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00:00Guten Tag, meine Damen und Herren.
00:02Vier ganz unterschiedliche Themen beschäftigen uns heute in der Sendung Vorsichtfalle.
00:07Betrügereien, bei denen die Täter entweder die Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen ausnutzen
00:12oder eine Situation abpassen, bei der ihr Opfer in ganz besonderen Schwierigkeiten steckt.
00:17Angelpunkt kann dabei sowohl der Wunsch nach einem besseren Verdienst sein,
00:21als auch ein persönlicher Schmerz, der einem Betroffenen gerade zu schaffen macht.
00:26Bei unserem ersten heutigen Beispiel ist es uns deshalb sogar schwer gefallen, den Vorgang nüchtern zu bewerten.
00:34Obwohl unsere Redaktion wirklich einiges gewöhnt ist, hat uns in diesem Fall schlicht die Wut gepackt.
00:40Wieder einmal sind die Opfer nämlich alte und meist hilflose Menschen.
00:44Die Täter sprechen sie ausgerechnet in einer Situation an,
00:46in der wahrscheinlich niemand von uns in der Lage wäre, ein Angebot mit kühler Skepsis zu prüfen.
00:56Der 28. August 1979 ist für Anna Schneider ein trauriger Tag.
01:25Sie muss Abschied nehmen von ihrem Mann, mit dem sie mehr als 50 Jahre lang Freude und Leid geteilt hat.
01:33Friedrich Schneider war selbstständiger Schreinermeister.
01:37Mit 65 hat er sich zur Ruhe gesetzt und mit seiner Frau von einer kleinen Rente gelebt.
01:42Das Ehepaar hatte keine Kinder, deshalb hat ein Neffe das Geschäft übernommen.
01:57Er versucht seiner Tante auch jetzt, in der schweren Stunde, so gut wie möglich beizustehen.
02:02Anna Schneider muss plötzlich mit vielen Problemen fertig werden.
02:26Nicht nur mit der ungewohnten Einsamkeit.
02:29Auch ganz profane alltägliche Fragen wollen geregelt werden.
02:33Was ist denn mit dem Bankkonto?
02:36Hast du da Vollmacht? Kannst du an das Geld ran?
02:39Das Konto?
02:41Ja, aber ich weiß gar nichts.
02:44Doch, doch, ich habe doch gestern Geld geholt, falls ich noch was für die Beerdigung brauchte.
02:49Gut, dann wäre das ja soweit alles klar.
02:52Dann haben wir jetzt nur noch die Nachricht an die Rentenversicherung, das mache ich,
02:56die zwei Vereine, wo er Mitglied war, und die Ummeldung vom Telefon.
03:02Haben wir sonst noch was?
03:04Nein.
03:06Nein, ich weiß nichts.
03:08Achso, Moment mal, was ist denn an Versicherungen noch da?
03:13Krankenkasse und sowas.
03:14Ach, Peter, ich weiß das alles nicht. Er hat doch immer alles allein gemacht.
03:20Lass mir noch ein paar Tage Zeit, dann sehe ich nach, was noch an Papieren da ist.
03:24Ist gut, Tante Anna.
03:26Ich weiß, das ist jetzt alles sehr schwer für dich.
03:30Irgendwas wollte ich noch.
03:32Meinst du wegen dem Grabstein?
03:34Ja.
03:35Richtig.
03:36Hast du noch Zeit?
03:37Aber das hat doch keine Eile.
03:39Ach, Peter, so ein Holzkreuz.
03:42So lieblos.
03:44Können wir da nicht schon mal hinfahren?
03:46Wenn ihr da rein liegt, natürlich.
03:53Wunderbar.
03:54Danke.
03:59Frau Schneider glaubt, dass sie ihrem Mann noch einen letzten Gefallen tun kann,
04:03wenn sie dafür sorgt, dass sein Grab möglichst schnell eine würdige Ausstattung erhält.
04:08Hier, der dunkle Glänzende.
04:18Und den mit goldener Schrift.
04:20Das wäre doch was Schönes, hm?
04:24Aber der wird doch sicher zu groß.
04:26Sie sagten doch, er ist für ein Urnengrab, oder?
04:29Ja.
04:31Der hier.
04:32Der wäre vielleicht richtig.
04:33Was ist das denn für Material?
04:37Das ist Granit.
04:38Der wird beim Polieren so schwarz-blau, wie Sie ihn hier sehen.
04:41Was?
04:41Der gleiche Granit, wenn man ja für Straßenpflaster und sowas nimmt?
04:43Sie meinen Odenwald-Granit?
04:45Nein, nein.
04:45Der hier kommt aus Norwegen und hier drüben.
04:48Der kommt sogar aus Afrika.
04:50Oh, der ist aber sicher sehr teuer.
04:54Mit dem Aufstellen und den Genehmigungsgebühren müssten Sie schon mit etwas über 900 Mark rechnen.
05:00Und vergoldete Schrift ist natürlich auch nicht ganz billig.
05:04Ich kann nur was dazuschießen.
05:06Nein, Peter, das ist meine Sache.
05:09Du hast schon genug getan.
05:11Ich zeige Ihnen gerne noch etwas Günstigeres.
05:13Marmor zum Beispiel ist auch sehr schön und bei weitem nicht so teuer wie Granit.
05:16Anna Schneider möchte nicht ausgerechnet am Grabstein sparen.
05:20Aber die Beerdigung war ohnehin schon viel teurer, als sie erwartet hatte.
05:24Und die Hilfe ihres Neffen will sie auch nicht über Gebühr in Anspruch nehmen.
05:29Das zum Beispiel ist Marmor.
05:32Eine solche Platte, da kommen Sie mit 300 Mark aus.
05:36Und dann würde ich Ihnen empfehlen, lassen Sie das Gold weg bei der Schrift
05:38und einfach ganz schlicht den Namen und die Jahreszahlen.
05:41Also, Friedrich Schneider, 1899 bis 1979.
05:48Es sind ungefähr 25 Buchstaben, macht 250 Mark für die Schrift.
05:53Dann kämen Sie mit 550 Mark zurecht.
05:57Also, ein gutes Gefühl habe ich dabei nicht.
06:00Für einen Urngrab finde ich so eine Platte eigentlich sehr schön.
06:04Und Onkel Friedrich war sein Leben lang schlicht und bescheiden.
06:06Ich glaube, er hätte es auch so gewollt.
06:08Da hast du recht.
06:10Dann machen wir es ebenso, ja?
06:12Gut, dann will ich es noch ganz genau aufschreiben.
