Der Alte S05E03 - Der Selbstmord

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00:30Untertitel der Amara.org-Community
01:00Untertitel der Amara.org-Community
01:30Untertitel der Amara.org-Community
02:01Ah!
02:22Ja, manche Leute kommen hier rein,
02:25weil's ihnen draußen zu heiß ist.
02:30Ich hol einen Arzt.
02:35Ein Arzt hilft da nicht mehr.
02:38Oder Andreas.
02:41Ja.
03:00Keine Ausweispapiere,
03:03neben dem Toten einen Handschuh Größe 10,5,
03:06während der Tote 8,25 hatte.
03:08Handschuh, Monogramm K, wie Köster.
03:13Aber Gerd,
03:16auf einer Kirchenbank lassen die Leute doch alles Mögliche liegen.
03:20Na schön, gib eine Personenbeschreibung raus,
03:23damit wir wenigstens erfahren, um wen es hier eigentlich geht, ja?
03:26Im Hotel Condor ist ein Amerikaner abgängig.
03:29Der Beschreibung nach könnte es der Tote sein.
03:39Tja, der Mr. Rödel,
03:42ein angenehmer, heiterer Mensch.
03:45Heiter?
03:48Aber ja, er machte zumindest diesen Eindruck.
03:51Er saß gerne in der Bar.
03:54Im Begleiter?
03:57Nein, es schien mir nicht.
04:00Er unterhielt sich mit diesem oder jenem Gast.
04:03Er sprach ausgezeichnet Deutsch, akzentfrei.
04:05Gegen halb elf.
04:08Hatte er einen Wagen?
04:11Nein, er nahm ein Taxi.
04:14Ja, den habe ich gefahren, hier vom Hotel weg.
04:17Wissen Sie noch wohin?
04:20Ja, er wollte zu den Benediktinern raus.
04:23Unterwegs hatte er hunderte von Fragen.
04:26Mir schien, als wenn der hier aufgewachsen wäre.
04:29Aber er war ganz niedergeschmettert.
04:32Er fand, dass sich hier alles sehr deprimierend verändert hat.
04:35Ob da immer noch ein Spielclub drin ist.
04:38Sie, ich habe überhaupt gar nicht gewusst, dass da jemals einer drin war.
04:41Ich habe ihm dann gesagt,
04:44es gehört einem Privatmann, schon seit gut 15 Jahren,
04:47einem Rechtsanwalt Kollnbühler.
04:50Er hat dann zu mir gesagt, dass er den von früher her kennt
04:53und dass ich umkehren soll.
04:56Ist er hineingegangen?
04:59Sicher.
05:02Wissen Sie mehr?
05:05Er ist ja ausgerechnet den Herrn Kollnbühler aufgesucht hat.
05:08Kollnbühler?
05:11Ist das so ein Wirtschaftskanone?
05:14Unter anderem, ja. Zu seiner Zeit, früher.
05:17Aber der muss jetzt über 70 sein.
05:24Herr Köster.
05:27Herr Köster?
05:30Lieber Herr Köster, wie lange haben wir uns nicht gesehen?
05:32Na ja, das sind jetzt 15 Jahre.
05:35Na, unmöglich.
05:38Schon so lange?
05:41Warten Sie, wann ist Ihr Bruder gestorben?
05:44Das war 1965. Das sind 19 Jahre, sehen Sie.
05:47Mein Gott, wie alt man wird.
05:5019 Jahre, dass Otto jetzt schon tot ist.
05:53Habe längere Zeit nicht daran gedacht.
05:56Kommen Sie. Gehen wir nach drüben.
05:59Vorhin da waren Sie sicher.
06:02Es war eine Gelegenheit.
06:05Aus einer Konkursmasse.
06:08Ich konnte einfach nicht widerstehen.
06:11Denn unsere Herkunft, Ottos und meine,
06:14ärmlich, ärmlich.
06:17Nun, Sie wissen es ja selbst.
06:20Kommen Sie, Herr Köster. Nehmen Sie Platz.
06:23Danke.
06:27Sie nehmen doch einen Cognac.
06:29Nein, jetzt nicht, bitte. Danke.
06:32Ach, machen Sie eine Ausnahme. Das lohnt sich.
06:35Dankeschön.
06:39Sie haben meinen Bruder Otto gern gehabt, nicht?
06:42Ja.
06:45Freunde hat man nicht viele, schon gar nicht von Kindheit an.
06:48Er ist seinerzeit zur Polizei gegangen,
06:51nur weil Sie dort eingetreten waren.
06:54Wussten Sie das?
06:56Ich weiß.
06:59Soll ich Sie raten lassen, welcher Jahrgang?
07:02Sie kommen nicht darauf.
07:051849.
07:08Habe drei Flaschen davon auf einer Auktion erworben.
07:12Sie haben mich ein kleines Vermögen gekostet.
07:18Da wäre sogar ein großes Wert.
07:26Nicht wahr?
07:29Ja, das ist gut. Weich, danke. Mild.
07:33Fühlt Sie etwas Bestimmtes zu mir?
07:36Ganz direkt gefragt.
07:39Haben Sie was mit der Benediktiner Bibliothek zu tun?
07:42Fragen Sie wegen Rödel?
07:45Habe über seinen Selbstmord in der Zeitung gelesen.
07:48Kannten Sie ihn?
07:51Sozusagen in einem anderen Leben,
07:53als Sie. 22 Jahre.
07:57Ich weiß das so genau, weil wir
08:00erst vorgestern davon sprachen, er und ich.
08:03Hat er Sie aufgesucht?
08:06Am Vormittag seines Todestages, ja.
08:09Also sozusagen als ersten und vermutlich einzigen
08:12hier in der Stadt?
08:15Es sieht so aus, ja.
08:18Woher kannten Sie ihn?
08:20Weil er schon in den Staaten war.
08:23Glauben Sie, dass seine frühere Freundin beerbt?
08:26Schwerlich, Herr Köster.
08:29Haben Sie die Adresse der Dame?
08:32Benediktiner Friedhof, Reihe 3.
08:35Die Grabnummer habe ich nicht im Kopf.
08:38Ausgerechnet Benediktiner Friedhof.
08:41Wie lange ist Frau Rödel tot?
08:44Frau Hutterer. Sie hatte ihren Mädchennamen wieder angenommen.
08:4718 Jahre.
08:50Ich weiß das so genau,
08:53weil ich ihre Grabstätte unterhalte.
08:56Sie verstarb mittellos.
08:59Oh, sie hatte eine beträchtliche Abfindung bekommen,
09:02damals bei der Scheidung.
09:05Aber es gibt Menschen, bei denen hält das Geld sich eben nicht.
09:08Entschuldigen Sie, das ist indiskret,
09:11aber wie kamen Sie dazu, ein Grab für Frau Hutterer zu kaufen?
09:14Sentimentalität.
09:17Schauen Sie nicht so skeptisch, Sie alter Kriminalist.
