline hier ist.
00:11:38Sie ist verheiratet?
00:11:40Ja, sie hat jetzt vor ein Jahr geheiratet.
00:11:43Erst war er wahnsinnig,
00:11:45dann hat er eben gesagt, es war Ehe,
00:11:48und dann hat sie ihn gehalten.
00:11:52Verrät er Geheimnis?
00:11:54Ja.
00:11:55Dann wünschst du dir auch mal so einen Vater, ja?
00:11:58Wünschst du dir auch mal so einen Vater,
00:12:00der hier mit ist und mit schläft und mit allem, ja?
00:12:03Ja.
00:12:05Besonders mit Mutti.
00:12:08Oh, Feierabend.
00:12:23Die Kinder von Golzo an einem Wandertag
00:12:26zu Ende des ersten Schuljahres.
00:12:28Ziel, die neue Geflügelfarm in der Nachbargenossenschaft.
00:12:33Nur wenig älter als Marcel jetzt, Brigitte damals.
00:12:4813 Jahre danach.
00:12:50Ein Kombinat für industrielle Mast,
00:12:53das Kindsprenhagen.
00:13:03Halle 4.
00:13:05Außer 800 Hühnern und 200 Hähnen,
00:13:07Brigitte und Kolleginnen,
00:13:09Facharbeiterinnen für Geflügelzucht.
00:13:23Nach diesem Tag wollte wohl jeder später mal
00:13:26bei den Hühnern oder bei den Enten arbeiten.
00:13:33Brigitte war vermutlich nicht mehr
00:13:35und nicht weniger beeindruckt als die anderen.
00:13:38Sie arbeitet da nun.
00:13:49Was blieb von der Liebe zum einzelnen Tier?
00:13:52Was wurde über die Jahre aus Brigitte
00:13:54im Alltag der Arbeit in dieser zeitgenössischen Eierfabrik?
00:14:03Der Tag, an dem sie schon einmal helfen durften.
00:14:07Tagtäglich im Halbdunkel des Raumes,
00:14:09in Staub und Lärm.
00:14:18Mit Fankhaken und geübtem Blick verkränkelnde Tiere.
00:14:25Haben sich deine Eltern dazu gebracht,
00:14:27Geflügelzuchtlerin zu werden?
00:14:30Mein Vater hat da mal gearbeitet.
00:14:32Am Wochenende immer.
00:14:34Er hat erzählt, dass es schön ist
00:14:36und dass es nicht schwere Arbeit ist.
00:14:38Na ja, ich hab gedacht, versuchst du es mal.
00:14:41Wie er es erzählt hat, hat es mir gefallen.
00:14:44Aber nachher, wie man es dann so gesehen hat,
00:14:46war alles ganz anders.
00:14:50Möchtest du vielleicht weggehen?
00:14:52Nein, die Absicht hatte ich schon mal.
00:14:55Warst du satt mit dem Geflügel?
00:14:57Nein, ich war ständig in den Hallen.
00:14:59Das ist nichts.
00:15:01Möchtest du mal was anderes machen?
00:15:03Ja, draußen sein.
00:15:05Wo man Menschen sieht, da in den Hallen,
00:15:07da ist man alleine oder da ist mal einer.
00:15:09Aber den kennt man nicht.
00:15:11Nur irgendwie mit der Mannschaft.
00:15:13Würdest du in der Landwirtschaft bleiben wollen?
00:15:15Nein.
00:15:17Und du verdienst nicht schlecht jetzt?
00:15:19Na ja, aber ständig, das ist mir nichts.
00:15:23Ich finde, es ist eine ganz schön schwere Arbeit,
00:15:25die Landwirtschaft.
00:15:27Es ist viel mechanisiert worden,
00:15:31aber trotzdem für eine Frau.
00:15:34Ist die Arbeit schwer, die du jetzt machst?
00:15:36Nein, die ist nicht schwer.
00:15:38Was ist es denn mit der Arbeit?
00:15:40Ist die vielleicht langweilig?
00:15:42Na ja, das ist eine Eintönige Arbeit.
00:15:44Ständig das Gleiche, jeden Tag die gleiche Arbeit.
00:15:47Aber es ist ein moderner Betrieb.
00:15:49Na ja, wer da arbeitet, der ist zu beneiden.
00:15:53Na ja, zu beneiden.
00:16:03Du kommst ja bald zur Schule.
00:16:05Weißt du schon, was du werden möchtest,
00:16:07wenn du ganz groß bist?
00:16:10Eisenbahn fahren.
00:16:12Eisenbahn fahren, also ein Lokomotiv führen, ja?
00:16:16Hast du schon so oft mit einer Lokomotive gefahren?
00:16:21Wo fährst du denn immer hin?
00:16:23Sag es mal.
00:16:25Na, da war eine Oma.
00:16:27Was ist eine Oma? Wo wohnt eine Oma?
00:16:29In Goethe.
00:16:31Und wenn ich vielleicht einen anderen,
00:16:33mit Kindern so etwas finde,
00:16:35dass ich noch mal Kindergärtnerin oder so lerne.
00:16:38Warum willst du das werden?
00:16:40Ich habe das Interesse dazu.
00:16:42Ich finde es schön, mit Kindern zusammen zu arbeiten.
00:16:47Wenn die Mutti zur Freude von Marcel in den Kindergarten kommt,
00:16:51so also nicht nur, um ihm beim Spielen zuzugucken.
00:16:59Hängt das vielleicht auch damit zusammen,
00:17:01dass du heute 20 bist und nicht mehr 14 oder 16?
00:17:04Hast du dich im Beruf geirrt damals, als du noch so jung warst?
00:17:07Natürlich, jetzt mit 20 denkt man ganz anders drüber,
00:17:10als wie man angefangen hat zu lernen oder so.
00:17:13Ich glaube schon,
00:17:15dass es vielleicht andere Berufe gäbe,
00:17:18die mir besser gefallen als das.
00:17:22Und was steht dir im Wege?
00:17:27Letztendlich nichts.
00:17:29Dann mach es doch.
00:17:32Dann müsste man noch mal zur Schule, noch mal lernen.
00:17:36Verdienst du weniger hier?
00:17:38Weniger, ja, das vor allen Dingen.
00:17:40Und das ist ein Hindernis?
00:17:43Ist das mehr Freude oder mehr Last, ein Kind zu haben?
00:17:47Manche Tage ist es auch Last.
00:17:49Aber ich möchte sagen, es ist mehr Freude.
00:17:52Man ist nicht alleine.
00:17:54Mir gefällt es.
00:17:56Jetzt wird er eingeschult.
00:17:58Ist er schultauglich für dein Gefühl?
00:18:01Ich wollte ihn eigentlich noch nicht zur Schule lassen.
00:18:05Warum?
00:18:07Er ist noch sehr verspielt.
00:18:09Manchmal kommt es mir vor, als wenn er zurück ist.
00:18:12Was willst du machen, wenn du fürchten musst?
00:18:15Erst mal will ich versuchen,
00:18:17verkürzt für ein paar Monate zu arbeiten.
00:18:20Bis um 3 Uhr.
00:18:22Dass ich mich um ihn kümmern kann.
00:18:24Dann werden wir weitersehen.
00:18:26Deine Hoffnungen liegen nun ganz beim Kind?
00:18:29Ja.
00:18:31Muss klappen, ne?
00:18:33Ja, muss.
00:18:39Das ist eine gute Idee.
00:18:57Liebe Eltern, ich begrüße Sie in den Klassenraum der Klasse 1b.
00:19:02Dieses ist der Raum,
00:19:04in dem Ihre Kinder in diesem Schuljahr lernen werden.
00:19:08Der große Tag.
00:19:10Wieder ist es Brigitte,
00:19:12die ihn als Erste aus der Goldshock-Klasse erlebt.
00:19:15Was ging ihm voran?
00:19:17Was an Mühen und Sorgen,
00:19:19täglicher Pflicht und Verzicht für die Alleinerziehende.
00:19:23Die Eltern sind heute an ihrer Seite.
00:19:26Danach wird wieder alles ganz allein Brigittes Sache sein.
00:19:30Marcel, 6, Mutter Brigitte, 23.
00:19:38Die Klasse 1b
00:20:04Mit versteckter Kamera.
00:20:06Die allererste Schulstunde der Kinder von Goldsoe.
00:20:10Und aller Anfang ist leicht.
00:20:15Jetzt steht unsere Schultüte auf dem Kopf.
00:20:18Ich habe sie umgedreht.
00:20:20Wer kennt das schon?
00:20:22Juri?
00:20:24Ja, so haben wir unseren 1. Buchstaben heute gelernt.
00:20:29Und wir wollen alle ein ganz lautes A.
00:20:33Und wir sind alle durcheinander.
00:20:39Und wir sprechen einmal alle.
00:20:49Die lustige Dicke mit den blonden Zöpfen.
00:20:53Zu bald schnitt man sie ihr ab.
00:20:57Was hat sich als richtig erwiesen an Ratschlägen der Lehrer?
00:21:03An Ratschlägen, was ich schon gesagt habe,
00:21:06dass man nicht für den Lehrer lernen will.
00:21:10Dass wir für uns lernen, ja.
00:21:13Es hätte mir an der Schule anstrengen können,
00:21:17dass ich weitergekommen wäre.
00:21:20Aber man war zu faul.
00:21:22Brigitte, du hast mich ertäuscht.
00:21:26Du hast 8 Fehler, noch eine 3.
00:21:31Und vielleicht hat man keine Lust gehabt.
00:21:34Jetzt sieht man ein, dass man sich mehr Mühe hätte geben können.
00:21:39Manchmal dachte man, dass die Lehrer ihr ein Unrecht tun.
00:21:44Dass man nicht zufrieden war.
00:21:46Wir haben immer gedacht, den lassen wir reden.
00:21:50Man hätte sich mehr anstrengen müssen.
00:21:53Man hätte zuhören müssen.
00:21:55Jetzt sieht man es ein.
00:21:57Aber damals war es langweilig.
00:22:00Richtig erzogen wohnen wir da gar nicht.
00:22:03Nur Wissen haben sie uns vermittelt.
00:22:06Ich finde, die Lehrer müssten so sein,
00:22:09dass man Fragen zu ihr kommen kann.
00:22:12Dass man Vertrauen haben kann.
00:22:15Was waren die Probleme?
00:22:17Wenn man an der Schule nicht wusste,
00:22:20wie man weiterkommen soll.
00:22:22Wie man die Fragen beantworten sollte.
00:22:25Wenn man Hausaufgaben hatte und man wusste nicht,
00:22:29wie man das machen kann.
00:22:31Oder ist das richtig?
00:22:33So meine ich es.
00:22:35Zu wem konntest du Vertrauen haben?
00:22:38Zu wem konntest du?
00:22:40Zu gar keinem.
00:22:42Ich bin zu keinem gegangen.
00:22:44Fällt es dir leicht, dich durchzusetzen?
00:22:47Auch nicht immer.
00:22:49Wie würdest du dich charakterisieren?
00:22:52Woran liegt das?
00:22:54Was fällt dir schwer?
00:23:01Erst mal, wenn ich neu irgendwo hinkomme.
00:23:05Da traut man sich zu sagen.
00:23:08Das Notwendigste sagt man dem, was man gefragt hat.
00:23:12Was ihnen nicht passt, denkt man sich lieber.
00:23:15Aber sagen will man es nicht.
00:23:17Warum sagst du nicht deine Meinung?
00:23:20Sonst machen sie doch mit dir, wenn du nicht widersprichst.
00:23:29Sie machten immer mit Brigitte.
00:23:32Die Hackordnung der 5. verwies sie auf den letzten Platz.
00:23:36Brigitte spielt nachts und tut sich kaum.
00:23:40Sie vergeht fast jede Stunde.
00:23:43Petra spielt selber Unterricht.
00:23:46Wenn sie es nicht kann, ist es ihre Schuld.
00:23:49Sie denkt immer, sie kann es doch nicht.
00:23:52Dann schreibt sie meistens ab.
00:23:55Wer steht an der großen Kappe?
00:24:04Jetzt frag mal danach.