06:15Mit dem Aufstellen müssen wir dann natürlich noch ein bisschen warten.
06:18Das kann man erst ein paar Monate nach der Beisetzung machen,
06:21wenn der Boden sich nicht mehr senkt.
06:23Die nächsten Tage bringen für Anna Schneider nicht viel Erleichterung.
06:40Auf Schritt und Tritt wird sie an ihren Mann erinnert.
06:43Und es tauchen auch immer wieder neue Alltagsprobleme auf,
06:59an die sie nicht gedacht hat
07:01und mit denen sie sich auch am liebsten gar nicht beschäftigen möchte,
07:04weil sie dazu viel zu niedergeschlagen und zu apathisch ist.
07:08Ja, hier ist Frau Schneider.
07:23Kann ich bitte mal Herrn Schneider sprechen?
07:26Meinen Mann?
07:28Wieso?
07:29Nein.
07:31Ist er nicht zu Hause?
07:32Der ist vorige Woche gestorben.
07:34Oh, das tut mir aber leid, Frau Schneider.
07:37Meine herzliche Anteilnahme.
07:39Der Mann, der an diesem Nachmittag anruft,
07:41weiß sehr wohl, dass Friedrich Schneider nicht mehr lebt.
07:45Seine gespielte Überraschung ist Bestandteil
07:47eines besonders skrupellosen Betrüger-Tricks.
07:50Das ist aber auch zu dumm.
07:52Hätte ich doch zwei Wochen vorher angerufen.
07:55Wieso?
07:57Was ist denn?
07:58Tja, ich weiß, das klingt makaber.
07:59Aber Ihr Mann hatte bei uns eine Lebensversicherung abgeschlossen.
08:04Über 10.000 Mark.
08:06Und die wäre jetzt natürlich fällig.
08:09Aber Sie könnten das Geld bestimmt gut gebrauchen.
08:11Man hat ja so viel um die Ohren in so einem Fall.
08:13Ja, da haben Sie recht.
08:1610.000 Mark, sagen Sie.
08:18Ja, da hat mein Mann mir gar nichts davon erzählt.
08:21Na, sowas.
08:22Aber wissen Sie, das gibt's öfter.
08:23Haben Sie denn die Police nicht gefunden?
08:26Oh, das ist sehr schwierig.
08:28Ich habe noch gar nicht alles durchgeguckt,
08:31was mein Mann so an Papieren hatte.
08:33Ist denn jemand da, der Ihnen mal suchen helfen könnte?
08:35Ihre Kinder oder so?
08:38Nein.
08:39Nein, ich lebe ganz allein.
08:41Mit einer harmlosen Frage stellt der Anrufer fest,
08:43dass Frau Schneider alleine lebt.
08:45Er weiß, dass er es mit seinem Trick bei jüngeren Menschen
08:48sehr viel schwerer hat als bei älteren Leuten.
08:51Gegen Ende des Telefongesprächs steuert er dann sein eigentliches Ziel an.
08:55Wissen Sie, Frau Schneider, da ist ein Haken und das ist das Tragische bei der Geschichte.
09:02Ich wollte ja eigentlich Ihren Mann sprechen und ihm sagen,
09:05dass die letzten vier Beiträge nicht eingegangen sind.
09:08Und dass die Versicherung dann nicht zahlt, wenn ihm etwas zusteht.
09:12Tja, also wissen Sie, ich verstehe das alles nicht.
09:16Ja, was bedeutet das denn nun?
09:20In ganz einfachen Worten, Frau Schneider,
09:22das wird leider nichts mit den 10.000 Mark.
09:25Bei Beitragsrückstand erlischt der Versicherungsschutz.
09:29Ja, was soll ich denn da jetzt machen?
09:31Sie können da gar nichts machen.
09:34Aber ich kann mir ja denken, wie sehr Ihnen jetzt mit dem Geld geholfen wäre.
09:38Ich will mal versuchen, ob da vielleicht auf dem Kulanzwege was geht.
09:41Ich kläre das mal und melde mich dann wieder.
09:44Ja gut, wenn Sie glauben, das wäre schön.
09:48Ich melde mich dann wieder oder komme vielleicht selbst vorbei.
09:51Also bis dann, Frau Schneider.
09:53Der alten Frau geht das Telefongespräch an diesem Nachmittag nicht mehr aus dem Kopf.
10:08Die 10.000 Mark würden sie tatsächlich von den finanziellen Sorgen befreien,
10:13in die sie durch die Beerdigungskosten geraten ist.
10:16Insgeheim hofft sie, dass der Mann von der Versicherung sein Versprechen wahr macht
10:20und eine Kulanzregelung findet.
10:23Ja, bitte.
10:36Guten Tag.
10:37Guten Tag.
10:38Kuhn ist mein Name, von der Versicherung.
10:39Wir haben vorhin miteinander telefoniert.
10:41Ja, kommen Sie doch herein, bitte.
10:42Danke.
10:45Haben Sie denn mal nach der Polizei gesucht, Frau Schneider?
10:49Ja, aber gefunden habe ich sie nicht.
10:51Bitte.
10:53Müssen Sie die denn unbedingt haben?
10:57Na ja, wir haben ja unsere Unterlagen und wissen ja, dass Ihr Mann die Versicherung abgeschlossen hatte.
11:03Das einzige Problem sind die rückständigen Beiträge.
11:06Ich müsste für Sie da halt ein bisschen mogeln.
11:09Nein, nein, das will ich nicht.
11:11Ich habe noch nie in meinem Leben krumme Sachen gemacht.
11:14Um Gottes Willen, Frau Schneider, das dürfen Sie nicht falsch verstehen.
11:17Da ist überhaupt nichts krumm.
11:19Und ich habe mich natürlich bei unserem Direktor vergewissert, dass da nichts Unkorrektes dabei ist.
11:24Ja, das ist auch gut so.
11:28Sonst will ich das Geld lieber nicht haben.
11:31Wissen Sie, mein Mann und ich, wir haben immer gesagt, Unrecht gut, das gedeiht nicht.
11:35Und so soll es auch bleiben.
11:38Tja, ja, das ist kein Problem.
11:41Es muss nur schnell gehen.
11:43Wenn Sie sofort die vier rückständigen Beiträge zahlen, dann werden die noch in diesem Monat,
11:47also theoretisch vor dem Tode Ihres Mannes, gutgeschrieben.
11:51Und dann hat das völlig seine Ordnung.
11:54Ach so.
11:56Ich soll was bezahlen.
11:58Tja, das ist aber sehr dumm, da ich sowieso jetzt gerade so viele Ausgaben habe.
12:04Tja, umsonst ist der...