09:20Sentimentalität ist eine Schwäche, aber wer ist frei davon?
09:23Sie erinnern sich meiner alten Kanzlei,
09:26der ersten in der Schillerstraße.
09:29Dunkel.
09:32Sehr treffend, denn das war sie auch.
09:35Ein finsteres, feuchtes, elendes Loch.
09:38Rödel hatte mich sehr großzügig honoriert
09:41und ich hatte das Glück, mit dem Geld vorzüglich zu spekulieren.
09:44Wenn Sie so wollen, war der Scheidungsprozess Rödel,
09:47also das Ende seiner Ehe,
09:50der Anfang meines Aufstiegs.
10:00Sie jagen einer Chimäre nach,
10:03Rödel ist nicht ermordet worden.
10:06Wie kommen Sie darauf, dass ich so etwas denken könnte?
10:09Ihr Tätigkeitsbereich ist nicht das Referat für Selbsttötungen.
10:12Wieso nehmen Sie an, ich bin dienstlich hier?
10:15Um mich privat zu besuchen, hätten Sie 19 Jahre Zeit gehabt.
10:17Sie haben mich nie leiden mögen,
10:20auf eine gewisse Weise haben Sie mich früher sogar gehasst.
10:23Ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus.
10:26Die wenigsten Leute mögen mich
10:29und sind vermutlich damit im Recht.
10:32Rödel war hier, um mir sein Testament einzuhändigen.
10:35Ihnen sein Testament?
10:38Ein paar kleine Legate für die Haushälterin und so,
10:41alles Übrige für die UNICEF.
10:44Das Dokument liegt beim Amtsgericht, ich selber habe es hingebracht.
10:47Quibono.
10:50Wer hätte etwas davon?
10:53Vielleicht ein Geheimagent der UNICEF.
10:56Entschuldigen Sie, ich spotte natürlich.
10:59Aber nur, weil ich sicher bin, dass es Selbstmord war.
11:02Macht er Andeutungen in dieser Richtung?
11:05Nun, im Nachhinein bekommt manches Wort seinen eigenen Klang.
11:09Zum Beispiel?
11:12Man geht durchs Leben wie ein angepflocktes Pferd.
11:15Immerzu im Kreis.
11:19Das sagt doch jeder mal, das ist banal.
11:22Sich umzubringen ist vielleicht banal.
11:27Warum fragen Sie mich aus?
11:30Na, Sie waren an seinem letzten Vormittag mit ihm zusammen.
11:34Nicht nur am Vormittag,
11:37wir haben zusammen in der Artischocke zu Mittag gegessen.
11:40Ich bin ziemlich bekannt in der Stadt,
11:42warum sollte es Ihnen jemand anderer erzählen?
11:45Sie mögen es nicht, wenn man Ihren Fragen zuvor kommt, wie?
11:49Hören Sie, Herr Köster, ich weiß, wie Sie mich einschätzen.
11:54Und so viel ist ja wohl auch richtig,
11:57wie man zu so viel Geld kommt, ist weiß Gott kein Weihnachtsmärchen für Kinder.
12:01Hatte der Herr Rödel noch eine Verabredung am Nachmittag?
12:04Mit einem Oberbaurat vom Stadtbauamt.
12:07Kennen Sie den Namen des Herrn?
12:09Irgendein Denkmalspfleger.
12:10Er wollte mit ihm die Benediktinerkirche besichtigen.
12:16Ohne Ihnen in Ihre Arbeit reinreden zu wollen,
12:19aber warum sollte ich einen, mir im Grunde genommen,
12:23völlig fremden Menschen umbringen,
12:26dessen Tod mir noch nicht einmal etwas einbringt?
12:29Hm?
12:32Sie vertun Ihre Zeit, Herr Köster.
12:34Herr Köster, von der Weinen rede ich nicht.
12:39Die Zeit eines Greises ist ohne Wert.
12:42Entschuldigen Sie trotzdem, wenn ich Sie behelligt habe.
12:45Ich bin ein einsamer Mensch.
12:48Jede Abwechslung ist mir lieb.
12:53Also, auf ein andermal, Herr Köster.
12:57Vielleicht essen auch wir zusammen in der Artischocke.
13:01Sagen wir morgen Mittag um eins?
13:02Ja, danke.
13:27Sie hatten Garderobe?
13:29Nein.
13:30Ich sammle Handschuhe.
13:32Seltener.
13:39Wie viel PS?
13:412,10.
13:43Was für ein Baujahr?
13:451951.
13:47Vielen Dank. Wiederschauen.
13:50Also irgendwas steckt dahinter.
13:53Man macht nicht die weite Reise von Chicago rüber,
13:56nur um Blausäure zu schlucken.
13:57Ich fände es sogar einleuchtend,
13:59wenn jemand zu sowas am DNO zurückkehrt,
14:01wo er seine Kindheit verbracht hat.
14:03Oh, du solltest Familienromane schreiben.
14:06Garmaschen trägt er.
14:08Bei sich am Schreibtisch Garmaschen trägt er.
14:11Raten Sie mal, von wem er den damals übernommen hatte,
14:13vor 20 Jahren.
14:15Etwa von Herrn Rödel?
14:17Genau.
14:19Wann kamen Sie denn?
14:21So gegen dreiviertel sieben.
14:23Die Abendandacht beginnt um halb acht.
14:25Und da war er schon da.
14:27Als ich anfing zu spielen, setzte er sich.
14:30Auf denselben Platz, auf dem man ihn später fand?
14:33Ja.
14:35Und als er herumging, war er da alleine?
14:37Ich glaube schon. Ich habe nicht darauf geachtet.
14:40Ah, da würden Sie bitte darüber nachdenken.
14:42Es wäre so wichtig für uns.
14:44Tut mir leid, ich habe mich auf die Musik konzentriert.
14:47Ich habe wirklich niemand gesehen.
14:49Das heißt...
14:51Ja?
14:53Vorher, am späten Nachmittag,
14:54ich bin ein wenig spazieren gegangen, auf dem Friedhof.
14:57Ja.
14:59Ich mache das oft, es ist sehr schattig dort.
15:01Ja, ja.
15:03Ich habe den Architekten Rödel gesehen, an einem Grab,
15:05in Begleitung eines anderen Herrn.
15:07Wann?
15:09Gott, es wird nach vier Uhr gewesen sein.
15:11Können Sie den Herrn beschreiben, Vater?
15:13Er war schon älter, groß.
15:16Und übrigens, warten Sie,
15:18eines fiel mir besonders an ihm auf.
15:20Er trug Garmaschen, helle Sommergarmaschen.
15:22Garmaschen.
15:29Na?
15:31Was sagt der Parkwächter?
15:33Er kennt natürlich Conwillers Wagen.
15:35Er kommt ab und zu hierher.
15:37Er scheint ein Grab auf dem Friedhof zu haben.
15:39Ja, ich weiß.
15:41Und am fraglichen Montag, um welche Uhrzeit war er da?