00:24:06Petra, Leras Tochter, spätere Abiturientin, aber hilft auch.
00:24:12Ungleiche Freundinnen und eine Patenschaft.
00:24:18Wo, woher und weiter.
00:24:21Jetzt frag mal, kann man hier fragen, mit wohin?
00:24:35Und wo kann man damit fragen?
00:24:38Wo entstand er?
00:24:41An den Bach.
00:24:44Du sollst richtig vorlesen.
00:24:47An der großen Koppel.
00:24:50Wo steht er?
00:24:53Wo steht er?
00:24:56An den Bach.
00:24:59Du hast aber erst die Lesung an der großen Koppel.
00:25:03Wo steht er?
00:25:06Wo steht er?
00:25:09An der großen Koppel.
00:25:16Januar 1966.
00:25:19Brigitte ist gerade elf geworden.
00:25:22Petra wird es heute.
00:25:25Kindergeburtstag im Neubaublock.
00:25:28Dem ersten in Golze nach dem Kriege,
00:25:31in dem viele der jungen Familien Wohnung fanden.
00:25:37Dieser Fußtritt in Brigittes Leben war gewiss zu verschmerzen.
00:25:42Bedenklich nur, dass ihr schon damals immer schnell die Puste ausging.
00:25:47Die Schulärztin befreite sie schließlich vom Sport, das Herz.
00:25:52Die Elfjährige verstand sich schon gut aufs Kochen und Backen.
00:25:56Fragte auch diese Frage.
00:25:59Ich möchte mal wissen, warum die Liebe durch den Magen geht.
00:26:07Doch halt.
00:26:10Doch halt.
00:26:13Doch halt.
00:26:16Doch halt.
00:26:20Doch halt.
00:26:28Weiß auch einen Witz.
00:26:36Da saß mal ein Gast am Tisch.
00:26:39Da kam der Opa vorbei mit dem Schnitzel.
00:26:42Und ich frag zu ihm,
00:26:45Hey, fang normal an.
00:26:48Hey, fang normal an.
00:26:51Also, das war mal ein Gast.
00:26:54Und da kam der Opa vorbei mit dem Schnitzel.
00:26:57Und ich wollte gerade weitergehen.
00:27:00Da sagte er zu dem Gast, na, wie fangen soll ich den Schnitzel?
00:27:04Sagt er, nach gleich hinter der Kartoffel.
00:27:08Mit 14 gelingen ihr Witze beim ersten Mal.
00:27:11Und da war ein Flugzeugführer bloß drinnen.
00:27:14Der hat sich von die 40 Idioten eben herausgesucht,
00:27:17der was unvernünftiger war.
00:27:19Der sagt, sie sollen für Ordnung, wenn Krach kommt.
00:27:22Und nach einer Weile sind sie geflogen, war auch Krach.
00:27:25Sagt er, ich hab ihnen doch gesagt, sie sollen für Ordnung sorgen.
00:27:28Sagt er, ja, es wird doch gleich ruhig sein.
00:27:31Haben sie so 2000 Meter Höhe erreicht.
00:27:34Was haben sie gemacht, dass es immer Ruhe ist?
00:27:37Sagt er, ich hab sie ihnen den Ball gegeben und gesagt,
00:27:40geht mal voll durch den Ball.
00:27:44Juli 1969, Schuljahresende.
00:27:48Eveline Schneider.
00:27:51Brigitte Herwald.
00:27:58Wie Jürgen und andere wurde Brigitte nach 8 Klassen verabschiedet.
00:28:03Wir haben davon nur diese Bilder und dieses Wort des Direktors.
00:28:11Die Lehrstelle war ihr sicher und es lockte das baldige Geldverdienen.
00:28:15Darum blieb Brigitte nicht bis zur 10. in einer Schule,
00:28:18von der sie sich nichts mehr erhoffte.
00:28:32Nach 7 Jahren ist Brigitte immer noch in jenem KIM.
00:28:35Nur arbeitet sie jetzt dem Doktor beim Sezieren zu.
00:28:38Die Herzkranke hatte die Luft in den Hallen nicht mehr vertragen.
00:28:42Eveline Schneider.
00:28:48Die Lehrstelle war ihr sicher und es lockte das baldige Geldverdienen.
00:28:51Darum blieb Brigitte nicht bis zur 10. in einer Schule,
00:28:54von der sie sich nichts mehr erhoffte.
00:28:57Nach 7 Jahren ist Brigitte immer noch in jenem KIM.
00:29:00Nur arbeitet sie jetzt dem Doktor beim Sezieren zu.
00:29:03Die Herzkranke hatte die Luft in den Hallen nicht mehr vertragen.
00:29:06Brigitte, hast du's gelernt, was du hier machst?
00:29:09Warum fragte ich das überhaupt? Ich weiß doch, Brigitte ist nicht sehr wehrhaft.
00:29:29Ihre Antwort entgegenkommt und ausweichen zugleich.
00:29:40Das Labor als Schonplatz? Wärme und Verwesungsgeruch zwingen Brigitte immer wieder ins Freie und
00:29:46manchen Tag fehlt sie ganz. Arbeit bleibt liegen, man sieht es nicht gern. Kündigen
00:29:51aber kann man ihr nicht. Und selbst aufhören? Wo aber verdient sie gleich wieder 560 Mark
00:29:57auf die Hand?
00:29:58Der märkische Kiefernwald macht Brigitte das Atmen leicht, anders als im Oderbruch.
00:30:07Was eigentlich hat sie?
00:30:08Ich war bei drei Ärzten in Behandlung und bei jedem wurde ich mit einem anderen Herzfehler
00:30:15behandelt. Beim vorletzten habe ich Spritzen bekommen und bin den Spritzenweg bald abgekippt,
00:30:23seit ich keine Luft mehr kriege. Ich stehe ja gar nicht vertragen. Ich musste ins Krankenhaus,
00:30:27wurde festgestellt, dass das ganz verkehrte Spritzen sind. Und jetzt bin ich mit dem
00:30:31Arzt auf der Behandlung, wieder mit einem anderen Herzfehler. Also kann ich mir von
00:30:37vier Fehlern eben aussuchen.
00:30:40Nun komm.
00:30:42Ich habe einfach ein zu großes Herz, sagt Brigitte und meint nicht mehr als das. Nur
00:30:48erst den Jungen großkriegen, sagt sie noch.
00:31:01Im Jahre 78 endete Brigittes Filmlebenslauf mit dieser Aufnahme und ich sagte
00:31:07Mit dem Sohn Huckepack aus dem Hort. Brigitte sollte recht behalten. Marcel schaffte das
00:31:13Ziel der ersten Klasse nicht. Inzwischen bekam er einen Vater und bald auch einen Bruder.
00:31:19Ein alter Freund war zu Brigitte gezogen. Sie heirateten und bauen nun in Spreenhagen
00:31:24an einem Haus. Alles ist schon wieder anders.
00:31:32Da kommt Brigittes Mann, Norbert der Maurer. Wir sollten eigentlich noch nicht wieder mit
00:31:38der Kamera vorfahren. Brigitte wollte das Haus erst fertig haben und das brauchte in
00:31:44der DDR-Zeit. Wie denn alles gekommen sei.
00:31:49Wie soll die kommen? Wir haben uns schon länger gekannt.
00:31:56Wir haben uns schon länger gekannt.
00:32:00Auf jeden Fall eine Tasse Kaffee trinken.
00:32:05Na ja, wir haben uns dann mal wieder getroffen. Ich war zum Bäcker. Er war auch gerade drin.
00:32:10Dann hat er gesagt, ach da hat er so viel Kuchen gekauft. Kann ich jetzt zum Kaffee
00:32:15kommen? Und da bei seinen Arbeitskollegen zum Kaffee war, sagt er, dass ich da hinkommen
00:32:21muss. Ich sage, nee, da komme ich nicht. Na ja, dann kommt er mal zum Kaffee. Na ja,
00:32:26dann kam er zum Kaffee. Und dann ist es wieder losgegangen. Wir haben gar nicht verabredet.
00:32:32Na ja, gar nicht verabredet. Und dann nach einer späteren Zeit kam er wieder mal.
00:32:39Aber gar nicht irgendwie, dass wir jetzt da zusammen waren oder so. Nur so zu Besuch.
00:32:48Hatten Sie das Alleinsein auch satt? Ach na ja, wie man es nimmt. Wie alt sind Sie denn? 30.
00:32:56Wir waren mal hier, mal da. Verlobt gewesen, aber nicht richtig. Ich denke doch, dass es
00:33:04jetzt richtig ist. Wie war es mit dem Papa? Der ist Maurer. Der wird alles umkrempeln.
00:33:09Wie findest du das, Marcel? Gut. Kannst du helfen? Hilft er, ja? Na ja, er hilft. Habt
00:33:17ihr euch schon angefreundet so ein bisschen? Oder gibt es mehr Eier? Na, es gibt doch
00:33:25öfter Eier. Wie findest du das? Jetzt hast du ein Brüderchen. Gut. So kalt können
00:33:34wir noch nichts fragen. Da müssen wir in ein paar Jahren wiederkommen.
00:33:46Auf Seite 144 öffnen wir die Bücher. In dieser Stunde gefilmt zu werden, davor hatte
00:33:52Marcel Angst. Achtet zuerst nur auf das fließende Lesen. Und die Janina beginnt mal.
00:34:01Ja, hier bist du eingeschult worden. Das ist auch schon wieder ein bisschen her, ne?
00:34:14Wie alt bist du jetzt? 11. Und in welcher Klasse? In der vierten.
00:34:21Marcel ist Legastheniker. Er leidet an einer angeborenen Lese- und Rechtschreibschwäche.
00:34:29Wie ist das eigentlich so, das gefilmt werden? Wie waren das heute hier, die Stunden?
00:34:35Ja, schön. Hat mir sehr viel Spaß gemacht. Aber wenn man auch so sieht, dass du manchmal
00:34:42mit dem Lesen Probleme hast, ist das nicht so gut, oder? Ja, ist noch weniger schön.
00:34:48Hast du Angst vor der Versetzung? Na ja, ein bisschen. Na, wie kannst du dir selber
00:34:55helfen? Kann ich mehr lernen. Kann die Mutti auch mithelfen? Ja. Übt sie mit dir? Ja.
00:35:05Er wohnt in einem großen Haus, hat sehr viele Bühne, große Räume und lebt gut.
00:35:23Was hast du denn so für drei Wünsche? Also, das weiß ich gar nicht. Keinen einzigen Wunsch?
00:35:33Einen Wunsch frei? Na, jetzt im Augenblick vielleicht nicht, aber nachher vielleicht.
00:35:39Werden wir dann vielleicht eine ein. Und wir verabschieden uns gleich auch von unseren
00:35:45Gästen. Auf Wiedersehen. Wiedersehen. Na, ist dir ein Wunsch eingefallen? Einer wenigstens?
00:35:50Ja, einen schönen Beruf. Woran erkennt man einen schönen Beruf? Dass es ihnen Spaß macht
00:35:57und dass man Freude daran hat. Und nicht Geld verdienen? Nein, das nicht.
00:36:05Seit das Fernsehen Brigittes Leben schon einmal gezeigt hatte, sieht sie unsere Arbeit nicht
00:36:10mehr ganz arg los. Ja, achso, da wollte ich auch noch was sagen hier zu dem Film. Da
00:36:15wurde eben gesagt, dass Marcel sitzen geblieben ist. Also, er wäre nicht sitzen geblieben.
00:36:19Das war eigentlich, das war ich eigentlich. Das sagt er mir oft, Mutti, du hast ja Schuld,
00:36:23dass ich sitzen geblieben bin. Ich bin oft, sehr oft zur Schule gegangen und habe gesagt,
00:36:27das war doch ein Fehler, dass er eingeschult wurde. Naja, das gab man nicht so. Bei der
00:36:31Einschulung hat uns der Direktor gesagt, naja, nun sind doch 20 Schüler voll, ist doch ganz
00:36:35gut, dass Marcel eingeschult wurde. Das ist kein Argument, nur dass 20 voll sind,
00:36:39ihm einzuschulen. Also, kurz vor Schuljahresende hat er gesagt, ich möchte, dass er sitzen
00:36:43bleibt. Nun bleibt er nicht sitzen, geht weiter, dann weg zum Kreisschulrat oder irgendwo
00:36:47hingegangen. Das muss ja eine Möglichkeit geben, dass man auch sich durchsetzen kann.
