Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa steigt. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform spricht von fast 70 Prozent mehr Firmenpleiten als im Corona-Pandemie-Jahr 2021. Was sind die Ursachen?
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NewsTranskript
00:00Beim Leipziger Unternehmen Heiterblick haben sie alle Hände voll zu tun.
00:05Die Straßenbahnen, die hier gebaut werden, fahren in ganz Deutschland, aber auch in vielen europäischen Städten.
00:12Die Auftragsbücher sind auf Jahre hin voll, doch genau das ist ein Problem.
00:17Das Unternehmen mit 250 Beschäftigten musste gerade Insolvenz anmelden.
00:23Das Problem, was Heiterblick hat, ist kurz gefasst sozusagen, dass man über viele Jahre im Voraus Aufträge an Land holt.
00:33Und dass natürlich in der Zwischenzeit, gerade in den letzten Jahren, massive Preissteigerungen eingesetzt haben, was die Materialien angeht, die gelieferten.
00:41Und das bedeutet natürlich, dass man dann mit den Preisen, die man vor vielen Jahren unterschreiben musste in den Angeboten, dass man mit denen derzeit nicht auskömmlich arbeiten kann.
00:50In dieser Zwickmühle stecken zurzeit immer mehr Unternehmen, deren Geschäftsmodelle eigentlich gut funktionieren, sagt Patrick Hansch von der Wirtschaftsauskunft Teil Credit Reform.
01:02Denn nicht nur Metalle und Baustoffe werden teurer, Lieferketten funktionieren nicht mehr, dahinter stecken etwa der Krieg in der Ukraine und die Zölle von US-Präsident Trump.
01:11Die Zahl der Firmenpleiten steigt nun europaweit massiv, hat Kreditreform ermittelt.
01:18Und in Deutschland sei besonders der Mittelstand betroffen, mit 96 Prozent das Rückgrat der exportorientierten Wirtschaft.
01:25Und mit jeder Pleite, je Know-how verloren und Kompetenz.
01:28Wir sind diejenigen von den hochentwickelten Volkswirtschaften, die den größten Anteil haben bei der Industrieproduktion.
01:36Wir sind ein Industrieland.
01:38Und wenn wir diese Kompetenzen, made in Germany, Ingenieure, die hohen Fertigungsgrade, wenn das jetzt einfach wegfließt und wir haben nur noch Dienstleistungsberufe,
01:47die nicht die gleiche Wertschöpfung haben, wo eben nicht die gleichen Löhne gezahlt werden und wo nicht die gleiche Arbeitsleistung herkommt,
01:53dann haben wir hier ein Problem für die gesamte Volkswirtschaft.
01:55Noch, sagt Patrick Hantsch, stehe Deutschland im internationalen Vergleich eher gut da.
02:01Aber die große Mehrheit der Unternehmen müsse ihr Geschäftsmodell an die veränderten Realitäten anpassen.
02:07Und die Politik müsse zukunftssichere Rahmenbedingungen schaffen, da seien die Defizite groß.
02:14Bei Heiterblick in Leipzig wollen sie die Insolvenz als Chance nutzen.
02:18Gemeinsam mit den Kunden sollen Verträge angepasst werden, damit das Unternehmen wieder auf die Füße kommt.
02:23Und das Know-how für den Schienenfahrzeugbau in der ostdeutschen Region bleibt.