15:44Von halb oder dreiviertel vier bis um fünf.
15:47Bloß bis fünf?
15:49Das weiß er mit Sicherheit.
15:50Auch, dass er alleine weggefahren ist.
15:52Der, der Rödel, der starb später, nicht wahr?
15:55Ziemlich genau um sieben.
15:57Der Organist hat ihn noch eine Viertelstunde vor sieben
16:00und die Putzfrau sogar ein paar Minuten vor sieben rumspazieren sehen.
16:07Glauben Sie, Conwiller ist noch mal zurückgekommen?
16:09Zu Fuß.
16:11Also weißt du, ich möchte wahnsinnig gerne mal wissen,
16:13wie man das anstellt,
16:15jemanden in der Kirche eine Giftpraline in den Mund zu stecken.
16:18Gerd, fahr mal aufs Stadtbauamt.
16:20Du musst deine Oberbaurat ausfindig machen.
16:22Ich sag dir auf dem Weg unterwegs alle Einzelheiten.
16:25Okay.
16:27Aber offen gestanden habe ich einen riesen Hunger.
16:29Da geht doch was essen, wenn du mich abgesetzt werdest.
16:31Wo setzt es sich ab? Dankeschön.
16:33Bruder, Adi Schocke.
16:35Adi Schocke.
16:37Sind Sie größenwahnsinnig?
16:39Nein, eingeladen.
16:41Hat der Rödel hier das Taxi bestellt, als er aufbrach?
16:44Er hat kein Taxi bestellt.
16:45Ich selbst habe ihn zu den Benediktinern hinausgefahren.
16:48Als sie waren mit da draußen?
16:50Ja, sogar in der Kirche.
16:52Als sie ihn verließen, erlebte er noch, ja?
16:55Es sah so aus.
16:57Und wenn Sie die Uhrzeit wissen wollen,
17:00habe auf meinen Chronometer geschaut,
17:03als ich in meinen Wagen stieg.
17:0517.03 Uhr.
17:07Er lebte also noch ungefähr zwei Stunden.
17:10Wann war das?
17:11Er lebte also noch ungefähr zwei Stunden.
17:14Warum haben Sie mich eigentlich eingeladen,
17:17mich an der Nase rumzuführen?
17:19Könnte ich das denn?
17:26Sol Royal.
17:28Danke.
17:42Fulminant, hm?
17:45Sehr ordentlich.
17:50Und der Koch hat das Rezept
17:52direkt aus dem Restaurant Drouan in Paris.
17:57Nun gut,
17:59ich sehe,
18:01Sie werden mich mit Ihren Fragen nicht in Ruhe lassen.
18:07Sie binnen sich ein, dass Sie mich versprüchen können, nicht wahr?
18:10Sie waren schon immer ein spöttischer Charakter,
18:13schon als Sie jung waren.
18:15Und eine Spielernatur.
18:18Warbong spielen hat allerdings einen Reiz.
18:21Vielleicht kein Zufall,
18:23dass ich in einem ehemaligen Cassini hause.
18:25Geben Sie sich keine Mühe.
18:27Sie werden am Ende den Corson ziehen.
18:31Na wunderbar.
18:33Wenigstens für Sie.
18:37Warum sind Sie so aufgebracht?
18:39Bin nicht aufgebracht.
18:41Aber sicher sind Sie das.
18:43Sie sind schrecklich gereizt.
18:45Und was Sie so furchtbar ärgert,
18:47das ist,
18:49dass es unmöglich ist,
18:51mich des Wortes an Rödel zu überführen.
18:54Meinen Sie?
18:57Ja,
18:59ich meine,
19:00ich bin nicht so schrecklich wie Sie.
19:14Herr Rödel.
19:17Guten Tag.
19:19Heimann, Kriminalpolizei.
19:21Ich habe gerade bei Ihnen angerufen.
19:23Der Herr Oberbaurat ist aber leider nicht da.
19:25Er ist unpässlich.
19:28Und dann
19:30hat er keine einfache Geschichte mit seiner Frau.
19:33Hat mich eine Menge Mühe gekostet,
19:35sie zur Scheidung zu überreden.
19:38Liebte sie ihn zu sehr?
19:42Vermutlich hasste sie ihn zu sehr.
19:46Obwohl das vielleicht dasselbe ist.
19:50Jedenfalls schikanierte sie ihn mit förmlicher Leidenschaft.
19:56Und sie hat sich nichts zu Schulden kommen lassen.
19:58Nicht das, was man seinerzeit eine Eheverfehlung langte.
20:03Sozusagen schon aus Bosheit nicht.
20:05Und er?
20:07Wie er?
20:09Betrog sie geradezu mit Absicht.
20:11Aber es half ihm nichts.
20:13Sie weigerte sich ganz einfach, die Klage einzureichen.
20:15Und seinerzeit, bevor es das mit der Ehe zur Rüttung gab,
20:19war er ihrer Anhänglichkeit wehrlos ausgeliefert.
20:24Sie hat mich 18 Mal hinauswerfen lassen,
20:26buchstäblich.
20:29Rödler erhöhte die Abfindung,
20:31das eine um das andere Mal,
20:34bis er endlich bei der halben Million angekommen war.
20:39Also, um ehrlich zu sein,
20:42ich brachte sie schon bei 400.000 herum.
20:45Und die Differenz?
20:47Von wem hätte ich es nehmen sollen,
20:49wenn nicht von denen, die es hatten?
20:51Sagen Sie selbst.
20:53Das war doch juristisch einwandfrei Betrug.
20:55Im Verein mit untreue Paragraf 266.
20:59Auf beidem steht Gefängnis,
21:01in besonders schweren Fällen,
21:03damals sogar Zuchthaus, bis zu 10 Jahren.
21:08Tja, ich spiele gerne hoch.
21:12Da haben Sie schon recht.
21:14Wollen Sie nicht ablegen?
21:16Ja, es ist ja so wechselhaftig bei uns, ne?
21:19Ja.
21:20Bitte.
21:25So.
21:35Er war ein humorvoller Mensch.
21:38Auch wenn er sich umgebracht hat.
21:43In der Zeitung stand,
21:45das Gift steckte in irgendwelcher Schokolade.
21:48Ist das richtig?
21:51In einem Pralinet.
21:53Monsieur, Mousse au Chocolat.
21:59Mousse au Chocolat ist hier sehr zu empfehlen.
22:02Waren Sie auch nicht vorher in der Küche?
22:12Ist köstlich.
22:14Echt, oder?
22:16Herr Kollenbühler war beinahe bis zum letzten Augenblick bei ihm.
22:19Streitet er es denn ab?
22:21Nein.
22:24Und aus welchem Motiv heraus sollte er Rödel denn umgebracht haben?
22:28Er hätte, weiß Gott, eher Grund, dem Toten dankbar zu sein.
22:31Vielleicht vertrug er das gerade nicht.
22:34Ich frage mich ernstlich, ob Sie nicht urlaubsreif sind.