00:36:51Ja, und dadurch ist er dann sitzen geblieben.
00:36:56Zum Beispiel hier in der Schule. Ich will ja nicht nur die Lehrer schuld gehen, dass
00:36:59er schlecht ist. Das liegt bestimmt auch an ihm. Vielleicht hat er wirklich Schwächen,
00:37:02die er nicht überwindet. Also, bloß da hätte man schon, da gab es die Schule schon für
00:37:08Lese- und Rechtschreibschwächen. Denn Lese und Rechtschreiben ist er nicht weitergekommen.
00:37:12Zum Beispiel sagt er, er spricht ja manchmal auch so, sagt er zu Staubsaugern, nur mal
00:37:17jetzt das Beispiel, zu Staubsaugern sagt er auf einmal, Mutti, soll ich den Saugstauber
00:37:21holen? Ich sage, was? Wie heißt das? Und so schreibt er das dann auch. Wenn man den
00:37:27schon gleich in die Schule geschickt hätte, wäre für ihn schon ein Jahr gewonnen. Also,
00:37:32hat er zwei Jahre praktisch verschenkt.
00:37:37Brigitte arbeitet nicht mehr, ist Rentnerin. Auch lebt sie bloß noch mit Norbert zusammen,
00:37:45bis er auszieht. Ehe das Haus fertig war, war es um die Ehe geschehen. Sich filmen
00:37:51zu lassen, war sie nur hier bereit und Fragen bitte nur zu Marcel.
00:37:55Echter Muskel, das ist nicht schlecht fürs Leben.
00:37:57Obwohl, er schafft einen Kohleneimer zu trinken. Denn bis jetzt schafft er es nicht.
00:38:03Er will nicht trinken.
00:38:05Er ist zu voll.
00:38:07Sag mal, was geht dir so in den Kopf, wenn du so zuguckst, wie so ein Mann hier die Wichte
00:38:12stemmt?
00:38:13Die Zeit vergangen ist. Er ist noch gar nicht so lange her, als wir im Kindergarten waren.
00:38:18Er ist ein alter.
00:38:20Aber das ist seine Welt hier, ne?
00:38:22Ja, das ist das Einzige, was er gerne macht.
00:38:25Da ist er stark.
00:38:27Er fühlt sich.
00:38:29Kannst du ihm Mut machen hier, dass er auch so die Schularbeiten und das Lernen nicht vergisst
00:38:33und sich daran erhöht?
00:38:34Doch, mit dem kann ich ihn immer kriegen. Wenn ich irgendwas ihm verbiete, muss ich
00:38:39sagen, geht es nicht zum Gewicht heben.
00:38:41Hast du das schon mal gesagt?
00:38:43Ja.
00:38:44Aber vielleicht selbstbewusst sein hier auf diese Weise.
00:38:47Doch, das glaube ich auch.
00:38:49Was könnte dann mal werden sich mit deinen Gefühlen?
00:38:52Also, ich möchte sagen, Bauarbeiter oder irgendwas sowas mit dem Bau.
00:38:56Und was Praktisches, ja?
00:38:57Ja.
00:38:59Du hast schon gesagt, was er gerne macht.
00:39:01Ja, warten wir tatsächlich.
00:39:02Da warst du ruhig.
00:39:03Ja, war ein bisschen praktisch.
00:39:05Aber das ist gut.
00:39:08So ein bisschen bis heute noch nicht.
00:39:10Wie viel im Hebste schon, sagen wir hier?
00:39:12Na ja, 26.
00:39:1526. Hast du nicht Angst, dass sich irgendwas verbiegt hier oder verhebt?
00:39:19Schlimmer wäre mit Boxen, also da hätte ich mehr Angst.
00:39:21So geht's aber, ja?
00:39:22Ja.
00:39:23Na, dann kommt ab heute. Tschüsschen.
00:39:25Tschüss.
00:39:26Das war's für heute.
00:39:30Tschüss.
00:39:38Trüb, wie der Tag begonnen hatte, war er zu Ende gegangen.
00:39:42Das Haus, in dem Brigitte ihre erste Wohnung hatte.
00:39:45Der Ort, in dem wir sie ein Jahrzehnt lang mit und ohne Kamera besuchten.
00:39:49Es sollte unser letzter Drehtag mit ihr gewesen sein.
00:39:59Untertitelung im Auftrag des ZDF, 2020
00:40:30Untertitelung im Auftrag des ZDF, 2020
00:40:33Sie liegt in Golze begraben. Zweite Heimkehr, letzte.
00:41:02Ihr zur Seite, der Vater.
00:41:05Schon lange krank, überlebte er den Tod seiner Tochter nur um zwei Wochen.
00:41:21Marcels Bruder Kai ist bei Norbert geblieben.
00:41:24Und Marcel wohnt nun bei der Golzer Oma.
00:41:28Wie sitzen Sie denn immer vorher, Walter?
00:41:30Na ja, wenn das Wetter so einigermaßen ist.
00:41:33Nach der Arbeit?
00:41:34Ja.
00:41:35Oder müssen Sie sich viel ausruhen? Wie geht's Ihrer Gesundheit?
00:41:38Ach, das hängt vom Wetter ab.
00:41:40Wie ist er denn so, der Marcel, nach all dem, was er erlebt hat?
00:41:44Ach, ist ganz in Ordnung.
00:41:48Und ich hoffe ja, dass ich ihm, kann ihm Mutter ersetzen,
00:41:54Oma und guter Freund und Kumpel sein kann.
00:42:01Und soweit mir das in der Lage ist, möchte ich es auch gerne mit meinen Kräften erlauben.
00:42:11Hat er denn ein bisschen was von der Brigitte? Erkennen Sie sie wieder?
00:42:16Ja, doch.
00:42:18Inwiefern?
00:42:19Na, für Ordnung und so.
00:42:25Er kümmert sich auch so um Kochen und Backen. Ja, doch, macht er.
00:42:32Ja, nur haben Sie zwei Schicksalsschläge erleben müssen.
00:42:35Jetzt liegen zwei auf dem Friedhof.
00:42:38Wir wollen ja noch einmal filmen, den Gedenkstein.
00:42:42Na, ich habe ja noch keinen.
00:42:44Also eine Einfassung will ich schon ganz gerne machen.
00:42:47Einen Stein wollte ich nicht machen.
00:42:49Ich habe gesagt, wenn ich mal sterbe und die Kinder nicht in der Lage sind zu pflegen,
00:42:52dann sagen sie, guck mal an, hier liegen sie und lassen sie verkommen.
00:42:55Und so, die Angehörigen wissen, wo sie sind, nicht.
00:43:01Aber Marcel, du würdest doch auf den Friedhof gehen?
00:43:03Ja, doch.
00:43:04Du musst die Oma fürchten, dass du ihr keine Blumen bringst.
00:43:06Weiß man, wie er denn nachher mal, ob er hier bleibt, wenn er mal verheiratet ist oder so.
00:43:13Sie wissen doch, wie das so im Leben so ist.
00:43:19Und was wünschen Sie ihm nun von sich selbst?
00:43:21Na, dass er die Schule beenden tut und vor allen Dingen, dass er arbeitet.
00:43:27Das ist mein Wunsch.
00:43:30Marcel in der Schule, in die schon Brigitte ging.
00:43:37So, das Zeugnis, das der Marcel mitbrachte,
00:43:41das ließ ja wirklich sehr zu wünschen übrig.
00:43:45Und wenn ich bedenke, dass der Marcel ja nun durch den Fachunterricht
00:43:49eigentlich noch viel größere Anforderungen zu erledigen hatte,
00:43:54dann muss ich gestehen, sind die einzigen beiden Fächer,
00:43:57die hier noch sehr trübe aussehen, Lautzensuren,
00:44:01das Fach Deutsch, wissen wir alle, ja, und das Fach Mathematik.
00:44:07Und das Fach Mathematik.
00:44:09Weil, alle, herzlichen Glückwunsch, Marcel.
00:44:16Eine schöne Stunde für Marcel.
00:44:18Und nach allem, was war, ein großer Sieg.
00:44:21Er ist der Älteste der Klasse.
00:44:23Und Thälmann-Pionier.
00:44:30Thälmann-Pioniere lieben ihre Heimat und sind immer bereit, sie zu schützen.
00:44:35Ganz prima. Wir können dann anfangen.
00:44:38Und zehn Schuss auf den Hebel davon.
00:44:49Auch ist es neuerdings das Schießen, das Marcel Spaß macht.
00:45:06Der 16. Dezember 87.
00:45:09Lass dich mal anschauen, Marcel.
00:45:12Jetzt gucken dich die Leute erstmal an.
00:45:15Jetzt sagen sie, Gott, ist der groß geworden.
00:45:19Wie groß bist du denn?
00:45:211,82. Also, vielleicht wird er noch größer.
00:45:24Meinst du? Ja, ja.
00:45:26Was passiert denn jetzt hier in der nächsten Minute?
00:45:29Ja, wir haben Veranstaltungen, FDJ-Versammlung.
00:45:32Und mal sehen. Lass mich überraschen.
00:45:34Liebe Jugendfreunde.
00:45:37Ich möchte erstmal in der Agrar- und Industrievereinigung
00:45:40Oderbruch herzlich zur heutigen Jugendstunde begrüßen.
00:45:44Wir haben hier ein kompliziertes Thema.
00:45:47Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und die Herausforderungen,
00:45:50die für uns und damit für jeden Einzelnen unter euch erwachsen.
00:45:58Ich will euch mal versuchen, die Fragen wissenschaftlichen Fortschritt
00:46:01aus meiner Sicht zu erklären.
00:46:05Kriegst du langsam Lust, die zehn Jahre zu schaffen?
00:46:08Oder traust du es doch nicht so richtig dir zu?
00:46:11Erstmal sehen. Okay, wir sind da.
00:46:13Das wird mir wirklich erstmal überlegen.
00:46:15Fortschritt erreichen, mehr Produktion erreichen,
00:46:17mehr Arbeitseinsparung erreichen, Arbeitserleichterung erreichen.
00:46:20Jugendfreunde, fragt, was euch auch bedrückt.
00:46:22Ihr braucht gar nicht...
00:46:24Ja, ihr geht doch täglich zu Hause mit den Eltern rum.
00:46:27Die Eltern haben täglich Probleme.
00:46:29Das sind alles Probleme, letzten Endes.
00:46:31Entwicklungsprobleme, Fragen des technischen Fortschritts.
00:46:46Ich habe eine Frage an euch.
00:46:48Wer will denn von euch in der Landwirtschaft seinen Beruf erlernen?
00:46:52Eins.
00:46:54Mach die Hände hoch. Ich interessiere mich wirklich.
00:46:56Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs...
00:46:58Und nach zehn Klassen, was könntest du dir da vorstellen?
00:47:00Was du dann machst?
00:47:02Ich werde Bündenschiffer.
00:47:04Find ich gut für dich.
00:47:07Naja.
00:47:09Na, erstmal sehen. Also ich muss mir das erstmal überlegen.
00:47:12Der 21. Mai 88.
00:47:15Marcells Jugendweihe im Goldshoher Kulturhaus.
00:47:19Der Saal wird voll werden.
00:47:21Heute, wie damals 1969.
00:47:29Der ist noch klein.
00:47:32Wenn wir uns jetzt wieder hinsetzen, von wo kommt das her?
00:47:35Sonst würdest du uns auf alle Fälle gleich verarschen.
00:47:58Marsch Friedrichs des Großen
00:48:29Brigitte.
00:48:31So schön an diesem Tag.
00:48:33Ute Pauke,
00:48:35Marcel Wehrwald,
00:48:37Doreen Lemmert,
00:48:39Marco Tannhäuser,
00:48:41Edgar Wolkowicz.
00:48:44Wahrheitsliebe zeigt sich darin,
00:48:46dass man nie unvergessliche Dinge
00:48:48schief getan hat.