12:07Begradigt werden muss das schon, bevor das Geld ausgezahlt wird.
12:12Aber so viel ist das ja auch wieder nicht.
12:15Ah ja, das sind viermal 105 Mark, also 420 Mark.
12:22Wenn Sie mir das Geld jetzt mitgeben, dann kann ich es heute noch einzahlen.
12:25Und dann komme ich morgen mit einem Scheck über 10.000 Mark zu Ihnen.
12:29Dann haben Sie ja gewissermaßen Ihr Geld wieder und noch 9.600 Mark dazu.
12:33Ja, das verstehe ich schon.
12:37Aber kann ich das nicht erst mit meinem Neffen besprechen?
12:40Der hilft mir nämlich bei den ganzen Geldangelegenheiten.
12:43Ähm, morgen ist der letzte, Frau Schneider.
12:46Und wenn der Rückstand dann nicht bezahlt ist, dann verfällt die ganze Versicherung.
12:49Das muss also leider ganz schnell gehen.
12:52Tja, ich... ich weiß nicht.
12:55Was wollen Sie denn da noch besprechen?
12:57Soll Ihr Mann etwa die ganzen Jahre umsonst gezahlt haben?
13:01Wenn Sie noch irgendwelche Fragen haben, dann können wir doch jetzt darüber reden.
13:04Und das ist wirklich ganz korrekt.
13:08Völlig korrekt, Frau Schneider.
13:10Und Sie kriegen auch eine ganz offizielle Quittung.
13:12Ja, dann will ich das Geld mal holen.
13:17420 Mark.
13:18Ja, genau.
13:19Bitte.
13:22Bitte.
13:25So, Frau Schneider.
13:43Dann bringe ich Ihnen morgen, wie gesagt, den Scheck.
13:45Ich muss Ihnen sagen, ich bin doch sehr froh, dass wir das so gut hingekriegt haben.
13:50Vielen Dank.
13:51Ach, entschuldigen Sie, ich habe Ihnen gar nichts angeboten.
13:54Möchten Sie vielleicht etwas trinken?
13:56Nein, nein, danke schön.
13:57Ich muss ja noch zur Kasse, sonst macht die zu.
13:59Na, dann vielleicht morgen.
14:01So machen wir es.
14:02Auf Wiedersehen, Frau Schneider.
14:02Auf Wiedersehen.
14:04Und vielen, vielen Dank.
14:05Frau Schneider weiß bereits, was sie mit einem Teil der Versicherungssumme anfangen wird.
14:12Gleich am nächsten Morgen steht sie wieder vor dem Grabstein, der ihr eigentlich am besten gefallen hatte.
14:17Und sie ist recht erleichtert darüber, dass sie an der Ausstattung des Grabes nicht mehr zu sparen braucht.
14:23Na, dann ist gut.
14:24Also, da machen wir hier links in Gold ein Kreuz.
14:28Daneben den Namen Friedrich Schneider, geboren 3.04.1899, gestorben 21.08.1979.
14:36Hier unten quer rüber den Bibelvers, ich bin die Auferstehung und das Leben.
14:41Soll ich Ihnen jetzt nochmal ausrechnen, was das kostet, Frau Schneider?
14:44Nein, nein, nein, das ist nicht nötig. Ich kann mir das schon ungefähr denken, aber das macht nichts.
14:49Ich bekomme heute von der Versicherung 10.000 Mark.
14:51Ist aber schön für Sie.
14:52Ja, ich muss schnell nach Hause, sonst bin ich nicht da, wenn der mit dem Scheck kommt.
14:56Gut, dann lassen Sie sich nicht aufhalten. Wir werden den Stein auch besonders schön machen.
15:00Vielen Dank. Auf Wiedersehen.
15:01Auf Wiedersehen, Frau Schneider.
15:07Der Mann, der Frau Schneider den Scheck versprochen hat, denkt gar nicht daran, sie zu besuchen.
15:12Während die alte Frau auf ihn wartet, geht er an einen Zeitungskiosk, an dem er schon als Stammkunde bekannt ist.
15:23Und wie jeden Tag interessieren ihn in den Zeitungen ausschließlich die Todesanzeigen.
15:31Anna Schneider wartet vergeblich.
15:34Sie hat nicht nur 420 Mark eingebüßt, die sie dringend gebraucht hätte.
15:37Auch der für ihre Verhältnisse viel zu teurer Grabstein zwingt sie, in den nächsten Monaten ihr ohnehin bescheidenes Leben noch mehr einzuschränken.
15:47Es ist, glaube ich, überflüssig, meine Damen und Herren, noch zu sagen, dass Friedrich Schneider keine Lebensversicherung abgeschlossen hatte
15:56und dass der Hilfsbereiter Herr Kuhn in Wirklichkeit auch nichts mit irgendeiner Versicherungsgesellschaft zu tun hatte.
16:04Eine Lehre, die man aus der Sache ziehen kann.
16:06Freunde und Bekannte sollten immer daran denken, dass die Hinterbliebenen nicht nur Trost und Anteilnahme brauchen,
16:12sondern auch jemanden, der ihnen in ganz alltäglichen Fragen beisteht.
16:18Und nun, in unserem nächsten Fall, ein ganz anderes Thema.
16:23Bei dem Trick, vor dem wir Sie jetzt warnen wollen, kehrt der Betrüger den Spieß ganz einfach um.
16:28Er nutzt nicht eine momentan schwierige Situation seiner Opfer aus, sondern er gibt vor, selbst in der Klemme zu stecken.
16:34Auf eine ausgesprochen schäbige Weise versucht er also, aus einer positiven Charaktereigenschaft seiner Mitbürger Profit zu schlagen.
16:41Aus der allgemeinen Hilfsbereitschaft.
16:47Das Arbeitsfeld dieses Betrügers sind vorwiegend die Autobahnen.
16:51Hier trifft er auf Menschen, die sich untereinander etwas verbunden fühlen.
16:55Fast jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass man als Verkehrsteilnehmer einmal in Schwierigkeiten kommen kann.
17:01Hilfsbereitschaft auf den Straßen wird besonders propagiert und ist hier wohl auch öfter anzutreffen als anderswo.
17:09Also, tschüss dann und vielen Dank nochmal.
17:11Ich bringe das in den nächsten Tagen gleich in Ordnung.
17:13Schon gut. Ich drücke Ihnen die Daumen.
17:15Und alles Gute für uns.
17:17Danke. Wiedersehen. Tschüss.
17:19Der Mann hat sich eine Rolle zurechtgelegt, die er mit großer Sicherheit spielt.