22:36Das bin ich immer bei unseren Arbeitsbedingungen.
22:39Sie haben vorhin selbst gesagt,
22:41dass Rödels Tod dem Kollenbühler nicht den geringsten Nutzen brachte.
22:45Ich sagte materiellen Nutzen.
22:46Welchen denn sonst?
22:48Glauben Sie vielleicht, dass es sich um einen Lustmord handelt?
22:52Nennen Sie mir irgendein vernünftiges, plausibles Motiv, Köster.
22:59Na, sehen Sie,
23:01für einen Selbstmord gibt es ein Dutzend Anhaltspunkte.
23:04Und einen Dreizehnten dafür,
23:06dass es Selbstmord nicht gewesen sein kann.
23:08Nicht sein kann?
23:11Ist ja aus der Wartenliste.
23:12Es wurden bei dem Toten gefunden,
23:14teils in den Taschen des Anzugs,
23:16teils auf der Kirchenbank,
23:18eine Geldbürste aus Safianleder.
23:20Rödlich.
23:22Ich kann selber lesen, Köster.
23:24Was ist denn so auffallend an dieser Liste?
23:26Ja, auffällig ist nicht das, was da steht,
23:28sondern auffällig ist, was da stehen müsste,
23:30wenn es sich um Selbstmord gehandelt hätte.
23:33Wir hatten an dem fraglichen Tag
23:35eine Mittagstemperatur von 31,3 Grad.
23:37Noch am Abend, zur Tatsache,
23:39zwischen 7 und 8 Uhr,
23:40war die Lufttemperatur 28,4 Grad.
23:43Hier ist der Bericht des Wetteramts.
23:45Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.
23:47Todesursache war nicht auskristallisierte Cyanid,
23:49sondern Blausäure.
23:51Blausäure ist eine farblose Flüssigkeit
23:53mit einem Siedepunkt von 28,5 Grad.
23:56Nein, Moment.
23:58Von 25,7 Grad,
24:00das ist die Temperatur,
24:02bei welcher sie vergast.
24:04Es hätte also unbedingt
24:06eine Lufttemperatur von 28,4 Grad
24:07bei welcher sie vergast.
24:09Es hätte also unbedingt
24:11eine Ampulle
24:13in der Schokolade bedurft,
24:15aus hauchdünnem Glas oder so.
24:17Aber eine solche Ampulle
24:19oder Reste der Ampulle
24:21wären im Magen oder im Mund nachweisbar gewesen.
24:23Es war aber nichts drin. Null.
24:25Ja, gut, gut.
24:27Man kann so ein Praliné schließlich
24:29in einem Behälter transportieren.
24:31Sicher.
24:33Aber eben so ein Behälter
24:35war bei der Leiche nicht auffindbar.
24:37Ja.
24:39Ich ziehe daraus den Schluss,
24:41dass nicht der Tode selbst,
24:43sondern eine andere Person
24:45diese ominöse Süßigkeit bei sich trug
24:47und sie an Rödel arglistig
24:49oder gewaltsam eingegeben hat.
24:51Das ist eine Theorie.
24:53Ja, aber eine gute.
24:55Man kann auf dieser Grundlage
24:57doch einen angesehenen
24:59und wohlrenommierten Mitbürger
25:01nicht einem so furchtbaren Verdacht aussetzen.
25:03Wie viel Zeit geben Sie mir?
25:05Sie haben eine Abneigung
25:07und Sie haben eine Abneigung.
25:09Herr Böhler,
25:11sind Sie sicher,
25:13dass es damit nichts zu tun hat?
25:15Vor allem hat es damit zu tun,
25:17dass er mit diesem Mord
25:19geradezu vor mir kokettiert.
25:21Er hält mir vor die Nase,
25:23wie man einem Hund eine Wurst hinhält.
25:25Ja?
25:27Pardon.
25:29Ja.
25:32Klein.
25:34Wie?
25:35Nein, nein, ist gut.
25:37Ich danke Ihnen.
25:40Was sind Sie doch für ein hinterhältiger Mensch.
25:44Wieso ich?
25:46Warum sagen Sie keinen Ton davon,
25:48dass Rödel an diesem Abend
25:50noch eine andere Verabredung hatte?
25:52Ja, weil das noch nicht abgeklärt ist, Herr Doktor.
25:54Wie viel Zeit geben Sie mir noch,
25:56mich mit Herrn Kollenbühler zu befassen?
25:5848 Stunden,
26:00weil ich Sie trotz allem schätze.
26:06Also,
26:08laut Terminkalender seiner Sekretärin
26:10hat sich er knapp nach Büroschluss
26:12mit Herrn Rödel verabredet.
26:14Sie wollten zusammen die Kirche besichtigen
26:16und er war auch mit Sicherheit dort.
26:18Der liegen gebliebene Handschuh gehört ihm.
26:20Ja, der hatte auch Ambitionen für die Bibliothek.
26:23Er hat vor zwei Monaten
26:25diesen Leserbrief da veröffentlichen lassen,
26:27wo er sich beklagt,
26:29dass für solche Aufgaben ausgerechnet
26:31wildfremde Amerikaner engagiert werden.
26:33Das finde ich ein bisschen unfair.
26:35Dass der Herr Rödel doch Münchner ist, nicht?
26:37Wo wollen Sie denn hin?
26:39Nicht zu Herrn Knapp.
26:41Da gehst du bitte hin, ja,
26:43und mach's gründlich, nicht?
26:51Herr Küster sucht um eine Unterredung.
26:53Oh ja, ich lasse bitten.
27:00Guten Tag, Herr Kollenbühler.
27:02Herr Küster!
27:06Sie haben 48 Stunden Zeit bekommen.
27:08Das heißt, jetzt sind es nur mehr so um die 38.
27:12Dann stellt Ihr, Herr Dr. Klein, das Verfahren ein.
27:16Allenfalls vorläufig.
27:18Nach 153 Strafprozessordnung.
27:20Als ungeklärt.
27:22Soll mich das schrecken?
27:24Die Akten kommen unter den Staub der Registratur.
27:27Ich bin 72.
27:29Mich schreckt so leicht nichts mehr.
27:31Trotzdem haben Sie Ihre Beziehung spielen lassen
27:33und sich über unsere Internas erkundigt.
27:36Interessiert Sie so sehr, wie die Dinge stehen?
27:39Nur davon interessiert mich.
27:41Insofern als Sie interessiert.
27:43Sie waren schon als Kind furchtbar verbissen.
27:46Ja, ja, ich kann sehr hartnäckig sein.
27:49Und neugierig.
27:51Bis zum Schändlichen.
27:54Nur deshalb sind Sie in diesen Beruf gegangen.
27:57Ja, ja, das kann sein, auch deshalb.
27:59Sehen Sie es mir bitte nach,
28:01dass ich die Flasche bereits geöffnet habe.
28:03Aber ein guter Rotwein entwickelt sein Bouquet
28:06erst nachdem er eine Zeitlang offen steht.