00:48:50Edgar Wolkowicz.
00:49:10Wahrheitsliebe zeigt sich darin, dass man überall das Gute zu finden und zu schätzen weiß.
00:49:17Johann Wolfgang von Goethe.
00:49:20Johann Wolfgang von Goethe.
00:49:50Johann Wolfgang von Goethe.
00:49:53Johann Wolfgang von Goethe.
00:49:56Oh nein, fliegen die Frösche.
00:50:01Grüßbar, ich bin Rüdiger.
00:50:05Was gibt's denn zu Essen?
00:50:08Es gibt Kochklops, Bulette und Kohlrouladen.
00:50:11Kohlrouladen?
00:50:15So, jungen Freunde, unser Frühstückspause ist zu Ende.
00:50:17Jeder kennt seinen Arbeitsauftrag. Wir beginnen mit der Arbeit.
00:50:22Bitte, fangen wir an.
00:50:24Marcel ist wie Brigitte nach der 8. Klasse abgegangen, war ja auch schon 16.
00:50:30Er lernt in der Betriebsschule der Reichsbahn Frankfurt-Oder.
00:50:34Lokomotivführer will er aber nicht mehr werden, Traktorist auch nicht
00:50:40und für den Binnenschiffer fehlt ihm die 10. Klasse.
00:50:43Nun wird er Schlosser.
00:50:46Erstmal hier die Mitte noch mal anreißen.
00:50:49Hier reißen wir noch mal die Mitte an.
00:50:52Hier unten wird 8 mm abgetragen, wird gekernt, vorgebohrt und gebeubohrt.
00:50:57Ja? Okay.
00:51:13War es richtig, die Schule zu verlassen und hierher zu gehen?
00:51:16Ja.
00:51:18Das tut dir nicht leid?
00:51:20Nein, das bereue ich nicht.
00:51:22Marcel hat wirklich Interesse für diesen Beruf. Er opfert alles dafür.
00:51:25Das ist wie rechte Hände, ja?
00:51:27Ja, kann man sagen. Kann man echt sagen.
00:51:30Im Liegen vielleicht auch mehr die Praxis.
00:51:33Ja, ist so. Wenn der Lehrmeister kommt, will ich ihm unbedingt beweisen, dass wir nicht können.
00:51:37Das ist ernster Mal, wo ich mich da verlauern lasse und so und so.
00:51:42Macht Spaß, Marcel, weil da hast du dich doch geirrt in der Sache hier.
00:51:46Nee, macht Spaß.
00:51:48Und was macht denn Spaß hier?
00:51:50Wir feilen.
00:51:52Wir feilen auf keinen Fall.
00:51:53Nee, überhaupt.
00:52:03Schön hier, Marcel, ne?
00:52:05Ja, ist eine schöne Gegend.
00:52:07Kommst du öfter hierher?
00:52:09Na, selten.
00:52:11Wie komme ich erneut mit Marcel ins Gespräch?
00:52:13Hier kann man schön mit dem Mädchen sein, Marcel.
00:52:16Ja.
00:52:18Warst du schon mal hier so?
00:52:20Muss ich das sagen?
00:52:21Nee, eigentlich nicht.
00:52:23Na ja.
00:52:25Würde mich aber freuen.
00:52:27Ja, dann lassen wir das.
00:52:29Ja.
00:52:31Ja, nun bist du 18 geworden. Wie geht's denn weiter?
00:52:34Na, erstmal die Lehre beenden und dann sehen, ob ich noch Arbeit kriege.
00:52:40Aber als Schlosser, glaube ich, hat man gute Chancen hier.
00:52:45Hast du echt Angst?
00:52:47Ja, ein bisschen schon.
00:52:49Und du warst ja heute bei der Wahl und wärst beinahe nicht gegangen, hat mir die Oma gesagt.
00:52:55Ja.
00:52:57Na, wie denn das?
00:52:59Na ja, ich weiß nicht.
00:53:02Du bist dir unzuliebe wählen gegangen, oder wie?
00:53:04Ja.
00:53:06Das darf man ja nicht weiter sagen.
00:53:08Das kannst du doch verstehen, dass du ein bisschen mitbestimmst, was werden soll.
00:53:13Na klar.
00:53:15Oder glaubst du, die Stimme zählt sowieso nicht?
00:53:16Na doch, eigentlich schon.
00:53:21Und die Kabine zuziehen, bitte.
00:53:24Da müsste ich eigentlich fragen, was du gewählt hast, aber das ist ja wohl ein Geheimfall, oder?
00:53:28Das ist geheim, ja.
00:53:30Na, worauf setzt du dich? Was wäre dann wichtig? Welche Kräfte würdest du denn gerne unterstützen?
00:53:34Ja, da, wo die Zukunft gesichert ist, wo was auch für die Umwelt getan wird.
00:53:41Wer sichert denn Zukunft im Moment?
00:53:43Wenn ich Ihnen das beantworten würde, dann würden Sie auch wissen, wer ich gewählt habe.
00:53:48Die letzten Kommunalwahlen in der DDR.
00:53:51Für Marcel nur mehr erste Übung in freien Wahlen.
00:53:55Das Kreuz auf dem Zettel zählt bloß für wenige Monate.
00:54:01Der 4. Oktober 90.
00:54:04Im Sommer kam das neue Geld und nun ist Marcel auch schon den zweiten Tag Bundesbürger.
00:54:09Herzlichen Glückwunsch, Marcel.
00:54:12Ja, danke.
00:54:14Mensch, du machst Sachen.
00:54:16Wo ist denn das Geld her?
00:54:18Das ist immer noch von Mutti, das Geld.
00:54:22Und das habe ich jetzt sinnvoll angelegt.
00:54:25Was machst du denn mit dem Auto?
00:54:27Na ja, was soll ich damit machen? Fahren.
00:54:30Na, das ist mir klar.
00:54:32Was soll ich damit machen? Fahren.
00:54:34Was soll ich damit machen? Fahren.
00:54:35Na, das ist mir klar.
00:54:37Und wohin? Was hast du damit vor? Wozu brauchst du es?
00:54:40Na, damit mal weiter zum Beispiel nach Springhagen oder Oman zum Arzt.
00:54:44Einkaufen fahren.
00:54:46Man kriegt ja jetzt ein Selo. Das ist ein schöner Laden jetzt.
00:54:49Billig.
00:54:51Muss man jetzt auch gucken.
00:54:53Na, das ging ja nur bloß, weil sich was getan hat hier mit der DDR, die es nicht mehr gibt, ne?
00:54:58Ja, ansonsten hätten wir sowas nicht leisten können.
00:55:01Wäre immer ein Traum geblieben.
00:55:02Was verdienst du jetzt als Lehrling?
00:55:04Na ja, ich komme an den zweieinhalb Markt jetzt fast dran.
00:55:07Und wirst du Arbeit kriegen, wenn du dann fertig bist?
00:55:10Ich hoffe es, dass es sich dann schon wieder ein bisschen gelegt hat, wenn ich ausgelernt habe.
00:55:14Und wenn nicht, wenn du arbeitslos bist, kannst du das Auto gleich wieder verkaufen?
00:55:18Na ja, da muss ich mir erst mal umgucken. Vielleicht kriege ich dann drüben noch eine Arbeit.
00:55:24Wo denn drüben?
00:55:26Na ja, jetzt ist es ja vereinigt eigentlich.
00:55:28Aber das ist ja eben noch, wir sind ja eben noch irgendwie zuweden.
00:55:33Du weißt gar nicht, wie du das sagen sollst, nicht?
00:55:36Wie fühlst du dich denn? Du bist ja kein DDR-Bäuer mehr.
00:55:39Na, eigentlich nicht anders. Man hat ein bisschen Angst jetzt noch, arbeitslos zu werden.
00:55:44Und sonst? Ist das gut, so wie es gekommen ist?
00:55:48Ja, auf eine Art ja. Sehen Sie ja.
00:55:59Marcel fährt die Oma jetzt häufiger zum Arzt.
00:56:02So oft sie kann, ist die auf dem Friedhof.
00:56:05Hat Blumen auch dort schon gepflanzt, wo sie selbst einmal ruhen will.
00:56:10Ja, hast du Erinnerungen an deine Mutti?
00:56:14Oder willst du gar nicht mehr dran denken?
00:56:16Na, eigentlich an die Scheidung und alles, wie es dann so kam, eigentlich auch nicht mehr.
00:56:21Aber ich glaube, das ist ja auch so.
00:56:23Na, eigentlich an die Scheidung und alles, wie es dann so kam, eigentlich auch nicht mehr.
00:56:28Aber so, wie man mit zu Hause gekommen ist und mit Lust hier eben, das war eben doch schön.
00:56:34Gehst du zum Friedhof?
00:56:36Weniger. Also wirklich ganz selten mal. Ungern gehen.
00:56:43Könnte die Oma recht haben, wenn sie sagt, wer weiß, ob Marcel das gerade mal pflegt?
00:56:47Ja, pflegen den schon, aber das ist eben nicht schön.
00:56:51Wenn man dann sieht, da liegt deine Mutter und daneben der Opa.
00:56:58Ja, ja.
00:57:00Marcel, du hast aber eine Freundin, ne?
00:57:03Sagen die Leute hier immer.
00:57:05Stellst du uns die mal vor?
00:57:07Na ja, ihr wisst doch.
00:57:10Treffpunkt, Schreibers Eiskaffee.
00:57:17Ich arbeite hier auch in der LPGU. Lernt nur.
00:57:22Möchtest nicht länger alleine sein, ne?
00:57:25Na ja, ist schon besser, wenn man jemanden hat, denn.
00:57:31An Goldshoes Hauptstraße ist noch immer nicht viel los.
00:57:35Aber nun hat Marcel ja dieses Haus.
00:57:38Und das ist ja auch so.
00:57:40An Goldshoes Hauptstraße ist noch immer nicht viel los.
00:57:44Aber nun hat Marcel ja dieses Auto.
00:57:4719 Jahre bin ich jetzt.
00:57:50Gleich fertig mit der Lehre, ne?
00:57:52Dann bist du?
00:57:54Betriebsschlosser.
00:57:56Würdest du auch gerne hierbleiben wollen?
00:57:58Na ja, wollen schon, aber soll eben nicht sein.
00:58:01Also fehlt eben kein Weg hin, dass ich hier auf der LPG bleiben kann.
00:58:05Ja, dann musst du dein Auto vielleicht wieder verkaufen.
00:58:07Deswegen? Ah, glaub ich nicht.
00:58:10Ich werd schon Arbeit finden, ich bin jung.
00:58:13Ich kann umherfahren und mir Arbeit suchen.
00:58:16Im Beruf fahr ich hoch.
00:58:18Bis du gleich nicht mehr abhängig bist, hoffe ich wenigstens.
00:58:22Ja, ist schön, wenn man abhängig ist, wenn man sein eigenes Geld hat.
00:58:26Man kann auch was unternehmen, reisen und so.
00:58:29Jetzt ist halt ja alles möglich.
00:58:31Aber das Fahren, das kannst du ja nun schon, ne?
00:58:34Na klar, hast du mir auch genug beigebracht.
00:58:37Stillen Ecken.
00:58:53Und ich freue mich umso mehr, dass Sie alle heute Ihre Lehre beenden können
00:58:58und dass wir Ihnen heute Ihre Facharbeiterzeugnis überreichen können.
00:59:02Und ich bin auch ganz optimistisch,
00:59:04selbst wenn wir keinen von Ihnen heute am Abschluss Ihrer Lehrzeit
00:59:09in ein Arbeitsverhältnis übernehmen können,
00:59:12dass Sie alle Ihren Weg finden werden,
00:59:15dass Sie auch, glaub ich, soweit sind zu begreifen,
00:59:18dass Sie Verantwortung für sich selber übernehmen.
00:59:27Wie ist die Stimmung heute?
00:59:35Anders gefragt, wie geht's weiter?
00:59:39Wer hat denn schon Arbeit?
00:59:42Ich hab Arbeit.
00:59:44Nur auf Zeit?
00:59:46Ja.
00:59:48Und wo, Marcel?