17:23Rein äußerlich gibt er sich als Fernfahrer.
17:26Und er besitzt tatsächlich eine Reihe von spezifischen Fachkenntnissen aus dieser Branche.
17:31Er scheut sich deshalb nicht, neben Pkw-Besitzern auch echte Fernfahrer mit seiner Masche anzugehen.
17:38Hallo.
17:39Hallo.
17:39Sag mal, fährt einer von euch zufällig Richtung Frankfurt?
17:42Nee.
17:42Was willst du denn da?
17:43Ich bin immer froh, wenn ich den Bogen drumherum ums Frankfurter Kreuz machen kann.
17:47Oh, danke. Das zieht mich auch nichts hin.
17:48Ich will vorher abbiegen Richtung Würzburg.
17:50Was ist denn? Ich muss da auch runter mit der frühere Teppich.
17:52Oh Mann, da könntest du mir einen riesen Gefallen tun und mich ein Stück mitnehmen.
17:55Also, hast du keinen Wagen?
17:56Die ist kurz scheiß passiert.
17:57Na, erzähl mal.
17:58Mach's gut, ne?
18:02Gekonnt schildert der vermeintliche Kollege, der um eine Mitfahrgelegenheit gebeten hat, einen Unfall.
18:08Eine Situation, vor der jeder Autofahrer insgeheim etwas Angst hat.
18:13Das war gleich hinter Hamburg. Mein Chef saß auch mit drin.
18:17Oh Mann, den hat's vielleicht ziemlich übel zugerichtet.
18:21Er muss mindestens vier Wochen im Krankenhaus abreißen.
18:24Wie ist das gekommen?
18:26Ach, so ein bescheuerter Sonntagsfahrer beim Einfädeln.
18:29Erst fährt er, dann hält er, dann stoppt er wieder.
18:35Und ausgerechnet in dem Augenblick, verstehst du, wo ich ankomme, macht er einen Satz nach vorn, mitten auf die Fahrbahn.
18:42Ich latsche voll auf die Bremse, reiße den Schlitten rüber.
18:45Ich habe das Glück gehabt, dass keiner hinter mir war.
18:47Aber es war trotzdem schlimm genug.
18:49Ich bin ja mit voller Pulle angekommen, verstehst du?
18:52Oh Gott, du.
18:53Jedenfalls bin ich drüben gegen die Planke, dann wieder zurück, voll auf die andere Seite.
18:58Und da war es auch schon zu spät.
19:00So eine schöne Rutschpartie im Graben nur.
19:02Ich kann ja sagen, das war ein Gefühl, wie ein Affe auf dem Schreibstein.
19:06Hast du ja noch richtig Glück gehabt.
19:08Sag mal, dir ist nichts passiert?
19:10Irgendwie die Schulter verzahnt, ein paar blaue Flecken, sonst nichts.
19:14Aber mein alten, der hat's ganz schön durchgebeugnet.
19:17Er hat sich vom Sitz gerissen und vorn voll gegen die Ablage.
19:20Der war nicht wieder zu erkennen.
19:22Was hat er denn?
19:23Eine schwere Geinanderschütterung.
19:25Ein paar Zähne fehlen, das Nasenbein kaputt und ein Auge lädiert.
19:29Ich bin gespannt, ob die Ärzte den wieder hinfliegen.
19:31Oh Mann, der auch. Das wäre mir ganz schlecht.
19:33Die Zugmaschine war natürlich auch hin.
19:35Die Achsbolzen abgerissen.
19:37Das ganze Chassis total verzogen.
19:39Was ist mit dem Idioten, der das eingebrockt hat?
19:42Naja, der war weg.
19:44Das kannst du dann glauben.
19:45Hast du die Polizei nicht gleich angesetzt?
19:47Das ist ja klar.
19:48Aber du glaubst ja nicht am Weihnachtsmarkt.
19:50Da kommt nichts mehr rum.
19:52Nachdem der reisende Betrüger sein Opfer psychologisch geschickt eingestimmt hat,
19:57kommt er auf sein wirkliches Anliegen zu sprechen.
19:59Auch dabei setzt er wieder auf die Solidarität der Autofahrer.
20:03Und dann vergesse ich Rindvieh auch noch die Papiere.
20:06Ah, Mann.
20:07Ich sag's ja, wenn's kommt, dann kommt's ganz dicke.
20:10Wieso?
20:11Was ist los mit den Papieren?
20:13Na, ich hab dir noch erzählt.
20:15Von dem Kumpel, der mich ein bisschen runter mitgenommen hat.
20:17Der fährt so einen schweren Tankzug.
20:20Der musste in Köln nochmal Station machen, deswegen bin ich da raus.
20:22Ja, da hab ich bei dem meine ganzen Klamotten im Wagen liegen gelassen.
20:29Ich hab grad vergessen in der Aufregung.
20:31Ach, du Scheiße.
20:33Was machst du denn jetzt?
20:33Ah, du, das ist halt so schlimm.
20:36Die krieg ich wieder.
20:37Ich kenn den ja sehr gut, ne?
20:39Aber im Moment hab ich halt überhaupt keine Kohlen.
20:42Ich kann mir nicht mal ein verdammtes Bier kaufen.
20:44Weißt du was, du kannst mich dann an der Raststätte Medenbach rauslassen.
20:47Der wohnt nämlich in Wiesbaden.
20:51Das ist da ganz in der Nähe.
20:53Und bis heute Abend wird er ja zu Hause sein, ne?
20:56Dann hol ich mir erstmal meine Sachen.
20:58Morgen früh fahr ich gleich nach Würzburg zu unserer Niederlassung.
21:01Ich hol mal eine neue Zugmaschine.
21:03Sag mal, kannst du mir vielleicht ein paar Mal geilen?
21:12Das ist Scheiße, wenn du so völlig blank in der Gegend stehst.
21:15Weißt du, Kumpel, das mach ich eigentlich nicht so gerne.
21:19Es gibt meistens Ärger.
21:21Du, das weiß ich selber.
21:24Ich würde dich auch nicht fragen, wenn es dich unbedingt nötig wäre.
21:27Aber sowas passiert einem ja zum Glück nicht alle Tage.
21:31Gib's mir deine Adresse.
21:32Ein paar Tage hast du zurück.
21:34Alles schön gut.
21:36Wie viel brauchst du denn?
21:38Ach du, mit dem 50er käme ich schon hin.
21:42Ach, schau mal nach.
21:43Da müsste einer drin sein.
21:44Der Betrüger ist am Ziel.
21:54Danke.
21:55Wiedersehen nach Freude.