28:11Hatten Sie ein Verhältnis mit Frau Rödel?
28:14Wie undelikat.
28:16Hatten Sie eins?
28:18Nicht mit Frau Rödel.
28:20Aber mit Frau Hutterer.
28:22Aha.
28:24Also erst nach der Scheidung.
28:26Ach, wissen Sie, die Menschen sind sonderbar.
28:30Sie hatte immer sehr tugendhaft gelebt.
28:33Nicht ums Sterben
28:35hätte sie sich durch irgendeine Blöße ins Unrecht gesetzt.
28:39Ihre moralische Überlegenheit
28:42war eine blank geputzte Waffe.
28:44Es scheint,
28:46den armen Rödel auf subtile Weise zu quälen,
28:49genügte ihr vollkommen zum Glücklichsein.
28:51Womit quälte sie ihn?
28:53Sozusagen mit sich selbst.
28:55Mit ihrer Tugend.
28:58Der sogenannten Tugend
29:00steckt meist sehr viel mehr Egoismus und Grausamkeit
29:03im Laster, wissen Sie.
29:05Das ist eine Philosophie
29:07zu ihrer moralischen Selbstverteidigung, nicht?
29:10Vermutlich.
29:12Trotzdem spreche ich aufrichtig.
29:16In der Zeit, als die Scheidung lief,
29:18fing Sophie plötzlich an,
29:20furchtbar wirklich Stränge zu schlagen.
29:22Mag sein, verborgenerweise
29:24steckte immer schon eine Nymphomane in ihr.
29:26Aber dann war es auch
29:28eine sonderbare Sorte von Hochmut und Stolz.
29:32Schließlich war sie dabei,
29:34sich für ein immenses Vermögen zu verkaufen.
29:38Und es gibt eben Menschen,
29:40die können ihre eigene Schändlichkeit
29:42nur dann ertragen,
29:44wenn sie sie gleich auf die Spitze treiben.
29:46Sie plaudern so interessant.
29:49Rödel meinte das auch.
29:52Haben Sie ihm das wirklich alles erzählt?
29:56Sogar ausführlich und genussvoll.
29:59Schließlich waren wir beinahe sechs Stunden zusammen.
30:04Aber ich weiß nicht,
30:06ob ich Lust habe, auch Ihnen das alles zu erzählen.
30:10Warum nicht?
30:12Haben Sie Angst?
30:14Vor wem?
30:16Vor Ihnen vielleicht?
30:18Bitte?
30:20Wer sagt Ihnen denn,
30:22dass ich Rödel überhaupt getroffen habe?
30:28Ich weiß es nicht.
30:54Warum haben Sie nicht gemeldet,
30:56als Sie von Rödels Tod erfuhren?
30:58Weil er nicht gesprochen hat.
31:00Wofür haben Sie eigentlich Angst,
31:02wenn Sie unschuldig sind?
31:10Sie neideten Rödel seinen Auftrag.
31:13Und das ist ziemlich bekannt.
31:15Sind Sie?
31:17Werden Sie den Auftrag jetzt bekommen?
31:19In keinem Fall
31:21bin ich mit Rödels Tod in Verbindung gebracht worden.
31:24Obendrein bin ich parteilos.
31:28Ja, wir haben uns eine Stunde lang unterhalten, Rödel.
31:32Von wann bis wann?
31:34Von ...
31:36von Viertel nach fünf bis so gegen halb sieben.
31:42Rödel war überaus beschlagen.
31:44Ich konnte ihm nicht viel Neues zeigen.
31:46Sie haben ihn also gegen halb sieben verlassen?
31:48Ja.
31:50Rödel starb ziemlich genau um sieben.
31:53Ich nehme an, Sie können nachweisen,
31:55dass Sie um halb sieben aufgebrochen sind?
31:56Nein.
31:58Hat Sie niemand gesehen?
32:00Woher soll ich wissen, ob mich jemand weggehen hat sehen?
32:04Wo fuhren Sie dann hin?
32:06Hierher.
32:08Wann waren Sie hier?
32:10Kurz nach sieben.
32:12Ja, ich kann um sieben gar nicht mehr draußen gewesen sein.
32:15Denn man fährt zwischen einer halben
32:17und einer dreiviertel Stunde von dort bis hierher.
32:27Schade, Herr Oberbaurat.
32:29Was?
32:31Dass Sie nicht die Wahrheit sagen.
32:33Sie waren nicht kurz nach sieben hier,
32:35auch nicht kurz nach acht, sondern erst nach halb neun.
32:38Das ist die übereinstimmende Aussage
32:40Ihrer Frau und Ihrer Tochter.
32:48Das Kurze vom Langen ist,
32:50ich habe ja fast die Hälfte Ihrer Abfindung abgeluchst.
32:53Eine Viertelmillion.
32:54Eine Viertelmillion.
32:56Ein bisschen mehr, ein bisschen weniger.
32:58Indem Sie mit ihr schliefen.
33:00Ich war ein Mann zu meiner Zeit.
33:02Übrigens mag sein,
33:04dass sie das Geld sowieso loswerden wollte,
33:06weil er davor ekelte.
33:08Sie trank furchtbar viel.
33:10Es ist nicht schwer, es auszunützen,
33:12wenn sich jemand absichtlich zugrunde richtet.
33:14Und was hat er dazu gesagt, als Sie ihm das beibrachten?
33:17Er hat sich amüsiert.
33:19Um sich hernach aus lauter Amüsement zu vergiften,
33:22das wollten Sie mir schon einmal einreden.
33:24Gibt Leute, die erschießen sich
33:26im Entree eines Ballsaals oder im Bordell.
33:29Und wenn Sie ihm gar nichts erzählt hätten?
33:32Sie kokettieren doch nur.
33:35Er wollte es auch nicht gleich glauben.
33:38Er saß übrigens genau auf dem Platz,
33:41auf dem Sie jetzt sitzen.
33:43Nur hatten wir statt des Rotweins
33:45diesen 49er Kognak vor uns.
33:48Wissen Sie was?
33:50Sie lügen sich da jetzt
33:52eine ganz ungeheuer interessante Geschichte.
33:54Zu Recht.
33:56Dann nehmen Sie es, wie Sie mögen.
33:59Aber eines hat mich bei alledem
34:01doch damals furchtbar erstaunt.
34:06Als ich ihr, sagen wir, einen Antrag machte,
34:10sie hat sich fast überhaupt nicht geziert.
34:15Aber das Allerverblüffendste war,
34:17ich hatte sie jahrelang an ihrer Seite gesehen.
34:21Sie von ferne bewundert, ja geradezu begehrt.
34:25Vielleicht war der Augenblick verpasst.
34:28Jedenfalls, es hat mir zum Erstaunen wenig abgegeben.
34:33Ich schwöre Sie.
34:36Und das hat mich dann doch auf eine Weise
34:40geradezu verstört.
34:43Können Sie es verstehen?