00:59:50Getreidewirtschaft.
00:59:52Ja, das gab's früher schon mal.
00:59:54Diese natten Schnitter, die kamen zu ernten und konnten wieder gehen.
00:59:57Der Letzte heute in unserer kleinen Runde,
01:00:00aber ganz bestimmt nicht der schlechteste, ist der Marcel Herwald.
01:00:02Erst wenige Minuten her und schnell vorüber.
01:00:05Der Augenblick, der einmal Ziel aller Anstrengungen gewesen war.
01:00:08... den erfolgreichen Facharbeiterabschluss.
01:00:10Sie erhalten heute ein Zeugnis, auf das Sie persönlich stolz sein können.
01:00:13Und die Damen?
01:00:15Nichts.
01:00:17Keine Idee?
01:00:19Wo wollen Sie denn suchen?
01:00:21Erst mal in der Umschule.
01:00:23Noch mal lernen?
01:00:25Faux-Sösen.
01:00:27Wo bitte?
01:00:29Faux-Sösen.
01:00:30Was haben Sie denn sonst getan, was Sie jetzt hier beurkundet haben?
01:00:35Wie steht's mit Ihnen?
01:00:37Es geht weiter jetzt.
01:00:39Na, was wollen Sie denn unternehmen jetzt?
01:00:41Mal gucken, was Arbeit das Amt anzubieten hat.
01:00:44Wo?
01:00:47Vielleicht irgendwie in Altersheimen oder so in der Richtung.
01:00:54Naja, das ist ja...
01:00:56Patientvolle.
01:00:57Das ist gar nicht die Frage, aber Sie sind Landmaschinen-Schlosser oder was sind Sie jetzt?
01:01:01Landmaschinen-Schlosser.
01:01:05Ich glaube, wir haben allen Grund, auf den erfolgreichen Abschluss Ihrer Lehre anzustoßen.
01:01:12Und wir wollen das verbinden noch einmal mit den besten Wünschen für Ihre Zukunft.
01:01:18Im Berufsleben alles Gute für Sie und natürlich auch im persönlichen Bereich viel Glück.
01:01:24In dem Sinne, auf Ihr Wohl.
01:01:27Auf Ihr Wohl.
01:01:39Machst du das?
01:01:41Nachdem wir den Festtag hinter uns gebracht haben, würde ich sagen, dass wir gemeinsam frühstücken
01:01:48und auch die letzte Zeit, die uns da bleibt, durch einen recht zwanglosen Gespräch.
01:01:59Tags darauf fängt Marcel bei der Getreidetrocknung an.
01:02:03Endlich was tun, zeigen, dass er was gelernt hat.
01:02:07Die Gelegenheit wird zu Ende sein, ehe sie recht genutzt werden konnte.
01:02:12Aber drei Monate reichen erstmal für den Anspruch auf Arbeit.
01:02:15Drei Monate reichen erstmal für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
01:02:21Die Goldshore-Arbeitswelt ist geschrumpft.
01:02:24Auch Meister Franke beschränkt sich aufs Nötigste.
01:02:32Und wenn das mal nicht gehen sollte, dann musst du dir einen Hammer holen, dann musst du ein bisschen runterknoten.
01:02:37Das muss man erstmal ein bisschen beweglich machen, sonst hat der so lange gestanden.
01:02:41Wenn jetzt dieser Überlauf, der bringt jetzt die Getreide schon und der andere bringt jetzt die Getreide noch nicht,
01:02:47dann drückst du das hier ein bisschen zu mit diesem Schieber.
01:02:50Und wenn dir jetzt mal irgendwie damit das jetzt zu heiß wird, geh nicht irgendwie mit Wasser oder was anderem in den Ofen.
01:02:58Denn ansonsten gibt das einen bitteren Nachgeschmack für dich.
01:03:02Und die Kohle liegt darunter, passiert es, damit die Schabottsteine durchbrennen.
01:03:07Herr Franke, der ist aber eigentlich Betriebsschlosser. Soll der Heizer werden bei Ihnen?
01:03:12Ja.
01:03:14Ja? Musst du das können?
01:03:16Zum Anlernen, zum Anlernen wird der Heizer bei uns und fährt hinterher in der Ernte die Trocknung.
01:03:22Du hast mal gesagt, naja, wenn ich arbeitslos werde, dann lasse ich mich aber nicht mehr filmen.
01:03:27Ja.
01:03:28Warum denn?
01:03:30Das macht keinen guten Eindruck irgendwie auf die anderen Leute, denn die werden den Film nicht mehr später sehen.
01:03:34Aber es sind doch Arbeitslose darunter, die den Film sehen, du.
01:03:37Nein, ich glaube, die würden sich auch nicht filmen lassen.
01:03:39Machst du ernst und lässt dich nicht filmen?
01:03:42Die Zeit lang, wo ich arbeitslos bin, danach, wenn ich wieder Arbeit habe, da können sie mich nicht mehr filmen lassen.
01:03:47Von Golzo in dieses Goslar.
01:03:51Vor dessen Toren eine Garnison der Luftwaffe.
01:03:55Die Bundeswehr als nächster Arbeitgeber auf Zeit.
01:03:59Im Geleit von Oma, Onkel und Tante.
01:04:04Der Fahrer trifft Mate und rightly.
01:04:08Die Bundeswehr als nächster Arbeitgeber auf Zeit.
01:04:25Im Geleit von Oma, Onkel und Tante.
01:04:28Oma, Onkel und Tante.
01:04:48Zum Bund mit DDR-Ausweis.
01:04:59Gehen Sie bitte weiter zu dem Tisch, da vorne sind weitere Informationen eingelesen.
01:05:04Gehen Sie bitte weiter zu dem Tisch, da vorne sind weitere Informationen eingelesen.
01:05:25Flieger werden soll Marcel nicht. Er erhält hier nur drei Monate lang seine Grundausbildung.
01:05:30Wenn ich mit Bleistift oder mit Rutschhüpfzeug ganz normal eine Kugel schreibe, ist das sehr aufmerksam.
01:05:37Und ein Laufzettel vom Arzt, da fangen Sie nur oben den Kopf ein.
01:05:41Mit Personenkennziffer.
01:05:42Raucher.
01:05:43Raucher.
01:05:44Raucher.
01:05:45Sie können hier im Raum rauchen.
01:05:47Aschenbecher kriegen Sie da noch.
01:06:01Und nun wartest du auf mit Raucher.
01:06:06Es ist Zeit, dass ich hier komme, Marcel.
01:06:08Naja, lieber zuerst, dann kann man sich wenigstens mal das Bett aussuchen und den Schrank und alles.
01:06:13Und dann, als wenn man am letzten Tag kommt, dann kriegt man hier, wie Sie sehen, was ab.
01:06:18Ist nicht unangenehm, die Stunde?
01:06:20Naja, doch.
01:06:21Ist nicht unangenehm, die Stunde?
01:06:22Naja, doch.
01:06:23Ist nicht unangenehm, die Stunde?
01:06:24Naja, doch.
01:06:25Ist nicht unangenehm, die Stunde?
01:06:26Naja, doch.
01:06:27Ist nicht unangenehm, die Stunde?
01:06:29Naja, doch.
01:06:30Bisschen komisch ist Ihnen jetzt schon.
01:06:32Du hast Dich aber hier füllen lassen.
01:06:34Ich sag's Ihnen arbeitslos.
01:06:38Oder kommt Dir das jetzt gelegen, dass Du einberufen wirst?
01:06:42So gesehen.
01:06:43Wem kommt es jetzt schon gelegen, dass man einberufen wird?
01:06:45Da wäre ich lieber zu Hause geblieben und hätte mir nach einer Arbeit umgeguckt.
01:06:49Als wie hier.
01:06:51Hattest Du Dich eigentlich schon darauf eingestellt, dass Du zur Nationalen Volksarmee musst eines Tages?
01:06:56Ja.
01:06:57Wer nicht?
01:06:58Wer konnte nicht wissen, dass der Umstoß kommt.
01:07:00Also damit gerechnet hat man schon.
01:07:03Aber eben wie so zeitig.
01:07:06Hättest Du Dir auch verweigert?
01:07:08Stoßt Dir hier vorne gegen?
01:07:09Nee.
01:07:10In unseren Zeiten hätte ich sowas nicht gemacht.
01:07:12Aber Ihr solltet mir folgen jetzt.
01:07:14Ja.
01:07:15Ja.
01:07:16Drückt das da?
01:07:17Nee.
01:07:18Ist gut.
01:07:19Hast Du es gewagt?
01:07:20Hast Du es zumindest gesagt?
01:07:21Ja.
01:07:22Gewagt habe ich das eben mal.
01:07:24Aber...
01:07:26Muss nun doch gehen.
01:07:28Jetzt alles mischen.
01:07:29Hast Du vielleicht zu früh aufgegeben?
01:07:31Vielleicht hättest Du es geschafft.
01:07:33Ich mache das eh nicht alltäglich rum und dann ist es gut.
01:07:37Ich hoffe dann nicht mehr, dass so Zeit wie normal wieder ankommt.
01:07:40Ich habe noch ein paar Fotos hier von Euch bei.
01:07:43Ja, da ist schön.
01:07:46Kannst Dir ja hinter den Schrank stecken.
01:07:49Ja, ich würde es machen.
01:07:54Kommst Du nächstes Mal mit Deinem Opel Kadett vorgefahren?
01:07:57Ich auch.
01:07:58Ich kenne eigentlich die Strecke.
01:08:00Umso schneller ist man wieder zu Hause.
01:08:03Wäre es vielleicht besser, die Ines nicht zu haben.
01:08:04Ein Jahr erst mal.
01:08:06Das hinter Dich zu bringen, so wird es noch schwerer auch für Dich.
01:08:09Na, ist schon ganz gut.
01:08:12Wir haben einen Ausbildungsauftrag.
01:08:15Und darüber hinaus...
01:08:16Ich möchte mal sagen, einen Erziehungsauftrag.
01:08:20Ich weiß, dass Sie alle in einer etwas schwierigen Situation sind.
01:08:27In einer Zeit, wo man davon spricht,
01:08:30dass die Konfrontation zwischen den damals bestehenden Machtblöcken
01:08:35NATO und Warschauer Pakt,
01:08:37wobei es den Warschauer Pakt ja nicht mehr gibt,
01:08:39abgebaut wird.
01:08:41In dieser Zeit, wo alles von Frieden, Entspannung und Abrüstung spricht,
01:08:44müssen Sie zur Bundeswehr und Ihren Grundwehrdienst ableisten.
01:08:56Wehrpflichtige Soldaten, sprechen Sie mir zum feierlichen Gelöbnis nach.
01:09:02Ich gelobe,
01:09:04Ich gelobe,
01:09:06der Bundesrepublik Deutschland,
01:09:09der Bundesrepublik Deutschland,
01:09:12treu zu dienen,
01:09:14treu zu dienen,
01:09:16und das Recht,
01:09:18und das Recht,
01:09:20und die Freiheit des deutschen Volkes,
01:09:22und die Freiheit des deutschen Volkes,
01:09:25tapfer zu verteidigen.
01:09:27tapfer zu verteidigen.
01:09:44Marsch Friedrichs des Großen
01:10:14Marsch Friedrichs des Großen
01:10:35Oh, schlaf dich ein da!
01:10:37Reihe rechts, Mitte links in die Unterkunft einrücken!
01:10:44Reihe rechts, Mitte links in die Unterkunft einrücken!
01:10:59Das Standbein Arbeit.
01:11:02Auf der Suche nach Arbeit hat Marcel einen Job gefunden.
01:11:07Er entsorgt Schrott für eine Fürstenweiler Firma.
01:11:10Die konnte zwar keinen Schlosser gebrauchen,
01:11:13wohl aber einen Schweißer.
01:11:15Ganz alleine hier, die Schrotthausen?
01:11:18Ja.
01:11:21Der hat nur Schrott hinterlassen, müsst ihr jetzt sagen?
01:11:25Ne.
01:11:27Der hat nur Schrott hinterlassen, müsst ihr jetzt sagen?
01:11:31Nein.
01:11:33Ne.
01:11:35Nein.