21:57Natürlich hatte auch die Geschichte mit den vergessenen Papieren einen tieferen Sinn.
22:01So kommt er nie in die Verlegenheit, im Zusammenhang mit dem kleinen Darlehen nach dem Ausweis gefragt zu werden.
22:07Wie geplant verlässt der Täter dann an einer der nächsten Raststätten den Lkw.
22:12Der Fahrer des Wagens wird seine 50 Mark nie wieder sehen.
22:19Und während er sich auf der Autobahn einfädelt, hält der Betrüger bereits Ausschau nach seinem nächsten Opfer.
22:25Tag, Entschuldigung, fahren Sie Richtung Süden?
22:31Ja.
22:31Können Sie mich da ein Stück mitnehmen?
22:34Wissen Sie, das ist nämlich so, ich habe einen Unfall gehabt mit meinem Laster.
22:37Ziemlich blödes Abort.
22:38Dieser Trick, meine Damen und Herren, erscheint mir deshalb so besonders niederträchtig,
22:49weil durch ihn die notwendige Hilfsbereitschaft auf den Straßen untergraben wird.
22:54Deshalb wäre es sicher verkehrt, nun generell in einem Notfall nicht mehr helfen zu wollen.
22:59Vorsicht scheint aber immer dann geboten, wenn Ihnen jemand eine Geschichte mit so vielen aneinandergereihten Unwahrscheinlichkeiten auftischt.
23:06In so einem Fall ist es sicher nicht verkehrt, wenn Sie den Mann bei der Autobahnpolizei absetzen.
23:12Wenn er sich wirklich in einer Notlage befindet, wird er nichts dagegen haben, dass ihm die Polizei hilft, die ja auch dafür da ist.
23:19Eine vorbeugende Bemerkung im Übrigen noch zu diesem Fall.
23:23Ein Mann, der mit dieser Masche besonders erfolgreich unterwegs ist, operiert immer mit dem gleichen Falschnamen.
23:29Er nennt sich Lautenschläger.
23:31In ein ganz anderes Milieu führt unser nächster Fall.
23:38Er gehört in den Sektor Heiratsvermittlung, eine Spachte, die in der Vergangenheit immer wieder durch schwarze Schafe in Misskredit gebracht worden ist.
23:46Meist waren dabei bisher die Ehekandidaten selbst die Opfer unlauterer Machenschaften.
23:51In neuerer Zeit hat sich nun auf dem Eheanwarnungsmarkt aber auch noch eine andere Masche herausgebildet,
23:57bei der die Opfer selbst gar nicht ans Heiraten denken.
24:00Sie werden mit der Aussicht geködert, am vermeintlich guten Geschäft mit der Heiratslust teilhaben zu können.
24:06Vor meinen Ohren tönt das alte Lied.
24:10Vergessen hatte ich's und vergaß es gern.
24:13Das Lied der Parzen, das sie grausend sangen, als Tantalus vom goldenen Stuhle fiel.
24:19Sie litten mit dem edlen Freunde.
24:22Grimmig war ihre Brust und furchtbar ihr Gesang.
24:25In unserer Jugend sang's die Amme mir und den Geschwistern vor.
24:32Es fürchte die Götter das Menschengeschlecht.
24:36Sie halten die Herrschaft in ewigen Händen und können sie brauchen, wie's ihnen gefällt.
24:42Der fürchte sie doppelt, den je sie erheben.
24:46Okay, das war's. So fand ich das schon ganz prima.
24:49Morgen probieren wir dann weiter, wie gehabt um halb elf.
24:55Aber bitte pünktlich, ja?
24:59Mensch, Krügerin, das war wieder ein Tag.
25:02Und das alles mit meiner Migräne.
25:04War's wieder so schlimm?
25:06Schlimm? Mein Gott, schlimm, das ist gar kein Ausdruck.
25:09Ich dachte, mein Kopf würde platzen.
25:10Das tut mir leid, aber passen Sie auf, morgen ist alles vorbei.
25:14Ja, hoffentlich.
25:16Marianne Krüger ist Garderobiere bei den städtischen Bühnen Dortmund.
25:21Durch ihre langjährige Arbeit am Theater hat sie sehr viel Menschenkenntnis gesammelt
25:25und weiß auch, dass ein aufmunterndes Wort oft Wunder wirkt.
25:29So.
25:34Übrigens, Krügerin, ich brauch Sie morgen schon etwas eher.
25:36So, gegen zehn.
25:38Oh, das tut mir leid, da bin ich nicht da.
25:40Ich hab mir für morgen vormittag freigenommen.
25:42Was? Sie wollen mich allein lassen?
25:44Ja, was haben Sie denn so Wichtiges vor?
25:45Das ist doch die Sache von neulich mit dem Inserat in der Zeitung wegen der Heiratsvermittlung, wissen Sie?
25:51Richtig, ich erinnere mich.
25:52Ja, ist das denn was für Sie?
25:53Ja, das weiß ich nicht, aber die haben mir jedenfalls geschrieben.
25:56Und morgen treffe ich mich mit einem Herrn von diesem Institut.
25:59Ich bin vielleicht mal gespannt.
26:02Na gut, dann werde ich schon alleine zurechtkommen.
26:04Ich drücke Ihnen auf alle Fälle die Daumen.
26:06Marianne Krüger ist zwar Witwe, bei dem Gespräch mit dem Eheinstitut geht es ihr aber nicht um einen Partner für sich selbst,
26:13sondern um eine Nebeneinnahme.
26:15Das Institut hat ihr nämlich angeboten, als freie Mitarbeiterin eine Art Zweigstelle aufzubauen.
26:21Es ist einfach so, die Leute, die zu uns kommen, werden immer mehr.
26:26Wir schaffen das allein einfach nicht.
26:28Ja, kann man das denn so nebenbei machen?
26:31Sicher, das können Sie sich doch einteilen.
26:33Die Hauptsache ist menschliches Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Wünsche unserer Kunden.
26:39Und das haben Sie doch.
26:40Am Theater komme ich mir manchmal vor wie die Mutter von Skatze.
26:44Mit allen Bewegungen kommen die zu mir.
26:46Das ist hier natürlich auch ein bisschen so.
26:49Manche glauben, wir haben hier Märchenbrenzen zu vergeben.
26:52Da muss man sie von runterbringen.
26:54Aber wenn man auf sie eingeht und ihnen das Gefühl gibt, dass man ihre Probleme versteht,
26:59findet man sehr schnell eine Basis für die weitere Vermittlung.
27:03Ja, und wie sieht das nun in der Praxis aus?