34:46Können Sie es verstehen?
34:52Sie sind ein unappetitlicher Mensch,
34:55Colin Müller.
34:57Ja.
34:59Durch und durch.
35:02Und genau das ist es,
35:04was mich mit der übrigen Menschheit verbindet.
35:07Oder kennen Sie einen Menschen,
35:09der sehr viel besser Abschnitte vorausgesetzt,
35:12der wäre ebenso rückhaltlos offen wie ich
35:15Das hoffe ich allerdings.
35:18Und einer davon sind Sie, ja?
35:21Nun gut, gut, eine schmutzige Geschichte,
35:24ich gebe es Ihnen ja zu.
35:26Aber lässt sich die Vergangenheit ändern.
35:29Am besten ist darauf zu vergessen.
35:32Und ich hatte ja auch darauf vergessen,
35:35bis dieser unselige Rödel hier zur Tür hereinkam.
35:38Er hätte nicht kommen sollen, wissen Sie.
35:40Wirklich.
35:42Er hätte nicht kommen sollen.
35:43Wenn er Sie verschont hätte,
35:45dann hätten Sie ihn auch verschont, nicht wahr?
35:50Ach, Sie glauben, ich habe ihn deshalb vergiftet?
35:57Sie trauen mir erstaunlich viel Empfindlichkeit zu.
36:01Deshalb oder aus einem anderen Grund,
36:03Sie haben es getan.
36:05Ach ja?
36:07Und Sie können es mir beweisen.
36:10Sie müssen nämlich Beweise auf den Tisch legen,
36:13Beweise.
36:15Also bitte, legen Sie.
36:18Sie haben ja noch nicht einmal ein vorzeigbares Motiv,
36:21das Sie mir zuschreiben könnten.
36:24Womit wollen Sie mich überführen?
36:27Sie werden es mir gestehen.
36:29Ach, darauf hoffen Sie im Ernst?
36:32Im Übrigen würde Ihnen das gar nichts nützen.
36:35Ein Geständnis, noch dazu eines unter vier Augen,
36:39zu dessen Überprüfung sich nicht
36:41der winzigste Beweis beibringen lässt,
36:45ist praktisch wertlos.
36:47Warum wollen Sie dann nicht sagen,
36:49wo Sie zwischen halb sieben und halb neun gewesen sind?
36:52Ich bin ein unbescholtener Bürger, Herr Heymann.
36:56Alteingesessene Familie, Beamter.
37:01Seit bald 20 Jahren verheiratet.
37:04Mein Gott.
37:06Wollen Sie mir mit einem Seitensprung kommen?
37:08Wir haben uns fast nur nach Dienstschluss getroffen.
37:11Immer nur für ein paar Stunden.
37:13Außer wenn ich auf Dienstreise war und Sie mitgefahren ist.
37:17Aber ich liebe meine Frau, Herr Heymann.
37:21Das, das sagen alle.
37:25Und wenn ich wieder ein bisschen Verständnis rechnen könnte
37:30bei Amelie, meiner Frau.
37:33Aber ich kenne sie.
37:36Ich kenne sie.
37:39Es wäre alles aus.
37:42Und das ertrüge ich nicht.
37:47Ich habe nur zu klären,
37:49ob Sie ein Alibi für die fragliche Zeit haben oder nicht.
37:52Im Übrigen sind wir da nach Möglichkeit diskret.
37:56Und wie weit gehen Ihre Möglichkeiten?
38:06Sie wohnt im Kurfürstenhof.
38:09Hatte er Sie in der Hand?
38:12Ja.
38:14Sie freuen sich zu früh, Herr Köster.
38:18Als Sie ihm Ihre Enthüllungen machten,
38:21da wollte er Sie nicht länger schonen.
38:24Hätte er mich auf diese Weise in der Hand gehabt,
38:27so müsste irgendetwas Faktisches existieren.
38:31Irgendeine Verfehlung, die nicht verjährt ist.
38:33Und die auch Sie herausbekommen könnten.
38:36Und ich sage Ihnen, dass es derlei nicht gibt.
38:40Warum hat er sein Testament zu Ihnen gebracht?
38:44Das ist unwichtig.
38:47Hätte er den Auftrag für die Bibliothek bekommen,
38:50wäre er möglicherweise für ganz wieder hier geblieben.
38:53Er dachte im Flugzeug über die Änderung seiner Verhältnisse nach
38:56und da fiel ihm ein, dass in seinem alten Testament
38:59eine Dame bedacht war, die gar nicht mehr lebte.
39:01Ihre Verwandten hätten geerbt und die konnte er nicht leiden.
39:05Also korrigierte er es ganz spontan
39:08auf Schreibpapier der Fluggesellschaft.
39:11Sie sind auf dem Holzweg, Köster.
39:14Sie können gar kein sachliches Motiv finden.
39:18Man vergiftet niemand ohne Motiv.
39:21Eben.
39:23Und vielleicht
39:26habe ich es deshalb
39:28auch gar nicht getan.
39:35Ein Gespräch für Herrn Köster.
39:38Ja, bitte.
39:43Bitte sehr.
39:45Danke.
39:47Köster?
39:49Sie hat ihm sein Alibi bestätigt.
39:52Ja, exakt zur fraglichen Zeit, aber
39:54na ja, ich hatte den Eindruck, dass er Sie vorgewarnt hat,
39:57während ich zu ihr unterwegs war.
40:00Aber jetzt kommt's.
40:02Raten Sie mal, welchen Beruf die Dame hat.
40:05Apothekenhelferin.
40:07Ach, das ist interessant.
40:10Zu Ihrem Chef?
40:12Ja, aber sicher, unbedingt.
40:15Klar, noch heute.
40:18Wenn in der letzten Zeit etwas gefehlt hat,
40:21muss er es ja schließlich gemerkt haben.
40:22Er soll die Bestände durchgehen.
40:25Sofort, ja?
40:27Und du sagst mir Bescheid.
40:29Entweder hier oder zu Hause.
40:31Ja, ist gut.
40:33Danke schön.
40:37Ging es um den Oberbauer?
40:40Er hat ein Alibi.
40:42Von halb sieben bis sieben.
40:45Wenn es auch ein sehr verdächtiges ist.
40:48Würde mir leid tun für ihn.
40:50Übrigens sollten Sie sich vielleicht gar nicht so sehr
40:53auf die Todeszeit kaprizieren.
40:56Die Todeszeit liegt genau auf fünf Minuten fest.
40:59Die Frage ist nur, ob Sie etwas besagt.
41:03Sie ergehen sich in mystifizierenden Andeutungen unentwegt.
41:10Nun, Sie als Kriminalist müssten Sie doch wohl entschlüsseln können.
41:16Hatte Rödel Sie in der Hand?
41:19Ja, das hatte er.
41:23Auf gewisse Weise sogar mit Tort und Taren.
41:27Auf welche?
41:30Auf welche, Herr Kolbüttel?
