Unzählige bilaterale Gespräche und Dutzende multilaterale Verhandlungsrunden – all das sei "viel mehr als die Rede eines US-Vizepräsidenten", betont Benedikt Franke, CEO der Münchner Sicherheitskonferenz, im Interview mit der DW.
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NewsTranskript
00:00Bei uns ist jetzt Benedikt Franke. Er ist der CEO der Münchner Sicherheitskonferenz.
00:05Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen. Sie haben ja sehr viele Termine.
00:08Herr Franke, die Münchner Sicherheitskonferenz soll ja auch eine
00:11Bühne sein für diplomatische Initiativen.
00:15Man hat aber ein bisschen das Gefühl, dass eher jetzt
00:17das Unverständnis zwischen Amerikanern und Europäern
00:21gewachsen ist, auch hier auf der Konferenz und zwar deshalb,
00:25weil die Rede des amerikanischen Vizepräsidenten doch
00:28viel Ärger verursacht und viel Diskussion. Wie sehen Sie das?
00:33Also es stimmt mit Sicherheit, dass sich die Europäer eine andere Rede erhofft hätten.
00:38Es stimmt auch, dass wir als Konferenzorganisatoren natürlich auch
00:42gerne einen Dialog auf der Bühne gesehen hätten.
00:45Am Ende des Tages würde ich aber davor warnen, dieser Rede zu viel Bedeutung zuzumessen.
00:50Hier auf der Münchner Sicherheitskonferenz finden tausende bilaterale Gespräche statt.
00:55Dutzende multilaterale Verhandlungsrunden.
00:57Diese Konferenz ist so viel mehr als die Rede eines US-Vizepräsidenten.
01:02Ich wehre mich etwas dagegen, dass das Narrativ ist, weil man muss auch sagen,
01:07wir haben die größte US-Delegation, die wir je hatten.
01:10Die nehmen an mehr Treffen teil, als sie das je zuvor getan haben.
01:14Und auch das ist doch was wert.
01:17Wenn Sie auf Dialog setzen, dann müsste man doch eigentlich auch die AfD
01:21und andere Gruppen einladen, um hier miteinander zu sprechen.
01:24So, und auch da hat unser Chairman Christoph Heuske eine richtig gute Antwort.
01:28Die AfD ist geschlossen aufgestanden, als Präsident Zelensky im Deutschen Bundestag
01:33eine Rede gehalten hat.
01:34Sieht so Dialogbereitschaft aus?
01:36Wir glauben nicht.
01:39Aber hier sind ja die Vertreter auch von Ländern, wo man jetzt unbedingt sagen kann,
01:44die sind nicht die größten Demokraten.
01:46Also da wird ja auch mit denen gesprochen.
01:48Also warum macht man diese Unterschiede?
01:50Das ist eine der schwierigsten Fragen und wir haben keine ganz perfekte Antwort.
01:54Aber wir sind eine diplomatische Plattform und keine innenpolitische Bühne.
01:59Ja, wir laden Länder ein, die keine lupenreinen Demokratien sind.
02:04Wir laden Bewegungen weltweit ein, die keine demokratischen Freiheitskämpfer sind.
02:09Aber weil es um internationale Politik, um internationale Diplomatie,
02:14nicht um deutsche Innenpolitik geht.
02:16Sie haben ja auch keine russischen Teilnehmer eingeladen.
02:19Wird sich das vielleicht im nächsten Jahr ändern?
02:22Ich hoffe sehr, dass sich das ändert und wir haben auch immer gesagt,
02:25in der Sekunde, in der sich ein konstruktiver Ansatz, zum Beispiel für Verhandlungen erkennen lässt,
02:31werden wir alles dafür tun, um die russischen Delegationen wieder einzuladen,
02:35die ja jahrzehntelang hier auch das Bild der Münchner Sicherheitskonferenz mitgeprägt haben.
02:39Welche Signale sehen Sie denn jetzt hier von dieser Konferenz?