27:06Was habe ich konkret zu tun?
27:09Das ist ganz einfach.
27:11Sie notieren zunächst einmal hier auf diesem Formular die Angaben zur Person,
27:17halten dann die Wünsche bezüglich der Partnerwahl fest
27:21und geben uns diese Unterlagen zusammen mit dem Auftrag herein.
27:27Der Auftrag muss natürlich vom Kunden unterschrieben sein.
27:30Dann müssen Sie noch die fälligen Beiträge und Honorare kassieren.
27:33Die weitere Betreuung der Kunden erfolgt dann durch uns von hier aus zentral.
27:39Ja, und wie kriege ich die Kunden?
27:40Ich meine, woher weiß ich, wer heiraten will?
27:44Sie kriegen von uns Texte und Vorlagen für die Inserate, die Sie aufgeben müssen.
27:48Dann melden sich die Interessenten automatisch bei Ihnen.
27:51Ja, und wie ist das nun mit dem Geld?
27:54Ich meine, wie viel müssen die Leute genau bezahlen?
27:57Das bekommen Sie noch schriftlich.
27:59Das ist hier festgehalten.
28:001.000 Mark Aufnahmebeitrag und ein Betreuungshonorat von 150 Mark im Monat.
28:07Sie müssen nur darauf achten, dass der Auftrag mindestens über sechs Monate läuft.
28:12Das ist die Untergrenze.
28:13Aha, das bedeutet also, dass so ein Auftrag mindestens 1.900 Mark kostet?
28:20Genau.
28:21Ist das denn nicht ziemlich teuer?
28:23Nein, nein, nein.
28:25Die Leute sind schließlich interessiert an einem passenden Partner fürs Leben.
28:28Da schaut man doch nicht auf jede Mark.
28:30Und wir haben natürlich auch erhebliche Unkosten.
28:34Wir müssen den Betrieb hier unterhalten.
28:35Ständig mit den Leuten korrespondieren, Adressen vermitteln, Fotos verschicken, langwierige Beratungen führen.
28:42Das verschlingt alles eine Menge Geld.
28:44Ja, da haben Sie natürlich recht, wenn man das von der Seite sieht.
28:49Und schließlich, je größer der Auftrag, desto größer ist doch auch Ihre Provision.
28:54Sie wissen ja, wir sind da ganz fair.
28:57Fifty-fifty.
28:59Oder wollen Sie umsonst für uns arbeiten?
29:01Das natürlich nicht.
29:03Sehen Sie.
29:04Und wenn wir nur einmal davon ausgehen, dass Sie pro Woche einen Auftrag zustande bringen,
29:10dann sind das für Sie fast 1.000 Mark.
29:13Jede Woche.
29:14So viele?
29:15Sicher.
29:16Und wenn Sie Aufträge mit längeren Laufzeiten abschließen, dann können Sie natürlich auch noch mehr verdienen.
29:21So holen Sie Ihr Startkapital dann ganz schnell wieder herein.
29:26Ach ja, richtig.
29:26Was ich Sie noch fragen wollte.
29:28Wie ist das nun genau mit dem Geld, das ich Ihnen zahlen muss?
29:31Das ist ganz einfach, Frau Krüger.
29:34Wir verpflichten uns, Sie in unser Geschäft einzuweisen, Ihnen eine Agentur unserer Heiratsvermittlung einzurichten.
29:42Sie zahlen dafür eine einmalige Pauschalsumme von 5.000 Mark und kassieren dann ab sofort 50 Prozent von jedem Auftrag.
29:52So wie ich Ihnen das eben erklärt habe.
29:54Was? 5.000 Mark?
29:56So viel habe ich nicht auf einmal.
29:58Könnte man das nicht mit meinen Provisionen verrechnen?
30:02Nein, Frau Krüger, das geht nicht.
30:04Dann lege ich ja das ganze Risiko bei uns.
30:07Und außerdem, das soll jetzt kein Misstrauen gegen Sie sein.
30:11Wir haben da schon einige böse Überraschungen erlebt.
30:15Da haben wir die Leute geschult und dann haben die plötzlich ein Konkurrenzunternehmen aufgemacht.
30:20Ja, aber wo soll ich denn 5.000 Mark her zaubern?
30:24Ja, mehr als 2.000 bekomme ich nicht zusammen in Bar.
30:30Sie könnten doch einen Kredit aufnehmen.
30:33Bei 3.000 Mark ist das überhaupt kein Problem.
30:36Schließlich haben Sie ja Ihre Anstellung am Theater.
30:39Gar tue ich sowas nicht.
30:41Ich habe nämlich keine Erfahrung darin.
30:44Wenn Sie mir vielleicht behilflich sein könnten...
30:47Aber sicher, Frau Krüger, das kriegen wir schon.
30:50Da brauchen Sie sich gar keine Gedanken zu machen.
30:53Frau Krüger versteht es zwar, mit Menschen umzugehen.
30:56In geschäftlichen Dingen ist sie aber recht unerfahren.
30:59Doch die Aufgaben, die sie für das Institut erfüllen soll, scheinen ihr so interessant und auch finanziell so attraktiv zu sein,
31:06dass sie sich schließlich sogar bereit erklärt, für einen Teil der geforderten Kaution einen Kredit aufzunehmen.
31:14Und so dauert es nicht lange, bis Marianne Krügers Inserate in diversen Zeitungen erscheinen und tatsächlich bei manchen Lesern auf fruchtbaren Boden fallen.
31:23Nein, danke du. Zucker ist bei mir wieder gestrichen.
31:26Aha. Du wandelst wohl wieder auf Freiers Füßen.
31:30Das habe ich doch schon ein paar Mal erlebt.
31:33Immer wenn du plötzlich auf deine Figur achtest, ist da was in dieser Richtung.
31:39Du beobachtest wirklich gut, Luise.
31:45Hier.
31:47Auf diese Anzeige hin habe ich mich gemeldet.
31:53Vitaler Mitfünfziger möchte es noch einmal versuchen.
31:58Wo ist die unternehmungslustige Frau, die sich mit mir die Welt ansehen will?
32:04Halt mich doch mal auf dem Laufenden.
32:06Die Anzeigen finden das Interesse der unterschiedlichsten Menschen.
32:09Ganz so, wie Frau Krüger es sich insgeheim vorgestellt hat.
32:13Attraktive Witwe sucht Vermögenden Mitfünfziger mit Interessen für Theater und Musik.
32:21Vermögenden Mitfünfziger.
32:23Tja, Axel.
32:25Kommt für uns wohl nicht in Frage, nicht?
32:27Hm? Was meinst du?