41:37Sie haben Herrn Rödel's Wagen übernommen.
41:40Ja.
41:42Dann haben Sie ihn kaputtgefahren
41:44und haben ihn nach der Todeszeit
41:46kaputtgefahren
41:48und haben ihn nachbauen lassen.
41:50Sie an Wärme,
41:53Wärme,
41:55sogar heiß,
41:57hätten wir als Kinder bei unseren Spielen gesagt.
42:03Sagen Sie es mir.
42:08Ach, wissen Sie,
42:10die eigentlichen Dinge
42:12sind immer furchtbar schwer zu sagen.
42:15Wenn ich hier lebe, so Ihretwegen, Rödel.
42:18Wissen Sie das?
42:20Ja, ja, ich weiß.
42:22Sie haben mich ausgenommen.
42:24Sie haben es ja gerade erzählt.
42:26Das ist nur die materielle Seite.
42:28Ach, gibt's noch eine andere?
42:30Als ich Sie vorfahren sah, damals in der Schillerstraße,
42:33ich wartete schon darauf und stand hinter der Gardine.
42:37Dieser Jaguar, XK 140, ganz im Weiß.
42:41Sie entsinnen sich noch meines Wagens.
42:44Wie nicht verehrtes Weinphänomen.
42:48Alles, was mit Ihnen zusammenhängt, war phänomenal.
42:51Ihre Villa, Ihre Anzüge
42:54und auch Sie selbst.
42:56Danke.
42:58Ich fühle mich geschmeichelt.
43:00Diese attraktive, märchenhaft schöne Frau.
43:05Auch Ihr Bankkonto war atemberaubend.
43:08Das haben Sie wahrscheinlich aus Ihrer Lage heraus überschätzt.
43:13Sie reich, Herr Mann.
43:16Aus Überfluss haben Sie geheiratet.
43:19Aus Überfluss ließen Sie sich scheiden.
43:22Beruhigen Sie sich.
43:24Meine Verhältnisse sind heute bescheidener,
43:26als sie es damals waren.
43:28Wollen Sie mir einreden, dass Sie verarmt sind?
43:31Nein, so weit habe ich auch nicht vor, es zu treiben.
43:34Aber ich entwerfe meine Pläne lieber so, wie sie mir gefallen
43:37und nicht so, wie die Auftraggebers wünschen.
43:39Und das hat immerhin Konsequenzen.
43:43Ich verstehe schon.
43:45Als Ihnen der Überfluss langweilig wurde,
43:48haben Sie ein bisschen davon weggeworfen.
43:50Nicht viel, nur gerade das, was zu tragen Ihnen lästig war.
43:54Und für das Weggeworfen haben Sie subtilere Genüsse eingetauscht.
44:01Schöpferische.
44:03Damit treffen Sie es, ziemlich genau.
44:10Nur mal ganz aufrichtig, Rödel.
44:13Als ich Sie kennenlernte, damals,
44:18waren Sie da glücklich?
44:20Ohne jede Frage.
44:22Auch als Sie noch verheiratet waren?
44:24Oh Gott, es gab natürlich Ärgerlichkeiten, gewiss,
44:26aber im Grunde war ich glücklich.
44:28Und nachdem ich mich von Sophie getrennt hatte,
44:31so mehr.
44:33Und jetzt mit beinahe 60?
44:3562.
44:37Immer noch?
44:39Mehr denn je, Kornmüller.
44:41Mehr denn je.
44:48Ja.
44:50Das habe ich befürchtet.
44:53Pardon?
44:57Das haben Sie befürchtet?
45:00Ja, nehmen Sie doch einfach an,
45:02ich habe eine solche Praline für mich selbst präpariert
45:05und immer bei mir getragen.
45:07Und wenn Sie ganz einfach lügen?
45:09Um mich zum Nahen zu halten.
45:11Der Oberbaurat hat eine Bekannte,
45:15bei der er gegen Sieben gewesen sein will,
45:18und die ausgerechnet Apothekenhelferin ist.
45:21Ach, und Sie glauben, die hatte Zugang zum Giftschrank?
45:24Rechtlicherweise nicht, aber praktisch ganz bestimmt.
45:28Ja, aber da es sich bei dieser Substanz
45:30um ein Zehntel Milligramm handelt,
45:32müsste doch das fehlen von,
45:34wie viel sagten Sie war es?
45:36Ein halbes Gramm.
45:37Na bitte.
45:39Das müsste doch unbedingt aufgefallen sein.
45:44Kennen Sie das Märchen vom Hasen und vom Igel?
45:47Ja, der Hase, der immer rannte
45:49und jedes Mal fand er den Igel schon vor sich
45:51am Ende der Furche.
45:53Ja.
45:55Und der ist dabei ganz fürchterlich gerannt.
45:58Wissen Sie?
46:00Verzeihen Sie, aber ich verstehe den Zusammenhang nicht.
46:02Wer versteht schon immer den Zusammenhang?
46:12Wissen Sie was?
46:15Wir gehen zusammen essen
46:17und dann fahre ich Sie selbst hinaus zu den Benediktinen.
46:33Ja, hier.
46:37Hier, das Leben geht erstaunlich schnell dahin.
46:40Hm?
46:47Sie sehen aber auch gar nicht gut aus.
46:50Haben Sie sich überanstrengt?
46:52Ich weiß es nicht.
46:54Es ist vielleicht die Hitze.
46:56Dann setzen wir uns doch ein wenig ...
46:59Over there in the garden.
47:00Ja, ja.
47:02Es geht alles sehr schnell.
47:04Das Schreckliche ist, man merkt es nicht im Band.
47:07Ach, sind Sie unterwegs zum Melancholiker?
47:10Ich war ein flotter Tänzer, niemand wird es mir glauben.
47:13Überhaupt gab es Zeiten in meinem Leben,
47:16da war ich voller Lebendigkeit,
47:18konnte in Begeisterung verfallen,
47:20über Frauen, in vollem Mond,
47:22den Lichterglanz eines Boulevards.
47:25Ich war der einzige Mann,
47:26der den Lichterglanz eines Boulevards hatte.
47:29Ja, sogar über den Schnitt Ihrer Anzüge.
47:32Gerade der jährigen.
47:34Sie waren immer so hennreißend elegant.
47:38Ja, das fiel mir vorhin schon auf.
47:40I remember, ich trug einmal solche Gamaschen,
47:43aber Sie waren eigentlich damals schon nicht mehr modern.
47:47Sie spotten, verehrtester.
47:49Was fehlt Ihnen denn?
47:52Sie gehen merkwürdig oft in die Irre, Herr Kopp.
47:56Köster, wissen Sie?
47:58Übrigens auch in der zwar begreiflichen,
48:01aber doch verfehlten Annahme,
48:03Rödel habe das Praliné unmöglich
48:06ohne eine Schachtel bei sich tragen können.
48:09Konnte er das?
48:11Ja, aber natürlich.
48:13Und wenn die Schokolade weich wurde?