01:11:37Nein.
01:11:39Nein.
01:11:40Der hat nur Schrott hinterlassen, müsst ihr jetzt sagen.
01:11:44Um den zu aufzuräumen.
01:11:45Um den aufzuräumen, ja.
01:11:48Das ist der Überbleibsel von den Betrieben, die jetzt aufhören.
01:11:54Der Betrieb da drüben macht Handleiter, ja?
01:11:56Ja.
01:11:57Was haben die hier gemacht?
01:11:59Die haben hier Kartoffeln gelagert.
01:12:03Angeblich brauchen sie heutzutage keine Kartoffeln mehr, so wie es aussieht.
01:12:10Seit ich immer im Beruf, ich hab gelernt zusammenbauen.
01:12:13Jetzt zweifle ich auseinander.
01:12:17Man kann sich die Arbeit heutzutage nicht mehr aussuchen.
01:12:26Das Auto hast du auch noch, oder wie ist das?
01:12:28Nee, das Auto reicht nicht mehr.
01:12:29Dafür hab ich die Wohnung.
01:12:33Der schöne Opel Kadett ist weg.
01:12:34Tja.
01:12:35Und was fährst du nun?
01:12:36Fahr ich wieder Wappburg.
01:12:38Woran denkt man, wenn man Pause hat, Marcel?
01:12:42An einem anderen Beruf.
01:12:43Weil es immer ganz schön schwer ist, was man hier machen tut.
01:12:49Und, ähm, dass es auch noch was anderes gibt im Leben.
01:12:52Genau.
01:12:53Mädels zum Beispiel.
01:12:54Das stimmt auch.
01:12:55Verprivatet.
01:12:57Ja.
01:12:58Wie steht's denn um euch?
01:13:00Bis jetzt steht alles ganz gut.
01:13:01Wir sind zufrieden.
01:13:02Wir haben unsere eigene Wohnung.
01:13:04Also wir führen jetzt nicht mehr das Leben.
01:13:07Immer noch dieselbe Ines?
01:13:08Ja.
01:13:09Wie lange schon?
01:13:10Zwei Jahre.
01:13:11Mit jetzt schon.
01:13:13Wir sind zufrieden.
01:13:14Weg von der Oma.
01:13:16Weg von der Oma.
01:13:17Das eigene Leben führen jetzt.
01:13:20Können wir mal hochkommen?
01:13:21Ja, klar, gerne.
01:13:23Seid eingeladen.
01:13:24Marcel ist fort aus dem Oderbruch.
01:13:26Lebt mit Ines nun in Niederjesar zusammen.
01:13:29Da hat sie ihre Eltern.
01:13:30Um die Kamera gucken zu lassen, ist eigentlich noch nicht alles geschafft.
01:13:34Dein ist noch Schlafzimmer, da fehlt noch ein Schrank.
01:13:38Bin die Rekorder schon dabei?
01:13:39Nee.
01:13:40Na, man kann nicht alles zugleich haben.
01:13:41Genau.
01:13:43Und Ines, der erste Lehrer und dann?
01:13:47Dann soll auch das Geld losgehen.
01:13:50Wenn man Arbeit kriegen tut.
01:13:52Ines ist im letzten, dem praktischen Lehrjahr.
01:13:55Wollen wir mal weitergucken?
01:13:56Ja.
01:13:57Da haben wir die Küche.
01:14:05Schön aufgeräumt für uns, ne?
01:14:07So sieht's immer aus bei uns.
01:14:10Weil ich jetzt sowieso krankgeschrieben bin.
01:14:13So?
01:14:14Ja, doch mehr als wenn man arbeiten gehen will.
01:14:19Mensch, ihr kommt doch in allen Ecken mit eurer Kamera.
01:14:22Naja, hierfür ist nur noch nicht alles.
01:14:24Wollten wir auch gerne fließen, aber...
01:14:27Ist das hier selbst gemacht?
01:14:28Was?
01:14:29Ist das hier selbst gemacht?
01:14:30Alles.
01:14:31Alles selbst gemacht.
01:14:32Alles.
01:14:34Hier sind keine Handwerker drinnen gewesen.
01:14:36Nee.
01:14:38So, hier haben wir das Schlafzimmer.
01:14:40Hier lassen wir euch aber nur das Bett und das Licht rein.
01:14:46Hier fehlt natürlich auch etwas.
01:14:49Hier fehlt natürlich auch etwas.
01:14:51Aber für uns reicht das erstmal.
01:14:54Niederjesau liegt zwischen Selow und Frankfurt-Oder.
01:14:59Naja, worüber redet ihr denn so?
01:15:01Was drückt euch?
01:15:03Nur Arbeit.
01:15:04Und Arbeit, die gelaufen ist.
01:15:07Denkt ihr bloß noch so über das Erreichbare nach
01:15:10oder denkt ihr auch ein bisschen darüber hinaus?
01:15:13Jetzt denken wir erstmal gar nicht weiter.
01:15:15Ich weiß schon, was wir können machen.
01:15:17Ich weiß schon, worauf du hinaus willst.
01:15:20Daran denken wir erstmal noch gar nicht.
01:15:24Jetzt meinst du bestimmt hier an Kinder oder eben sowas schon, ne?
01:15:28Ne, ne, an sowas denken wir...
01:15:30Wir wollen uns erstmal in der Zukunft befinden,
01:15:32also erstmal in der Existenz.
01:15:33Dass wir wirklich mit B2B in unserem Leben stehen.
01:15:35Dass wir erstmal auch richtig viel Arbeit haben.
01:15:38Und dass wir erstmal selber was von der Welt sehen,
01:15:40denn wir haben selber auch nichts weiter gesehen.
01:15:44Wir wollen auch erstmal ein bisschen verreisen.
01:15:48Reiseziele, was soll's denn sein, wenn man träumen kann?
01:15:51Venus?
01:15:53Ach, die schönen Inseln, die hab ich schon jetzt...
01:15:56Wo man jetzt hinfahren kann.
01:15:58Ach man, es gibt so viele,
01:16:00wo man alles jetzt schon im Fernsehen so sieht,
01:16:02ganz schönen Inseln und alles sowas.
01:16:04Ach Mensch, wenn man das alles so sieht,
01:16:07ist man doch schon neidisch, wa?
01:16:09Naja.
01:16:10Du liegst bloß am Geld, nicht?
01:16:11Ja.
01:16:13Und trotz allem ist es gut, dass die Mauer gefallen ist, oder?
01:16:17Gibt's doch mehr Minus?
01:16:20Das Minus ist...
01:16:23Also erstmal reicht immer der Plus, wa?
01:16:25Der Plus ist, dass wir jetzt die Wohnung haben.
01:16:27Zur Ostzeit hätten wir sie nicht gekriegt, wa?
01:16:29Und das Minus ist eben,
01:16:31ich muss davon meinen Schlosserberuf aufhören.
01:16:33Oder entlassen.
01:16:36Das sind eben wirklich Nachteile, wa?
01:16:39Ich will erstmal, dass ich meinen Lehrer abschließe.
01:16:41Und dann ist ja immer noch,
01:16:43dass ich meine drei Monate zu Ende machen kann,
01:16:45da auf den Betrieb.
01:16:47Und was danach kommt...
01:16:48Naja, wünsche halt schon, wa?
01:16:50Also, dass ich halt erstmal ein Kind kriege, aber...
01:16:55Man muss erstmal auf den grünen Zweig kommen,
01:16:57um sich erstmal so ein Kind leisten zu können, wa?
01:17:00Das ist ganz schön teuer.
01:17:01Wenn das alles jetzt so sichtbeteuert ist,
01:17:03dann muss man jetzt die Sachen...
01:17:05Dann vergeht ja das schon, wa?
01:17:07Auch Ines, Facharbeiterin für Gartenbau,
01:17:09wurde von der Goldsor LPG
01:17:11nun eine GmbH nicht übernommen.
01:17:13Dies hier ist wieder nur Arbeit über die Saison.
01:17:15Kartoffeln werden doch noch gebraucht.
01:17:29Marcel finde ich noch immer da,
01:17:31wo Betriebe abgerissen werden
01:17:33und Altes Neuem weichen muss.
01:17:35Also überall in der Region.
01:17:37Inzwischen gehört er zum Stammpersonal der Firma
01:17:39und ist sich seines Jobs sicherer.
01:17:41Was hätte ich gemacht in den 10 Jahren?
01:17:43Hätte ich auch Schlosser gelernt,
01:17:45so wie in Südtirol?
01:17:47Und dann wäre ich jetzt auch nicht weiter gewesen.
01:17:51Ich würde doch gar nicht mehr gefragt,
01:17:53was wir damals hier gelernt haben.
01:17:55Oder was wir hier gelernt haben,
01:17:57das würde ich doch nicht mehr gefragt.
01:17:59Obwohl, man kann es, oder man kann es nicht.
01:18:03Man reißt nur ein.
01:18:05Macht ja auch Spaß,
01:18:07wenn man so einen großen Teil hat.
01:18:09Wie wir heute gedreht haben,
01:18:11sind ja auch manchmal größere Teile,
01:18:13aber man kriegt es auseinander.
01:18:15Egal wie dick.
01:18:29Mit Florian und der Mutter von Ines
01:18:31durchs Virchow-Klinikum in Berlin-West.
01:18:35Nicht zum ersten Mal
01:18:37Ende eines weiten Weges aus dem Dorf
01:18:39in die Hauptstadt.
01:18:41Und kein schöner Anlass zum Filmen.
01:18:45Ines und Marcel waren dennoch damit einverstanden.
01:19:07Florian.
01:19:09Jetzt fünf Monate alt.
01:19:11Zur Welt gekommen oder gebracht
01:19:13mit einem verformten Kopf.
01:19:15Lag es an den Genen?
01:19:17War es die Geburt?
01:19:19Und werden Neurochirurgen
01:19:21hier helfen können?
01:19:23Ich kann es am Dito.
01:19:25Ich nehm's einfach mal ganz.
01:19:27Kopf. Lag es an den Genen? War es die Geburt? Und werden Neurochirurgen hier helfen können?
01:19:57Wie geht es? Gut, uns geht es gut. Sie haben sich schon ein bisschen über den Gedanken angefragt, dass wir als Operationstermin würden wir ihn Ende Februar vorschlagen.
01:20:17Und den genauen Termin? Das ist immer ein Donnerstag. Das würde ich auch vorschlagen. Das wäre auch vom Timing her nicht schlecht.
01:20:33Wir sind der Meinung, das haben Sie mit der Sange versaut. Nein, da sind wir uns sehr sicher, dass das nicht so ist. Es wäre auch nicht erklärt. Es gibt ja Verformungen des Kopfes und dadurch, dass die Schädelknochen schwimmen, bilden sich diese Verformungen wieder zurück.
01:20:54Wie wird sich das äußerlich? Das Problem ist auf der einen Seite dieser auffällige Nahtverschluss, auf der anderen Seite aber auch, dass dadurch die Frontalschuppe so ein bisschen nach hinten flieht.
01:21:19Und hier sehen Sie auch schon diese Einpuffungen, die gleichzeitig mitgeruhigt werden müssen. Das heißt, wir stellen die ganze Frontalschuppe und auch den sogenannten kantalen Teil hier, also die obere Augenbegrenzung der Augenhöhle, mit nach vorne.
01:21:36Also wird das auch nicht nur hier sichtbar sein, sondern auch augenmäßig? Und man verliert natürlich, um das was man da braucht, verliert man seitlich, also man muss den Knochen von hinten ein bisschen vorziehen, um diese Krümmung auszurollen. Und dann wird hinten ein kleiner Spalt bleiben. Hast du Hunger?
01:21:59Dann wird da hinten ein kleiner Spalt bleiben und der wächst wieder zurück.
01:22:06Ein Dreivierteljahr nach der Operation sind wir wieder in Niedergeser und bleiben über diesen Dezemberabend hinaus mit Marcel und Ines im Gespräch, bis hinein in den Sommer, in dem unsere Dreharbeiten nach 37 Jahren enden werden.
01:22:37So groß.
01:22:46Schmeiß weg, schmeiß weg den Ball. Mach ihn weg.