32:30Aber hier.
32:31Mir macht das Alleinsein keinen Spaß mehr.
32:34Welcher Herr zwischen 50 und 60 möchte meiner Einsamkeit ein Ende machen?
32:39Du, da scheint es jemandem genauso zu gehen wie uns.
32:44Wollen wir mal schreiben?
32:45Na also, sag ich's doch.
32:47Ehe bei Frau Krüger die Reaktionen auf ihre Inserate eintreffen, vergeht einige Zeit.
32:52Da sie aber ihre Arbeit am Theater hat, stört sie das nicht weiter.
32:55Sieht doch hübsch aus, oder?
32:56Ja.
32:56Können wir doch schon lassen.
32:57Doch, genau so habe ich mir das vorgestellt.
32:59Man merkt halt, wenn jemand sein Handwerk versteht.
33:02Oh, vielen Dank.
33:03Sagen Sie mal, Krügerin, was machen eigentlich Ihre anderen Pläne?
33:06Ich meine, wissen Sie, mit dem Heiratsinstitut, von dem Sie mir erzählt haben.
33:09Das klappt eigentlich ganz gut, wissen Sie, ich habe jetzt so eine Art Außenstelle.
33:13Ich habe auch schon eine Menge inseriert.
33:14Mhm.
33:15Und wie lässt es sich an?
33:17Weiß ich noch nicht.
33:18Ich hoffe, dass sich bald welche melden.
33:20Aber sicher.
33:22Heiraten wollen die Leute immer, auch wenn sie noch so schlechte Erfahrungen gemacht haben.
33:26Erwartungsvoll geht Marianne Krüger in der nächsten Zeit fast täglich zu dem Postfach,
33:31das sie für ihre Agentur eingerichtet hat.
33:34Sie muss jedoch feststellen, dass viel weniger Antworten auf ihre Inserate kommen,
33:38als sie der Vertreter des Instituts prophezeit hat.
33:42Noch ist das für sie jedoch kein Grund, skeptisch zu werden.
33:48Voller Hoffnung macht sie sich daran, die wenigen Interessenten,
33:52die sich bei ihr melden, in zeitraubenden Einzelgesprächen für das Institut zu werben.
33:57Ich finde es eben ungerecht, dass ich so viel Pech gehabt habe in meinem Leben.
34:02Schauen Sie, Sie sind doch gesund.
34:05Und Sie haben ja Auskommen, das ist doch eine ganze Menge wert.
34:08Und mit ein bisschen Geduld werden wir schon einen passenden Partner für Sie finden.
34:13Soll ich den Auftrag gleich fertig machen?
34:17Kostet das denn was?
34:18Wie geht sowas denn vor sich?
34:20Wissen Sie, ich habe das noch nie so versucht.
34:24Ich meine so mit einem Heiratsbüro.
34:26Ja, also wenn Sie uns den Auftrag geben,
34:28dann bekämen Sie von uns Adressen von Herrn, die für Sie in Frage kommen.
34:33Entsprechend Ihren Wünschen, die habe ich mir hier natürlich aufgeschrieben.
34:35Ja, und wie viel kostet es dann also?
34:38Da wäre erst einmal die Aufnahmegebühr von 1000 Mark.
34:42Das Betreuungshonorar, da käme es natürlich darauf an, wie lange der Auftrag läuft.
34:47Da kämen dann noch einmal 1800 Mark dazu.
34:52Wie?
34:52Die Gespräche mit den Heiratskandidaten nehmen fast immer den gleichen Verlauf.
35:04Sie enden meist abrupt, wenn die Rede aufs Geld kommt.
35:07Also ehrlich, Frau Krüger, das kann doch nicht wahr sein.
35:102800 Mark.
35:12Ich kann es doch nicht ändern.
35:13Die Preise sind so.
35:15Bei anderen Instituten sind sie noch viel höher.
35:18Trotzdem.
35:19Auf dieser Basis kommt man nicht ins Geschäft.
35:21Nur wenn ich so viel Geld hätte, dann brauche ich Ihre Firma nicht.
35:23Dann könnte ich mich selbst umsehen.
35:25Bedenken Sie doch.
35:26Solche Unternehmen haben große Unkosten.
35:29Und schließlich tun wir doch auch etwas für Sie.
35:32Ach, kreien Sie doch auf.
35:33Sieht bei mir nicht.
35:34Ich kann ja verstehen, dass Sie Ihren Laden da verteidigen.
35:38Außerdem sind Sie auch sicher an den Einnahmen beteiligt, nicht?
35:41Aber ich tue es nicht nur deswegen.
35:43Es macht mir einfach Spaß, anderen Leuten zu helfen.
35:46Ihnen doch auch, Herr Friedrich.
35:48Ja, mag ja sein, aber so viel Geld wollte ich nicht ausgeben.
35:54Noch dazu, wo Sie gar nicht garantieren, dass Sie das passende für mich finden.
35:58Gell, Axel?
35:59So einsam sind wir auch wieder nicht, dass Sie das Geld zum Fenster rausschmeißen.
36:03So gut Marianne Krüger sich auch in die Situation ihrer jeweiligen Gesprächspartner hineindenken kann,
36:11so wenig versteht sie es schließlich, diese gute Ausgangsposition in einen geschäftlichen Erfolg umzumünzen.
36:17Statt etwas zu verdienen, verliert sie immer mehr Geld.
36:23Denn neben der bereits entrichteten Kaution und den Bankzinsen für den Kredit,
36:27hat sie auch laufende Unkosten für neue Inserate und die Fahrten zu den Kunden.
36:33Aber Sie haben doch bestimmt eine Rücktrittsklausel im Vertrag.
36:36Oder eine Probezeit, damit Sie wenigstens Ihr Geld wiederbekommen, wenn das mal nicht so läuft.
36:40Nein, nein, das wird überhaupt nicht gehen.
36:42Ich habe mit den Leuten telefoniert.
36:44Mein Geld kriege ich nicht zurück.
36:46Die sagen mir, ich muss mich mehr anstrengen, ich muss mehr Kunden herbeischaffen.
36:51Aber das haben Sie doch die ganze Zeit getan.
36:54Ja, bis es ums Bezahlen ging.
36:56Dann war aus.
36:57Es ist den Leuten einfach zu teuer.
37:00Und ich muss sagen, ich kann die auch verstehen.
37:01Tja, aber ohne Abschlüsse.
37:04Ich meine, ohne, dass jemand bei Ihnen unterschreibt.
37:06Da bekommen Sie natürlich auch keine Provision.
37:09Vielleicht sollten Sie doch noch ein bisschen durchhalten.