48:15Schadete das nicht im Mindesten.
48:17Die Schokolade war nur der Überzug.
48:19Das eigentliche Gift steckte in einer dieser kleinen
48:22Arzneimittelkapseln,
48:23die sich erst nach der Magenpassage auflösen,
48:26was mitunter bis zu Stunden dauern kann.
48:33Oh, ich muss das nicht wissen.
48:35Ich kann es mir ausdenken, in der Fantasie.
48:39Und auf dilettanten Art
48:41zufälligerweise das Richtige damit treffen.
48:44Aber ob ich Recht habe,
48:46müsste doch immerhin nachzuprüfen sein.
48:49Es handelt sich bei diesen Kapseln
48:51nämlich um eine zellulose Verbindung,
48:53der Acetat phthalat,
48:55und müsste ja im Magen oder Dünndarm vorzufinden sein.
49:00Sie machen sich lustig über mich.
49:03Glauben Sie wirklich?
49:05Sie haben es doch zu Geld gebracht, nicht wahr?
49:08Sie haben sich Ihren Traum erfüllt?
49:11Mein Traum
49:13waren Sie, Rödel.
49:16Ja.
49:19Es gab einen Augenblick in meinem Leben,
49:21das war, als ich einmal in Ihre Augen sah.
49:26Und dort war so ein Glanz,
49:29das Glück,
49:31das wirkliche, wahre,
49:34unsäglich kostbare Glück.
49:39Sonderbar.
49:41Das hat man mir als Kind schon mal gesagt,
49:44dass ich so etwas in den Augen habe, ja.
49:47Ja, Sie saßen schon vorher
49:49am Anfang in der Furche und warteten, Sie Igel.
49:53Da konnte ich rennen, wie ich wollte.
49:56Und weiß Gott, ich bin gerannt.
50:00Sie Igel, Sie gottverdammter Igel, Sie.
50:03Allmählich fange ich an zu begreifen.
50:07Die Gamaschen.
50:16Der weiße Jaguar.
50:17Ja, sogar Sophie.
50:20Chimären.
50:22Alles Chimären.
50:25Das alles ist es gar nicht gewesen.
50:30Sie sind einer, der sogar als Wehrmutbruder unter den Brücken noch glücklich wäre.
50:41Holmbruder,
50:43Sie sind nicht nur ein richtiger Schurke.
50:45Sie machen sich auch auf eine Weise lächerlich,
50:49dass man erschrickt.
50:51Ja.
50:53Es gibt zwei Arten Pralines zu essen,
50:56entweder man zerbeißt sie oder man lutscht sie.
50:58Im ersten Falle hätte Rödel die Kapsel mit seinen Zähnen zerbissen
51:03und im anderen Falle hätte sie den Mund gespürt.
51:06Sehr gut gedacht, Respekt.
51:09Nur übersehen Sie dabei die minimale Größe einer solchen Kapsel
51:13und dass man sie beim Zubeißen schwerlich treffen
51:16oder aber einmal in der Mundhöhle
51:18wie ein winziges Mandelsplitterchen herunterschlucken wird.
51:21Kapsel hin oder her, der Schokoladen überzog,
51:24hätte Spuren hinterlassen müssen.
51:26Aber begreifen Sie denn immer noch nicht,
51:28dass Ihnen diese Kapsel ihr ganzes kriminologisches Instrumentarium
51:31aus den Händen schlägt?
51:33Tut sie das?
51:35Aber doch auf der ganzen Linie.
51:37Und was die Schachtel betrifft,
51:40ich trage immer eine Taschenbonbonniere mit mir herum.
51:44Immer.
51:46Also auch an diesen Tagen.
51:50Aber die Schachtel, Herr Köster, ist nur ein Nebenpunkt.
51:54Und der Hauptpunkt wäre?
51:56Da erkennen Sie es immer noch nicht.
51:59Sie denken an die Zeit, zu der er das Gift geschluckt hat.
52:04Ja, und an den Ort.
52:05Ja, und an den Ort.
52:07Er hätte es doch irgendwo, irgendwann,
52:10sagen wir zwischen drei und sieben Uhr,
52:13zu sich nehmen oder nach Ihrer Theorie verabreicht bekommen können.
52:17Also volle vier Stunden oder auch nur zehn Minuten vor seinem Tod.
52:21Na, was hilft es dem Herrn Oberbaurat,
52:23ein Alibi für sieben Uhr zu haben?
52:25Und was hilft es Ihnen, wenn er keines hat?
52:28Armer Herr Köster.
52:30Er hätte sein Leben überall aushauchen können.
52:32Hier auf dem Stuhl, auf dem Sie sitzen.
52:35Im Stadtbauamt, ebenso gut wie in der U-Bahn.
52:38Oder im Bett einer Dame,
52:40deren Zuhälter Sie dann unfehlbar
52:43wegen dringenden Tatverdachts auf Raubmord festgenommen hätten.
52:47Was?
52:50Das haben Sie sich ungeheuerlich ausgedacht.
52:55Aber vielleicht nur ausgedacht.
52:57Aber vielleicht nur ausgedacht.
53:01Glauben Sie wirklich?
53:10Ich nehme an, das wird Ihr Assistent sein.
53:14Köster? Ja, gern.
53:18Ja.
53:20Nein.
53:22Ist gut, du kannst nach Hause fahren, danke.
53:25Der Apotheker hat zu keiner Zeit etwas aus seinem Giftschrank vermisst.
53:31Na, da hat der Herr Oberbaurat ja noch einmal Glück gehabt.
53:43Ich gebe ihm das Praline
53:46auf dem Kirchplatz.
53:4826 Minuten nach vier.
53:51Ich habe auf die Uhr geschaut.
53:56Ich darf es Ihnen sagen,
53:59weil ohnehin niemand daran glauben wird.
54:02Sogar Sie, der Sie doch nur allzu gerne daran glauben möchten,
54:06glauben es nur mit äußerster Mühe.
54:10Habe ich recht, Herr Köster?
54:16Das war eine plötzliche Regung.
54:19Eine völlig überraschende Aufwallung von Hass.
54:27Überraschend
54:31und unbegreiflich.
54:35Sogar für mich selbst.
54:41So wenig nachvollziehbar
54:43und so wenig nachvollziehbar,
54:48dass niemand daran glauben wird.
54:55Niemand, Herr Köster.
54:58Da hängen Sie sich auf.
55:02Der Herr wünscht zu gehen.
55:06Er hat einen amüsanten Tag gehabt,
55:10aber jetzt sind wir beide müde.
55:14Mein Lieber, Herr Köster.
55:17Habe ich recht.
55:43Herr Staatsanwalt hat die Einstellung verfügt.
55:46Ja, ich weiß.
55:49Was machen Sie denn da?
55:52Ich melde mich krank.
55:56Fehlt Ihnen was?
55:59Die Ärzte werden schon was finden.
56:03Mach's gut, gehört so lang.
56:13Tschüss.
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