01:22:50Wie alt ist er denn jetzt schon?
01:22:5315 Monate ist er.
01:22:56Wie sieht es aus, wird er laufen? Erste Schritte?
01:22:59Alleine macht er es noch nicht, aber wenn er sich hochzieht am Tisch, dann läuft er da entlang.
01:23:07Na guck, bravo.
01:23:09Vielleicht kannst du ihn mal hinstellen, vielleicht läuft er schon ein bisschen.
01:23:13Wir können ihn probieren.
01:23:15Nein, nein, möchte ich nicht.
01:23:18Kommst du zu Mama?
01:23:20Florian, geh mal zu Mama.
01:23:22Komm zu Mama, komm.
01:23:25Na komm her, na komm los.
01:23:27Na komm her, lass ihn.
01:23:31Na komm her, na komm.
01:23:33Langsam, langsam, langsam.
01:23:37Na komm.
01:23:40Papa hat auch schon ein paar Mal gesagt, aber ohne dass Marcel es gehört hat, ist er ja ganz enttäuscht.
01:23:54Wir haben manchen Abend hier gesessen und uns gefragt, ob es uns alles gut geht vor der Operation.
01:24:01Und dann waren wir zufrieden gewesen, dass die erste vorbei war.
01:24:06Wir haben gut überstanden und dann kam die nächste.
01:24:09Und jetzt haben wir gesagt, jetzt ist aber genug.
01:24:14Ach, wir sind zufrieden, wir wissen, es ist vorbei.
01:24:17Damit hat es sich.
01:24:19Also er ist wissbegierig, er will alles machen.
01:24:22Was das Einzige ist, ist, dass er noch nicht reden kann.
01:24:25Das ist das Einzige für ihn.
01:24:27Wenn das sein würde, dann würde man ihn vielleicht noch gar nicht ansehen, dass er noch ein bisschen aufzuholen hat.
01:24:32Aber wir lassen uns da nicht verrückt machen.
01:24:35Da haben sie immer gesagt, ach ja, das muss behandelt werden.
01:24:38Und da hat man sich dann innerlich den Kopf gemacht.
01:24:42Aber jetzt, da sagen wir, der eine früher, der andere später.
01:24:47Habt ihr euch nie gefragt, warum uns das passiert?
01:24:50Ja, oft, sehr oft.
01:24:52Wir haben uns die Schuld gegeben dafür.
01:24:54Das haben wir bloß verkehrt gemacht, haben wir immer gesagt.
01:24:57Ich habe eigentlich gesund gelebt.
01:24:58Ich kann nicht sagen, dass ich einen Putzerhorn habe oder so.
01:25:02Wie gesagt, gesund ernährt.
01:25:04Aufs Kind gefreut, war ein Wunschkind.
01:25:07Und dann kommt sowas dabei raus.
01:25:09Was heißt sowas dabei raus?
01:25:11Dass das Kind halt so eine Störung hat im Organismus.
01:25:14Das hat man so nicht träumen lassen.
01:25:16Man hat sich zwar mal gefragt, was ist, wenn.
01:25:19Aber das schiebt man beiseite.
01:25:21Und wenn das dann doch auftritt, das ist dann ganz schön hart.
01:25:24Aber nicht nur für mich als Mutter, auch Marcel als Vater.
01:25:27Glaubst du, dass ihr damit fester zusammengefunden habt?
01:25:30Auf jeden Fall.
01:25:32Das war nicht ein einfaches Leben.
01:25:34Bist du müde?
01:25:36Und sagt man, wenn er nur heiratet, stimmt das im Jahr 2000 vielleicht?
01:25:40Naja.
01:25:42Müssen wir erst noch mal sehen.
01:25:44Wir haben erst noch mal so andere.
01:25:46Das ist ja alles eine Frage finanziell.
01:25:49Ich meine, jetzt ist es ja so, jetzt braucht man ja keinen mehr.
01:25:52Jetzt kann man es ja ganz heimlich machen.
01:25:53Jetzt braucht man ja keinen mehr was sagen.
01:25:56Nee, nee, aber das war eigentlich vorgesehen für 2000.
01:25:59Aber wir sagen uns immer wieder, wir haben nur so vieles zu machen.
01:26:02Und vielleicht wird es 2001, 2002, man weiß ja manchmal nicht, wie es kommt.
01:26:07Jetzt machen wir mit dem Klemen viel Urlaub.
01:26:10Dass er auch rauskommt und so.
01:26:12Und jetzt wollen wir erst mal sehen, wie sein Beruf weitergeht.
01:26:15Wollte Hotelfachfrau umschulen.
01:26:17Aber jetzt wird es Restaurantfachfrau.
01:26:19Und jetzt ist es ja so, jetzt braucht man ja keinen mehr.
01:26:21Wollte Hotelfachfrau umschulen.
01:26:23Aber jetzt wird es Restaurantfachfrau.
01:26:25Ist im Grunde genommen dasselbe.
01:26:27Weil es halt auch viel mit Leuten zu tun hat.
01:26:29Mit brauche ich auch ein bisschen.
01:26:31Ich war die ganze Zeit zu Hause.
01:26:33Nach der Lehre gleich zu Hause.
01:26:35Und...
01:26:37Naja, jetzt muss ich mal ein bisschen raus.
01:26:40Nee, aber wir haben eben was anderes.
01:26:42Wir denken eben noch nicht so an heiraten.
01:26:44Oder machen uns da irgendwie verrückt.
01:26:46Aber wenn wir heiraten, sollte es aber auch eine Richtlinie sein.
01:26:48Nicht, dass man sagt, hier musst du sparen.
01:26:51Und da musst du sparen.
01:26:53Aber man will ja auch gerade Hochzeitsreisen.
01:26:56Soll ja dann auch alle zahlen.
01:26:58Und wenn das Geld dann dafür nicht da ist,
01:27:01dann verschiebt man es eben um ein Jahr oder zwei Jahre.
01:27:13Ach, meine Kindheit.
01:27:15Ja, was soll ich sagen?
01:27:16Geboren in Frankfurt.
01:27:21Und dann, ja, weiß ich nicht.
01:27:23Dann Einschulung.
01:27:26Jugendweihe.
01:27:29Lehre.
01:27:31Armee.
01:27:34Ines, Florian.
01:27:36Und dann war das schon.
01:27:38Dann ist alles vorbei.
01:27:40Mein Leben ist nicht so,
01:27:42fülle es zum Erzählen, sag ich mal.
01:27:44Da ist nicht viel bei.
01:27:47Eine Zeit lang alleine aufgewachsen.
01:27:50Aber ich sag mal, das war alles zu lange her, sag ich mal.
01:27:54Kann ich mich kaum noch dran erinnern.
01:27:59Die schönen Zeiten sind jetzt erst die letzten paar Jahre.
01:28:03Dann war alles ein bisschen traurig, sag ich mal.
01:28:08Ja, aber wo ich mich dran selber erinnern kann,
01:28:12das ist eben bloß noch die letzten paar Jahre mit meiner Mutter.
01:28:17Sag ich mal, ich weiß auch,
01:28:19ich kenne meinen Vater auch, meinen richtigen Vater.
01:28:22Sie hat auch keinen Hehl draus gemacht, wer das auch ist und so.
01:28:26Klar, sie hat es mir gesagt, alles.
01:28:29War dufte gewesen, man konnte mit ihr über alles reden
01:28:33und auch ein bisschen Blödsinn machen.
01:28:36Und sie hat mitgemacht, ne.
01:28:38Also, war vielleicht doch eine schöne Zeit, ne.
01:28:42Und dann starb sie?
01:28:44Dann starb sie, ja.
01:28:46Und dann waren auch viele zusammengebrochen bei mir, ne.
01:28:50Und das setzt sich manchmal traurig immer noch, ne.
01:28:54Das wird sich eben nie ändern.
01:28:58Und da hatte ich auch ganz schön zu kämpfen, ne.
01:29:01Hatte ich mir dann später gesagt,
01:29:03dass das irgendwie weitergehen muss, ne.
01:29:06Am liebsten hätte ich sie eben doch alles hingeschmissen.
01:29:09In dem Moment, wo meine Mutter gestorben ist,
01:29:11hätte ich auch gesagt, okay, wieso gerade sie,
01:29:13wieso nicht mir, ne.
01:29:15Aber ...
01:29:17Wäre es gut gewesen, deinen Vater zu haben?
01:29:20Auf jeden Fall, na klar.
01:29:23Aber das war eben nun nicht, ne.
01:29:25Dadurch, dass meine Mutter ja nun auch geschieden war mit Norberten.
01:29:29Und so, ja, da blieb eben nur die Oma,
01:29:32die hat mich dann auch mitgebracht.
01:29:33Und so, ja, da blieb eben nur die Oma.
01:29:35Bloß die Oma ist immerhin kein Ersatz für die Mutter, ne.
01:29:38Und für den Vater, ne.
01:29:40Und, sagen wir mal, wenn sie Probleme hatte,
01:29:42dann wurden sie eben drunter geschluckt.
01:29:45Also in ihnen dann drin gefressen, ne.
01:29:47Hatte eben keinen zum Erzählen, ne.
01:29:59Aber sonst geht's mir gut, sagt Brigitte.
01:30:01Ich bin zufrieden mit der Zeit, in der ich lebe.
01:30:14Mit dem Sohn, Huckepack aus dem Hort.
01:30:17Brigitte sollte recht behalten,
01:30:19Marcel schaffte das Ziel der ersten Klasse nicht.
01:30:22Da musst du mal bloß einerseitig, wie man sieht.
01:30:25Insofern zeigt Phil nie die ganze Wahrheit.
01:30:29Nee, auf keinen Fall.
01:30:31Das ist schon ganz gut so.
01:30:33Manchmal ist es schon ganz gut so.
01:30:35Man kann viel verbergen dadurch.
01:30:37Alles muss man ja auch nicht wissen, ne.
01:30:39Nee.
01:30:51Brigitte, wir sind's mal wieder.
01:30:53Im dritten Jahr ihrer Ehe
01:30:55hatten Brigitte und Norbert das Haus noch immer nicht fertig.
01:30:58Und weil wir darauf nicht länger warten wollten,
01:30:59sackten wir uns neu in Spreenhagen an.
01:31:02Es ist der 6. Januar 82.
01:31:08Seid ihr schon bedient vom Umbau?
01:31:10Na, ganz schön.
01:31:17War's schwer, ja?
01:31:19Zweimal bauen, sagt man ja.
01:31:21Nee, noch mal nicht.
01:31:23Nee, wa? Reicht für's erste Mal.
01:31:25Ja.
01:31:30So, und Marcel kickt sich was ab hier, oder wie?
01:31:33Ich muss ja festhalten und sehen,
01:31:36wie wir da oben ein paar Tricks ablauschen.
01:31:42Hast du da eine handwerkliche Bürgermeister?
01:31:45Ja.
01:31:47Hast du das alles geschafft, oder wie ist das?
01:31:49Alles geschafft ist noch nicht.
01:31:51Das Bad habt ihr auch gemacht?
01:31:53Ja.
01:31:55Musstet ihr auch noch mit dem Wasserrohr erst mal arbeiten?
01:31:57Nein, da war gar nichts drin.
01:31:59Die war total leer, ganz dunkel.
01:32:01Blutklo und so?
01:32:03Nein, die Toilette war draußen, hinter der Scheune.
01:32:05Da mussten wir jeden Abend noch hinter der Scheune gehen.
01:32:08Ihr müsstet mal mitkommen mit mir, weil ich Angst hatte, dahinten hinzugehen.
01:32:11Überleg mal, was ihr geschafft habt hier.
01:32:13Das ist schon ganz gut, wenn man eine Mauer heiratet.
01:32:16Eine Mauer hat ja auch wieder Beziehungen zu anderen,
01:32:18die auch was können, ne?
01:32:20Ja.
01:32:22Pudakai, wann hast du ihn das letzte Mal gesehen?
01:32:24Das letzte Mal?
01:32:25Ja, das letzte Mal.
01:32:29Ein Jahr oder zwei Jahre, wo meine Mutter dann schon gestorben war.