02:43Ich glaube, es gibt eine ganze Reihe an Signalen.
02:45Ein sehr deutliches ist, dass wir an der transatlantischen Allianz hart arbeiten werden müssen.
02:51Ein weiteres ist, dass wir, glaube ich, den Mehrwert dieser Allianz
02:55für die amerikanischen Bürgerinnen und Bürger noch deutlicher machen müssen.
02:59Am Ende kommt es auch auf Kommunikation an.
03:01Es kommt aber auch darauf an, dass wir nach vielen, vielen, vielen Jahren des Versprechens,
03:07mehr für unsere eigene Sicherheit zu tun, hier auch endlich mal konkrete Taten folgen lassen.
03:12Manche Bürger fragen sich ja, was soll ich mit der Münchner Sicherheitskonferenz?
03:16Was hat das mit mir zu tun? Warum ist aus Ihrer Sicht diese Konferenz so wichtig?
03:21Also ich glaube, wer heute noch nicht verstanden hat,
03:24dass Außen- und Sicherheitspolitik jeden in diesem Land angeht,
03:28dass es unseren Wohlstand entscheidet, dass es unsere Lebensform entscheidet,
03:32dass es unsere demokratische und gesellschaftliche Kultur entscheidet,
03:36dem können wir kaum noch helfen.
03:37Außen- und Sicherheitspolitik war noch nie so wichtig wie heute.
03:41Und eigentlich sollte man sich dementsprechend noch mehr für die Münchner Sicherheitskonferenz
03:45oder vielmehr die Themen, die bei uns besprochen werden, interessieren als zuvor.
03:50Draußen demonstrieren Menschen für den Frieden, eine Friedensdemonstration.
03:54Können Sie das auch nachvollziehen?
03:56Ja, natürlich. Wir sind ja auch für Frieden.
03:58Das ist ja nicht so, als würde hier drin etwas passieren, was dagegen wäre.
04:02Und es ist völlig gerechtfertigt, da draußen zu demonstrieren.
04:06Um ehrlich zu sein, finde ich es eigentlich tragisch, dass es nur so wenige sind
04:11und dass der Altersdurchschnitt der Demonstranten so hoch ist.
04:14Wo sind denn die jungen Leute, die für den Klimawandel oder gegen den Klimawandel kämpfen?
04:19Fridays for Future, ja, die waren gestern da.
04:22Aber wenn es um den Frieden in der Welt geht,
04:24sind es plötzlich nur noch ältere Menschen und gar nicht mehr so viele.
04:28Also als Münchner Sicherheitskonferenz haben wir überhaupt gar kein Problem mit diesen Demonstrationen.
04:33Wir arbeiten nur auf andere Art und Weise für genau das gleiche Ziel.
04:37Das Thema Sicherheit, ist das auch ein Thema der Konferenz, also dass die Konferenz an sich sicher ist?
04:43Sie haben ja viele Staatsgäste hier, viele Militärs.
04:46Wie kann man eine Sicherheit gewährleisten?
04:48Es gab ja auch den Anschlag in München.
04:51Also ist das etwas, was Ihnen schon Sorge bereitet?
04:54Also der Anschlag hat uns alle tief getroffen.
04:57Er hatte jetzt nichts mit der Münchner Sicherheitskonferenz zu tun.
05:00Das hat es aber natürlich in keinster Weise besser gemacht.
05:03Mein Herz blutet, wenn ich daran denke, was hier nur ein paar Meter entfernt passiert ist.
05:08Die Münchner Sicherheitskonferenz selbst ist extrem gut geschützt.
05:12Dank der Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden, der Landespolizei, der Polizei München,
05:17mit denen wir seit Jahrzehnten hier zusammenarbeiten dürfen
05:20und wo extrem enge Kooperationsmodelle entstanden sind,
05:24die, glaube ich, jeden hier richtig sicher arbeiten lassen.
05:29Danke für das Gespräch, Herr Franke.
05:30Herzlichen Dank.