37:11Damit Sie wenigstens Ihre Unkosten wieder reinholen.
37:14Naja, letztes Wochenende habe ich wieder inseriert.
37:17Was warte ich noch ab?
37:18Sicher.
37:19Sie dürfen den Kopf nicht hängen lassen, Krügerin.
37:22Sie schaffen das schon.
37:23Aber auch die letzten Hoffnungen von Frau Krüger erfüllen sich nicht.
37:27Denn auf die neuen Inserate bleibt die Reaktion gänzlich aus.
37:35Frau Krüger hat noch lange Zeit an den Verpflichtungen zu tragen gehabt,
37:39die sie im Zusammenhang mit ihrer Heiratsagentur eingegangen ist.
37:42Die Ersparnisse waren weg und der Kredit musste mühsam abgestattert werden.
37:47Für mich haben solche Vorgänge neben Mitgefühl im Einzelfall
37:50generell auch noch einen recht deprimierenden Aspekt.
37:53Dass man nämlich im Grunde genommen nur mit einem sehr ernüchternden Rat helfen kann.
37:58Dem Rat, Finger weg von Sachen, von denen man nichts versteht.
38:02Das heißt konkret, wenn ich die Verhältnisse auf dem Heiratsvermittlungsmarkt nicht kenne
38:06und darüber hinaus auch keine kaufmännischen Erfahrungen besitze,
38:10dann sollte ich mich auf ein solches unternehmerisches Wagnis nicht einlassen.
38:14So und nun auch heute wieder zum Schluss unserer Sendung ein Experiment.
38:21Unsere Mitarbeiter haben wieder einmal versucht,
38:24eine aktuelle Betrugsmasche auf ihre Wirksamkeit zu testen.
38:27Zunächst läuft alles nach einem altbekannten Schema.
38:30Unser Mann erscheint als falscher Handwerker und will kassieren.
38:34Das Besondere, er nimmt kein Bargeld, sondern er besteht auf Schecks.
38:38Die Namen seiner Opfer entnimmt er der Tageszeitung,
38:42in der betagten Bürgern in einer besonderen Rubrik zum Geburtstag gratuliert wird.
38:46Unter einem Vorwand meldet er sich dort zu einem Besuch an.
38:49Hier ist die Bundesproststörungsstelle.
38:51Sind Sie heute Nachmittag zu Hause, bitte?
38:53Ja, was wollten Sie dann gerne?
38:55Ja, wir haben Störungen gemeldet bekommen aus der Burbacher Straße am Telefon.
38:59Wir wollten da mal überprüfen.
39:00Ich bin da, ja.
39:01Und da schauen wir vorbei, so in der nächsten Stunde etwa.
39:02Mit ein bisschen Hokus-Pokus und viel Luft aus der Spraydose gibt sich Bernd Schröder einen fachmännischen Anstrich.
39:08Auch die frei erfundenen Fachausdrücke verfehlen ihre Wirkung nicht.
39:12Also der Impulsgeber zeigt, die Kurve ist nicht ganz in Ordnung.
39:17Irgendwie ist da...
39:19Das kann manchmal an den Kontakten kleiner...
39:22Gut, dann war es das eigentlich schon.
39:26Da hätte ich gerne 4,90 m von Ihnen.
39:28Allerdings nicht bar, wenn Sie einen Check hätten, wenn man lieber, weil ich nicht kassieren darf.
39:31Die Argumente scheinen logisch.
39:36Anstandslos stellt der zufriedene Kunde den gewünschten Check aus.
39:40So, prima. Herzlichen Dank.
39:43Aus 4,90 m werden dann ziemlich problemlos 40,90 m.
39:47Und genauso problemlos gelingt es unserem Mann, den gefälschten Check bei einer Bank zu Geld zu machen.
40:07Überrascht, wie glatt diese Masche funktioniert, wollten wir sehen, ob sich das Experiment wiederholen lässt.
40:12Der falsche Postmonteur macht sich also wieder auf den Weg.
40:17Diesmal zu einem älteren Ehepaar.
40:19So, dann würde ich noch 4,90 m von Ihnen kriegen, für unsere kleine Mühe.
40:30Wenn Sie mir einen Check geben könnten, wäre es mir lieb, weil wir kein Bargeld kassieren dürfen.
40:34Auch diesmal wird der gewünschte Check bereitwillig ausgestellt.
40:37Das kann man eben nicht mit den Gebühren verrechnen, deswegen müssen wir es so machen.
40:40Sonst könnte es die andere Stelle ja machen.
40:42Gut, danke.
40:43Ohne sich große Mühe geben zu müssen, ändert Bernd Schröder die eingetragene Summe.
40:48Aus 4,90 m werden diesmal 84,90 m.
40:54Auch das Einlösen geht wieder sehr schnell.
40:58Beim dritten Versuch schließlich hatte der ältere Herr keine Checkformulare im Haus.
41:02Aber er unterschreibt bereitwillig eine Vollmacht, die wir für solche Fälle vorbereitet hatten.
41:06Aus den 4,90 m wird diesmal die stolze Summe von 104,90 m.
41:13Frage nur, ob sie sich auch zu Geld machen ließ.
41:16Können Sie mir das gerade aussagen, bitte?
41:21104,90 m.
41:23Ja, okay, danke.
41:25Tatsächlich, unser Mann bekommt das Geld.
41:29Und keiner war darüber mehr erstaunt als er selbst.
41:33Es gibt im Grunde genommen zwei Lehren, die man aus diesem frechen Graunertrick ziehen kann.
41:42Erstens empfiehlt es sich, glaube ich, ganz allgemein für Pfennigbeträge keine Schecks auszustellen.
41:47Schon allein wegen der damit verbundenen zusätzlichen Gebühren.
41:51Und wenn man einen Scheck ausstellt, sollte man immer vor und hinter die Zahl einen Strich machen,
41:58damit der Betrag nicht unbefugt verändert werden kann.
42:03Zweitens sollte man wissen, dass die Störungsstelle der Bundespost als kostenloser Kundendienst arbeitet.
42:09Und im Übrigen haben alle echten Telefonmonteure einen Dienstausweis,
42:13nachdem man sie ungeniert fragen sollte, wenn man sie nicht kennt.
42:16Bleibt der Ordnung halber noch festzuhalten,
42:20dass bei unserem Experiment niemand wirklich geschädigt worden ist,
42:23weil wir das Geld natürlich anschließend wieder zurückgegeben haben.
42:26Und damit darf ich mich wieder einmal verabschieden.
42:29Auf Wiedersehen.