01:32:35Wo dann eben hieß, er geht eben, er wird von Norbertin eben adoptiert.
01:32:43Na ja, da war er nicht das letzte Mal.
01:32:46Das ist jetzt schon etliche Jahre her, ne?
01:32:49Also ich kenn ihn nicht mehr.
01:32:51Ich sag mal, das sind hier so Plattikette vom Fernsehen,
01:32:53das sind meine letzten Erinnerungen.
01:32:56Danach hatte ich keinen Kontakt mehr.
01:32:59Du wolltest auch in deinem Alter nicht von dir aus diesen Kontakt suchen?
01:33:04Von mir aus schon, aber ich weiß nicht, wie er darauf reagieren würde.
01:33:10Und ich würde dann auch nicht wollen, dass er irgendwie was erfährt,
01:33:15was Norbert ihm nie gesagt hat oder so.
01:33:18Ich weiß nicht, ob er weiß, dass er überhaupt noch einen Bruder hat.
01:33:21Ja, hier oben, das war mal eine Küche.
01:33:24Da war hier das total zu.
01:33:26Die Treppe ging gerade hoch.
01:33:28Ich sag mal, das letzte Gute, was ich noch von meiner Mutter in Erinnerung habe,
01:33:34das waren die Erinnerungen im Haus, wo wir gesehen haben,
01:33:38wir bauen uns was durch.
01:33:40Was eigentlich für die Ewigkeit werden sollte,
01:33:43aber was dann eben auch gescheitert ist.
01:33:45Ah, ja.
01:33:46Da war doch ganz gut,
01:33:48dass du den Norbert im Bäckerladen mal angesprochen hast.
01:33:51Mit Kuchen fing es an.
01:33:53Manchmal ist es weit gut, gibt dann schöne Tage, wo es nicht so gut geht.
01:33:57Und hier ist der Marcel-Zuhause, das ist dein eigenes Zimmer.
01:34:00Ja, hier ist Marcel sein Zimmer.
01:34:03Das war alles mal Dachboden.
01:34:06Das kann er selber erklären.
01:34:08Das ist alles Spielzeug.
01:34:10Und hier ist mein Schlafzimmer, da schlafe ich immer.
01:34:14Und dann hast du hier die großen Humpen, wenn du abends dein Bier trinkst, oder wie?
01:34:18Nein.
01:34:21Papa reingestellt, ja?
01:34:23Sagst du Papa zu ihm?
01:34:25Ja.
01:34:27Manchmal sagt er Papa, manchmal sagt auch Onkel Norbert,
01:34:30wenn er nichts von ihm will, dann sagt er Onkel Norbert,
01:34:33aber wenn er einen Wunsch hat, dann sagt er Papa.
01:34:35Und wie ist Papa so, sag mal, was kann er?
01:34:37Und was ist noch nicht so richtig so?
01:34:38Nein, manchmal schmeckt er doch nicht.
01:34:40Worüber denn?
01:34:42Wenn ich manchmal frech bin.
01:34:44Hast du den Grund?
01:34:46Doch, er ist manchmal frech.
01:34:48Hast du ihn lieb gehabt?
01:34:50Ja, doch.
01:34:52Schon, ja.
01:34:56War zwar nie mein richtiger Vater, war immer nur Onkel Norbert.
01:35:01Aber irgendwie war es dann nachher, als beide weg waren,
01:35:04da hat man dann eben gemerkt, er war halt ein Vater für mich.
01:35:08Und dann sind sie alle beide nicht da.
01:35:12Du hast dich ja inzwischen schon mit deinem bisherigen Leben
01:35:15auf der Leinwand gesehen.
01:35:17Aber nicht alles so einigermaßen richtig gemacht, sondern?
01:35:20Naja, da hat mir einiges nicht gefallen,
01:35:22zum Beispiel, dass da von meiner Krankheit so viel erwähnt wurde.
01:35:25Die ist nur da und ich muss damit leben und das ist gut,
01:35:28aber dass da so viel gebraucht wurde,
01:35:29das fand ich wieder nicht so gut.
01:35:31Na, das sagst du heute, wo es dir besser geht.
01:35:33Naja, aber davon braucht man jetzt hier auch nicht mehr reden.
01:35:36Also, du fühlst dich wohl und dann geht es deinem Herzen auch gut,
01:35:39ist das so?
01:35:41Ja, natürlich.
01:35:43Das ist schön.
01:35:45Ja, dann habt ihr euch ja ganz schön kennengelernt, nicht?
01:35:47Norbert, in den letzten Monaten muss man sich ja kennengelernt haben,
01:35:49wenn man die Acker aufmacht.
01:35:51Nein, das kann man nicht kennen, das stimmt.
01:35:53Hat die Brigitte da Stärken entfaltet?
01:35:55Sie hat auch mit dir meckert.
01:35:56Mach das, mach das.
01:35:58Du kinkelst nicht vorwärts oder das nicht.
01:36:00Na doch, er braucht das schon, dass man manchmal sagt,
01:36:02Norbert, das muss gemacht werden oder das muss gemacht werden.
01:36:05Brigitte, das ist ein Treibring, oder?
01:36:07Ja, er sagt schon immer, ich treibe ihn an.
01:36:09Ein Treibring nicht, aber bloß, wie soll ich sagen?
01:36:11Er braucht es aber.
01:36:13Was soll man dazu sagen?
01:36:15Aber, du bist auch viel couragierter geworden.
01:36:17Ich glaube, so einfach ist es nicht mehr mit dir zu machen.
01:36:20Du sagst, wenn es dir gut geht.
01:36:22Ja, das stimmt.
01:36:23So einfach ist es nicht mehr mit dir zu machen.
01:36:25Du sagst selber, wie du denkst.
01:36:27Genau.
01:36:29Du hast mal gesagt, ich denke mir meinen Teil lieber.
01:36:31Aber damit kommt man nicht vorwärts.
01:36:33Das kann man nicht immer machen.
01:36:35Seinen Teil nur denken und nur schauen, das geht nicht.
01:36:39Na ja, und was hast du an Norbert schätzen gelernt hier?
01:36:45Na, wenn er dir gern Haus hinstellt, du.
01:36:48Na ja, da gab es ja viel Aja.
01:36:49Wegen Kleinigkeiten hat man sich gestritten.
01:36:51Was eigentlich, wo man sich nicht drüber streiten brauchte.
01:36:56Aber ist doch schön, alles in allem.
01:36:58Ich überlege nochmal.
01:37:00Was war denn vorher?
01:37:02Aber jetzt sieht man, wo man im Neubau gewohnt hat.
01:37:04Man hat es da, also wenn man im Neubau wohnt, leichter.
01:37:06Man braucht nicht so viel verzichten.
01:37:08Zum Beispiel konnte ich mit den Kindern,
01:37:10mit Marcel war es ja nur öfter mal ein Tierpark fahren
01:37:13oder eine Dampferfahrt machen.
01:37:15Jetzt kann man es nicht.
01:37:16Oder wir sind auch öfter mal weggegangen,
01:37:18seitdem wir das Haus haben.
01:37:20Ja, aber wenn er so klein ist,
01:37:22das kann doch wieder anders werden,
01:37:24wenn er ein Auto hat, fährt er über die Stadt.
01:37:26Ja, aber da hat man gar nicht jetzt die Zeit.
01:37:28Und das wird nächstes Jahr auch noch nicht sein.
01:37:30Bisschen Geduld musst du schon noch haben.
01:37:32Ja, aber wo wir dann so weit sind, ist man alt.
01:37:34Wenn man dann sagen kann,
01:37:36jetzt haben wir uns so viel gespart,
01:37:38dass wir in den Urlaub fahren können
01:37:40und dass wir jetzt an uns denken können,
01:37:42dann ist man alt, was hat man denn noch?
01:37:44Aber tut es dir schon leid, dass du Hausbesitzerin bist?
01:37:46Tut es mir schon leid.
01:37:48Ja, dann müsstest du es verkaufen.
01:37:50Das habe ich ihm ja auch gesagt.
01:37:52Marcel, soll dein Haus kein Verkauf werden?
01:37:54Nein.
01:37:56Er freut sich ja nur deswegen,
01:37:58weil er einen Hund jetzt hier hat.
01:38:00Im Neubau könnte es sein.
01:38:02Sie hat jetzt schon mehr,
01:38:04sie sagt, was sie denkt.
01:38:06Und vorher hat sie immer so ein bisschen, na ja, na ja.
01:38:08Aber jetzt sagt sie ihre Meinung.
01:38:10Jetzt sagt sie es gerade raus.
01:38:12Also hat sie viel mehr Mut.
01:38:15Ja, nur wollte sie ja eigentlich nicht gefilmt werden mehr.
01:38:20Und sie hat mir mal diesen Brief geschrieben.
01:38:23Lies doch mal von hier.
01:38:25Kann ich mir mal so durchlesen, ja?
01:38:27Ja, aber lies es mal vor.
01:38:29Nee, vorlesen tue ich nicht.
01:38:31Wenn, dann lese ich es mir alleine durch.
01:38:33Na gut, dann lies es alleine durch.
01:38:35Das kann ich mich noch ganz gut erinnern, an den Brief.
01:38:39Und zwar hatte sie die Meinung gehabt hier,
01:38:42dass sie einen Mann nicht verliert und dass es so ein Schicksal ist.
01:38:47Ja.
01:38:49Und dass es eine andere Person sein muss,
01:38:52die nicht mit sich alleine reitet.
01:38:54Und das ist so ein Schicksal,
01:38:56das kann ich mir noch ganz gut erinnern an den Brief.
01:38:59Und zwar hatte sie die Meinung gehabt hier,
01:39:01dass sie einen Mann nicht verliert und dass es eine andere Person ist.
01:39:04Sie wollte eben nichts mehr aus ihrem Leben zeigen jetzt, ja.
01:39:11Ich sag mal, das ist eben auch, wenn ihr mit der Kamera da seid,
01:39:14das ist immer ein Stück, was ihr Tausenden von Leuten zeigt, ne?
01:39:18Wenn ich das auf der Videokamera hier für mich alleine hätte,
01:39:21aber das sehen ja immer mehr Leute.
01:39:23Dann würde ich mir nachher irgendwie ein bisschen auch schämen,
01:39:27was ich da mal gesagt hab oder so, ne?
01:39:29Und ich weiß nicht, ob das jetzt, wenn sie nicht gestorben wäre,
01:39:32vielleicht auch nicht dazu gekommen wäre,
01:39:35dass sie vielleicht gesagt hätte, so, jetzt ist Schluss.
01:39:38Ich lass mich jetzt nicht mehr filmen.
01:39:40Und dann wäre eben ein Schlussstrich gewesen.
01:39:42Sie hat ja auch immer gesagt, Marcel, das musst du wissen,
01:39:50aber ich möchte nicht mehr, ja.
01:39:53Ich möchte nicht mehr im Fernsehen.
01:39:55Und wenn du, du kannst jederzeit sagen, nein,
01:39:58dann steh ich voll hinter dir.
01:39:59Oder wenn du sagst, okay, du willst weiter
01:40:02und jetzt sind wir ja weiter, dann ist das in Ordnung.
01:40:06Sie wollte eben nicht mehr, was ich ihr im Leben weiterzeige, ne?
01:40:09Wo ich es auch verstehen muss.
01:40:13Ich mach da auch keine Reklame mit.
01:40:16Wenn meine Arbeitskollegen sich ummerhalten,
01:40:18Mensch, habt ihr das von Gold so gesehen oder so?
01:40:21Da sag ich auch nichts.
01:40:22Ich sag nicht, na ja, hier, meine Mutter hat da auch.
01:40:25Da setz ich mich dann daneben und dann, ja,
01:40:27ja, den kenn ich auch und so.
01:40:30Aber ich sag nicht, dass ich jetzt unbedingt damit beteiligt bin.
01:40:33Also, will ich nicht. Ich will mir damit nicht rühmen.
01:40:36Das ist mir irgendwie dumm.
01:40:46Ich hatte gedacht, Marcel würde für uns auch hier kurz halten
01:40:49und mit uns schauen.
01:40:59Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017
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